Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Erster Schultag, Zeitdruck, Burg Wallenstein und zeltende Helleber

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, heute machen wir einen Ausflug in den Knüllwald und trinken unseren Tee im Schatten der Burg Wallenstein. Früher war der Tee aus Hopfen und kühler... Aber es ist Deine Teestunde...

Erster Schultag, Zeitdruck, Burg Wallenstein und zeltende Helleber

Heute hatte meine Pseudo-Enkelchen Lisa ihren ersten Schultag und natürlich konnte ich ihre Bitte nicht abschlagen, sie auf diesem »Gang ins Leben« zu begleiten. Oma Rosi war auch dabei und wie jeder weiß, habe ich mit ihr ja einige Jahre in Lebenspartnerschaft in Rhünda zusammen gewohnt. Wie bei meiner Ex-Gattin hat sich auch hier im Verlauf der Jahre das Verhältnis normalisiert und alles, was sie mir hinterher gerufen hat, als ich ging, ist inzwischen vergessen.

 

Und unsere Sammlung Kuscheltiere, die sie hinter mir her geworfen hat, haben schon Kinder zum Liebhaben gefunden. Bei einigen kleinen Circus-Familien-Unternehmen gibt es viele Kinder, die auch schon in der Manege mitarbeiten und die sich über so was riesig freuen. Als ich Rosi das dann mal erzählte, hat sie gelacht und sich gefreut. Allerdings – der Waschbär aus dem Yosemity-Nationalpark und der Panda-Bär von der  Chinesischen Mauer – die sitzen bei mir im Regal unter den anderen „Beutestücken“ von meinen Reisen.

Ja, nachdem die Einschulung dann rum war wurden erst mal Fotos gemacht – auch im Klassenzimmer. Und so kam ich dann zu dem Vergnügen, noch mal in der »Ersten« die Schulbank zu drücken. Es war wie bei einer Teeparty im Haus Beutlin. Nur dass die Decke höher war. Aber sie Sitzmöbel waren für Hobbits bestens geeignet. Natürlich kommen dann so die Rückerinnerungen... und das liegt bei mir schon mehr als 55 Jahre zurück.

Klar, dass dann zu Hause bei Mama Simone und Papa Tijani (aus Nigeria – daher der ungewöhnliche Name) noch über solche Sachen geplaudert wurde... bis mir dann plötzlich einfiel, dass ich ja noch »Hausaufgaben« zu machen hätte. Also habe ich jetzt »Nachsitzen« und arbeite wie üblich mal wieder unter Druck. Hermann wird schon wieder Schweißausbrüche haben. Immerhin soll der Text in drei Stunden im Netz sein. Aber unter Druck arbeite ich nun mal am liebsten, wenn ich mich dann auch durch nichts ablenken lasse. Ausnahmen sind die Katzen, wenn sie mal zum Schnurren kommen und ich dann eben nur mit einer Hand schreiben kann, weil die andere zum Streicheln gebraucht wird. Nur wer Katzen hat weiß, dass es gegen die Forderung nach Streicheleinheiten keine Gegenwehr gibt... jedenfalls bei Katzen.

Beim letzten Mal wollte ich schon von „Wallenstein“ erzählen. Insider und Alt-Fans wissen schon, dass hier nicht der Herzog von Friedland gemeint ist, bekannt aus dem dreiteiligen Drama von Schiller oder aus dem Geschichtsunterricht in der Schule mit dem Thema „Dreißigjähriger Krieg“...der dauerte wie lange? Jaaa, das wissen alle. Nur von wann bis wann... da müssen wir dann nachsehen.

Richtig – 1618 bis 1648...weiß jeder. Und was war an diesen Jahren an welthistorischen Ereignissen – nur 300 Jahre später? Das erste wisst ihr – vielleicht - das zweite nur Eingeweihte. Klar - 1918 also 300 Jahre nach Beginn des 30jährigen Krieges endete der Erste Weltkrieg. Und 1948 gab es für Deutschland gleich zwei wichtige Faktoren... es gab die D-Mark...und mich...ahem.

