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Was sind Spielbücher?

Das Universum, das Romanheft ... und die Dinge dazwischen - Die Multimedia-KolumneBei den Ausflügen auf den Seiten des Internet stößt man immer wieder auf interessante Themen - und interessante Menschen. Als ich auf die Seite www.spielbuch.net von Pierre Voak geriet und auf dieser Seite das Spielbuch "Das Wunder von Antiochia" eines gewissen Manticor spielte, erinnerte ich mich an meine eigene "Spielbuchgeschichte". Als altes Spielkind konnte ich nicht widerstehen und begann mit dem Schreiben eines eigenen Abenteuers. So kam ich in Kontakt mit Pierre und Manticor, der eigentlich Nicolai Bonczyk heißt. Heute beginnt eine Serie von Artikeln, Interviews etc. zum Thema Spielbuch. 
Cover Einsamer WolfAuftakt bildet Nicolai Bonczyks Artikel zum Thema, gefolgt von einem Interview mit Pierre und Nicolai, das morgen online gehen wird.
Was sind Spielbücher?
 
Spielbücher  sind eine Variation der Rollenspiele, die in den 1970er Jahren entstanden sind. Nachdem die Rollenspiele immer größere Erfolge  hatten und sich einer stetig größeren Fangemeinde erfreuten, suchten  Spieleautoren nach immer neuen Konzepten und Ideen. Aus dem Gedanken  heraus Rollenspiele auch alleine ohne weitere Mitspieler erleben zu  können, entstanden die sogenannten Solitär-Abenteuer (Solo  Abenteuer) die später gemeinhin als Spielbücher bekannt waren.  

Cover Spielbuch Dungeons and Dragons, Blizzard PassDer Sinn der Spielbücher war wie schon gesagt, ein Rollenspielabenteuer auch alleine erleben zu können, da normalerweise immer eine Reihe von Mitspielern und ein Spielleiter notwendig war. Die Spieleentwickler suchten daher nach Lösungen und Möglichkeiten um auch Einzelpersonen ein Rollenspielerlebnis zu ermöglichen. Da am Anfang der 1980er Jahre Computerspiele noch nicht bzw. minimal verbreitet waren musste man zu dieser Zeit auf "konventionelle" Mittel zurückgreifen um Spielen zu können. Ein Spiel konnte daher nur als Brettspiel oder in Buchform wie die Rollenspiele konzipiert sein.
 
 

Cover D&D Rätsellabyrinth MinotaurusDie Rollenspielautoren fanden jedoch relativ schnell eine mögliche Lösung des Problems. Bekannte Rollenspiele wie „Dungeons&Dragons“ und „Tunnels and Trolls“ hatten schon Ende der 1970er Jahre bzw. Anfang der 1980er Jahre Einzelspielermodule für ihre Rollenspiele entwickelt. D&D brachte die Abenteuermodule "Blizzard Pass" und "Im Rätsellabyrinth des Minotaurus" heraus, und auch bei „Schwerter und Dämonen“ (Dt. Version von „Tunnels and Trolls“) erschienen Module wie "In der Taverne zum blauen Frosch", "Büffelburg", "Labyrinth" und "Meer der Rätsel".

Das Spielprinzip war einfach: Der Text des Abenteuers war in einzelne nummerierte Textabschnitte gegliedert. Am Ende eines jeden Abschnitts hatte der Leser (bzw. der Held des Abenteuers) die Möglichkeit, zwischen verschiedenen vorgegebenen Möglichkeiten zu wählen, die ihn schließlich zum nächsten Spielabschnitt führten.

Richtige oder falsche Entscheidungen führten zu Sieg oder Niederlage, zu Leben oder Tot. Diese Solitärabenteuer waren zwar lange nicht so komplex und abwechslungsreich wie die herkömmlichen Rollenspielabenteuer, doch sie hatten ihren eigenen Reiz und boten die Möglichkeit jederzeit - auch alleine - Rollenspiele zu spielen. Viele Autoren griffen in der Folgezeit diese Idee auf und entwickelten eigene Solitärabenteuer.

Die Zeit der Spielbücher

Im Laufe der 1980er Jahre entstanden eine Vielzahl der immer beliebteren Spielbücher. Bei herkömmlichen Rollenspielsystemen setzte sich die Idee des Solitärabenteuers nur zögerlich durch, und außer den Soloabenteuern des deutschen Rollenspielsystems "Das schwarze Auge" gab es nur wenige andere Soloabenteuer. Auf der anderen Seite gab es jedoch immer mehr Autoren, die unabhängig von gängigen Systemen eigene Spielbücher mit eigenen Regeln und eigenen neuen Spielwelten verfassten.

