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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Das Neue Gesicht (Erber‘s Grusel Krimi 12)

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Das Neue Gesicht«
Erber‘s Grusel Krimi 12 von Peter Saxon (aka Wilfred Glassford McNeilly)

Verdammt, ich bin zu spät. Nein, nicht nur mit der Abgabe – auch mit der Rezension. Ist natürlich nichts lästiger, als wenn jemand das gute Stück schon vorab besprochen hat, wenn auch in der entsprechenden Erstdruckserie (HORROR EXPERT 23 – Das neue Gesicht).

CorruptionAlso gut, ich bemühe mich und ihr spiekt jetzt nicht als Erstes bei der anderen Rezi...

Gut, also…

Dass in einem Erber-Doppelband nicht eben häufig Originalmaterial lokaler Autoren zu finden war, ist nicht nur leicht herauszufinden, sondern unter Fans längst Allgemeingut. Macht sich aber dennoch ganz beachtlich, so ein Doppelumfangsschinkem im Heftromanformat, da denkt man sich sofort, es hätte sich jemand rasend ins Zeug gelegt.

Naja, ganz so euphorisch kann ich da jetzt nicht sein. McNeilly, der nicht selten unter dem Verlagspseudonym „Peter Saxon“ veröffentlichte (wieso eigentlich, sein eigener Name klingt nach einem prima Krimiautor?), war ein passabler Viel- und Lohnschreiber, wobei er in diesem Fall offenbar im Auftrag gehandelt hat, aus einem bemüht beworbenen Skandalfilm, der niemandem so richtig gefallen hat, noch etwas Kapital zu schlagen, indem man aus dem Drehbuch noch die dazu passende Tie-In-Novel meißelt.
Es ist sicherlich nicht sein bester Moment als Autor, aber es hat sich dieses Garn ja auch nicht selbst aus den Fingern gesogen, sondern offenbar nur das Originaldrehbuch abgetippt und passabel erweitert, was für einen kreativen Autor enorm stupide ist.

Aber möglicherweise brauchte er ja das Geld oder hatte Vertrag – so ähnlich soll es ja auch in der Filmvorlage Hauptdarsteller Peter Cushing u.U. gegangen sein. Dazu später mehr.

Wir können natürlich auch versuchen, völlig leinenweiß an diesen Roman heranzugehen (wenn man ihn denn in aller Kürze – hier 105 Seiten – also ggf. auch in diesem Format noch gekürzt), ohne vorher zu recherchieren und dann automatisch auf Bezüge zu einem Spielfilm zu stoßen.

Das wäre allerdings sowieso relativ schwer geworden, denn selbst als purer Buchplot schnuppert die Story ganz enorm nach einem vergröberten Rip-Off des French-Cine-Cuisine-Klassikers „Augen ohne Gesicht“ von Georges Franju aus dem Jahr 1959 (bei uns „Das Schreckenshaus des Dr.Rasanoff), in dem ebenfalls ein verzweifelter Chirurg das Gesicht seiner Tochter wiederherstellen will, das er durch einen selbst verschuldeten Autounfall entstellt hatte. Also entführt er verschiedentlich junge Mädchen, deren Gesichtshaut er auf seine Tochter transplantiert, eine Prozedur, die durch Abstoßungsreaktionen ständig wiederholt werden muss.

Hier wie dort steht nicht ein typischer „mad scientist“ im Mittelpunkt, sondern ein zunehmend verzweifelter Mann, der sich in sein schreckliches Schicksal verrennt. Insofern ist der Film mit Cushing sicherlich nicht schlecht besetzt, kommt aber in Zeit und Stil um eben gut 10 Jahre zu spät.
Prinzipiell eine gute Idee, wenn McNeilly in dem Plot irgendein menschelndes Zentrum finden könnte, dessen Charakterbeschreibung einen kreativen Impuls auslösen könnte, aber leider ist das hier nicht gegeben.

