Williams, Tad / Beale, Deborah: Die Drachen der Tinkerfarm

Williams, Tad / Beale, Deborah: Die Drachen der TinkerfarmDie Drachen der Tinkerfarm
(The Dragons of the Ordinary Farm)
von Tad Williams und Deborah Beale
aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring
erschienen: Herbst 2009 (Deutschland); 2009 (USA)
380 Seiten, 19,90 €
ISBN: 978-3-608-00441-0

Hobbit Presse/ Klett-Cotta

Weil ihre Mutter in ein Feriencamp für Singles fährt, müssen die Geschwister Lucinda und Tyler ihre Sommerferien auf der Farm ihres Großonkel Gideon Goldring verbringen.

Lange Wochen auf einem einsamen Bauernhof mitten im Nirgendwo leben und arbeiten zu müssen – der Gedanke behagt den Geschwistern nicht im Geringsten. Nur widerwillig nehmen sie die Einladung des ihnen unbekannten Verwandten an.

Schon auf der Fahrt zur Tinkerfarm wird den beiden jedoch klar, dass das Gehöft alles andere als der gewöhnliche Bauernbetrieb ist, den sie erwartet haben. In einem Buch, das sie von Gideon erhalten haben, ist die Rede von Feuer speienden Kühen, die angeblich auf der Farm leben. Lucinda und Tyler sind sich unsicher, was sie davon halten sollen. Feuer speiende Kühe – ihr Großonkel ist ganz offensichtlich verrückt!

Kaum auf der Tinkerfarm angekommen, müssen sie ihr Urteil allerdings revidieren. Das Gehöft birgt mehr als nur ein Geheimnis, und nicht jedes davon ist erfreulich. Für Lucinda und Tyler beginnt der aufregendste, aber auch gefährlichste Sommer ihres Lebens ...

Tad Williams. Diesen Namen verbinden Fans phantastischer Unterhaltung mit so hochkomplexen und anspruchsvollen Werken wie »Die Saga von Osten Ard« oder »Otherland«. Mit »Die Drachen der Tinkerfarm« beweist der amerikanische Autor, dass er auch ganz anders kann. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Deborah Beale hat er einen Roman verfasst, der sich deutlich von seinen anderen Werken unterscheidet.

Das beginnt schon bei der Wahl des Schauplatzes. Statt ihr Abenteuer in einer phantastischen Welt anzusiedeln, haben sich die beiden Autoren dazu entschlossen, die Handlung von »Die Drachen der Tinkerfarm« ganz im Stile der »Harry Potter«-Reihe in der Realität ablaufen zu lassen (wobei diese Realität natürlich, ganz wie jene des bekannten Zauberlehrlings, durchdrungen ist von Magie und fabelhaften Geschöpfen).

Ein weiterer Unterschied ist der, dass das Figurenensemble deutlich übersichtlicher ausfällt als in Williams' sonstigen Werken. Im Wesentlichen konzentriert sich das Autorenduo auf Lucinda und Tyler und schildert die aufregenden Ereignisse auf der Tinkerfarm aus ihrer Sicht.

Was sich hingegen nicht geändert hat, ist das Ausmaß an phantastischen Einfällen, das den »Drachen der Tinkerfarm« ebenso zugrunde liegt wie Williams' sonstigem Schaffen. Daraus folgt nun zweierlei.

Zum einen erzählt das Buch eine Geschichte, die, ganz wie man es von Werken des erfolgreichen Autors gewohnt ist, nur so strotzt vor fantasievollen Ideen. Zum anderen sollte sich jeder, der nach Vernehmen des Romantitel denkt, er wüsste, was ihn erwartet, vorsehen. Drachen machen nämlich nur einen Teil der Handlung aus. Die Geschichte ist weitaus reichhaltiger an phantastischen Elementen, als es zunächst den Anschein hat. Ohne hier allzu viel vorweg nehmen zu wollen: Wer sich auf »Die Drachen der Tinkerfarm« einlässt, der sollte sich auf ein Fantasyabenteuer gefasst machen, das in so mancher Hinsicht zu überraschen weiß. Williams und Beale haben deutlich mehr in der Hinterhand als „nur“ Drachen.

Leser des Buchs sollten sich aber auch bewusst sein, dass sich »Die Drachen der Tinkerfarm« in allererster Linie an ein bedeutend jüngeres Zielpublikum richtet als die üblichen Tad Williams-Romane. Dies merkt man dem Abenteuer auch an. Die Charaktere sind einfacher gestrickt, als man es von Williams gewohnt ist, die Story ist merklich gradliniger und übersichtlicher. Jugendliche Leser zwischen 10 und 14 Jahren dürfte dies nicht im Mindesten stören; Freunde anspruchsvoller Fantasyliteratur werden hingegen enttäuscht sein.

Alles in allem ist »Die Drachen der Tinkerfarm« ein gut geschriebenes und routiniert inszeniertes Fantasyabenteuer, das mit einer Vielzahl phantastischer Ideen zu glänzen weiß. Kennern von Williams übrigen Werken dürften diese vielfach bekannt vorkommen; häufig greift das Autorenduo Williams/ Beale auf Motive zurück, die der Amerikaner schon in früheren Arbeiten verwendet hat.

Leser, die von Williams Originalität erwarten, könnte das irritieren. Das Zielpublikum, also Kinder und Jugendliche von 10 Jahren an aufwärts, wird damit aber keine Probleme haben; die wenigsten von ihnen werden schon mal ein Buch von Williams in der Hand gehalten haben. Anders ausgedrückt: Sofern sie sich für phantastische Geschichten begeistern können, wird ihnen das Fantasyabenteuer dank sympathischer Figuren und einer rasanten Storyline viel Freude bereiten.

Für erwachsene Leser gilt: »Die Drachen der Tinkerfarm« ist ein Buch für alle, die Fantasy auch dann mögen, wenn sie mal nicht ganz so komplex ist. Leser von All Age Romanen werden hier bestens bedient, und wer die Romane »Drachenfeuer« und »Das Buch« von Wolfgang und Heike Hohlbein gelesen und gemocht hat, den wird auch das Buch von Tad Williams und Deborah Beale schnell in seinen Bann ziehen.

»Die Drachen der Tinkerfarm« ist ein in sich geschlossenes Abenteuer, das aber den Auftakt zu einer neuen Fantasyreihe bilden soll. Ich für meinen Teil bin gespannt, wie es im kommenden Buch weitergeht. Offene Storylines gibt es jedenfalls noch reichlich – und das Universum der Tinkerfarm bietet noch genug Raum und Möglichkeiten für jede Menge neuer, spannenden Erlebnisse.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.