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Töten als Sport - »Die letzte Jagd – Adel vernichtet«

Die letzte Jagd – Adel vernichtetTöten als Sport
»Die letzte Jagd – Adel vernichtet«

Als Alan Bridges im Jahr 1984 Isabel Colegates Roman „The Shooting Party“ verfilmte, boomten im internationalen Kino gerade britische Historien- und Kostümfilme, die häufig auf geschriebenen Vorlagen beruhten. Auch Bridges‘ hierzulande „Die letzte Jagd“ betitelter Film wurde ein bahnbrechender internationaler Erfolg und ist nun erstmals mit üppigem Bonusmaterial auf DVD erschienen.

Die letzte Jagd – Adel vernichtetDie Briten sind schon ein ganz eigentümliches und häufig zu Recht als exzentrisch verschrienes Völkchen. Ihre Loyalität und Faszination für die Monarchie, die es auf höchst anachronistische Weise bis ins 21. Jahrhundert geschafft haben, ist nur einer dieser sonderbaren Charaktereigenschaften. Gleichwohl lieben insbesondere wir Deutschen die Briten dafür, und einige dieser Schrulligkeiten mögen wir hierzulande so gerne, dass sie für uns unauslöschlich zur britischen Mentalität dazugehören. Neben der Monarchiehörigkeit sind das auch die eifrig zelebrierten Standesunterschiede, die sich zwar im 20. Jahrhundert mehr und mehr aufgelöst haben, die in historischen Büchern und Filmen aber allgegenwärtig sind. Der Landadel hatte beispielsweise das heutzutage politisch äußerst unkorrekte Hobby, in ganzen Horden gemeinsam auf die Jagd zu gehen. Zu den bedauernswerten Kreaturen, die keine Chance hatten gegen zig Schrotflinten und Dutzende scharfer Jagdhunde, gehörten vor allem Füchse, aber auch Wildgeflügel wie Fasane oder Rebhühner. Isabel Colegate (1931-2023) hat sich in ihrem erstmals 1980 erschienenen Roman „The Shooting Party“ einer solchen Jagdgesellschaft angenommen und auf bitter-ironische Weise den Standesdünkel unter die Lupe genommen. Das Buch ist quasi unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs angesiedelt und stellt deswegen eine Zäsur für alle Beteiligten dar, für die danach Töten keinen Sport mehr darstellte, sondern Notwendigkeit wurde, um selbst zu überleben.

Die letzte Jagd – Adel vernichtetAuf dem Landsitz von Sir Randolph Nettleby (James Mason) trifft sich 1913 eine elitäre Runde der besseren Gesellschaft, um gemeinsam auf die Jagd zu gehen. Zwischen Lady Olivia Lilburn (Judi Bowker), die in ihrer Ehe mit dem deutlich älteren Lord Bob (Robert Hardy) gelangweilt ist, und dem attraktiven Lionel Stephens (Rupert Frazer) bahnt sich schon zu Beginn des Wochenendes ein heißer Flirt an. Auch der ungarische Graf Tibor Rakassyi (Joris Stuyck) wandelt auf Freiersfüßen und macht sich an die junge Cicely (Rebecca Saire) heran. Nettlebys Enkel Osbert (Nicholas Pietrek) hält sich bereits seit Längerem eine Wildente als Haustier, die nun ausgerechnet vor der großen Jagd ausbüxt und deswegen leicht zur Zielscheibe der Adligen werden könnte. Tierschützer Cornelius Cardew (Sir John Gielgud) versucht ohnehin mit allen Mitteln, das sinnlose Töten zu verhindern, während Nettlebys Wildhüter Glass (Frank Windsor) und Harker (Gordon Jackson) froh sind, den reichen Herren als Handlanger dienen zu können.

Die letzte Jagd – Adel vernichtetGleich zu Beginn des Films wird man mit einer Vielzahl an Charakteren konfrontiert, die man sich erst einmal mühevoll entschlüsseln muss. Aber die Geschichte ist insgesamt eher dünn, weswegen es nicht lange dauert, bis man im Geschehen drinsteckt und es zunehmend interessanter wird. Das meiste spielt sich allerdings eher auf einer metaphorischen Ebene ab, denn in erster Linie war Isabel Colegate daran gelegen, sinnloses Töten zu verurteilen und hier den Abgesang einer aussterbenden Gesellschaftsschicht zu beschreiben. Mit Hilfe eines formidabel aufspielenden Starensembles ist das in dieser Verfilmung ebenfalls gut geglückt, und insbesondere Kostümfilm- und Schauspielfans werden hier gut bedient. Die DVD-Erstveröffentlichung weist ein gutes, aber nicht bestechend scharfes Bild in gedeckten, etwas grünstichigen Farben (im Widescreen-Format 1,78:1) und einen stets gut verständlichen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit englischen Untertiteln) auf. Als Extras (alle im englischen Original ohne Untertitel) gibt es die Kurz-Dokumentationen „The Shooting Party – Eine Retrospektive“ (44 Minuten) und „Eine Tour durch Knebworth House“ (10 Minuten), die jeweils 2006 mit etlichen der beim Dreh Beteiligten entstanden, einen zeitgenössischen Drehbericht, der in „BBC’s Breakfast Time“ erstausgestrahlt wurde (4 Minuten), sowie den englischen Originaltrailer zum Film.

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