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Romeo und Julia in der DDR - »Verbotene Liebe«

Verbotene LiebeRomeo und Julia in der DDR
»Verbotene Liebe«

Beim Titel „Verbotene Liebe“ dürften die meisten mittlerweile zuerst an die von 1995 bis 2015 in der ARD ausgestrahlte Seifenoper denken, die nun gerade ein Reboot unter dem Titel „Verbotene Liebe – Next Generation“ auf TVNow erfährt. Aber auch einer der letzten Kinofilme, der in der DDR gedreht und im Jahr 1990 uraufgeführt wurde, heißt so, und wurde von Helmut Dziuba („Jana und Jan“) nach der Erzählung „Der Sündenfall“ von Helmut H. Schulz inszeniert.

Verbotene LiebeSchon diese zugrundeliegende literarische Vorlage hatte es schwer und war im sozialistisch geprägten Teil Deutschlands über viele Jahre hinweg verboten. Auch die Adaption der Kurzgeschichte durch Helmut Dziuba musste einen steinigen Weg zurücklegen. Erst drei Jahre, nachdem das Drehbuch fertiggestellt war, konnte der Filmemacher dieses mit hoffnungsvollen Nachwuchsdarstellern in den Hauptrollen tatsächlich realisieren. Für Hans-Peter Dahm, der in die Rolle des 18jährigen Georg schlüpfte, blieb es bis heute die einzige Rolle vor einer Kamera. Seine noch jüngere Leinwandpartnerin Julia Brendler hingegen, die hier ebenfalls in ihrem Debüt zu erleben ist, hat sich in der Zwischenzeit zu einer erfolgreichen und populären Schauspielerin gemausert, die man aus der Krimireihe „Nord Nord Mord“ als Ina Behrendsen kennt und die beispielsweise auch in der kanadisch-deutschen Koproduktion „Deeply“ mit internationalen Stars wie Kirsten Dunst und Lynn Redgrave vor der Kamera gestanden hat. Genau wie der ebenfalls 1989 in der DDR entstandene „Coming Out“ von Heiner Carow nimmt sich auch „Verbotene Liebe“ einer seinerzeit überaus heiklen Thematik an, die insbesondere im Entstehungsland prädestiniert dazu war, einen Skandal auszulösen.

Verbotene LiebeSchon seit ihrer frühesten Kindheit kennen sich die nun 13jährige Barbara (Julia Brendler) und der fünf Jahre ältere Georg (Hans-Peter Dahm), die in einem kleinen Dorf in der DDR als Nachbarskinder groß werden. Schon immer fühlte sich Barbara zu Georg hingezogen, und eines Sommers kommt es zwischen den beiden jungen Menschen zum Austausch von Zärtlichkeiten in einem leer stehenden Bauernhaus. Da Vater Behrend (Peter Sodann) gegen seinen Nachbarn Kalisch (Rolf Dietrich) schon immer einen Groll hegte, zumal Georgs Vater Parteifunktionär ist, möchte er die Situation nicht hinnehmen, als sie ihm zu Ohren kommt. Er zeigt Georg Kalisch beim Staatsanwalt wegen Verführung einer Minderjährigen an. Diese Aktion zieht weitreichende Konsequenzen nach sich, denn der Musterschüler Georg wird nicht nur aus dem „Ehrenbuch“ der Ho-Chi-Minh-Oberschule gestrichen, auch für Barbara beginnt ein Spießrutenlaufen, da das junge Mädchen nun als unmoralische Dirne abgestempelt und von den anderen Dorfjungen zum Freiwild erklärt wird. Einzig die progressive Lehrerin Laube (Gudrun Ritter) hat Verständnis für die Situation Barbaras und bietet ihr sogar an, dass sie dauerhaft bei ihr unterkommen kann.

Eine nach wie vor sehenswerte Variation des bekannten „Romeo und Julia“-Motivs zweier Liebender, deren Glück die Feindseligkeiten zwischen ihren Familien im Wege stehen. Mit viel Feingefühl und einer wohl dosierten Portion unspekulativer Erotik hat Helmut Dziuba das Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit mit wunderbaren Darstellern in Szene gesetzt. Dabei geht es auch immer wieder um generelle Fragestellungen zur Ideologie in der DDR, nicht zuletzt wenn die Lehrerin anmerkt, dass „die Erwachsenen der Jugend stets vorsagen, was sie denken soll.“ Auch in der Rekonstruktion des alltäglichen Lebens in der DDR erweist sich „Verbotene Liebe“ als spannendes zeitgeschichtliches Dokument. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein sehr gutes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1) und einen stets gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0 Stereo). Optional sind deutsche Untertitel für Hörgeschädigte und eine Audiodeskriptionsfassung für Sehgeschädigte verfügbar.

Verbotene LiebeAls Extra hat man noch einen weiteren kompletten Spielfilm mit auf die DVD gepackt. Es handelt sich dabei um den 1990 entstandenen „Banale Tage“ von Peter Welz, in dem Florian Lukas („Good Bye Lenin!“) das erste Mal vor einer Kamera stand. Dieser kurz vor dem Niedergang der DDR entstandene, überaus experimentelle Film behandelt ebenfalls die Lebenssituation einiger Jugendlicher. Er zerfällt dabei in viele verschiedene Episoden, in denen es oftmals sehr theatralisch zugeht oder mehr Wert auf ein geschickt arrangiertes Bildtableau als auf die eigentliche Geschichte oder die Charakterisierung der Figuren gelegt wird. Das wirkt durchweg sehr verkopft und intellektuell, ist aber nur schwer zu konsumieren und dürfte bei den meisten Zuschauern eher Langeweile auslösen. Zu diesem 89minütigen Film ist zusätzlich auch ein höchst informativer Audiokommentar von Regisseur Welz mit Ralf Schenk verfügbar, auch dieser Bonusfilm enthält optional deutsche Untertitel für Hörgeschädigte und eine Audiodeskriptionsfassung für Sehgeschädigte.


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