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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 6 "Der schwarze Abt"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 6 »Der schwarze Abt« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Der schwarze AbtKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 4 Stück, weitere folgen) bei Streamingprotalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Auf Schloss Fossoway spukt es. Das will Lord Dick Alford nicht hören, aber sein Bruder Harry hat Angst vor dem schwarzen Abt. Doch diese Spukgestalt hat nie jemanden wirklich etwas zu leide getan. Mary Wenner, eine junge Frau, die von Lord Harry verschmäht wurde ist bereit sich zu holen, was sie verdient hat. Ihre entgangene Mitgift von 15 Tonnen Gold. Diese sollen in der Abtei von Foosoway ruhen. Zusammen mit dem windigen Anwalt Arthur Gines will sie das Gold holen. Doch sie werden vom schwarzen Abt und vom Bürovorsteher Mr. Gilder überrascht. Während Mary überlebt, erschießen sich Gines und Gilder gegenseitig. Das Gold wird nicht gefunden. Harry glaubt nicht an das Gold. Er will das Lebenselixier. Dies soll irgendwo unter in der Abtei vergraben sein und ewiges Leben spenden. Denn er hat panische Angst vor dem Tod. 
 
Klappentext:
Der schwarze Abt verbreitet Angst und Schrecken um Schloß Fossaway. Aber ist diese Spukgestalt wirklich zum Fürchten? Hütet sie den geheimnisvollen Goldschatz - oder das noch viel wertvollere Lebenselixier? (EUROPA)
 
Meinung:
Im letzten Teil der ersten Staffel geht es dann etwas gruselig zu. Franciskowsky hat sich auch etwas besonderes einfallen lassen um der Geschichte einen Hauch mehr Würze zu geben. Denn der zugrunde liegende Roman zählt nicht zu Wallace´s innovativsten Werken. Hinzu kommt das die Aufklärung ziemlich simpel gerät. In diesem Punkt hat auch der Hörspielautor keine zündende Idee, um das Finale etwas überraschender zu gestalten. Die Auflösung, wer der Abt ist geht gar in einem kleinem Monolog am Schluss fast unter. Im Film von 1963 hat man zwei Abte eingebaut um wenigstens einen davon als böse und verbrecherisch hinzustellen. Aber auch dort misslang die Auflösung.

Wenigstens aber hat Franciskowsky ein wunderschönes Opening geschaffen, indem er den Abt gleich zu Beginn auftauchen lässt. Das weckt das Interesse auf die Geschichte. Ähnlich verfuhr er mit Folge 3 und der Hexer-Geschichte. Auch hier stammt das Opening einzig von ihm. Die Romane bieten das nicht, sondern sind eigentlich eher dialoglastig. Das Problem vom Ur-Hexer, setzt sich beim "Abt" etwas fort. Doch mit seinen 38 Minuten Laufzeit ist "Der schwarze Abt" trotz der kleinen Makel ein Feuerwerk an spannender Hörspielunterhaltung in der jede Minute etwas passiert. Hätte man die Aufklärung etwas mehr in den Vordergrund gehoben, dann wären am Ende auch 40 oder 42 Minuten gerechtfertigt gewesen. Unheimliche Stimmung und Atmosphäre zeichnen die Produktion ebenfalls aus. Das wird wie immer geschaffen durch glänzende Sprecher, gute Geräusche und Musik.
 
Gedanken
Gines oder Guiness? Die Geschwister heißen im Roman Arthur und Leslie Gine. Hier im Hörspiel werden sie Guinnes genannt. Im Inlay steht Gines.
 
"Ich war ein sehr stiller Abt", sagt Dick Alford zu Sergeant Puttler. Damit gesteht er eigentlich nur, dass er die gespenstische Gestalt war, die nachts um das Anwesen schlich und Leute erschreckte. Es klingt aber auch etwas so, als gäbe es noch einen weiteren Abt, der weniger still war. Aus diesem Grund ist die Auflösung misslungen. Wie auch im Film von 1963, wo Joachim Fuchsberger den Dick Alford spielte, gelang keine zündende Idee um die Auflösung interessanter zu machen.
 
"Dieser Stein schwingt herum wie eine Tür": das sagt Mary Wenner zu Arthur Gines. Die Geräusche sind in diesem Hörspiel phänomenal. Große Steinklötze, die hin und her geschoben werden, knisterndes Papier, hallende Stimmen in dunklen Gewölben, Steinschläge und Kaminfeuer. Hier zeiht EUROPA in puncto Atmosphäre alle Register ihres Könnens. 
 
