Das Geheimnis der Spiderwicks – The Spiderwick Chronicles

Das Geheimnis der Spiderwicks (Filmplakat)Das Geheimnis der Spiderwicks
(The Spiderwick Chronicles)
mit Freddie Highmore, Sarah Bolger, Mary-Louise Parker, David Strathairn, Joan Plowright, Nick Nolte
Regie: Mark Waters
Drehbuch: Karey Kirkpatrick, David Berenbaum, John Sayels nach der Romanreihe von Tony DiTerlizzi und Holly Black
Kamera: Caleb Deschanel
Bildschnitt: Michael Kahn
Musik: James Horner
Produktionsdesign: James Bissell
USA / 2008; circa 97 Minuten

Es ist eine offensichtlich fruchtbare Zusammenarbeit von Tom DiTerlizzi und Holly Black. Es kommt genau das heraus, was das Fantasy begeisterte Herzen der jungen Leserschaft begehren. Eine äußerst ansprechende Aufmachung und eine zügig erzählte, schnörkellose Geschichte. Tom DiTerlizzis Illustrationen sind durchaus das Salz in der Suppe zwischen den Umschlägen, doch auffallend ist Holly Blacks Gespür für die angestrebte Altersgruppe der acht- bis zehnjährigen. Eine Sprache, die seine Leser ernst nimmt, nicht unterfordert und trotz, oder wegen der Thematik immer realistisch bleibt. Bei den durchschnittlich gerade mal 110 Seiten pro Buch der ersten fünfteiligen Reihe und laut Verlag nur knapp 150 Wörtern pro Seite, wird die Aufmerksamkeitsspanne nicht unbedingt ausgereizt.
 

Selbst wenn die Aufgabenverteilung klar geregelt ist, muss man DiTerlizzi und Black als ineinander verwobene Einheit verstehen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, das aus einer unter vielen erschienenen Fantasy-Buchreihen etwas Besonderes entstanden ist. Wunderbare Illustrationen und eine vollkommen klar strukturierte Geschichte. Und man möchte es kaum glauben, eine Geschichte auch mit Tiefgang. Black beschreibt in ihren Texten so unterschwellig eindrucksvoll das Mittelklassen-Milieu einer geschiedenen Familie, ohne je das Thema zu überreizen, oder zu verharmlosen. Wie Black die Sprache ihrer Protagonisten beherrscht und diese ernst nimmt, erzeugt den Reiz auch für einen erwachsenen Leser, die Geschichten der Geschwister im Spiderwick-Anwesen mit Spannung zu verfolgen.

Für den geübten Viel-Leser mutet das geringe Wort-Potential vielleicht wie ein kleine Frechheit an, aber die Autoren machen damit auch klar, dass ihre Bücher ganz klar auf ein bestimmtes Publikum ausgerichtet sind. Was darüber hinausgeht, wird bestimmt auch dankbar angenommen, doch sie widerstreben dem Drang sich nach allen Leser Richtungen orientieren zu wollen, oder mit einem überdimensionierten Mammut-Epos prahlen zu müssen. Die Geheimnisse um die Familie Spiderwick sind und bleiben eine kleine, feine und sehr ansprechende Überraschung im Konfektionseinerlei. Das Black und DiTerlizzi als ausführende Produzenten eine Verfilmung mit auf den Weg gebracht haben, dürfte dem mit lächerlichen zirka 90 Millionen Dollar produzierten Film sehr zuträglich sein. Sollte man glauben.

Mark Waters hat ja schon mit einem überraschend angenehm inszenierten ‚Freaky Friday‘ Lindsay Lohan und Jamie Lee-Curtis aufeinander los gelassen und mit ‚Just like Heaven – Solange du da bist‘ Reese Witherspoon und Mark Ruffalo dem ansehbaren Chaos der Romantik ausgesetzt. Beides Filme, die mit Fantasy-Elementen gespickt, herrliche Charakterstudien betrieben. Beides gewiss keine Krönungen der Traumindustrie. Doch Waters machte bisher in seinen Filmen deutlich, wie sehr er seinen Figuren verbunden ist und das diese immer Vorrang haben müssen. John Sayles hat zum Beispiel auch die packenden ‚Passion Fish‘ und ‚Secret of Roan Inish‘ verfasst, David Berenbaum ist für den fantastischen ‚Elf‘ mit Will Ferrell verantwortlich und Karey Kirkpatrick hat ‚Chicken Run‘ erdacht, oder Wilbur in ‚Charlottes Web‘ eine Stimme gegeben. Der Spruch des verdorbenen Breies bei zu vielen Köchen hat wieder einmal seine Richtigkeit erfahren.