Natürlich geht der verliebte Oldtimer mit der jungen Model-Maus an dem Bemühen um einen erquickenden Lebensinhalt per Gesichts-OP langsam aber sicher zugrunde, doch abgesehen von seinen beklemmenden Skrupeln, bevor er wahlweise einer Prostituierten oder einer Fremden im Zug den Hahn zudreht und den Kopf abschneidet, gibt es da wenig mehr zu holen als einen zwanzig Jahre älteren Mann, der auf ein Covergirl total abfährt. (Wobei gesagt werden muss, dass die Verlobte Lynn Mitte zwanzig sein soll und Rowan aparte 42, ein Ding der Unmöglichkeit im Film für den 57jährigen Cushing, der keine Sekunde anders als ihr (Suger?) Daddy ausschaut.)

Lynn wiederum ist zu Beginn der lichte Frühling, auch vom Gemüt, verwandelt sich aber mit Transplantation von Fremdgewebe relativ zügig in eine augenrollende Irre Marke Bathory, die Volksscharen an Jungfrauen meucheln lassen würde, wenn sie nur wieder gut genug für ein Coverbild ausschauen würde.

Der Rest vom Fest, per se die Identifikationsfiguren Dr. Steve Harris und Schwester Val wiederum sind nur nettes Beiwerk ohne erzählerische Substanz.

Aber der Zores noch einmal im Einzelnen…

Das Neue Gesicht»Aber dies...das war kein Tanzen mehr, das war eine Verrücktheit. Es war der Rhythmus des Dschungels, der pulsierende Beat, der das Blut erregte und entflammte. Er schauderte und wandte Blick von einem Mädchen mit bemaltem Gesicht und purpurroten Lippen ab. Entsetzlich!« (Peter Cushing entdeckt Bibis Beauty Palace...)
Sir John Rowan ist ein hingebungsvoller Skalpellschwinger im Dienste der Patienten und seiner Majestät auch, von seinen Kollegen, z.B. Dr. Steve Harris, bewundert. Wegen seiner besonders hingebungsvollen Arbeitsweise ist er in letzter Zeit nach seinen Mammutoperationen ziemlich stulle, weswegen er hofft, mit seiner Beinahe-Verlobten Lynn Nolan ein paar schöne Tage am Busen der Natur verbringen zu können.

Die beiden trennen zwar knappe zwei Jahrzehnte, aber wenn sie lächelt, geht halt die Sonne auf, weswegen sie auch für alles als Model wirbt, was schön ist und sich verkaufen soll. Kennengelernt hat man sich bei einer Autopanne in der schönen Wildnis Englands – da müssen die Batterien doch auch wieder aufzuladen sein.
Doch vor dem Urlaub schleppt die durchaus aufrichtig verliebte Lynn ihren ausgelaugten Galan mit Nachdruck auf eine von diesen übergrellen Swinging-Sixties-Model-and-Photographer-Parties, die die meisten Leute nur als Parodie von Austin Powers kennen, die es aber wirklich so gegeben hat.
John ist zurückhaltend bis abweisend, aber die sonst so einfühlsame Lynn ist unerbittlich und lässt ihn dann in dem Beattrubel baldigst stehen, während er das latente Orgien- und BDSM-angefixte Chaos eher widerlich findet.

Geschmissen wird die Sause von Fotograf Mike Orme, der immer Lynns beste Bilder schießt und auch jetzt die großen Lampen startet, um noch ein paar Bilder auf Film zu bannen. Leider lässt sich Lynn dazu anfixen und betrachtet als Johns baldige Abgangswünsche als recht spießig. Als sie sich nachdrücklich gebeten für die Fortsetzung der Modelsession entscheidet, kriegt John von dem Sixties-Beat und den ganzen exzessiven Idioten einen flotten Durchdreher und geht Mike an den offenen Hemdkragen. Im nachfolgenden Gerangel kloppt John eine große Halogenlampe um, die mittenmang in Lynns fotogenes Antlitz kippt und ihr den Teint und die berufliche Eignung dauerhaft versaut.

