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Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Die Folterkammer

Eine »unheimliche« Mischung: Dämonenkiller – Die TaschenbücherDie Folterkammer

Der kommerzielle Erfolg der Marke "Dämonenkiller" muss in der Tat beträchtlich gewesen sein. Nicht nur wurde die Serie bereits nach 17 Heften aus dem Vampir-Horror-Roman ausgekoppelt, um sich fortan allein auf dem Markt zu behaupten.

Innerhalb kürzester Zeit wurde die Serie auch auf wöchentliche Erscheinungsweise umgestellt. Zeitgleich brachte man im März 1975 eine Taschenbuchreihe auf den Markt.


Die FolterkammerDie Folterkammer
von Ernst Vlcek
Dämonenkiller Taschenbuch Nr. 22
November 1976

Der Roman:
Sabrina besucht ihre Freunde Ulf und Ursula im kleinen Städtchen Velchen in der Nähe von Frankfurt. Das Paar hat gerade das alte Hexenhaus bezogen. Einst wurden hier Hexenprozesse abgehalten. Ursula schreibt an ihrer Doktorarbeit über dieses Thema. Es sind noch andere Freunde zur Einweihung gekommen, wie Henning und Irene oder Split.

Plötzlich verschwindet Irene, um kurz darauf hysterisch, zerschunden und mit zerquetschter Hand wieder aufzutauchen. Sie gibt an, Henkern in die Hände gefallen zu sein. Natürlich glaubt ihr niemand. Dann verschwindet Ursula. Während Ulf und Split erfolglos das Haus durchsuchen, findet sich Sabrina plötzlich in der Vergangenheit wieder. Sie erlebt mit, wie Henning zu Tode gefoltert wird. Nur mit einem Sprung aus dem Fenster kann sie den Häschern entkommen. Und ist wieder in der Gegenwart. Sie wird von Ulf und Split im Garten gefunden, die zuvor im Keller über Hennings Leiche gestolpert sind. Ursula bleibt verschwunden.

Sabrina ist die Tochter von Thomas Becker, dem Vorsitzenden der Magischen Bruderschaft in Frankfurt. Becker alarmiert den Dämonenkiller Dorian Hunter, der zusammen mit seiner Freundin Coco Zamis sofort nach Velchen fährt. Hunter enthüllt dem skeptischen Ulf, der noch immer nach seiner Frau sucht, dass er vor vierhundert Jahren schon einmal in dem Hexenhaus war und ihm da die vermisste Ursula begegnet ist. Damals lebte er als Michele da Mosto.

Hunter erzählt, wie er 1564 als junger Mann von 24 Jahren nach Velchen kam. Hier treibt gerade der Hexenjäger Erasmus von Keittel sein Unwesen. Da Mosto beginnt eine Liebschaft mit der Gräfin Sidonie. Aber die wird von von Keittel als Hexe verhaftet. Da Mosto erkennt, dass der Hexenjäger in Wahrheit ein Dämon ist und will Sidonie als Verteidiger beistehen. Aber die hat man im Hexenhaus schon längst gefoltert. Da Mosto erfährt von ihr, dass sie eine Reliquie versteckt hat, die von Keittel vernichten kann. Bei diesem Gespräch begegnet der Dämonenkiller auch Ursula, die ebenfalls als Hexe gefoltert wird.

Ulf will das alles nicht so recht glauben. Seine Frau soll es durch Schwarze Magie in die Vergangenheit verschlagen haben? Und Hunter weiß auch nicht genau, was eigentlich danach im Hexenhaus passierte. Eines nachts verschwanden alle dort Anwesenden spurlos. Bei einer Durchsuchung befindet sich Hunter plötzlich in der Vergangenheit. Als er Ursula retten will, steht er plötzlich vor den Folterknechten. Coco kann ihn mit ihrer Magie retten. Der Spuk verschwindet, alle sind wieder in der Gegenwart, auch die traumatisierte Ursula.

