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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 5 "Der rote Kreis"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 5 »Der rote Kreis« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Der rote KreisKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 4 Stück, weitere folgen) bei Streamingprotalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Der Henker Pallion ist betrunken als er die Guillotine aufbaut mit welcher der Mörder Lightman hingerichtet werden soll. Dabei unterläuft ihm ein Fehler. Die Hinrichtung misslingt nach drei Versuchen, da das Fallbeil klemmt. Lightman wird begnadigt. Wenig später gelingt ihm die Flucht aus dem Gefängnis.

Einige Jahre macht in London ein berüchtigter Verbrecher von sich reden. Er erpresst hohe Summen von reichen Leuten und verspricht Ihnen dafür sie nicht zu töten. Der Millionär Beardmore geht nicht darauf ein und wird prompt ermordet. Inspektor Parr vom Yard tritt auf der Stelle. Er kann den Mörder einfach nicht fassen. Außerdem hat er damit zu kämpfen, dass man ihn den jungen Privatdetektiven Derrick Yale an die Seite gestellt hat. Der Mann ist hoch angesehen, auch bei Parrs Chef und er scheint hellseherische Fähigkeiten zu haben. Paar verlangt größere Vollmachten, sonst kann er den "roten Kreis" nicht dingfest machen. Denn der "rote Kreis" ist das gefürchtete Zeichen des Verbrechers auf seinen bedrohlichen Briefen. Immer wieder ist er Paar und Yale eine Nasenlänge voraus. 
 
Klappentext:
Der "rote Kreis" ist das gefürchtete Zeichen auf den Briefen eines Erpressers. In London weiß man, dass es lebensgefährlich ist, sich dem Erpresser zu widersetzen, denn der schreckt vor einem Mord nicht zurück! Scotland Yard scheint dem "roten Kreis" gegenüber hilflos zu sein - doch dann leitet Inspector Parr einen raffinierten Schachzug ein ... (EUROPA)
 
Meinung:
Das beste Hörspiel der ersten Staffel ist gleich das beste Hörspiel der gesamten Serie. "Der rote Kreis" ist als Krimi außerordentlich gelungen. Das liegt aber in erster Linie an der Vorlage, die auch aus Wallace´s Gesamtwerk etwas heraus sticht. Im Hörspiel gelingt es sogar besonders gut diese Geschichte geradlinig zu erzählen und dabei das Zeitgenössische außen vor zu lassen. Der Roman spielte in den 30er Jahren. Das merkt man dem Hörspiel nicht an. Die Geschichte hätte in jeder Zeit spielen können. Einzig der Vollzug der Todesstrafe für Mörder erinnert kurz daran, dass die Geschichte aus einer anderen Zeit stammt als z.B. der Gegenwart. Die Geschichte von Lightman ist dabei der eigentliche Spannungspunkt, der jedoch etwas schnell abgehakt wird. Das ist aber schon alles an Kritik. Hier stimmt einfach alles. Die Sprecher ebenso wie die für die Reihe schon typische, aufpeitschende Spannungsmusik und die düstere Grundstimmung. Die fällt diesmal jedoch nicht ganz so stark aus wie noch beim "Hexer" und den "toten Augen". Der "Frosch", das "Gasthaus" und auch der "rote Kreis" wirken vom Stil her moderner. 

Bei der Stimme des Verbrechers leistete man sich diesmal einen Clou. Statt den wahren Täter sprechen zu lassen wurde der "rote Kreis" immer wenn er auftrat, von einem anderen Sprecher gesprochen. Dieser andere Sprecher war Manfred Steffen. Es war ohne Zweifel etwas gewagt, da Steffen im Hörspiel sowieso die Rolle des Mr. Froyant bekleidet. Hätte man ihn heraus gehört, wäre der Hörer unweigerlich auf den Gedanken gekommen, Froyant sei der Mörder. Doch Steffen verstellte seine Stimme sehr geschickt. Regisseurin Heikedine Körting beging in Folge 2 den Fehler Wolfgang Kieling nicht zu verstellen oder als Frosch mit einem anderen Sprecher zu besetzen. Das hatte ihn allzu schnell verraten und die Krimispannung war dahin. Man erriet das Johnson der "Frosch" war, wenn man die Vorlage nicht ohnehin schon kannte. Es schien als wollte Frau Körting diesen Fehler hier umgehen. Doch vermutlich hatte diese Maßnahme eher praktische Gründe. Die Stimme des wahren Täters wäre auch zu markant gewesen. Somit ist hier der Schluss in der Tat überraschend. Nicht nur wegen der Auflösung, sondern auch wegen Parrs genialen Schachzug, der im Klappentext leider schon etwas vorweg genommen wird. Ich persönlich finde das Hörspiel sogar besser als den Film, was den Spannungsfaktor angeht.
 