Die Burg Wallenstein hat also nichts mit dem Wenzel Eusebius Albrecht von Wallenstein zu tun. Burg und der dazu gehörige Ort liegen im Knüll, der zu unseren schönen nordhessischen Mittelgebirgen gehört. Sie war damals eine einfache Ministerialienburg und heute eine Ruine, die teilweise begehbar gemacht wurde. Das erste Mal habe ich sie auf einer Klassenfahrt gesehen und in den Zeiten, von denen ich hier berichte, war es schon eine gewisse Tradition, dass sich das »Fürstentum Helleb«dort an den Pfingst-Tagen und meist auch noch einige Tage im Herbst dort dem »gemeinen Volk« offenbarte.

In den späteren Jahren waren auch eine ganze Reihe von Leuten aus dem damaligen Fandom dabei. An erster Stelle natürlich Hermann – der war auch der Erste, dem wir unseren Kreis öffneten. Er war mit uns »einen Geistes« und gehörte irgendwann, wie Werner einige Jahre vorher, einfach mit dazu.  »Baron von Helleb« ist Hermann übrigens erst viel später geworden – aber die »Tafelrunde« war ohnehin etwas Besonderes.

Unterhalb der Burg gab es nämlich einen Camping-Platz. Im unteren Bereich für das ganze Jahr über feststehende Zelte oder Wohnwagen. Aber einige bestimmte Ecken war immer für Kurz-Camper reserviert. Zu Pfingsten kamen außer uns immer noch eine Motorrad-Gruppe aus Dänemark. Dass wir mit denen wenig Kontakt hatten, lag nicht an uns. Denn kaum hatten die Odins-Söhne ihre kleinen Zelte aufgebaut zogen sie los, um Bier und sonstige Alkoholika zu holen. Ja, und damit waren sie dann beschäftigt bis zur Abreise am Montag.

Ärger hat es mit ihnen nie gegeben und die Diebstähle kamen sicher von diversen Jugendgruppen, die erst zu Zeiten mit auf den Zeltplatz kamen, als ich schon nicht mehr mit gezeltet habe, sondern nur mal für ein paar Stunden vorbei kam. von Willibald (Werners Skelett) samt seiner Winchester und auch das Revolverholster, dass ich Hermann geschenkt hatte, weil ich das als Ehemann nicht mehr brauchte (meinte meine damalige bessere Hälfte). Früher konnte mal Sachen draußen liegen lassen, ohne dass es am nächsten Tag weg war. Aber als die Klauerei los ging, war ich schon nicht mehr dabei. Und auch Werner zog sich dann nach zwei oder drei Mal aus der Sache zurück, weil Heike zwar mitkam, aber in einer Pension wohnte, während Werner im „Chateau Montagne“ übernachtete.

Ach ja, »Chateau Montagne« das war der Name von Werners Zelt wie der von Hans Klipps Zelt „Southfork-Ranch“ war. Die andren Namen habe ich vergessen – bis auf die meiner Zelte.  Der »Sarassani« war ein großes Familienzelt, wo notfalls acht Leute drin übernachten konnten und wo wir uns bei Regen zusammen hocken konnten. Ich habe das Zelt dann der Dorfjugend von Wallenstein geschenkt, als klar wurde, dass meine damalige Frau nicht mit im Zelt übernachten würde und sie mit diesem Teil meines Freundeskreises auch absolut nicht zu Recht kam.

Dann hatte ich noch ein Hauszelt, wo ich auch schon mal für eine Nacht anrollen konnte. Am »Sarrasani« habe ich zwei bis drei Stunden aufgebaut (so lange brauchen sie auch, um ein Viermaster-Circus-Zelt aufzubauen) – die »Villa Bärenfett« stand in 15 Minuten. Woher der Name? Nun, die originale »Villa Bärenfett« ist ein Blockhaus, das im Garten der »Villa Shatterhand« in Radebeul bei Dresden steht. Hier hat mein großes Leitbild Karl May auch seine Träume gelebt und ist auch in Western-Kleidung rumgelaufen - ähnlich wie wir in Wallenstein.

