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Wahrer Schrecken - »Freaks – Missgestaltete«

Freaks – MissgestalteteWahrer Schrecken
»Freaks – Missgestaltete«

Tod Browning (1880-1962), der Regisseur des Horrorklassikers „Dracula“ mit Bela Lugosi (1931), wagte noch im selben Jahr ein Experiment, das einzigartig in Hollywood bleiben sollte: Er drehte mit „Freaks – Missgestaltete“ für MGM einen Horrorfilm, der mit etlichen körperlich beeinträchtigten Menschen entstand, die ihren Lebensunterhalt zuvor als Jahrmarkts-Attraktionen bestritten hatten. Nun ist der Klassiker wieder auf DVD erhältlich.

Freaks – MissgestalteteAls der Film in den USA im Jahr 1932 anlief, war das Medienecho in großen Teilen vernichtend. Der ursprünglich rund anderthalb Stunden lange Film wurde unmittelbar nach der Premiere um rund 30 Minuten gekürzt (diese fehlenden Segmente gelten heute als verschollen), in etlichen Ländern wurde er sogar jahrzehntelang verboten. Erst in den 1960er Jahren, als sich das gesamtgesellschaftliche Klima änderte und „Freaks“ und Außenseiter zu erstrebenswerten Idealen wurden, weil man sich dadurch von der konservativen Elterngeneration abgrenzen konnte, erlebte auch Brownings „Freaks – Missgestaltete“ ein Revival in Arthouse-Kreisen. 1969 feierte der Film dann auch seine deutlich verspätete Deutschlandpremiere, im Original mit deutschen Untertiteln im Dritten Programm des NDR. Eine neuerliche Wiederentdeckung erfolgte schließlich 1992 beim Privatsender RTLplus, der ihn im Rahmen seiner Reihe „Hilde’s wilde Horror-Show“ sendete und extra dafür erstmals deutsch synchronisieren ließ. Die DVD-Wiederveröffentlichung bei „Pidax Film-Klassiker“, die am 5. August 2022 im Handel erscheint (aber schon jetzt über den Pidax-Shop erhältlich ist!) vereint die bestmöglichen Versionen des Films sowie das 2004 für die Veröffentlichung bei Warner hergestellte Bonusmaterial zur bislang makellosesten Edition.

Freaks – MissgestalteteLiliputaner Hans (Harry Earles) ist eine der Kuriositäten eines Wanderzirkus. Dort verliebt sich der kleinwüchsige Mann in den Trapezstar Cleopatra (Olga Baclanova), eine langbeinige Schönheit. Das bereitet seiner bisherigen Verlobten, der ebenfalls kleinwüchsigen Frieda (Daisy Earles), Herzschmerzen, zumal sie erkennt, dass sich Cleopatra lediglich über Hans lustig macht und es eigentlich nur auf dessen Reichtum abgesehen hat. Hinter Hans‘ Rücken trifft sich Cleopatra mit dem Muskelmann Hercules (Henry Victor), der ihr dabei behilflich ist, ihren perfiden Plan Realität werden zu lassen. Aber auch Clown Phroso (Wallace Ford) und dessen Freundin Venus (Leila Hyams) erkennen, was Cleopatra und Hercules wirklich im Schilde führen. Als bei einem großen Fest im Zirkus die Hochzeit von Hans und Cleopatra gefeiert wird und etliche der weiteren Freaks (darunter der lebende Torso Prince Randian, die Vogelfrau Koo Koo, der halbe Junge Johnny Eck und die siamesischen Zwillinge Daisy & Violet Hilton) ihre Aufwartung machen, eskaliert die Situation…

Freaks – MissgestalteteEin ganz außergewöhnliches Stück Filmgeschichte – ein einmaliges Meisterwerk, im wahrsten Sinne des Wortes. Tod Browning schaffte, was vor und nach ihm kein Regisseur mehr vollbringen konnte: Der Zuschauer schämt sich, normal zu sein, da die „Missgestalteten" so viel sympathischer und menschlicher gezeichnet werden, als die von der Willkür der Natur verschont gebliebenen Kreaturen. Auf diese Weise liefert er den Zuschauern ungewöhnliche Identifikationsfiguren. Ein Film, der bewegt und fasziniert und der neben seinen bizarren Protagonisten auch durch eine exzellente Kameraführung zu überzeugen weiß. Als Hauptfilm ist die 59minütige Fassung ohne den nachträglich eingefügten Prolog aufgespielt, die visuell (Vollbildformat 1,33:1) und akustisch (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen Untertiteln) zu gefallen versteht. Als Extra ist die 66minütige „Hilde’s wilde Horror-Show“-Version inklusive des Prologs abrufbar. Den Prolog (2,5 Minuten) kann man auch separat anwählen, genau wie eine Zusammenstellung alternativer Endszenen (6 Minuten) mit einem Kommentar des Historikers David Skal, der auch einen Audiokommentar zum Hauptfilm beigesteuert hat. Neben dem englischen Originalkinotrailer gibt es darüber hinaus noch die überaus sehenswerte Dokumentation „Tod Browning’s Freaks – The Sideshow Cinema“ (63 Minuten), die weitere Hintergrundinformationen liefert.

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