Während auf der technischen Seite ein Film entstanden ist, der nach wesentlich mehr aussieht als 90 Millionen Dollar, verliert Regisseur Mark Waters zunehmend das Gespür für Tempo und Inhalt. Die Zwillinge Jared und Simon ziehen mit ihrer Schwester Mallory samt Mutter in das heruntergekommene Anwesen von Großtante Lucinda Spiderwick. Dank anstehender Scheidung wird der Wohnortwechsel wohl dauerhaft sein, was besonders den schwierigen Jared noch schwieriger macht und der nun allein verantwortlichen Mutter noch mehr Verantwortung aufdrängt. Der erste Verdruss ist schnell überwunden, als die drei Kinder die Bekanntschaft mit dem im Haus lebenden Wichtelmann Thimbeltack machen. Jared findet gleich darauf das geheimnisvolle Buch über all die Kreaturen jenseits unserer Vorstellungskraft, woraufhin das alte Spiderwick-Anwesen Angriffsziel von einer Unzahl Kobolden wird. Dann gibt es noch einen Greif, der zur Hilfe eilt, den Oger Mulgarath, der für Unfrieden sorgt und allerlei an Elfen, Trollen und seltsamen Verwandten, deren Absichten erst einmal geklärt werden müssen.

Das ‚Geheimnis der Spiderwicks‘ wird dabei zum Abziehbild längst überholter Stilelemente, die in solcher Form vielmehr das Interesse schmälern, als das sie den Zuschauer binden. Die Actionsequenzen sind derart auf kürzest mögliche Zeit inszeniert, das dem durchaus willigen Zuschauer nicht einmal die Möglichkeit gegeben wird, sich mit dieser fremden Welt auseinander zu setzen. Dem ganz und gar Unwissenden wird gleich soviel von Irrwichten, Elfen und Kobolden um die Augen und Ohren gehauen, dass eine innerliche Auseinandersetzung mit dieser eigentlich schön gestalteten Fantasy-Welt einfach nicht möglich ist. Zuviel und zu schnell wird die Handlung vorangetrieben, zu unübersichtlich bleiben zeitliche Abläufe, eine wirkliche Entwicklung ist den Effekten untergeordnet. Aber wehe Mark Waters behandelt einen emotionalen Aspekt in dieser Geschichte. Der eigentlich überfordernde Fluss des Erzählens wird derart jäh unterbrochen, dass die gefühlsbetonten Elemente überhaupt keinen Einklang mit der Struktur des Filmes finden. Viel schlimmer noch, aus den großen Gefühlen möchte Mark Waters ein Meer aus Tränen und Rührung zaubern, vollkommen konträr zu seiner Vorlage. Aber er schafft es stets von diesen erzählerischen Stillständen in die höchsten Gänge zu schalten, als ob er von gewissen Unzulänglichkeiten ablenken wollte. Diese Unzulänglichkeiten sind aber nun mal eine Regie, die sich gegen ein falsch gewichtetes Drehbuch nicht durchsetzen kann und das geht auf Kosten brillanter Jungdarsteller und einem überwältigenden Produktionsdesign.

Die ‚Spiderwicks‘ hätten ein mit Dank angenommener Ausgleich zu den überfrachteten Fantasy-Exzessen anderer Produktionen sein können. Eine anfänglich zurückhaltende, eher leise Elfe, die sich in ihrer filmischen Umsetzung zum polternden Troll entwickelt hat. Viel Spuk, anstelle von Zauber. Da schafft der Film auf einmal das, was die Bücher nicht fertig brachten: Das Produkt ist ausschließlich für das Zielpublikum interessant. Dabei könnte man sich an soviel erfreuen. Das Haus der Spiderwicks, die Fantasy-Wesen, die wunderbaren Figuren, alles wie es sich Tom DiTerlizzi für die Illustrationen erdacht hatte. Das macht wirklich Spaß und verführt auch mal zum Staunen. Wenn doch nur Mark Waters nicht versucht hätte, soviel mehr daraus zu machen, als Holly Blacks wundervoll erzählte Geschichte sein müsste.

Kinoplakat "Spiderwick Chronicles" Copyright 2008 Nickelodeon Movies 

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