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... Stefan Hilden über Gestaltung, Trends, Entwürfe und das Traumbuch

Stefan Hilden im Gespräch mit dem Herausgeber des Zauberspiegel ... Stefan Hilden ...
... über Gestaltung, Trends, Entwürfe und das Traumbuch

 Stefan Hilden wurde am 27.03.67 bei Köln geboren. Er ist gelernter Grafiker und gründete nach seinem beruflichem Engagement im Produkt- und Grafikdesign 1998 die Agentur hilden_design.

hilden_design ist einer der führenden Buchdesigner. Die Agentur arbeitet für verschiedene große Verlage und fällt immer wieder positiv auf. Aber der Service, den die Agentur bietet, geht über die bloße Umschlaggestaltung weit hinaus. Corporate Identity, Internetauftritte. All das und mehr leistet hilden_design.

Nachdem wir uns mit Stefan Hilden bereits über Marketing im Netz im Allgemeinen und Verlagsmarketing im Netz im Besonderen unterhalten haben, geht es in diesem Gespräch ums Buchdesign.

Gerade auf diesem Gebiet ist von hilden_design einiges geleistet worden. Da war es für uns interessant, wie geht man an Bücher heran, welche Vorgaben gibt es. Eben all die Dinge, von denen man im Laden nichts mehr sieht, wenn man ein schön gestaltetes Buch in Händen hält, das zum Lesen einlädt...

Das große Elbisch-Buch von Helmut W. Pesch, gestaltet von hilden_designZauberspiegel: Welche Bedeutung hat Buchgestaltung für den kommerziellen Erfolg eines Buches? Ist das überhaupt messbar?
Stefan Hilden: Es ist nicht nur messbar, sondern entscheidend. Wenn man sich die Menge der Neuerscheinungen und die Verweildauer auf den Buchhandelstischen anschaut, kann man sich vorstellen das ein Buch, will es in dieser kurzen Zeit wahrgenommen werden, professionell gestaltet sein muss, ein Gefühl für die Geschichte darin vermitteln und vor allem deutlich machen, von wem es gekauft werden will.
 
Zauberspiegel: In welchem Maß unterliegt die Gestaltung von Büchern Trends?
Stefan Hilden: Bücher sind, wie jede Ware, Trends unterworfen. Ein Buch, was vor 5 Jahren ausgestattet wurde, würde heute so nicht mehr den Weg in die Buchhandlungen finden. Wir orientieren uns da stark an Filmplakaten, der Musikszene, der Gameszene und eben an Allem was ähnlichen Zyklen unterworfen ist.  Wir durchforsten Fan-Foren, schauen bei Amazon nach Vorlieben und versuchen zu verstehen in welchem optischen Umfeld unsere Kunden sich bewegen. Ich erwarte von jedem meiner Mitarbeiter mit offenen Augen + Ohren durch die Welt zu gehen, Strömungen aufzunehmen und zu einer zeitgemäßen Optik zu transformieren. Stillstand ist hier ganz sicher tödlich.

Zauberspiegel: Bei welchen Genres kommt es besonders auf Gestaltung an?
Stefan Hilden: Es kommt in erster Linie darauf an, dass Genre zu gestalten. So haben wir beispielsweise mit Dan Brown eine Gestaltung vorgegeben, die nachfolgende Bücher, die ähnlich funktionierten, übernehmen mussten um deutlich zu machen „Ich bin ein spekulativer Verschwörungsthriller.“ Generell ist es eine der Haupterwartungen der Verlage an ihre Gestalter, dass sie klare Hinweise darauf geben, wie der Buchhändler mit diesem Produkt umgehen soll.

Zauberspiegel:Ist es wichtig, ein Genre zu mögen, um es gestalten zu können?
Stefan Hilden: Es hilft, ist aber nicht zwingend notwendig. Den Profi erkennt man daran, dass er gerade auch dann Spitzenleistungen bringt, auch wenn ihm das Thema fremd ist. Manchmal macht auch gerade das den meisten Spaß – wenn man sich in ein völlig unbekanntes Gebiet hineinwühlen darf.

Zauberspiegel: Wie bist Du darauf gekommen, Fantasyromane zu gestalten?
Stefan Hilden: Frühkindliche Konditionierung. Mein Vater war und ist ein großer Fantasy-Fan und überall in unserem Haus waren Kistenweise Fantasy-Bücher zu finden. Bis zu meinem 15. Lebensjahr wusste ich nicht, dass es noch andere Sorten von Büchern gibt. Einzig gestört hatte mich, dass auf den Covern in der Regel eine großbusige Frau und ein Drachen zu sehen war – und dann, zu meiner Enttäuschung, in dem ganzen Buch nicht eine einzige großbusige Frau und schon gar kein Drache vorkam. Ich denke, dass ist auch der Grund, warum wir bei der Ausgestaltung fantastischer Themen die gewohnte Bilderwelt gemieden haben und ganz neue Ansätze gewählt haben. Als wir bei Piper damit angefangen haben die klassische Illustration durch fotorealistische 3D-Illustrationen weltweit führender Game-Illustratoren zu ersetzen, war das neu.

