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96 HOURS

Kino mit Ingo

96 Hours

 „Ich habe keine Ahnung wer Du bist. Ich weiß auch nicht was Du willst. Wenn Du auf ein Lösegeld aus bist, muss ich Dich enttäuschen: ich habe kein Geld.

Was ich aber habe, sind ein paar ganz besonders ausgeprägte Fähigkeiten, die ich mir in einer langen Karriere in der Unterwelt zugelegt habe. Fähigkeiten, die mich für Leute wie Dich zu einem Albtraum machen.


96 HoursWenn Du meine Tochter jetzt frei lässt, soll’s das gewesen sein. Ich werde nicht nach Dir suchen, ich werde Dich nicht verfolgen.
Aber wenn nicht, dann werde ich nach Dir suchen und ich werde Dich finden. Und ich werde Dich töten.“

Mit diesen mehr als ernst gemeinten, an eine Bande von Kidnappern gerichteten Worten,  beginnen für Bryan Mills, einen ehemaligen Ermittler im Staatsdienst, die längsten 96 Stunden seines Lebens – und die Jagd nach der skrupellosen Organisation, die seine Tochter Kim entführt hat.

Mills hatte gerade erst seine Beamtenkarriere als – wie er es sah -  „Verhinderer“ aufgegeben, dessen Aufgabe es war, schlimme Dinge zu verhindern, bevor sie passierten, um sich mehr um seine Tochter Kim kümmern zu können, die bei seiner Ex-Frau und deren neuem Mann lebt.
Zum Geldverdienen hat er sich einigen ehemaligen Kollegen angeschlossen, die spezielle Security-Jobs wie den Personenschutz einer Pop-Diva übernehmen. Aber den größten Teil seiner Energie braucht er, um die Beziehung zu seiner Tochter Kim zu reaktivieren.
Bryans Erziehungsmaximen werden strapaziert, als Kim ihn um Erlaubnis bittet, mit einer Freundin nach Paris reisen zu dürfen.
Da er weiß, welche Gefahren in einem fremden Land auf eine Tochter lauern können, ist Bryans Antwort ein klares „Nein“. Aber Kims Enttäuschung lässt ihn mehr und mehr erweichen.
Seine schlimmsten Befürchtungen werden wahr, als Kim und ihre Freundin Amanda kurz nach ihrer Ankunft am helllichten Tage aus ihrem Pariser Appartement entführt werden.
Kurz bevor Kim von den unbekannten Angreifern verschleppt wird, gelingt es ihr, Bryan anzurufen, der sogleich fachmännisch beginnt, Puzzleteile zusammenzusetzen, die ihn in die Dunkelheit der Pariser Unterwelt und die feudalsten Villen der glitzernden Stadt führen.
Er durchlebt Albträume, die alles übertreffen, was er bisher kannte – aber nichts und niemand wird ihn davon abhalten, seine Tochter zu retten.

96 Hours„Luc hatte einen Pariser Kommissar getroffen, der ihm von einer Gruppe von Kidnappern erzählte, die junge Frauen entführen.
Die Mädchen wurden später in diesen beeindruckenden Villen direkt vor den Toren der französischen Hauptstadt meistbietend versteigert“. (1)

Besson und Kamen entwickelten daraus eine mitreißende Geschichte mit großen Sets, viel Action, Kampfkunst und verrückten Stunts – und wenigen im Computer nachempfundenen Effekten.

„Es ist der gleiche Mix, den wir in Filmen wie THE TRANSPORTER  oder KISS OF THE DRAGON  (Kiss of the Dragon, 2001) benutzt haben“. (2)

Der persönliche Ermittler-Background ihrer Hauptperson gefiel Kamen, der viel über verblüffende Erfolge realer Ermittler gelesen hatte, als er während seines Studiums in Afghanistan war.