Gedanken
"Vergessen Sie nicht, dass jeder der mein Gesicht sieht, die Wahrheit nur in der Hölle verraten kann": Das sagt der rote "Kreis" zu Brabazon, wenn er versuchen wollte, sich vorzubeugen. Wie der rote Kreis sein Gesicht verbirgt ist nicht ganz klar. Er wird im Roman einmal so beschrieben: Hochgezogener Mantelkragen, tief sitzender Hut. Ob das reicht ein Gesicht zu verbergen, wenn jemand nur wenige Zentimeter vor einem steht? Im nebligen London vielleicht. Im Film von 1959 hat man dem Verbrecher dann eine Maske verpasst.
 
"Der rote Kreis braucht mich also. das ging schneller als ich gedacht habe": das sagt Thalia zu sich selbst, nachdem der rote Kreis ein Treffen mit ihr will. Mit diesem Satz endet die erste Kassettenseite und eine aufpeitschende Musik setzt ein. Typisch Franciskowsky.
 
"Ich kann es Ihnen nicht sagen": Das sagt Derrick Yale zu Jack Beardmore, nachdem Mr. Marl einen Herzanfall erlitten hat. Was er ihm nicht sagen kann, ist der Grund für die plötzliche Attacke. Merkwürdig ist, das Yale ihn Mr. Marl nennt, obwohl er ihn doch gar nicht kennt. Im nächsten Satz sagt er "Es ist doch Mr. Marl?"". Diese Frage allein ist seltsam, da Yale angeblich nichts über den Mann weiß, der da ohnmächtig wurde, es sei denn er hat das Gespräch zwischen Beardmore, Froyant und Marl mitgehört, was unwahrscheinlich ist.
 
Claus WilckeDie Sprecher
Doppelrolle für Horst Naumann. Er spricht nicht nur den Erzähler wie eh und je, sondern auch den Inspektor Parr. Das ist erstaunlich, das ein Hauptsprecher gleich zwei Hauptrollen in einem Hörspiel übernimmt. Man hört es aber nicht sofort raus. Naumann verstellt seine Stimme als ältlicher Inspektor perfekt, was für seine Qualitäten spricht. 

Claus Wilcke (Percy Stuart) übernimmt die Rolle des Derrick Yale. Eine gute Besetzung. Auch Rainer Schmitt als junger Beardmore und Hans Paetsch als dessen Vater sind ideal besetzt. Die weibliche Hauptrolle der Thalia Drummond hat Monika Gabriel inne. Sie ist ebenso gut besetzt und gut geeignet für eine resolute Dame, die sich mit dem roten Kreis anlegt. Einmal nicht nur die hübsche Unschuld vom Lande, wie wir sie noch aus dem "Gasthaus" kennen (Lila). Eine Rolle, die auch Judy Winter hätte übernehmen können, doch Frau Gabriel macht es ebenso gut. Sie hat in Folge 6 wieder die weibliche Hauptrolle inne. Der Gauner Silby wird von Horst Stark gesprochen. Damit ist er wieder in seiner alten Rolle als "Flimmer-Fred" oder Sam Hackitt. Er ist im Inlay allerdings unter dem Namen Ulf Schaller gelistet. Er wird in der kommenden Folge auch wieder vorkommen - sogar in einer Doppelrolle.
Die weiteren Rollen bekleiden Manfred Steffen, Ferdinand Dux, F.J. Steffens und Heikedine Körting als kratzbürstige Vermieterin. Sie ist jedoch nicht gelistet.
 
Cover
Die schreiende Frau ist diesmal besser gelungen als in Folge 2. Das beste Cover ist dieses hier nicht, aber es auch keineswegs verpatzt oder schlecht. Im Gegenteil. Der düstere Schatten mit dem Messer, die schreiende Frau im roten Kreis - da sind fast alle Elemente des Krimis gut zusammengefasst.
 
Parallelen
Im Kinofilm von 1959 wurde der "rote Kreis" auch mit einer anderen Stimme gesprochen, anstatt von Klausjürgen Wussow, der den Täter spielte. Mit diesem  Schachzug wollte man sich die Auflösung bewahren. Friedrich Schütter sprach den Gangster. Der hat in diesem Hörspiel auch eine Rolle. Und zwar als Polizeichef. Die gleiche Rolle bekleidete er im Hörspiel Nr. 4 "Das Gasthaus an der Themse".

Eine Geschichte namens "Der rote Kreis" gibt es auch bei Sherlock Holmes. Dort geht es aber um eine Mafia-ähnliche Organisation und nicht um einen Einzeltäter. Die Holmes-Geschichte erschien 1911, Wallace sein Roman 1922.
 
 
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