Ja, wenn die Flagge vom Schwalm-Eder-Kreis am Fahnenmast gestrichen wurde und die »Rebel-Flag«, die alte Fahne der Südstaaten, aufgezogen wurde, dann wusste jeder, jetzt sind die »Cowboys« wieder da. Wobei aus den Cowboys auch schnell Ritter werden konnten... bei all den Utensilien, die so ausgepackt wurden. Und gelegentlich konnte es dann sogar auf dem Zeltplatz spuken.

Spuken... ja, das wäre schon mal eine Episode zum erzählen. Neben Western-Kleidung und Waffen, die notfalls für eine neue Karl-May-Verfilmung ausgereicht hätten sowie mittelalterliche Hieb- und Stichwaffen, mit denen ein mittlerer Bürgerkrieg möglich gewesen wäre, hatten Werner und ich natürlich auf die Latex-Masken samt der Gewänder, die in unserer Zamorra-Verfilmung zu bewundern sind.  

Wenn kleine Kinder spielen, sind sie gesund. Wenn große Kinder spielen, sind die heiratsfähig...wozu man, was W.K. Und mich angeht, dann ja auch nur zwei oder drei Jahre später »Quod erat demonstrantum« sagen konnte. Vieles, was ich hier so an Episoden erzähle, hat den Grund darin, dass Werner und ich im Grunde unseres Herzens immer noch große Jungs waren, die Spiel und Abenteuer liebten. Und in Wallenstein ließ sich so was eben gut machen.

Am hinteren der drei Fischteiche wurde gelegentlich auf einer gemähten Privat-Wiese noch eine Möglichkeit für Kurz-Camper eingerichtet.  Diesmal war eine gemischte Jugendgruppe da, wenn ich mich nicht irre war das vom BDKJ – Bund der Katholischen Jugend – falls das einer nicht weiß. Und siehe da, Wolla (Wolfgang) ein alter Pfadfinderfreund aus den Tiefen meiner Vergangenheit  war mit bei den »erwachsenen Organisatoren«. Somit haben meine Leute dann meinen alten »Kriegsnamen« aus Pfadfindertagen erfahren. Aber diese ganz alten Zeiten wollen wir mal ruhen lassen...

Nun, unsere Plaudereien über ruhmreiche Taten in unserer Zeit, als wir »junge Krieger« waren gingen dann irgendwann über in das, was wir heute machen. Auch in  Pfadfinderzeiten wurde natürlich, wenn kleine »Wölflinge« mit im Zeltlager waren, Gespenst gespielt. Und für so was hatten wir die perfekten Sachen dabei – und brauchten hier kein weißes Bettlaken.

Die Sache wurde richtig organisiert. Wir verteilen Masken und Gewandungen unter unsere Leute, wobei Werner und ich als Teufel und Werwolf vorneweg gingen, weil wir auch an den Händen die nötigen Klauen hatten. Mit Wolla hatten wir abgesprochen, dass er eine Gespenstergeschichte erzählen würde und dann, wenn er an eine spannende Stelle kam, er zu schreiben anfing...“Da..Da... seht“...ja und dann sollten Geister und Dämonen erscheinen.

Werner und ich waren vorher schon mal zwischen den Zelten unterwegs und natürlich hatte es sich rumgesprochen, dass es heute Nacht spuken würde. Bedenklich war, dass einige von den Jungen Leser von »John Sinclair« waren und über einschlägige theoretische Erfahrung in Sachen Dämonenbekämpfung verfügten. Was die für Waffen bereit legten, war schon  echt bedenklich. Obwohl, es war eigentlich genau das gleiche Zeug, was wir in dem Alter immer griffbereit hatten, wenn das Zeltlager nachts überfallen wurde.

Und das war die Regel, wenn irgendwo ein anderes Zeltlager in der Nähe war. Wobei es passieren konnte, dass man selbst ein Zeltlager überfiel, das jedoch bis auf eine Wache völlig leer war. Aber wenn man dann zurückkam, sah es bei den eigenen Zelten aus wie an Omaha-Beach nach dem D-Day.