„"Ich erfuhr von Agenten, die in diesem Teil der Welt verdeckt ermitteln, so richtig verrückte Sachen, und war besonders beeindruckt von ihrem Selbstvertrauen und ihren handwerklichen Fähigkeiten.
Diese Typen rufen nicht unbedingt nach der Polizei wenn sie in der Patsche sitzen. Sie betrachten Probleme als Aufgaben, die sie zu lösen haben, anstatt jemanden zu holen, der sie für sie löst. Sie halten sich nicht gerade zwanghaft an gesellschaftliche Regeln.“" (3)


Kamen und Besson hatten solche Vorbilder im Kopf, als sie die Figur Bryan Mills schrieben. Bryan erwartet keine Hilfe als Kim gekidnapped wird, nicht einmal von seinen Kollegen.
Er verlässt sich lediglich auf seine persönlichen Fähigkeiten - und die kann er auf seiner Jagd nach den Entführern gut gebrauchen.

Als Regisseur verpflichtete Produzent Luc Besson Pierre Morel, der zuvor den international beachteten Actionfilm DISTRICT B13 (Banlieu 13) inszeniert hatte. Besson war Koproduzent und Koautor des 2004 erschienenen Films, der Martial Arts-Fans weltweit mit seinen großartig choreografierten Kampfszenen begeisterte.
Bei dem ebenfalls von Besson produzierten und geschriebenen Film UNLEASHED (Unleashed - Entfesselt, 2005) hatte sich Morel bereits einen Namen als Chefkameramann gemacht.

„Obwohl sehr viel vom Schnitt abhängt, muss der Rhythmus beim Drehen zu spüren sein. Es gibt keine zweite Chance, wenn er fehlt. Ich bitte die Schauspieler immer, ein hohes Tempo zu halten und so realistisch wie möglich zu sein. Ich persönlich bin so verstrickt in meine Art zu drehen, dass ich glaube, dass eine Menge dieser Energie in den Film übergeht. Wenn man abwartet bis man im Schneideraum sitzt, läuft man Gefahr, diesen Rhythmus zu verlieren.“  (4)

Liam Neeson, ein Charakterdarsteller mit Nominierungen für alle nennenswerten Preise und Auszeichnungen, ist eine faszinierende und unkonventionelle Wahl als Darsteller eines Action-Helden.
Aber gerade die Ernsthaftigkeit und Komplexität die er in die Rolle des Bryan Mills einbringt, verleiht dem Film, der ständig mit den Grenzen des Genres spielt, zusätzliche Tiefe.
Für Thriller nicht gerade typisch, definiert sich Bryan anfangs über die Liebe zu seiner Tochter anstatt über seine Vergangenheit als Geheimagent. Dieser Aspekt der Rolle und der Geschichte war ein wesentlicher Faktor um Neeson die Rolle schmackhaft zu machen.

„"Als Vater kann man sich nichts Schlimmeres vorstellen, als dass sein Kind in Gefahr gerät. Natürlich überlegt man sich, wie man selbst in einer solchen Lage reagieren würde. Du stellst dir vor, was du mit den Kidnappern machen würdest und bist bald sicher, was du alles tun wirst, um das Leben deines Kindes zu retten.
Ich fand diese Gedanken äußerst interessant, weil ich persönlich gegen jede Art von Gewalt bin, ganz besonders gegen die, zu der Bryan im Film als letztes Mittel greifen muss. Aber letztlich heißt es für ihn, ‚die oder ich’ und Bryan führt die Situation zu ihrem logischen Ende."“  (5)

Liam Neeson Vor den Dreharbeiten absolvierte der Schauspieler ein hartes Training, um der Körperlichkeit der Rolle gerecht zu werden.

"Ich halte mich ohnehin fit, aber ich musste mein Trainingsprogramm um einige Grade intensivieren.
Actionszenen sind immer schwierig. Du musst dich sehr auf deine Bewegung und deine Körperhaltung konzentrieren und du darfst deinen Partner nie aus den Augen lassen.
Neben allen Vorsichtsmaßnahmen ist das auch ganz schön anstrengend. Es ist jedes Mal eine besondere Herausforderung.
Die vielen Kampfszenen, die wir gedreht haben, haben den kleinen Jungen in mir geweckt. Besonders mit guten Stuntmen wird der Kampf zu einem Tanz, den du mit großer Freude tanzt.“"  (6)


Um die Kampf- und Actionsequenzen so realistisch wie möglich zu gestalten, probte Regisseur Morel sie mit Neeson besonders intensiv.

