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... Lars Vollbrecht über Entwicklungsstände, Monsterzeichnungen und fehlende Hörspielcover

Lars Vollbrecht … ... Lars Vollbrecht ...
... über Entwicklungsstände, Monsterzeichnungen und fehlende Hörspielcover

Lars Vollbrecht hat früh sein Zeichentalent entdeckt. Irgendwann taten es ihm Hörspielcover an. Heute sind seine van-Dusen-Cover sehr gefragt. Er hat als Fan von Phantastik und Krimi immer gern gezeichnet, in frühen Jahren vor allem für das Fandom. Unter anderem auch den für den Zauberspiegel. Heute macht er das beruflich.

Ein Interview war also überfällig.
 
Zauberspiegel: Am Anfang muss die Frage stehen, wann du Dein Zeichentalent entdeckt hast?
Lars Vollbrecht: Ich habe schon als Kind gerne gezeichnet. Beeinflusst von Micky Maus hieß meine Heldin Piggy. Sie war ebenfalls eine Maus. Tja, der Englischunterricht kam erst ein oder zwei Jahre später.
Ohne das richtige Umfeld hätte sich das Zeichentalent gar nicht entwickeln können. Soll heißen: ich hatte Glück mit dem Freundeskreis. Wenn ich es mir im Sommer mit Wolldecke, Papier und Stift auf der Wiese gemütlich machte, fanden sich immer welche, die ich mit meiner Zeichenlust anstecken konnte.
Ich übertrieb es in den Augen meiner Eltern zu sehr mit dem Zeichnen, so dass die schulischen Leistungen etwas nachließen. Also durfte ich nicht mehr so viel Zeichnen. Das hatten sich meine Eltern wohl nicht so recht überlegt. Denn was passiert mit Dingen, die man mit Leidenschaft macht und die einem verboten werden? Man will sie erst recht und findet einen Weg, diesen Drang zu befriedigen.

Zauberspiegel: Muss man eigentlich Zeichnen oder Malen sagen?
Lars Vollbrecht: Ich sage Zeichnen zum Zeichnen und Malen zum Malen ... Für mich ist Zeichnen alles was mit einem Stift zu tun hat. Bleistift, Kugelschreiber, Filzer und auch Buntstifte sind Zeichenwerkzeuge. Mit Farben wie Acryl, Öl oder Pastellkreide malt man – klassisch analog oder eben mit Hilfe einer Software digital.