Die Gruppe quartiert sich in der Pension des Bürgermeisters ein. Coco entdeckt, dass die Bürgermeistersfrau vermutlich eine Besessene ist. Anscheinend ist der Fluch stärker als gedacht. Ursula steht unter dem Bann von Sidonie. An Keittels Grab vollführt sie eine Beschwörung. In dem Grab findet Hunter die verstümmelte Leiches des Bürgermeisters. Plötzlich laufen die Folterknechte in der Gegenwart durch die Stadt.

In der Vergangenheit dringt Da Mosto ins Hexenhaus ein, nachdem die Hexenjäger nun auch ihn verhaften wollen. Er wird Zeuge, wie Sidonie einen Fluch ausspricht. Als er den Dämon Keittel angreift, landen beide im Fluss. Anscheinend stirbt Keittel, aber alle, die sich im Haus aufhalten, verschwinden.

Im Dorf scheinen sich alle in Besessene zu verwandeln. Sidonie taucht auf und sucht nach ihrer Reliquie, die sich als Statue entpuppt. Offenbar lag Keittel jahrhundertelang scheintot in seinem Grab und kam erst jetzt wieder zu Kräften, was den Spuk auslöste. Hunter versucht Sidonie dazu zu überreden, ihm die mittlerweile gefundene Statue zu übergeben, damit er den Dämon vernichten kann, aber sie will sich selbst rächen. Keittel hat die Gestalt des Bürgermeisters angenommen und bringt die Dörfler dazu, das Hexenhaus anzuzünden. Aber dabei zeigt er seine wahre Dämonengestalt, und die Besessenen wenden sich gegen ihn. Er flieht ins Haus, wo ihn Sidonie erwartet. Die Zuschauer hören nur noch, wie Sidonie der Statue den Hals umdreht und damit Keittel endgültig tötet. Dann ist der Spuk vorbei.

Bewertung:
Das ist nach zwei Jahren Laufzeit der erste "Dämonenkiller"-Roman im Dämonenkiller-Taschenbuch. Nachdem die Reihe bis jetzt nichts anderes als eine thematische Fortsetzung des Vampir Horrortaschenbuchs war, schob man nun einen Roman ein, der im Serienuniversum spielte. Die Präsentation wirft Fragen auf.

Die Handlung spielt zeitlich mitten in dem ungefähr ein halbes Jahr zuvor beendeten Hermes-Zyklus der Heftserie. Die Zaubermond-Ausgabe, die das Taschenbuch in ihren Reprint einbaute, setzt den Band zwischen Heft 81 und Heft 82, was gut passt.

Auch wenn der Verlag vermutlich davon ausging, dass der typische Käufer des Taschenbuchs die Heftserie ebenfalls konsumiert, dürfte sich nach zwei Jahren völlig beliebiger Gruselromane da vermutlich ein etwas differenziertes Bild geboten haben. Insofern liegt die Annahme nicht fern, dass man mit diesem Roman sowohl Serienleser ködern wie auch die Taschenbuchleser für die Serie interessieren wollte.

Das Endergebnis verblüfft jedoch. Denn weder Autor noch Redaktion legten auf das eine noch auf das andere gesteigerten Wert. Auf dem Klappentext gibt es nicht einmal eine Andeutung, dass es sich um einen Roman aus dem Serienuniversum handelt. Selbst in einer Anthologiereihe wie dem STAR WESTERN wurde Dietmar Küglers Roman "Lobo" im selben Jahr auf dem Titelbild damit beworben, dass es sich hier um die Geschichte des Halbbluts aus der Ronco-Serie handelt. So etwas hielt die Redaktion hier für unnötig.

Der Text selbst gibt dem serienunkundigen Leser nicht die geringste Hilfestellung. Die Handlung setzt einfach voraus, dass der Leser weiß, wer Dorian Hunter und Coco Zamis sind und worum es bei der Serie überhaupt geht. In diesem Zusammenhang sind die Kontinuitätsverweise, dass der Dämonenkiller gerade auf der Suche nach Hermes Trismegistos ist, nur für die Eingeweihten verständlich. Selbst der Autorenname scheint den Zusammenhang fast schon absichtlich verschleiern zu wollen. Hätte man das Buch unter Vlceks zu der Zeit fest etablierten Serienpseudonym Paul Wolf veröffentlicht, wäre auch das zumindest ein Hinweis gewesen. So suggeriert er lediglich, dass der PR-Autor mal wieder einen Gruselroman abliefert.