Das macht natürlich untröstlich in der Folge und ist auch nicht gut für die Beziehung.
Zwecks Pflege rückt jetzt Lynns Schwester Val an, die auch gleich alle Hände voll zu tun hat, ihr Lästerschwein vom suizidalen Pilleneinwurf abzuhalten, während John derweil unten in der Bibliothek obskure Wälzer wälzt, in denen er das definitive Oil-of-Olaz-Geheimnis vermutet.
In einem unwichtigen Nebenplot verliebt sich übrigens Steve Harris in Schwester Val, was aber nur dazu gut ist, die beiden irgendwie im Plot zu halten.

Während Lynn also mit ihrer verbrutzelten Gesichtshälfte hadert, aber prinzipiell John noch nicht die geplante Ehe gekündigt hat, findet John schließlich bei den alten oder neuen Ägyptern das Geheimnis zur möglichen Aufzucht neuen Körpergewebes.
Wie der Mumpitz funktionieren soll, verrät das ganze Buch nicht mal ansatzweise, ich kann aber schon vorneweg einhupen, dass John Rowan dazu eine zusätzlich Hypophyendrüse braucht, die sich bekannterweise im Gehirn befindet.
Ob er die jetzt der Holden zusätzlich einpflanzt, daraus einen Extrakt gewinnt und spritzt oder ihr die im Gesicht vernäht, wird nie näher ausgeführt, aber Frankenstein brauchte letztendlich ja auch nur „Hochspannung“ für seine Monstererweckung. Wichtig dabei ist aber auf jeden Fall ein Laser, ein Operationslaser, mit dem anscheinend das verbrannte Gewebe rausgeschnitten wird und neues dann hypothetisch hypophysisch nachwächst.

Bis er das alles am Start hat vergeht der ganze Sommer, aber schließlich kann er einen Hamster verstümmeln und wiederherstellen. Das überzeugt auch die schon angeknackste Lynn. Für den Erstversuch wird der Gärtner aber nicht zum Mörder, sondern Rowan erschleicht sich nächtens eine Obduktion an einem von Dr. Harris‘ Patientinnen, um gleich noch einen Happen zu extrahieren.
Das hebt bei Harris zwar die Augenbrauen, aber er toleriert das seltsame Verhalten, schließlich kübelt er schon reichlich Blumensträuße in Richtung Val.

Mit Vals Hilfe und dem Laser unternimmt John schließlich die Operation daheim und schafft es, Lynn wieder komplett herzustellen, wie alsbald Dr. Harris präsentiert wird, während eines Dinner a quatre. Harris hat noch Bedenken, doch Rowan will erst mal auf Kreuzfahrt schippern, damit Luft und Sonne in die Hose kommen.

Natürlich geht die Sache schief, die Reise wird abgebrochen, das Gewebe ist abgestorben – schlimmer noch, Lynn sieht nun wirklich entstellt und grotesk aus. Das Hin und Her zwischen „ich bin schön“ und „ich bin ein Monster“ treibt sie nun langsam psychisch in den Weichen-Keks-Bereich, in dem manche Leute alles tun, damit sie kriegen, was sie brauchen.

Genagelt von Schuldgefühlen, packt der Onkel Doktor also sein Täschchen und durchquert langsam nächtens das Amüsierviertel, bis er schließlich in einem ruhigeren, aber nicht minder verrufenen Vorort in die Kemenate eingeladen wird. Die Dame macht für Geld alles und ist auch nicht allzu helle bezüglich seines angespannten Zustandes, was dazu führt, dass er trotz Skrupel schließlich per Skalpell zusticht. Mangels Sektionsmöglichkeiten sägt er dem Mädchen den gesamten Kopf ab und eilt heim zur Liebsten, die sich, schon deutlich kühler im Blick, sofort auf den OP-Tisch legt.

