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Hinter den Kulissen - »Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schlief«

Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schliefHinter den Kulissen
»Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schlief«

Helmut Dietl (1944-2015) war der Fachmann für die Bussi-Bussi-Gesellschaft der Münchner Schickeria. Schon in seinen kultisch verehrten Fernsehserien „Monaco Franze“ und „Kir Royal“ tauchte er mit beißendem Witz in die Untiefen der feinen Gesellschaft der bajuwarischen Hauptstadt ein. Dieses Erfolgskonzept griff er auch 1996 fürs Kino auf, als er mit „Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ einen Kassenerfolg schuf.

Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schliefWie bereits bei den beiden erwähnten BR-Serien schrieb Dietl auch bei „Rossini“ das Drehbuch gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Patrick Süskind, der mit seinem Schlüsselroman „Das Parfum“ weltbekannt wurde. Legendär sind die sturen Weigerungen Süskinds, seinen Roman fürs Kino adaptieren zu lassen. Genau diese Charaktereigenschaft haben die beiden im Film auf den Bestsellerautor Jakob Windisch (gespielt von Joachim Król) übertragen, der die Gesellschaft anderer scheut und gar nicht daran denkt, dem Werben um die Verfilmungsrechte seines Romans „Loreley“ nachzugeben. Auch die meisten anderen Figuren in „Rossini“ beruhen auf realen Persönlichkeiten der Münchner Schickeria. Dietl hat selbst für sich ein Alter Ego für die Leinwand geschaffen – Uhu Zigeuner (Götz George) ist der kettenrauchende Schwerenöter eines Regisseurs, der immer nur Schwarz trägt (Dietl selbst hatte ein Faible für Weiß!). Gemeinsam mit seinem besten Freund, dem Produzenten Oskar Reiter (Heiner Lauterbach), trifft er sich regelmäßig in seinem Lieblingsrestaurant, dem „Rossini“, das von Paolo Rossini (Mario Adorf) mit italienischer Grandezza geführt wird. Reiter ist das filmische Äquivalent des Erfolgsproduzenten Bernd Eichinger (1949-2011), dem es 2006 nach jahrelangem Bohren schließlich tatsächlich gelang, Süskinds „Parfum“ zu verfilmen – und zu einem weltweiten Erfolg zu machen.

Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schliefReiter ist einer der beiden Liebhaber der in die Jahre gekommenen Diva Valerie (Gudrun Landgrebe – auch diese Figur hat ein Vorbild in der Realität), die sich nicht zwischen ihm und dem jungen Poeten Bodo Kriegnitz (Jan Josef Liefers) entscheiden kann. Kriegnitz‘ trägt im Film nicht nur die Zeilen Wolf Wondratscheks vor, sondern ist diesem auch recht deutlich in etlichen Details nachempfunden. Während man sich im „Rossini“ trifft, um die vertraglichen Einzelheiten zur anstehenden „Loreley“-Verfilmung zu bereden, taucht dort auch die ätherische Schönheit Schneewittchen (Veronica Ferres) auf, die nur halb so naiv ist, wie es zunächst den Anschein hat. Die junge Schauspielerin, die zuvor mit ihrer Kollegin Zillie Watussnik (Meret Becker) liiert war, ist eigens im Restaurant vorstellig geworden, um Regisseur Zigeuner zu becircen und damit die Hauptrolle der Loreley zu erhaschen. Ein weiterer ironischer Verweis auf das echte Leben, denn Shooting-Star Ferres, die im Jahr zuvor durch die Hera-Lind-Verfilmung „Das Superweib“ deutschlandweit bekannt geworden war, war seinerzeit auch die Lebensgefährtin Helmut Dietls, der sie auch schon in seinem Vorgängerfilm „Schtonk!“ besetzt hatte. Komplettiert wird das illustre Ensemble durch den Schönheitschirurgen Dr. Sigi Gelber (Armin Rohde), der ebenfalls ein Auge auf Valerie geworfen hat, und die sexgeile Kolumnistin Charlotte Sanders (Hannelore Hoger), die Dietls Ex-Frau Karin Dietl-Wichmann abgeschaut ist.

Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schliefSicherlich einer der witzigsten deutschen Filme der 1990er Jahre. Das bewährte Team Helmut Dietl/Patrick Süskind hat es hier erneut fertiggebracht, die Münchner Schickeria mit beißendem Spott und viel Selbstironie auf die Schippe zu nehmen. Die Bombenbesetzung (bis in die kleinsten Nebenrollen, man denke nur an das Dreigestirn der Sparkassen-Finanziers!) verleiht den ausgezeichneten Dialogen den richtigen Background. Man kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus, auch, wenn es einem mitunter aufgrund der Aufrichtigkeit des Gezeigten im Halse steckenbleibt. Die BluRay-Erstveröffentlichung des Films wartet mit einem überzeugenden und rauschfreien Bild (im Widescreen-Format 2,35:1) auf. Der deutsche Originalton liegt wahlweise im DTS HD Master Audio 5.1 High Resolution oder in Dolby Digital 2.0 vor, optional sind deutsche Untertitel für Hörgeschädigte verfügbar. Hier hat man zumindest der Musik eine Räumlichkeit verpasst, ansonsten halten sich die Effekte aufgrund der Dialoglastigkeit des Films in Grenzen. Das Bonusmaterial umfasst die auch schon von DVD-Veröffentlichungen bekannten Extras, ein Featurette (5 Min.), Promo-Interviews mit Helmut Dietl (2 Min.), Götz George (2 Min.), Veronica Ferres (2 Min.), Mario Adorf (2 Min.), Heiner Lauterbach (2 Min.), Joachim Krol (2 Min.), Gudrun Landgrebe (2 Min.), Hannelore Hoger (1 Min.), Armin Rohde (1 Min.), Jan Josef Liefers (2 Min.), Martina Gedeck (1 Min.), Meret Becker (1 Min.) sowie ein „Blick hinter die Kulissen“ (5 Min.).

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