Zauberspiegel: Wie funktioniert das Gestalten eines Buches? Wann greifst Du in das Geschehen ein? Ist das Buch dann schon fertig lektoriert? Wie viele Vorschläge erarbeitest Du mit Deiner Mannschaft pro Titel?
Stefan Hilden: Wir bekommen vom Verlag in der Regel ein Exposé und eine Kurzzusammenfassung. Die Verlage erklären uns ihre Vorstellungen von der Positionierung und der Zielgruppe – und damit können wir dann loslegen. Der erste Teil ist Recherche – wir schauen uns, bei Lizenzausgaben, die Cover im Original an, wie haben andere Länder das Thema umgesetzt, wie ist das Konkurrenzumfeld, was gibt es sonst noch von dem Autor, u.s.w. Haben wir alle Informationen, setzen wir uns zusammen und diskutieren, welche Richtung das Ganze unserer Meinung nehmen muss. Da es immer verschiedene Möglichkeiten der Ansprache gibt präsentieren wir 2-3 Entwürfe, die aber auch eigenständig sind und nicht bloße Variationen. Es ist unsere Aufgabe dem Kunden die Essenz unserer Überlegungen vorzulegen und nicht, ihn mit einer Vielzahl von Entwürfen zu irritieren. Oft gehen wir Wege, die sich als Sackgassen erweisen – die Ansätze werden dann nicht weiterverfolgt. Also steckt hinter jedem realisierten Entwurf eine ganze Menge nicht realisierter aber angedachter Ansätze. Der zuständige Designer hängt dann seine Vorschläge an die Wand und wir entscheiden im Team, welche 3 Entwürfe wir finalisieren und dem Kunden vorlegen. Das ist zwar viel Arbeit im Vorfeld, ist aber notwendig um zu vermeiden, dass man unötige Nacharbeiten und Neuansätze auf sich nehmen muß.

Zauberspiegel: Wie geht ihr an ein zu gestaltendes Buch heran? Lest ihr es erst oder werdet ihr mit Vorgaben des Verlages ins Rennen geschickt?
Stefan Hilden: Da die Bücher meistens noch nicht lektoriert oder übersetzt sind bekommen wir bei den meisten Titeln in etwa das, was man später auf der Rückseite oder in den Klappentexten finden kann. Bei wichtigen Titeln können wir auch in das Original oder den unlektorierten Text Einblick nehmen. Das ist oft hilfreich, wenn es um ein Detail oder eine bestimmte Methode geht. Seit meinen Erlebnissen mit den Büchern meines Vaters lege ich Wert auf größtmögliche Texttreue. Der Leser will sich ja nicht verschaukelt fühlen.

Zauberspiegel: Wie darf man sich überhaupt die Gestaltung eines Buches vorstellen? Welche Elemente werden von Euch gestaltet
Stefan Hilden: Im Prinzip dürfen wir alles gestalten, sofern es gefällt und verstanden wird. Es gibt kaum typografische oder inhaltliche Vorgaben – da ist das Vertrauen in uns da. Früher war das Cover das wichtigste, mittlerweile wird das Buch richtigerweise als Gesamtwerk betrachtet und auch die Gestaltung des Rückens sowie der Rückseite sind gefragt.

Zauberspiegel: Ein Schauspieler hat seine Traumrolle. Hat Stefan Hilden ein Traumbuch, sprich eines, das er gern gestalten möchte?
Stefan Hilden: Ganz sicher – aber das ginge dann vermutlich schief. Bei zu großer emotionaler Bindung ist man nicht mehr neutral genug um das Große und Ganze im Blick zu halten. Es gibt viele Lieblingsbücher, bei denen man bedauert, dass der Gestalter vermutlich nicht die entscheidenden Informationen hatte … ‚Antonia S. Byatt, Besessen’ zum Beispiel. Das wäre etwas, da ich gerne versuchen würde zu verbessern. Viele so genannte ‚Klassiker’ sind blutarm und eher langweilig verpackt – auch da könnte eine zeitgemäße Umsetzung nicht schaden.

Zauberspiegel: Was muss ein Buchgestalter mitbringen, um seine Sache gut zu machen?
Stefan Hilden: Er muss gut assoziieren können, komplexe Sachverhalte komprimiert darstellen. Wenn ich ‚Flucht’ sage, möchte ich keinen fliehenden Menschen sehen, sondern z.B.  einen einsamen Schuh. Und er muss sich von dem Gedanken befreien, dass es sich bei Büchern um hehreres Kulturgut handelt. Wer Dinge gestaltet muss seine Kundschaft gut unterhalten. Am Ende sind wir vielleicht einfach gute Entertainer.

Zauberspiegel: Wie schätzt Du de Entwicklung des Buchmarktes ein? Wann und unter welchen Voraussetzungen kommt der Umbruch zum elektronischen Medium? Welche Folgen wird das für das gedruckte Werk haben? Kriegt man das Buch dann gegen einen Aufpreis vom Print on Demand-Anbieter?
Stefan Hilden: Wie die Darreichungsform am Ende sein wird ist nicht entscheidend. Wichtig ist, dass die Verlage in ihrer Funktion als ‚Filter’ der die Stoffe aussiebt und professionell umgesetzt auf dem Markt platziert, wahrgenommen werden. Ich persönlich glaube, dass das Buch, mit den zurzeit zur Verfügung stehenden Alternativen, nicht zu verdrängen sein wird. Ich Lehr- und Sachbuch mag es anders sein, aber in der Unterhaltung werden wir noch sehr lange genussvoll zum Buch greifen.

Zauberspiegel: Wie gestaltet man ein eBook? Muss das überhaupt gestaltet werden?
Stefan Hilden: Es muss mehr inszeniert wie gestaltet werden. Es muss den Besonderheiten des Mediums genügen und darf sich die Vorteile die eine digitale Darstellung zu Nutze machen.

Zauberspiegel: Was können wir da erwarten? Animierte Titelbilder und Innenillustrationen?
Stefan Hilden: Ja!!!

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