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Dune: Vorbestimmtheit und freier Wille

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-Kolumne»Dune«:
Vorbestimmtheit und freier Wille

Natürlich: Die Sandwürmer. Natürlich: Das Spice oder Gewürz. Natürlich: Ein Messias. Natürlich: Das Gute gegen das Böse. Natürlich: Herrenhäuser gegen den Kaiser. Daneben aber auch die Frage nach Religion, nach Planung, nach Herrschaft. Im Endeffekt im Dritten Buch auch die philosophische Frage nach Determinismus oder den freien Willem. in Dune - in den beiden ursprünglichen Trilogien - steckt eine Menge Stoff.

Zwar erzählt auch Dune im ersten Buch letztlich die Geschichte eines Messias - Paul Muad-Dibs - andererseits löst Paul einen Dschiahd aus. Auf der einen Seite mag das Haus der Harkonnen rücksichtslos egoistisch zu sein, andererseits ist es auch erfolgreich. Im Gegensatz zu dem Haus der Atreides. Die Frage, ob man um erfolgreich zu sein nun unbedingt egoistisch sein muss, stellt sich im Roman nicht unbedingt - aber auch dies ist zwischen den Zeilen lesbar.

Dune ist kein leichter Roman. Er erscheint nur leicht, weil er an der Oberfläche die Geschichte des Auserwählten erzählt, der ein geknechtetes Volk gegen die Unterdrücker anführt. Darüberhinaus haben wir die hier die Schurken - das Haus Harkonnen - und die wir haben die edlen Guten - das Haus Atreides. Der Imperator empfindet diese als Bedrohung, deswegen lässt er das Haus in eine Falle laufen. Gemeinsam geplant mit den Harkonnen übrigens. Dabei geht es um Macht: Nur auf Dune, dem Wüstenplaneten, findet sich das Gewürz - das Spice. Es ermöglicht in dieser unendlich fernen Zukunft die Raumfahrt. Und noch etliches Andere. Wer die Hoheit über das Spice hat, der hat die Macht. Und die Harkonnen haben in der Vergangenheit - nun - nicht unbedingt sauber gearbeitet, als sie den Planeten in Besitz nahmen. Besonders gegenüber den Einheimischen, den Fremen, nicht. Soweit die Ausgangslage, die vordergründig dann sich so abwickelt, wie wir es kennen. Spätestens seit Mose wissen wir: Helden werden in der Wüste geboren und aus der Wüste kommt das Heil. Oder wie war das noch mit Mose und den 40 Tagen bei Jesus?

Wer zumindest den ersten Band nur als diese Geschichte liest, kommt auf seine Kosten, wird sich aber fragen, warum zum Teufel neben der ganzen Action - und Dune hat Etliche - es auch immer wieder das Tempo gedrosselt wird. So faszinierend die Kultur der Fremen auch ist und so beeindruckend nah man sie sich vorstellen kann - warum schildert Frank Herbert diese Kultur so ausführlich? Warum legt er auch so viel Wert auf die Ökologie des Planeten? Hätte es nicht wie bei Star Wars gereicht zu sagen: „Okay, das ist das Spice, das ist wichtig, aber mehr auch nicht.“? Vor allem: Was soll eigentlich diese Schwesternschaft der Bene Gesserit im Roman? Ja, Zuchtprogramm für einen Messias, das wir schon früh im Roman deutlich, aber das geht ja erstens sehr schnell daneben und zweitens wird das definitiv an die Wand gefahren. Also das Programm an sich. Wegen … Liebe.

Die spannende Frage, die Dune eigentlich stellt ist die nach der Vorherbestimmtheit und des freien Willens. Paul, der Messiss wieder Willen, gedrängt in eine Rolle, für die er nicht vorgesehen war, versucht im ersten Buch der ersten Trilogie ja stets dem Dschihad entweder aus dem Weg zu gehen oder ihn wenigstens nicht allzu schlimm zu gestalten. Sein Problem ist: Egal, was er tun wird, der Dschihad wird kommen. Dass, was er in der Zukunft sieht, kann er vielleicht versuchen zu verändern, aber mehr oder weniger läuft alles auf den Dschihad hinaus, der durch das Universum rasen wird. Früher oder später wird es passieren. Selbst wenn er rebellieren würde - die Erkenntnis findet man im zweiten Buch der ersten Trilogie - würde es nichts bringen. Anstatt seiner würde nur sich wieder ein neuer Revolutionär erheben und die Sache ein seinem Sinne fortführen, vermutlich noch schlimmer als zuvor. Paul kämpft gegen sein Schicksal an. letzten Endes ist es aber trotz all seiner Versuche etwas zu ändern für ihn vorbestimmt.

Und deswegen sind die Bene Gesserit wichtig: Denn ihr Plan für den perfekten Messias scheitert. Die Bene Gesserit versuchen durch das Studium von Stammbäumen und durch die spirituelle Ebene die Zukunft in ihrem Sinne zu formen. Die Blutlinien sollen auf den Messias hinauslaufen und am Ende bleiben die Häuser Harkonnen und Atreides übrig. Aber während die Bene Gesserit sicher sind, die Zukunft im Griff zu haben, das Vorherbestimmte umsetzuen zu können kommt ihnen die Liebe in die Quere. Statt einer Tochter wird ein Sohn geboren. Und die Herrschaft liegt auf seiner Schulter. Ein Sohn, der den Anschlag auf ihn überlebt. Das war auch nicht geplant. Obwohl die Harkonnen und der Imperator hier einen Schlusspunkt setzen wollten: Das Haus Artreides geht eben nicht unter. Das, was so vorherplanbar ausgesehen hat entpuppt sich am Ende als nicht durchführbar. Dass dieses Thema im letzten Band der ersten Trilogie noch stärker ausgebaut wird überrascht da nicht - wobei Herbert hier schon sehr ins schwafelig-religiöese abdriftet mit Leto II., dem Gottkaiser des Wüstenplaneten, dem Wurm-Mensch, der nun tatsächlich alles weiß und alles vorhersieht. Das ist schon sehr auf die Spitze getrieben, letztendlich aber Determinismus pur: Wenn man sogar die eigene Opposition gegen sich selbst ins Leben rufen muss, dann hat man es echt geschafft. So als Gott. Also wenn man als Lesende so weit kommt, gegen Ende des dritten Bandes ist das teilweise schon sehr metaphysisch. Goldener Weg. Und so.

Dass neben diesem Thema auch noch einiges Andere in Dune steckt darf bei dem ganzen Romanseitenkonvolut nicht überraschen. Inwieweit ist eine Terraformung wirklich nützlich und gut - kurz mal dran erinnert: Ja, Dune wird ein grüner Planet, dafür aber sterben die Sandwürmer allmählich aus. Somit auch das Spice. Somit auch die Raumfahrt an sich mehr oder weniger - eher weniger, weil es dafür am Ende des dritten Bandes eine Lösung gibt. Die Frage nach der Ökologie zieht ja auch noch eine ganze andere nach sich: Die Frage nach der eigenen Identität. Sind die Fremen in den ersten beiden Bänden noch sehr präsent, gehören sie im dritten schon eher ins Museum. Das Nachtrauern, das Herberts Figuren in den Bänden an den Tag leben, das Herbeisehnen der guten alten Zeit und die Frage, ob Veränderung gut oder schlecht ist - auch das steckt in Dune drin. Abgesehen mal davon, dass es natürlich eine wunderbare Liebesgeschichte im ersten Band gibt, dass es Raumschiffe gibt. Überhaupt: Wer sich einmal auf Dune einlässt, zumindest auf den ersten Teil mit seiner jahrhundertealten Vorgeschichte, die Herbert da ausgearbeitet hat, mit den ganzen Sagen, den religiösen Erwartungen, den auch übersinnlichen Erfahrungen - kurz - Atmosphäre hat zumindest der erste und auch der zweite Roman der ersten Trilogie durchaus zu bieten. Mit ein Grund, warum man sich dann auch durch den zweiten Band kämpft.

Was Denis Villeneuve jetzt aus dem Roman macht: Das wird man sehen. Jedenfalls bietet der Roman ja durchaus Schauwerte - Sandwürmer? Hatte ich riesige Sandwürmer schon erwähnt? - dazu auch sehr starke Figuren. Paul ist ja gerade nicht ein strahlender Held, sondern eher ein geplagter Messias. Duncan Idaho ist Krieger, aber gleichzeitig auch Musiker. Und die Harkonnen … hmmm …. okay, die Harkonnen sind nur böse. Leider hat Herbert hier ja auch wieder den Typus des mehrgewichtigen, sexistischen Sadisten gezeichnet. Man kann ihn hassen. Dazu ist er da. Immerhin ist er nicht faul. Sondern intelligent. Nun ja. Irgendwas ist halt immer. (Und ich sehe mir den Film erst in dieser Woche an, weil ich mich durch diverse Coronoschutzverordnungen durchwühlen muss, um festzustellen, ob ich jetzt geimpft mit Maske am Platz sitzen darf und wenn ja, mit Jemanden der nicht zum Hausstand gehört oder nicht oder doch oder schon wieder anders.)

Kommentare  

#1 matthias 2021-09-24 14:09
Schon als DDR Bürger hatte ich die 6 Bände vom Wüstenplaneten gelesen.
Relativ leicht sind eigentlich nur die ersten beiden Teile. Ab Band 3 braucht man schon extremes Durchhaltevermögen.
Ich trage mich echt mit dem Gedanken, nach ca 35 Jahren nochmal anzufangen. Wenn, dann aber wohl nur den Band 1 ...

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