Danach strahlt alles wieder in den schönsten Farben, doch John bemerkt charakterliche Veränderungen bei Lynn, die jetzt nur noch auf ihr Aussehen fixiert ist. Und als Mike nicht sofort wieder mit ihr shooten will, offenbart sie fast psychotische Wut.
Derweil geht John die Muffe, das irgendwann das Gewebe wieder absterben könnte, was so langsam in ihm jegliches Gefühl außer Angst absterben lässt. Steves Theorien über den Einfluss von körperfremdem Gewebe machen es für ihn auch nicht besser.

Notgedrungen geht John auf Lynns Plan ein, für einige Zeit (während der Mordermittlungen) in das gemeinsame Haus nach Cornwall zu fahren. Dort verleben sie bessere Tage, bis Lynn John am Strand auf ein Mädchen hinweist – damit ist klar, dass er „Vorräte“ für den Fall der Fälle anlegen soll und das auch dieses Mädchen sterben soll.

Sie laden das Mädchen, eine kleine Herumtreiberin namens Terry, in ihr Haus ein und bewirten sie sogar eine Weile. Dennoch kommt Terry das Herumgescharwenzele irgendwann komisch vor – nicht zuletzt, weil sie eigentlich zu einer kleinen Gruppe von Beatniks gehört, die die Häuser der Gegend ausspioniert, ob dort etwas zu holen ist.
In der Nacht trifft sie einen ihrer Freunde namens Rik, der an Lynns Schmuck interessiert ist und verbringt die Nacht bei ihm. Als Lynn am nächsten Morgen Symptome entwickelt, die auf einen Abstoßungsprozess hindeuten, ist Terry jedoch verschwunden. Da Lynn nun wahnsinnige Züge annimmt, entschließt sich John, in der nahegelegenen Ortschaft ein Opfer zu suchen.

Tatsächlich entdeckt er am Bahnhof ein junges Mädchen, verfolgt sie in den Zug und bringt es schließlich trotz oder gerade wegen seiner starken Schuldgefühle um. Die Leiche entsorgt er kurz darauf in einem Tunnel, den Kopf nimmt er wieder mit.

Im Haus an der Küste angekommen, ist er zwar zu durch den Wind zum Operieren, doch Lynn will keinesfalls noch eine Nacht warten. Er ist kurz vor der Narkose, als plötzlich Terry wieder im Haus steht und natürlich angesichts der OP-Szenerie einen flotten Schreikrampf bekommt. Das Mädchen gibt Fersengeld, doch John holt sie auf Lynns Betreiben wieder ein und erwürgt sie schließlich in der felsigen Dünung.

Als die Leiche im Tunnel schließlich in den Nachrichten kommt, zieht natürlich Steve die richtigen Schlüsse und macht sich mit Val auf den Weg nach Cornwall.

John ist nun annähernd ganz durch mit der Welt und man ist kurz vor einem Anruf bei der Polizei, als plötzlich Terrys Freunde ins Haus eindringen: Rik, Georgie, Groper und Sandy, vier ziemlich schmuddelige Rumtreiber, die sich von dem Pärchen so einiges versprechen.

Dass sie nun nicht ihre versprochene OP kriegt, lässt bei Lynn auch die letzten Sicherungen heiß laufen. Dazu kommt noch, dass die vier eigentlich Terry suchen, dabei aber auf der Suche nach so britischen Leckereien wie gekochtem Hühnchen in der Küche um den Kopf der Zugreisenden im Gefrierfach schleichen.

Lynn entzieht sich der Zerstörungslust ihrer Besucher dadurch, dass sie a) ihre OP einfordert und b) mit Georgie auf Matratze geht. Das überzeugt den Herrn von einem nötigen – noch besseren – Lynn-Modell.
Dazu kommt es jedoch nicht mehr, dann Sandy grabscht nach dem Kopf im Fridge und dann ist Highlife in allen Gassen. Den übergriffigen Rik führt Lynn auf halben Weg zu Terrys wässriger Leiche, ehe sie ihn per Messerstich von der Klippe meuchelt.
Drinnen kommt es zu einem fleißigen Handgemenge, in dem dann auch noch Johns transportabler Laser eine tragende und strahlende Rolle spielt.