Des Zuaberspiegels Medienhure von Lars Vollbrecht Zauberspiegel: Gab es bei Dir beim Zeichnen immer besondere Vorlieben für Motive?
Lars Vollbrecht: Man kann Vorlieben für alles Mögliche entwickeln, aber kann man das alles Zeichnen? Es ist also eine Frage des Entwicklungsstandes, welchen Themen man sich zuwendet.
Als Kind und Jugendlicher waren meine Vorlieben ganz klar Horror, Grusel und Science Fiction. Dabei will ich nicht sagen, dass ich das zeichentechnisch alles virtuos abdecken konnte. Mich interessierten halt diese Genres, weil ich mir auch die entsprechende Trivialliteratur zu Gemüte führte. Zunächst las ich John Sinclair und Perry Rhodan. Larry Brent und Macabros waren durch ihre Leserseiten das Tor zum Fandom. Dem Dan Shocker’s Fantastik Club musste ich natürlich sofort beitreten. Etwas später war dann auch der Kontakt zu Horst Hermann hergestellt, der für seinen damals noch analog erscheinenden Zauberspiegel immer wieder Zeichnungen brauchte. Naja, Du weißt ja, wie oft der erschien und wie dick das Ding immer war. Das Volk wollte zwar lesen, aber nur Bleiwüste war dann auch zu anstrengend (ich glaube, es war wirklich noch Schreibmaschinensatz) – die wollten auch ein bisschen zum Schauen haben. Um Deine Frage nun mal endlich zu beantworten: als Jugendlicher waren meine Vorlieben ganz klar Monster. Und warum ist auch klar. Monster sind einfach zu zeichnen. Dachte ich jedenfalls immer. Für Monster gab es keine Anatomiebücher (heute schon, aber damals hab ich so etwas nicht entdecken können). Wer Monsterzeichungen kritisiert, bekommt meist zu hören: „Die sehen halt so aus.“ Wer will da widersprechen?
Als Heranwachsender in der Pubertät erschließt sich einem dann noch ein weiteres hochinteressantes Zeichenobjekt: das Geschlecht der Wahl, das plötzlich auf geheimnisvolle Weise ins Rampenlicht rückt. In meinem Fall waren das Frauen. Die Motivwahl in dieser Zeit ist wohl unmissverständlich. Für meine Eltern eine verstörende Zeit. „Lars, das sind doch Wichsvorlagen.“ „Hört mal, wie soll ich denn lernen, wie ein Körper aussieht. Insbesondere ein weiblicher Körper? Das ist alles  Lehrmaterial.“ Ich fürchte, ich klang damals nicht überzeugend.
Während des Studiums hat man noch Zeit zum Experimentieren. Da man aber in einem Raum mit ähnlich ambitionierten Menschen sitzt, ist hier die Vorliebe immer das Unerwartete, Besondere. Gar nicht mal das, was man gern gezeichnet hätte. Sondern eher das, was die „Konkurrenz“ und Lehrerschaft überraschte.
Nach der Berufswahl hat man dann eigentlich kaum eine Wahl: man darf keine Vorlieben haben. Offen für alles. Ideen in jede Richtung bitte. Die Werbewelt dreht sich schnell und reißt einen brutal zu Boden, wenn man nicht mitläuft. Bis zur Jobsuche ist alles Spielkram. Man fühlt sich frei. Man fühlt sich fast als Künstler. Kunst ist etwas Schönes. Am liebsten würde ich nur experimentieren und vor mich hinmalen. Ausprobieren ist der kreativste Teil wohl jeder Arbeit. Die Wirklichkeit hat meine Vorlieben in den Hintergrund rücken lassen. Die Wirklichkeit besteht aus Kunden, die Vorlieben haben. „Ich hab noch keine genaue Vorstellung. Machen Sie erstmal.“ Und nach der Präsentation heißt es dann: „Nein, also das hab ich mir jetzt ganz anders vorgestellt.“
Dann kommt die Selbständigkeit. Wieder frei und ungebunden, denkt man. Aber verflixt noch mal – ich muss immer noch die Vorlieben der Kunden ... erraten. Mittlerweile gelingt mir das ganz gut.
Insgeheim schraube ich aber an einer Möglichkeit, mir die wirkliche Freiheit wieder zurück zu erzeichnen. Es hat sich im Laufe der Jahre eine Menge Material angesammelt, das in meinem Archiv lagert. Warum sollte ich das nicht Menschen anbieten, die das vielleicht kaufen möchten? Illustrationen für wenig Geld. Machbar, weil es nicht exklusiv angeboten wird. An diesem Online-Shop arbeite ich gerade. Dort wird es neben Illustrationen auch Fotos und Texturen geben. Wenn es soweit ist (vermutlich Ende dieses Jahres), darf ich hier ja vielleicht noch mal ein wenig drüber schwatzen. Denn der Shop muss ja nicht auf meine eigenen Werke begrenzt bleiben. Und dann, liebe Freunde der Freiheit, darf ich wieder frei sein. Experimentieren. Das zeichnen, was ich mag. Mich meinen Vorlieben widmen. Ich werde dann reich. Alle, die mitmachen, werden natürlich auch reich. Soviel zu den Vorlieben (falls jemand die Frage vergessen hat) ...