Dabei mutet es zusätzlich bizarr an, dass unsere Helden erst im vierten Kapitel zum ersten Mal namentlich auftauchen. Lediglich die in der Serienkontinuität geschulten Stammleser dürften vielleicht vorher den Zusammenhang hergestellt haben, dass Sabrina eben die Tochter jenes Thomas Becker ist, dem Großmeister der Magischen Bruderschaft. Davon abgesehen liest sich der Anfang wie jeder beliebige Gruselroman aus der Zeit. Immerhin gab es in den Heften einen Hinweis darauf, dass Vlcek ein Taschenbuch zur wöchentlichen Serie geschrieben hatte.

Der Roman selbst ist ein typischer Einzelroman, der genauso gut in der Heftserie hätte veröffentlicht werden können. Von der Story her ist er ziemlich beliebig. (Auch wenn man natürlich argumentieren könnte, dass diese Beliebigkeit das Buch für den Zufallsleser zumindest halbwegs zugänglich macht.) Konzeptionsmäßig klaut Ernst Vlcek bei sich selbst und unterzieht die Grundidee von Heft 19 "Die Vampirin Esmeralda" einer Variation. Beide Male landet eine Frau in einem Gebäude durch Magie in der Vergangenheit und wird zum Opfer der Inquisition.

Am besten funktioniert hier noch der Anfang. Die Szenerie im Hexenhaus, wo die Einweihungsparty durch den Spuk im blutigen Chaos endet, ist spannend und atmosphärisch geschrieben. Die Ankunft des Dämonenkillers nimmt dann aber viel vom Schwung, nicht zuletzt, weil es erst einmal eine ausführliche Rückblende in der Vergangenheit gibt. Die Da Mosto-Abenteuer gehören mit zu den am besten realisierten Vergangenheitsabenteuern des Dämonenkillers, was vielleicht auch an der farbigen Epoche vor dem Dreißigjährigen Krieg liegt. Aber selbst da Mosto bleibt hier ziemlich blass. Das gilt auch für Hunter und vor allem Coco, die hier kaum mehr als eine Stichwortgeberin fungiert. Jedes der Handlungselemente hat Vlcek zuvor schon eindringlicher geschildert, ob es nun der barbarische Schrecken der Hexenprozesse ist oder das geschichtliche Umfeld. Die Hauptakteure, der Dämon Keittel und die mutmaßliche Hexe Sidonie, bleiben ebenfalls nur oberflächlich entwickelt. Ihre offensichtliche gemeinsame Geschichte wird nur angedeutet. Der größte Schwachpunkt des Romans ist, dass sowohl Hunter und Coco wie auch da Mosto größtenteils nur Beobachter bleiben. Aus dem Plot hätte man viel mehr herausholen können.

Für die damaligen Dämonenkiller-Fans blieb der Roman vermutlich eine Anomalie und nur ein schwacher Anreiz, der Taschenbuchreihe noch eine Chance zu geben, denn der nächste Roman aus dem Serienuniversum sollte ein halbes Jahr auf sich warten lassen.

Life on Mars
IWie die meisten Heftromane hielt sich auch der Dämonenkiller stets darin zurück, seine Handlung durch die Erwähnung zeitgeschichtlicher Ereignisse zu datieren. Unter anderem wich man damit der Frage aus, warum die Helden nie zu altern scheinen, obwohl gerade dieses Element durch den heranwachsenden Sohn des Dämonenkillers ausgehebelt wurde. Auch dieser Roman ist in dieser Hinsicht betont zeitlos. Ursula und ihre Clique verbreiten zwar noch einen Hauch des Studentenflairs der Mittsiebziger, aber die bundesrepublikanische Realität findet hier nicht statt.