Draußen quietschen die Reifen und endlich sind Steve und Val angekommen, gerade rechtzeitig nachdem John Georgie ausgeknockt und dann seine geifernde Gattin selbst unter schnittigen Lichtbeschuss genommen hat. Steve greift dem Rasenden ans Revers und in einer nicht sonderlich übersichtlich beschriebenen Szene richtet der mörderische Arzt sich versehentlich auch noch selbst.

Das neue Gesicht»Es war die widerlichste Gruppe, die er je gesehen hatte, das Mädchen nicht ausgeschlossen. Er hatte von solchen Leuten gelesen. Und gehört. Die Zeitungen waren manchmal voll von Berichten.
Es waren Rocker, die Menschen grundlos zusammen schlugen. Jungen und Mädchen, die sich zu Gruppen zusammen gefunden hatten...«
(Der Untergang des Abendlandes, frei nach McNeilly...)
Hosianna.

Wem das jetzt ziemlich sleazig und gorig vorkommt, dem sei beschieden, dass das feine Skript anno 1969 umgearbeitet wurde (da suchte Romero noch einen landesweiten Verleger für sein erstes Zombie-Epos) und daher auf allzu graphische Details verzichtet wurde. John sprengt zwar im Roman mit ein paar Blutflecken daher in Cornwallschen Bahnstationen, die jedoch von Dritten lustigerweise für Farbe gehalten werden.

Offenbar waren die Anweisungen im Shooting Skript dann auch nicht detailreich üppig, denn das apokalyptische Finale, was hier schlussendlich auf eine nicht ganz volle Seite gepresst wird, lässt in Sachen Übersichtlichkeit und Details ziemlich zu wünschen übrig. Falls da „wirbelnde Kamera“ als Regieanweisung stand, dann kann ich das sehr gut verstehen, dass sich auch McNeilly/Saxon da etwas kryptisch/hektisch gegeben hat.

Wie schon in der andern Rezi erwähnt – und das muss man wohl zwangsläufig in diesem Punkt: die Schuldigen trifft der Laserstrahl, die Unschuldigen kommen davon, zumindest laufen die dürftigen Sätze darauf hinaus. Dagegen steht das aufgepfropfte Filmende, bei dem sich alles als Vision auf der delirischen Party vom Anfang herausstellt.
Der Witz ist dabei aber nicht, dass das ein gar schlechter seiner Art ist – interessant ist, dass in dieser Filmversion am Ende beim Zimmertumult mit Laserbrand tatsächlich anscheinend ALLE ins Gras beißen, inclusive beim Nahkampfgekloppe auch Val und Steve.

Was immer man davon halten mag, im moralischen Sinne des Romans, ist diese Tie-In-Fassung aber dann doch die Typische und Erwartbare, etwas was etwa Hammer Productions so gemacht hätte, wenn sie denn ständig ein Projekt für Cushing am Start gehabt hätten.

Aber trotz Verzichts auf viel Blut und dem Einsatz blumiger Distanzschreibe, wenn es um abgetrennte Köpfe geht (bspw mit Fadeout der Szene wie in einem Film), kann der Film nicht wirklich punkten.
Man gibt sich Mühe, in den verzweifelten Kopf von Sir John Rowan blicken zu können, doch dessen Schuldkomplex-meets-Mörderschuldgefühle-Problemverhältnis geht nicht wirklich auf.
Die Beschreibung der beiden Hauptfiguren geht einfach nicht tief genug, um dieses Verhältnis zweier Menschen zu verdeutlichen, die mehr als 15 Jahre im Alter trennen.