Zauberspiegel: Du hast viel Comic gemacht. Doch irgendwann muss eine Verknüpfung mit den Hörspielen gegeben haben. Wie kam das zustande?
Lars Vollbrecht: Durch fehlende Hörspielcover in meiner Sammlung. Radiomitschnitte haben nun mal kein Cover. Die tollsten Hörspiele (in erster Linie Krimis) in meiner Sammlung hatten keine Cover. Also machte ich welche. Als ich die Larry Brent und Macabros Hörspiel-Cassetten digitalisierte, gab es dafür ja auch keine Cover. Also machte ich welche. In diesem speziellen Fall illustrierte ich natürlich nichts. Ich korrigierte nur endlich das, was mich bislang sehr gestört hatte: die Cassettencover hatten seltsame Illustrationen. Meine CD-Fassung gestaltete ich mit den Original-Heftromancovern. Die Lonati-Illus waren und sind um Längen besser als diese eigenartigen Imitate (die glaube ich sogar noch heute für die CD-Fassung verwendet werden).
Die John Sinclair-Vertonungen bei Studio Braun erschienen auch nur auf Cassette. Ich machte auch hier die CD-Cover-Variante.
Die entscheidende Schnittstelle Illustration / Hörspiel war mein Entschluss, endlich Van Dusen Cover zu machen. Die Radio-Krimi-Hörspielserie, von dem Autor Michael Koser entwickelt, wurde von 1978 bis 1998 produziert. 77 Fälle sind entstanden. Um die Jahrhundertwende ermitteln sich die Protagonisten wie Holmes und Watson durch ihre Fälle. Wobei Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen sich keinesfalls als Detektiv bezeichnet sondern selbstverständlich auf die Bezeichnung Amateurkriminologe besteht. Ich machte also Cover, und stellte sie der Fangemeinde online zur Verfügung. Ähnlich lief es mit „Der letzte Detektiv“, einer SF Krimiserie. Ebenfalls aus der Feder von Michael Koser.
Dieses Bereitstellen der Cover war ein gewisser Werbeeffekt, auf den ich natürlich auch gesetzt hatte.
Die bislang fruchtbarste Verbindung war der Kontakt mit Sebastian Pobot, Produzent seines Zeichens (Label: Highscore Music). Und er hat doch tatsächlich das geschafft, was schon viele vor ihm versucht hatten. Er sorgte dafür, dass Professor van Dusen endlich auf CD erschien. Zuvor hatte er mich allerdings gefragt, ob ich meine Cover zur Verfügung stellen und eventuell auch die Gestaltung von CD-Booklet, -Inlay und –Label übernehmen möchte. Ich wollte! Und die erste Staffel (vier Folgen) sind bereits im letzten Jahr erschienen. Ich darf verraten, dass ich bereits an den CD-Hüllen der zweiten Staffel (wieder vier Folgen) arbeite. Vermutlich werden sie ab Herbst bestellbar sein.

Zauberspiegel: Unter Deinen Kunden, bzw. Auftraggebern finden sich recht bekannte Firmen wie OTTO oder der Hörverlag. Wie kommen solche Kontakte zustande?
Lars Vollbrecht: Michael Koser hatte ich Ausdrucke der ersten zehn „Der letzte Detektiv“-Cover zukommen lassen. Er rief mich an, teilte mir seine Meinung mit und bedankte sich. Ein halbes Jahr klopfte der Hörverlag an – auf Empfehlung von Herrn Koser.
Kontakte zu OTTO entstehen ganz einfach durch meine Arbeit mit Werbeagenturen.

Zauberspiegel: Für welche Hörspiele warst du bereits als Zeichner tätig?
Lars Vollbrecht: Der letzte Detektiv 1 – 4 (Hörverlag)
Prof. van Dusen 1 – 8 (Folgenreich / Highscore Music)
Rettungskreuzer Ikarus 1 – 3 (Hörplanet)
Holger auf hoher See (Hörplanet)
Du siehst: mein Schwerpunkt liegt dann doch im Illustrieren von Storyboards, Shootinglayouts, Kampagnenlayouts.

Zauberspiegel: Van Dusen ist das Projekt mit dem du momentan auch in aller Munde bist, was den HSP-Sektor angeht. Bist du ein Fan davon?
Lars Vollbrecht: Na klar! Den Van Dusen-Virus holte ich mir Ende der 90er. Als ich endlich alle Folgen hatte, fasste ich schnell den Entschluss, Cover zu machen (s. o.). Ich höre die Serie immer gern. Dann aber wirklich bevorzugt in chronologischer Reihenfolge (die Produktionsreihenfolge ist eine andere).