"Ich will die Flasche Dick, den Lebenstrank. Was ist schon Gold. Ich will das Leben, verstehst Du? Das Ende der Angst": Das sagt Harry zu seinem Bruder Dick. Ihm dürstet es nach dem Lebenselixier  das irgendein Vorfahr in einem Tagebuch erwähnt hat. Tatsächlich findet er es am Schluss, doch die Flasche bringt Harry den Tod. Er so gierig danach, dass er die Gefahr nicht sieht: Eine herabstürzende Gesteinsmasse. Das Elixier wird in dem Film von 1963 nicht erwähnt. Auch nicht im Hörspiel von Nocturna-Audio. Offensichtlich fand man die Idee eines solchen Elixiers zu phantastisch. Dabei ist man weder im Roman noch in diesem Hörspiel genauer darauf eingegangen. Somit bleibt unbeantwortet ob das Elexier tatsächlich ewiges Leben spendet.
 
"Ich würde nachts nicht für 50 Millionen allein durch  die Ulmenallee gehen": Das sagt er Butler Mr. Glover zum Diener Thomas. Offenbar gab es eine dienstrangmäßige Unterscheidung zwischen Diener und Butler.Der Diener müsste zumindest diesem Dialog nach höher angesiedelt sein, denn er unterrichtet den Butler von einer Anweisung. Gesprochen wird Glover von einem gewissen Ernst Schuberth. Das ist aber nur eines der vielen EUROPA-Pseudonyme hinter dem sich diesmal der Produzent und Label-Mitbegründer Prof. Dr. Andreas Beurmann verbirgt.
 
"Ein hoch gewachsener Mann mit einem etwas linkischen Gehabe": Das sagt der Erzähler, als er Sergeant Puttler vom Yard beschreibt.
 
"Hier schlüpfte doch im Mittelalter der Abt heraus, als es ihm zur Gräfin von Shelford trieb": sagt Mary Wenner und deutet damit Arthur an, welche Geheimgänge der Abt einst benutzte. Leider wird die historische Bedeutung des Abtes nicht ausreichend geschildert. So bleibt er recht blass, das ganze Hörspiel über.
 
Friedrich SchütterDie Sprecher
Hauptrolle: Friedrich Schütter. Der bekannte Mime mit der markanten Stimme hat die Ehre hier ausnahmsweise mal die Hauptrolle zu spielen, die ihm gut steht. Für einen jungen Lord Alford wie er im Roman beschrieben, klingt er allerdings zu alt. Ferdinand Dux (in Folge 4 noch der Bösewicht und in Folge 5 ein Verdächtiger) spricht hier den Yard-Beamten Puddler. Er legt eine ganz andere Performance hin als in den Folgen zuvor. Etwas humorig und tolpatschig. Manfred Steffen übernimmt die Rolle von Harry, was auch sehr passend ist. Die weibliche Hauptrolle spricht Monika Gabriel, die diesen Part schon in Folge 5 inne hatte. Hier spricht sie jedoch weniger eine selbstbewusste und starke Dame, als mehr eine ängstliche und naive. Horst Stark bekleidet eine Doppelrolle wie schon im "Gasthaus", wo er neben Lord Siniford auch einen Zeugen sprach. Im "Abt" nun spricht er im Opening den Peter und im weiteren Verlauf der Handlung den Gilder. Als dieser wirkt er wesentlich böser als in seinen Gaunerrollen zuvor. Mit insgesamt 5 Auftritten ist Horst Stark damit in fast jeder Folge (außer der 2) vertreten gewesen. In der zweiten Staffel wird es ähnlich sein. 
Eine weitere weibliche Rolle nimmt Jo Wegener ein. Marion Martienzen (Lila aus dem "Gasthaus") kommt kurz als Anne zum Einsatz.
 
Cover
Das Cover ist schön unheimlich und neben denen bei den Folgen 1,3 und 5 sehr gelungen. 
 
Besonderes:
Friedrich Schütter, hier in der Hauptrolle spricht im Wallace-Film "Der rote Kreis" (1959) die Stimme des Verbrechers. Zusammen mit der "rote Kreis" ist der "schwarze Abt" eine der Titel in der ersten Staffel, die nicht vom Label Maritim auch vertont wurden.

2015 erschien ein von Sven Schreivogel produziertes Hörspiel gleichen Titels, welches jedoch an die EUROPA-Produktion nicht heranreicht.
 
 
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