Wirkt Lynn in der Erinnerung noch schützenswert, will man die Uschi auch vor ihrem Unfall auf der Orgienparty gern sofort mit dem Kopf in die Pfanne hauen, vorzugsweise weil sie weiß, dass ihr Holder a) müde und b) unwillig bzgl der Hipnesscrowd ist.
Das deutet schon latent darauf hin, dass auch vor dem Unfall mit der Psyche nicht alles Lummerland war, so dass ich die Soziopatheneinschübe Lynns bei der Vorratsköpfespeicherung nicht als reines Ergebnis des erhöhten Fremdgewebeanteils im eigenen Körper einordnen kann.

Auffällig ist auch, dass sich in diesem ganzen Plot kaum positiv besetzte Figuren bewegen, am ehesten noch Val und Steve, die jedoch blass bleiben und die arme Frau im Zug, die wirklich nur eine Fahrt mit der Eisenbahn machen wollte.
Alle übrigen lassen nur den Schluss zu, dass sie möglichst schnell vor die Hunde gehen sollten, das deutet schon darauf hin, dass man der Swinging-Welle nicht sonderlich viel zutraute, da sie hier praktisch nur als Feindbild dient.

Die hippen Partygänger sind alle übliche Dauersäufer und -raucher, ergötzen sich an orgiastischen Exzessen und betäuben sich mit schriller Beatmusik, so muss im „good old england“ das Ende der Welt für das Establishment ausgesehen haben.

Noch schlimmer kommen die Beatniks von Cornwall weg, die nicht mal mehr ideologische Hippietypen sein wollen, sondern einfach nur ungewaschen, ungepflegt, sex- und habgierig daher kommen, nutzlose Schmuddelkinder mit schlechter Körperhygiene und ohne Bedarf an Unterwäsche (die ja bekanntlich den Menschen macht). Die stehlen, was sie brauchen und ansonsten poppen sie alle querbeet durch den Gruppengarten, je nachdem wer als Erstes den Rock hoch hat.

Die fünfköpfige Gruppe hier zeichnet sich noch nicht einmal durch besondere Verrohtheit der Marke Manson & Co aus, sondern bietet einfach nur ausschlachtbares Personal.

So ist der Roman dann auch nur ein inspirationsarmer Schnellschuss, der wenig Möglichkeiten für seinen Verfasser bot oder einfach auch nur keine Inspiration thematisch zuließ (wie es mit Tie-Ins anders geht, hat bspw Alan Dean Foster mit seinen Romanen zu den Alien-Filmen bewiesen, die eine eigene, kreative Handschrift aufweisen).

Fakt ist: Erber hatte kein besonderes Material zur Verfügung, sondern musste sich mit drastischen Abstechern des abseitigen Krimis begnügen, während die phantastischen Elementen hier allenfalls eine kleine Nebenrolle spielen. Aber in den 60ern und frühen 70ern waren eben Dramen mit dem einen oder anderen phantastischen Element (Vampire, Werwölfe, Mad Scientists) gang und gebe, ehe die hohe Kunst des Gruseligen sich in den fortschreitenden 70ern langsam seine Bahn brach.

Für mich ein kurioser Abstecher, noch dazu zu einem Film, den ich selbst noch gesehen habe, dessen Schlüsselszenen aber auf youtube gern zumindest in spanischer Sprache genossen werden können. Augenrollen inclusive.

Ich geh dann jetzt mal den Kühlschrank desinfizieren...

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Kommentare  

#1 Andreas Decker 2018-10-09 09:41
Schöne Zusammenfassung.

Das einzig wirklich bemerkenswerte an dem Roman ist das Datum. Der kam ein Jahr vor den Manson-Morden raus. Da wurden die Vorurteile mal zur Realität. Den Zusammenhang scheint aber keiner hergestellt zu haben. Dazu waren das Büchlein und der Film dann doch zu tief in der Nahrungskette.


Es illustriert auch, wie zahm "Dracula jagt Mini-Mädchen" letztlich war. Da sprengen die Hippies ja auch die Party der feinen Gesellschaft und machen gerade mal eine Vase kaputt.

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