Ich hatte Werner und unsere Leute schon so weit instruiert, dass die Gespenster bei massiven Gegenangriff des »Guten« sofort den Rückwärtsgang einschalteten. Auch wenn er von einem Halbwüchsigen geschwungen wird, kann ein Knüppel verdammt wehtun.

Die Szenerie war eine sternenklare Nacht. Die Dämonen hatten sich angeschlichen und beäugten aus dem schützenden Dunkel das Feuer, um den sich alles versammelt hatte. Die Story, die Wolla da erzählte, muss wirklich gut gewesen sein. Und dann – ein Schrei.. das Stichwort.

Da wir ja alle den damals laufenden Streifen »Zombie« gesehen hatten wussten wir, wie wir zu laufen hatten. Und gestöhnt haben wir wie dreihundert Kriegsgaleeren rothaariger Teufel. Es muss schon ein tolles Bild gewesen sein, wie wir da aus dem Dunkel in die Helligkeit des Feuers eintauchten.

Aber sofort waren die Dämonenjäger auf den Beinen...und die Knüppel in den Händen. Wolla als alter Pfadfinder kannte diese Situationen, weil wir sie damals oft genug selbst erlebt hatten. Feind erkannt und auf sie mit Gebrüll. Unter den Masken sieht man nicht gut und mit den langen Umhängen und Gewändern ist eine Flucht bei Dunkelheit auch ein Problem.

Vermutlich hätten wir solche Prügel bezogen, die wenigstens in mir noch Erinnerungen an meine Kindheit hätte hoch kommen lassen. Die Jungs waren so zwischen 12 und 14 – da konnte das schon mal rau werden.

Doch Wolla hatte offensichtlich auch »John Sinclair« oder einschlägige Fachlektüre gelesen. Einen Griff ins Feuer und dann hielt er zwei brennende Äste in der Hand. Die wurden dann, wie schon in diversen Dracula-Filmen der Hammer-Productions zu sehen ist, überkreuzt und »das flammende Symbol des Guten entstand, vor dem Höllengeister und Dämonen weichen müssen«.

Werner und ich, nicht nur Leser sondern auch Erfinder und Schreiber solcher Situationen reagierten folgerichtig. Ein Urschrei unter der Latex-Maske, dann die seit Bela Lugosi und Christopher Lee typische Handbewegung eines »Geschöpfs der Nacht« bei einer »Kreuzschau« - und die Dämonen waren in der Dunkelheit verschwunden. Hinter uns ein Triumphgebrüll wie von einem ganzen Stamm Comanchen, das jedoch nur von einigen Jungs der Katholischen Jugend her rührte.

Natürlich mussten Werner und ich, die anderen hatten keine Lust mehr, später noch mal ganz offiziell spuken und nur ein Mädchen, das geschlafen und von all dem nichts mitbekommen hatte, fing an vor Angst zu kreischen. Anschließend haben Werner und ich dann mit den Schwertern noch unseren üblichen Schaukampf geliefert.   

Das sah immer gefährlicher aus, als es war. Erst mal haben wir die Klingen so übereinander gelegt, dann nur beim oberen Dritter Berührung möglich war. Das hat mächtig geklirrt und sah auch schaumäßig aus, war aber total ungefährlich. Rief Werner mir zu »Drei« machte ich drei Schritte zurück.. und er sie vor. Dann ließen wir es wieder klirren – dann rief ich ihm eine Zahl zu. Oder Begriffe wie »Unten«, wo ein Hieb von unten herauf abzuwehren war oder »Heumacher«, was voll ausgeschwungene Hiebe bedeutete.

Es ist auch nie was passiert, wenn Werner und ich diese »Schaukämpfe« gemacht haben.  Nur als damals beim Fest der Phantasie einer mit meiner eigenen Streitaxt eingegriffen hat ist Blut geflossen. Aber davon habe ich schon berichtet.
 
Und in der nächsten Teestunde werde ich weitere Episoden aus Wallenstein ausgraben. Da ist immer so einiges passiert.

Doch davon in einer Woche. Der Text muss abgeschickt werden, sonst wird Hermann verrückt, weil die Sache in etwas mehr als einer stunde für euch lesbar sein muss.

Also, man liest sich...

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles