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Die Ästhetik des Fernsehens in Zeiten des Corona-Virus

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDie Ästhetik des Fernsehens in Zeiten des Corona-Virus

Wenn Etwas aus den letzten Wochen hängengeblieben ist, dann sind es sicherlich die vielen Wörter, die mit ›Geister‹ gebildet wurden. Besonders bleiben dann Geisterspiele - Fussballspiele ohne Zuschauer - und Geistersendungen im Gedächtnis.

Letzteres ist schon mehr als ungewöhlich, wenn die Talk-, Game-, und Talentshows vor leeren Zuschauerrängen stattfinden.

Dort, wo eigentlich das Publikum sitze sollte saßen, so brachte das die Heute-Show auf den Punkt, die Autoren, der Hausmeister und der Mann, der die Menge vorab begeistert.

Wenn also das fehlende Publikum und die fehlenden Lacher nicht wären, wäre die letzte Heute-Show-Sendung, die letzte Maischberger-Talkrunde und auch die Suche nach nach dem Sänger hinter der Maske nicht weiter ungewöhnlich gewesen. Denn hier verlief, bis auf einige Irritationen, alles so wie immer. Der Look der Sendung war derselbe, der Ablauf ebenfalls, selbst die Witze der Moderatoren blieben wie immer schlecht und schal. Abgesehen von denen der Heute-Show natürlich. Hätte man nicht gewusst, dass normalerweise ein Publikum anwesend ist, es wären normale Sendungen gewesen.

Allerdings ist diese Normalität momentan ge- und durchbrochen durch die Tatsache, dass Moderatoren ins Home-Office versetzt wurden. Christian Ehring z.B., der in Tirol Ski fuhr, moderierte die Xtra3-Sendung aus seinem Home Office. Einschließlich der Unterbrechung auch seine Tochter. Die Anstalt sah auf dem Bildschirm so aus, als wäre sie eine Online-Konferenz auf einem iPad. Selbst Journalisten der Nachrichtensendungen standen zwar wenigstens vor einem Greenscreen, aber ihr Verhalten deutete darauf hin, dass Etwas anders war.

Für die Zuschauer der RocketBeans etwa oder der unzähligen anderen Streams auf Youtube und Twitch ist die aktuelle Ästhetik des Fernsehens, dieses etwas ungelenke, spontane, improvisatorische Produzieren von Unterhaltung und News nichts Neues. Während die Profis erfahren müssen, wie es ist mit minimalen Bedingungen Sendungen zu produzieren, sind ihnen die Amateure längst voraus. Amateure, die auf YouTube aus ihren Wohnzimmern Kommentare zum Lauf der Welt abgeben. Amateure, die immer ein Auge auf den Chat haben, damit sie wissen, was die Community denkt, wie diese reagiert. Amateure, die Herzblut in ihre Projekte stecken, aber vielleicht nicht immer die richtige Ausbildung oder das richtige Niveau besitzen. Die aber diese Ästhetik des Bildes-im-Bild längst intus haben. Das Fernsehen ahmt derzeit die Formen und Formate des Internets nach, allerdings ohne die Interaktivität dieser Formate bieten zu können oder zu wollen.

Gerade hier aber zeigt sich auch trennscharf, was die beiden Medienformen unterscheidet. Das Fernsehen sendet, das Internet reagiert. Das Fernsehen mag sich Format wie Kino+ zum Vorbild nehmen, mag die Ästhetik einer Skype-Konferenz auf dem Bildschim nachahmen - aber trotz der Technik und der Formate: Es ist und bleibt ein Push-Medium. Die Twittertussis ändern daran nun auch reichlich wenig und sind ja auch in den letzten Jahren nicht mehr so häufig vorgekommen. Das Fernsehen ahmt nach, weil es keine andere Möglichkeit hat seine Zuschauer sonst zu erreichen.

Es bleibt allerdings nach wie vor in seinem Korsett gefangen. Es nutzt die Gelegenheit nicht, neue Formate zu erfinden, die Möglichkeiten der Interaktion auszuloten. Druck bringt Innovation hervor. Das sieht man beim Schulunterricht derzeit, bei den Kirchen und auch bei Firmen. Was gestern nicht ging, das ist heute kein Problem mehr. Dass die Macher des Fernsehens bei ihrem alten Schema bleiben, mag man als zurückhaltend, vorsichtig, verantwortlich dem Zuschauer gegenüber deuten. Es könnte aber auch die Angst sein, dass man eine Point Of No Return überschreitet und dann nicht mehr so weitermachen kann wie vor dem Virus. Doch wäre das so schlimm? Schließlich haben wir uns alle an die neue Ästhetik gewöhnt. Schätzen vielleicht den Minimalismus, mögen die Art und Weise der Präsentation. Ob sich nach dem Virus nicht nur die Arbeitswelt sondern auch das Fernsehen radikal verändert hat, das werden wir abwarten müssen.

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