Im englischen Sprachraum entwickelten sich unzählige verschiedene Spielbuchserien, die mehr oder weniger erfolgreich waren, von denen aber leider nur die allerwenigsten auch in andere Sprachen übersetzt wurden.

Cover Hexenmeister vom Flammenden BergZu den ersten und wohl erfolgreichsten Spielbuchserien zählten die "Fighting Fantasy" Bücher von Ian Livingstone und Steve Jackson. Ihrem ersten Spielbuch "Der Hexenmeister vom Flammenden Berg", das ein unglaublicher Erfolg wurde, folgte eine schier unendliche Anzahl von Abenteuerspielbüchern, die bis in die 1990er Jahre hinein produziert wurden.

In deutscher Sprache wurden leider von den über 50 Büchern nur 18 Stück im Thienemann Verlag herausgegeben. Der Goldmann Verlag gab die Bücher einige Jahre nach Thienemann noch einmal als etwas dünnere Taschenbuchausgabe heraus, doch hierbei wurden sogar nur noch 16 Stück aufgelegt.

Der erfolgreichen „Fighting Fantasy“ Serie (im deutschen "FantasyAbenteuerSpielbuch") folgten eine ganze Reihe von einzelnen Spielbüchern oder auch ganzen Serien, die im Laufe der 1980er Jahre publiziert wurden. Einige Beispiele hierfür sind:

  • Abenteuer ohne Ende
  • Merlins Zeitmaschine 
  • Das große.Spielbuch
  • Sherlock Holmes Spielbücher 
  • FantasyAbenteuerSpielbücher
  • Einsamer Wolf 
  • Silberstern der Magier
  • Mittelerde Quest Bücher
  • Fantasia Spielbücher
  • 1000 Gefahren Spielbücher
  • Puzzle Dein Abenteuer
  • Die Saga von Bruder John

Der deutsche Spielbuchmarkt war leider nie so verbreitet wie der englische und setzte sich nie entsprechend durch. Neben den wenigen englischen Serien, die ins Deutsche übersetzt wurden, gab es nur sehr wenige deutsche Spielbücher (z.B. Das große... Spielbuch). Die große Masse der Spielbücher gab es durchweg nur als englische Originalversion, und obwohl sich diese Bücher wegen ihrer Vielfältigkeit und Atmosphäre durchaus lohnen, haben sie sich bei den deutschen Spielern nie wirklich durchgesetzt. Es blieb daher bei einigen wenigen deutschsprachigen Spielbüchern, die im Laufe der 1980er Jahre publiziert wurden, und mit Anfang der 1990er Jahre immer mehr der technischen Entwicklung von PC- und Konsolen-Rollenspielen weichen mussten - und schließlich fast in Vergessenheit gerieten.

Die erfolgreichsten Serien

Obwohl die Ära der Spielbücher zeitlich sehr eingeschränkt war, gab es doch in dieser kurzen Zeit gleich mehrere erfolgreiche Serien, die auch bis heute noch ihre Fans haben.

Die mit Abstand bekannteste und beliebteste Serie war und ist die nun schon mehrfach erwähnte "Fighting Fantasy" Serie, die selbst in der heutigen Zeit noch einmal in englischer Sprache neu aufgelegt wurde. Im englischsprachigen Raum scheinen diese Spiele also auch heute noch recht beliebt zu sein. Die Serie war die erste Serie, die in deutscher Sprache erschien, und kam schon zu

Beginn der 1980er heraus. Ihr Erfolg war atemberaubend, und das Spielkonzept so neu, das sogar in Tageszeitungen darüber berichtet wurde. Das erste Buch der Serie "Der Hexenmeister vom Flammenden Berg" war so begehrt, das die erste Auflage schon nach kurzer Zeit vergriffen war!

Auch die weiteren Bücher der Serie, die allesamt in einer schönen Qualität vom Thieneman Verlag herausgebracht wurden, erfreuten sich großer Beliebtheit. Bände wie "Die Zitadelle des Zauberers" und "Der Forst der Finsternis" knüpften nahtlos an den Erfolg des ersten Buches an. Die einzelnen Spielbücher spielten zwar meistens (nicht immer) auf der eigens für diese Spielbücher erdachten Spielwelt "Titan", waren jedoch voneinander unabhängige Geschichten. Die Bücher waren ließen sich voneinander unabhängig spielen und verfolgten keine zusammenhängende Geschichte wie dies bei manch anderen Spielbüchern der Fall war.  