Das Titelbild
Ein typischer Lutohin

Copyright © by Andreas Decker

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Kommentare  

#1 Toni 2015-12-20 12:32
Der Roman ist mir noch in guter Erinnerung. Irgendwie hing der, obwohl der Bezug zum Däki diesmal gegeben war, in der Luft. Ich hatte das Gefühl, dass er schon länger auf "Halde" gelegen hat. Innerhalb der Heftserie hätte er vermutlich besser funktioniert, allerdings etwas früher.
Mit der 22 hätte Pabel für die Däki Taschenbücher neue Wege beschreiten können. Vielleicht nur Abenteuer aus Dorians Vergangenheit? Wäre ein Versuch wert gewesen.

Warum hat Vlcek überhaupt das Wolf-Pseudonym gewählt? Sein Name stand damals ja schon für gute Romane mit Wiedererkennungswert.
Und warum benutzt Pabel bei Inquisitionsromanen immer die Farbe Lila ( Der Folterknecht, Die Folterkammer)?
#2 Andreas Decker 2015-12-20 13:50
zitiere Toni:
Warum hat Vlcek überhaupt das Wolf-Pseudonym gewählt? Sein Name stand damals ja schon für gute Romane mit Wiedererkennungswert.
Und warum benutzt Pabel bei Inquisitionsromanen immer die Farbe Lila ( Der Folterknecht, Die Folterkammer)?


Vlcek sagte in einem Interview von 1979 (ebenfalls in der Fantasia-Ausgabe, in der Luifs Artikel drin war):

Hauptsächlich, weil ich einmal schauen wollte, ob ich unter einem anderen Namen auch ankomme, ob ich als unbekannter Autor auch ein Echo finde. Und dann war es auch so, dass ich als Vlcek ein SF-Autor war, und Paul Wolf sollte der Horror-Autor sein. Dann aber habe ich außer den Serienromanen im DK auch Einzelromane als Taschenbücher geschrieben, die ich von der Serie differenzieren wollte, und für die ich daher wieder meinen eigenen Namen verwendet habe; vor allem aber deshalb, weil es mir nicht gefallen hat, dass in der Taschenbuchreihe, die ja den Serientitel DK trägt, keine Figuren aus der eigentlichen Serie vorkommen. Ich habe das Pseudonym dann wieder gelüftet; nicht dass ich irgendwie ein großes Bekenntnis abgelegt hätte (in der LKS, wie man mir nahegelegt hat), sondern das hat sich einfach so ergeben. Nach einer gewissen Zeit hat es jeder gewusst."

Wenn man bedenkt, dass das nächste Serientb nur ein halbes Jahr später als ein Wolf erschien, eine Kurzgeschichtensammlung als Vlcek, der nächste serienunabhängige Horrorroman aber ebenfalls als Wolf, genau wie die letzte Kurzgeschichtensammlung, scheint das alles nicht mehr soo wichtig gewesen zu sein.

Gute Frage mit der Farbe Lila. :lol: Das ist vermutlich was für Herrn Freud :-)
#3 Schnabel 2015-12-24 09:05
"Sabrina besucht ihre Freunde Ulf und Ursula im kleinen Städtchen Velchen in der Nähe von Frankfurt."
Auf Seite 47 im Taschenbuch kann man folgendes lesen:
Sie hatten bei Hildesheim die E 4 verlassen und fuhren nun auf einer Verbindungsstraße nach Braunschweig.
Da ist dir beim Schreiben der Inhaltsangabe wohl ein kleiner Fehler passiert.
Ich habe 1977 von Kurt Luif erfahren, daß eigentlich weitere Michele da Mosto-Abenteuer in der DK-Taschenbuch-Reihe geplant waren, aber durch die Indizierung der Heftserie wurden das Thema zu den Akten gelegt.
#4 Andreas Decker 2015-12-24 10:46
zitiere Schnabel:
"Sabrina besucht ihre Freunde Ulf und Ursula im kleinen Städtchen Velchen in der Nähe von Frankfurt."
Auf Seite 47 im Taschenbuch kann man folgendes lesen:
Sie hatten bei Hildesheim die E 4 verlassen und fuhren nun auf einer Verbindungsstraße nach Braunschweig.
Da ist dir beim Schreiben der Inhaltsangabe wohl ein kleiner Fehler passiert.


Da hast du recht. Ich werde wohl an Frankfurt und die Bruderschaft gedacht haben 8)

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