„Wir wollten, dass er möglichst viel selbst macht, ohne auf Stunt-Doubles zurück greifen zu müssen.
Natürlich springt er nicht selber von der Brücke oder wirft sich vor Autos, aber nach vielen Proben absolvierte er alle Kampfszenen selbst.
Es forderte ihm einiges ab, denn ich wollte die Action nur in zweiter Linie mit der Kamera auf Touren bringen. Liam hat wirklich gelernt, hart zu kämpfen.“  (7)


Über die körperlichen Voraussetzungen hinaus, Bryans Kampfkunst zu zelebrieren, war es dem Regisseur und seinem Hauptdarsteller besonders wichtig, die starken Emotionen heraus zu arbeiten, die Bryan überkommen, wenn seine Tochter Kim (Maggie Grace) ihm telefonisch die erschütternde Nachricht von der drohenden Entführung überbringt.
Liam Neesons Figur Bryan befindet sich in Los Angeles, die von Maggie Grace gespielte Kim hingegen in Paris – und Regisseur Morel drehte die Szenen an eben diesen Orten.

„Wir fingen in Los Angeles mit Liams Reaktion an, als ob er live zuhörte. Maggie Grace kam zum Set und sagte ihren Text bis zum Schrei bei ihrem Kidnapping neben der Kamera auf, was es Liam ermöglichte, in Echtzeit zu reagieren. Es war einfach zauberhaft.
Das vorgegebene Timing gab mir in Paris eine viel größere Freiheit. Ich konnte die physische Action der Entführung inszenieren und hatte Liams Gefühlsausbruch, den wir in nur zwei Takes in L.A. aufgenommen hatten, an einem Stück.“ (8)

Liam Neeson Die Dreharbeiten in Paris, überwiegend bei Nacht und fast immer mit viel Action und Stunts, waren durchaus auch eine Herausforderung für Liam Neeson.
Aber er konnte der Arbeit in der französischen Hauptstadt, für ihn zum ersten Mal mit einer französischen Crew, durchaus auch gute Seiten abgewinnen.

„"Ein sehr positiver Aspekt an der Arbeit in Paris war die große Zahl der weiblichen Crew-Mitglieder.
Ich reagiere sehr sensibel auf die Verbindung von männlicher und weiblicher kreativer Energie am Set, britische und amerikanische Crews haben meist einen hohen Männerüberschuss.
Ich war auch sehr erfreut über die zivilen Arbeitszeiten in Frankreich. Mit den Proben für Kampfszenen und die eigentlichen Dreharbeiten hatte ich ziemlich anstrengende Tage, aber uns blieben immer komplette Nächte, um uns zu erholen. Und die Annehmlichkeiten der Lebensqualität in Paris muss ich wohl nicht besonders hervorheben.“ (9)

Morel wollte keinen stilisierten oder in seinen Worten „kosmetischen“ Look der Paris-Szenen.

„Ich wollte, dass Paris so aussieht, wie in Wirklichkeit. Es sollte so realistisch wirken wie möglich, um jede Künstlichkeit zu vermeiden.
Man sollte sofort erkennen, dass der Film in Paris spielt, ohne auf die klischeehaften Postkartenbilder von Personen zurück zu greifen, die vor dem Eiffelturm oder dem Trocadéro posieren.
Also suchten wir uns andere typische Drehorte als die bekannten Touristenfallen. Das führte dazu, dass wir einen Tag nach der Wahl des Staatspräsidenten auf den Champs Elysées drehten und die Hälfte der Straßen gesperrt war, weil der Wahlsieger dort eine feierliche Parade abhalten wollte.
So drehten wir diese Szenen unter den Augen der entnervten Polizei der französischen Hauptstadt.“  (10)


(1) Mark Kamen
(2) Mark Kamen
(3) Mark Kamen
(4) Pierre Morel
(5) Liam Neeson
(6) Liam Neeson
(7) Pierre Morel
(8) Pierre Morel
(9) Liam Neeson
(10) Pierre Morel

 


96 Hours
TAKEN

Frankreich 2008

Regie: Pierre Morel
Drehbuch: Luc Besson und Robert Mark Kamen
Produzent: Luc Besson

Darsteller: Liam Neeson, Famke Janssen und Maggie Grace

Länge: 93 Minuten

FSK 18

KINOSTART: 19.02.2009

Kinoverleih: Twentieth Century Fox

Website: http://www.96hours.de

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