Cover "Duell der Piraten"Der Vorteil war hierbei das die Autoren sich die Freiheit erhielten, die verschiedenste Ideen zu verwirklichen. So spielten z.B. manche Spielbücher der Serie in der Zukunft (z.B. "Das Universum der Unendlichkeit" und "Der Stern der Schmuggler") oder entdeckten manch ungenutztes Genre (z.B. Piraten in "Das Duell der Piraten") für sich. Ein weiteres sehr erfolgreiches Beispiel der Ideenvielfalt dieser Serie war die von Steve Jackson geschriebene vierteilige Analand Serie (engl.: Sorcery!) bei der der Spieler sogar die Wahl hatte, einen Krieger oder einen Zauberer (!) zu spielen, der im Spiel eine Vielzahl von magischen Zaubersprüchen anwenden kann.

Diese zusammenhängenden vier Bücher waren die einzigen, die eine zusammenhängende Geschichte darstellten. Der Reiz war sofort sichtbar, denn der Plot ergab eine große Saga mit umfassender Hintergrundgeschichte und der Spielercharakter "wuchs" von Band zu Band, da er an Stärke und Erfahrung gewann.

Gefundene Schätze und magische Gegenstände machten ihn nach jedem absolviertem Band zu einem besseren, geschickteren und gefährlicheren Helden. Dieser Reiz einer zusammenhängenden Saga und eines an Erfahrung gewinnenden Helden übernahm auch der Spielbuchautor Joe Dever, der Mitte der 1980er Jahre eine Spielbuchreihe entwickelte, die sich vor allem in Deutschland zur wohl beliebtesten Serie entwickelte. Es war die Saga "Einsamer  Wolf" die im Goldmann Verlag erschien. Diese 12-bändige Serie (im englischen Original wurden weit mehr Bände veröffentlicht, die leider nie ins Deutsche übersetzt wurden) behandelte den großen Konflikt zwischen Gut und Böse auf der Fantasywelt "Magnamund", bei der "Einsame Wolf" (der Spieler), der letzte der berühmten Kai-Mönche versucht seine Mönchsbrüder zu rächen und die Welt Magnamund vor den Dämonischen Kräften der Dunkelheit von Helgedad zu bewahren.

Cover 1. Band "Einsamer Wolf" - "Flucht aus dem Dunkel"Die epische Geschichte, sowie die Möglichkeit den Charakter auf verschiedene Weisen zu spielen (Wahl von Fertigkeiten), und ein spannendes Kampfsystem machten "Einsamer Wolf" zu einem großen Erfolg. Eine Fortsetzung fand die Saga in einer weiteren Serie des Autoren, in der diesmal "Silberstern der Magier" der Held war. Auch er setzte sich gegen den dämonischen Hexenkönig durch und versuchte die Welt vor dem Bösen zu bewahren. Bei dieser Serie spielte der Leser einen magisch begabten Helden, was einen besonderen Reiz ausmachte. Die Serie umfasste jedoch nur vier Bände und erlangte nicht mehr die Popularität von „Einsamer Wolf“.

Neben diesen beiden Serien gab es natürlich noch viele Serien, die mehr oder weniger bekannt und beliebt waren, doch die Meisten waren wie gesagt nie ins Deutsche übersetzt worden, und so waren es vor allem diese beiden Serien, die das Zentrum des deutschen Spielbuchgenres ausmachten, und auch heute noch bei Fans  und Sammlern äußerst gefragt sind.

Mehr Informationen  

 

Noch  mehr Informationen gibt es auf zahlreichen interessanten Internetseiten wie z.B.:

 http://43505.rapidforum.com/
 http://de.wikipedia.org/wiki/spielbuch
 http://gamebooks.org
 http://txtbank.de/spielbuchhttp://www.spielbuch.net/

 

Nicolai Bonczyk - alias ManticorWer ist Nicoali Bonczyk?

Dazu antwortet Nic:

  • Geboren 1973,
  • Handelsschule bis 1993,
  • zwischendurch kläglicher Versuch eine Tischlerlehre zu absolvieren (als Linkshänder - pffffff).
  • 1994-1995 Bundeswehr,
  • 1995-jetzt Bundeszollverwaltung.
Ich denke das klingt alles nicht soo sehr interessant, also füge ich hier nochmal meinen spielerischen Werdegang bei:
  • Erste Rollenspielerfahrung 1984 mit dem grade erschienenen Spiel "Das Schwarze Auge"
  • 1985 Beginn eigene Abenteuer für die eigene Rollenspielrunde zu schreiben. Erste Begeisterung für Spielbücher - "Einsamer Wolf"
  • 1986 Das Spiel "Midgard" entdeckt, erste Entwürfe geschrieben für ein eigenes Rollenspiel
  • 1987 Entwicklung eines eigenen SciFi Rollenspiels, nebenbei in einer regelmäßigen D&D Runde.
  • 1988 Regelmäßige Rollenspielrunde mit dem eigenen SciFi Spiel und auch dem Spiel "Traveller"
  • 1989 Erste Erfahrung mit dem Spiel "Auf Cthulhus Spur" und "Mers" - entwickelt sich zu einem meiner beliebtesten Spiele. Organisation eines Rollenspieltreffens im Heimatort (bei Osnabrück)
  • 1990 Entwicklung eines Dark Future Rollenspiels, Organisation des 2. Rollenspieltreffens im Ort.
  • 1991 Häufiges Mitglied in einer Cyberpunk und Shadowrun Spielerrunde. 
  • Organisation des 3. Rollenspieltreffens im Ort.
  • 1992 Regelmäßige Rollenspielrunde mit häufig wechselnden Spielen wie die oben genannten und zudem Kult, Vampire, Rifts, DTR (ein wahnsinnig gutes selbstgeschriebenes Rollenspiel von meinem Freund Kai Wiechmann, der dieses noch immer veröffentlichen sollte!) u.v.a.
  • 1993 Organisation des 3. Rollenspieltreffens im Ort (immerhin schon 200 Besucher). Regelmäßiger Besuch großer deutschlandweiter Conventions (vor allem im Rhein-Main Gebiet, Ruhrpott und Hannover).
  • 1994 Entwicklung eines Universalrollenspiels "Admonitio" das ich mit großem Erfolg und mit viel Spaß für alle Beteiligten (vielleicht errinnert sich ja noch  jemand an das Abenteuer "Der Banküberfall"?) auf zahlreichen Con geleitet habe.
  • 1995 Immer weniger Zeit für regelmäßiges Rollenspiel, Umzug nach Frankfurt am Main. Fertigstellung meines Rollenspiels "Admonitio".
  • 1996-1998 Nur noch geringe Rollenspielaktivität in einer kleinen Rollenspielrunde nahe Frankfurt.
  • 1999-2001 Fast keine Beschäftigung mit Rollenspiel außer mit Spielbüchern
  • 2002-2004 Beginn das alte Rollenspiel Admonition zu einem Mittelalter-Rollenspiel umzuarbeiten.
  • 2004 waren die Texte fertiggestellt, sie umfassen nun 400 Seiten und werden in 2009 (so ich genug Zeit habe) zu 2 Büchern geordnet und gelayoutet.
  • 2005-2008 Beginn der Errichtung eines Ebayshops der mittlerweile knapp  2000 Artikel führt "Manticor-Fantasy-Shop" bzw. www.manticorshop.com (Link öffnet sich in einem separaten Fenster. Man verläßt die Seite Zauberspiegel-online).
  • 2008 (jetzt) Beginn der Zusammenarbeit mit Joe Dever. Erwerb der Lizenzen für die deutsche Ausgabe von Einsamer Wolf und Beginn der Übersetzungsarbeit.
  • ab 2009 Offizieller Start des Manticorverlags (www.manticorverlag.de) (Link öffnet sich in einem separaten Fenster. Man verläßt die Seite Zauberspiegel-online) und  vorrausichtlicher Start der Serie "Einsamer Wolf" ab dem 2.Quartal 2009.

Kommentare  

#1 blu 2008-11-14 09:45
Toller Artikel, vielen Dank!
Da werden dunkle Erinnerungen aus Kindertagen wach denn irgendwer hat mir vor langer langer Zeit den Hexenmeister vom Flammenden Berg geschenkt (wahrscheinlich im Denken es handele sich um ein normales Buch). Allerdings war ich in dem Alter (ich muss 8 oder 9 gewesen sein) noch gar nicht an sowas interessiert, wirklich aufgefallen ist mir das Buch erst ein paar Jahre später beim Ausmisten der Kindersachen. Ich habs ewig aufgehoben und damit gespielt, leider ging es aber vor ein Jahren verloren - 3er Umzüge wegen. Erst durch Bettina bin ich dann erst wieder auf das Thema gestossen, und es fasziniert mich immernoch.

Super, dass sich da wieder was tut! :-)
#2 Bettina.v.A. 2008-11-15 13:42
Hallo Blu,
dann schau dir mal das kommende Interview gut an.
Das ist auch sehr spannend - vor allem weil die Spielbücher jetzt online gegangen sind... ich schreiben gerade eines.
Ich melde mich mal per Mail bei dir mit einem Vorschlag ... schau dir die Seite von Pierre Voak mal an ... SEHR spannend

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