Den Mörder trifft man am Buffet - Krimi mal anders
Den Mörder trifft man am Buffet
Krimi mal anders
Einerseits verwundert es ein wenig, dass sich Ende der 1970er Jahre kein deutscher Verleih fand, um Bertrand Bliers sechsten Langfilm „Buffet froid“ in Westdeutschland in die Kinos zu bringen. Immerhin war der Sohn des französischen Charakterdarstellers und Komikers Bernard Blier (1916-1989; „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“) gerade einer der angesagtesten französischen Nachwuchsregisseure, der mit „Die Ausgebufften“ (1974) mit Gérard Depardieu, Patrick Dewaere und Miou-Miou und mit „Frau zu verschenken“ mit Depardieu und Dewaere zwei große Kassenschlager inszeniert hatte und seine Hauptdarsteller zu neuen Stars gemacht hatte. Andererseits ist der von Blier auch selbst geschriebene „Buffet froid“ dermaßen unkommerziell angelegt, dass er trotz seiner zahlreichen Stars in Haupt- und Nebenrollen nicht unbedingt zum großen Kinoerfolg geworden wäre. In Frankreich hingegen verstand man Bliers ungewöhnlichen Ansatz und fand Gefallen an seinem zynischen schwarzen Humor, weshalb er bei der Verleihung der Césars 1980 mit dem Preis für das beste Drehbuch belohnt wurde. Drei weitere Gewerke wurden immerhin nominiert: Jean Penzer für die Kameraführung, Théobald Meurisse für die Bauten und Claudine Merlin für den Schnitt. Ebenso verwunderlich, dass keiner der Schauspieler eine Nominierung erhielt, denn dem großartigen Ensemble ist es größtenteils zu verdanken, dass man an den absurden Ereignissen dranbleibt, auch wenn man mit dem Humor vielleicht nicht so richtig warm werden kann.
In der U-Bahn beginnt der Arbeitslose Alphonse Tram (Gérard Depardieu) ein Gespräch mit einem Buchhalter (Michel Serrault), den er kurze Zeit später mit seinem Messer bedroht. Obwohl die Männer dann unabhängig voneinander ihre Wege fortsetzen, liegt der Buchhalter mit Alphonses Messer im Bauch kurze Zeit danach in einem U-Bahn-Gang. Bevor er stirbt, gibt er Alphonse noch sein Messer mit, wegen der verräterischen Fingerabdrücke. In der modernen Betonsiedlung der Vorstadt, in der Alphonse mit seiner Frau Josyane (Liliane Rovère) lebt, ist gerade der erste weitere Bewohner eingezogen: Oberinspektor Morvandieu (Bernard Blier). Alphonses Schilderungen von den Vorfällen in der U-Bahn will dieser gar nicht so recht hören. Als am nächsten Tag Josyane nicht nach Hause kommt, vermuten aber beide schnell ein Verbrechen. Wie sich herausstellt, ist Alphonses Frau tatsächlich ebenfalls ermordet worden. Schon kurz danach steht ihr Mörder (Jean Carmet) in der Tür und freundet sich mit Alphonse und dem Oberinspektor an. Ein Zeuge des U-Bahnverbrechens (Jean Rougerie) verschlägt es ebenfalls in die Betonsiedlung. Aber dieser will niemanden denunzieren, sondern das ungleiche Trio dazu überreden, für ihn einen Mord zu begehen. Ein Herr, der täglich zur selben Zeit in eine Tiefgarage fährt, soll das Opfer werden…
Ein kurzer Film über das Töten... Bertrand Blier schildert Morde hier auf die absurdesten Weisen; die Handlung verläuft immer gerade so, wie man es am wenigsten erwartet. Der schauspielerisch geradezu brillante Film ist dennoch nicht durchweg geglückt, da er so extrem am Publikum vorbeiproduziert wurde, dass er nur eingefleischten Cineasten mit Hang zum Zynischen und Skurrilen Freude bereiten wird. Ein gesellschaftspolitischer Rundumschlag, aber leider kein sonderlich unterhaltsamer. Immerhin schimmern gelegentlich Breitseiten gegen „entmenschlichte Städte“ und Abstumpfungen im Job und in der Ehe durch, die dann über einen vollkommen gegen den Strich gebürsteten Krimiplot ad absurdum geführt werden. Die DVD-Erstveröffentlichung in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ bietet ein sehr gutes Bild (im Widescreen-Format 1,66:1) und einen stets gut verständlichen und zur Entstehungszeit passenden Ton (Deutsch und Französisch in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen Untertiteln). Das einzige Extra besteht aus einer kleinen animierten Bildergalerie, u.a. auch mit Behind-the-Scenes-Material mit Bertrand Blier.