Zauberspiegel: Hattest Du freie Hand bei der Bildgestaltung zu van Dusen?
Lars Vollbrecht: Ja. Denn die Gestaltung fand ja lange vor der kommerziellen Veröffentlichung statt. Ich hab das gemacht, was mir für meine Sammlung gefiel.

Zauberspiegel: Die van Dusen Cover sind ja schon etwas eigenartig und doch sehr markant. An was hast du dich dabei orientiert, oder von was inspirieren lassen?
Lars Vollbrecht: Ich wollte einen alten Look. Der war für mich von Anfang an ein Design in Beige oder Braun. Das Hören der Geschichten reichte aus, um Bilder unterschiedlicher Szenen in meinem Kopf entstehen zu lassen. Dass sich die Illustrationen in einer ähnlichen Farbwelt bewegten, ergab sich im Gestaltungsprozess.
Bei den Illustrationen wollte ich unbedingt vermeiden, die Hauptakteure abzubilden, da bei jedem Hörer ein anderes Bild von Professor van Dusen oder dessen Begleiter Hutchinson Hatch entsteht. Folge „Professor van Dusen sieht doppelt“ ist die einzige Ausnahme. Hier sieht man Hatch und seinen Doppelgänger. Im Falle einer kommerziellen Veröffentlichung würde ich dieses Cover wohl noch mal überarbeiten, denn die Gesichtszüge gefallen mir überhaupt nicht mehr.

Zauberspiegel
: Wie viele van Dusen-Cover hast du bis jetzt gezeichnet?
Lars Vollbrecht: Für die Fangemeinde zum Download stehen insgesamt 77 Folgen- und 4 Feature-Cover zur Verfügung.
Hier sind die entsprechenden Links: Hoerspiele.de und Hoerspiel-box.de .

Zauberspiegel: Gibt es noch Hörspielprojekte für die du gerne tätig wärst?
Lars Vollbrecht: Wenn etwas dem Aufwand entsprechend bezahlt wird, ist es fast egal, welches Projekt anliegt. Konkret kann ich sagen, dass mir die bislang 10 „Der letzte Detektiv“ Cover nicht mehr gefallen. Da mein illustrativer Schwerpunkt nicht mehr im 3D-Bereich liegt, sondern im Comic- und Digital Painting-Bereich, habe ich vor, die Cover in einem ganz anderen Stil anzufertigen. Die Illustrationen möchte ich im klassischen PULP-Style malen. Man wird also Pinselstriche sehen. Sobald die ersten 10 fertig sind, stelle ich die Cover als Download zur Verfügung. Hier der Link zu den aktuellen Motiven.

Zauberspiegel
: Was machst du derzeit noch im Comic-Bereich?
Lars Vollbrecht: Hin und wieder ergeben sich Illustrationsaufträge im Comic-Stil. Für ganze Comic-Geschichten fehlt mir leider die Zeit. Wer wissen will, was sonst so treibe, besucht vielleicht mal meine Website.

Zauberspiegel: Sind Zeichner heute noch sehr gefragt, oder gibt es mittlerweile auch dort einen hart umkämpften Bereich? Es gab ja mal Zeiten, in denen man Zeichner extra aus dem Ausland einkaufte, wenn man an die Heftroman-Zeit denkt.
Lars Vollbrecht: Illustratoren sind immer noch gefragt. Der Spiele- und Unterhaltungsmarkt bietet Illustratoren ein sehr großes Betätigungsfeld. Wie das mit dem Helfromanbereich ist, weiß ich nicht genau, weil ich dafür nicht arbeite. Vermutlich wird sich ein Verleger oder zuständiger Art Director sich aber selten direkt an einen Illustrator wenden, sondern eher an eine Agentur, die mehrere Illustratoren betreuen und vertreten.

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-07-27 08:58
Da wünsch ich doch dem Lars mal noch viel Erfolg für die Zukunft. Freut mich wenn "alte" Bekannte aus der Fandomzeit mit dem ehmaligen Hobby beruflich Erfolg haben.

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