ASTRID LINDGREN - Ihr Leben und ihre Werke, Teil 1

Astrid LindgrenASTRID LINDGREN
(1907-2002)
LEBEN UND WERKE – Teil 1
"Es ist überhaupt nicht nötig, eigene Kinder zu haben, um Kinderbücher schreiben zu können. Man muss nur einfach selbst Kind gewesen sein - und sich daran erinnern, wie das war." (1)
Astrid Lindgren wurde am 14. November 1907 als Astrid Anna Emilia Ericsson auf Näs bei Vimmerby in Schweden geboren.

„Im November 1907 erblickte ich in einem alten, roten Haus, das von Apfelbäumen umgeben war, das Licht der Welt. Ich wurde als zweites Kind des Landwirts Samuel August Ericsson und seiner Frau Hanna, geb. Jonsson, geboren.
Der Hof, auf dem wir lebten, hieß Näs, und er liegt ganz in der Nähe einer kleinen Stadt in Småland namens Vimmerby. Näs ist seit 1411 Pfarrhof. Mein Vater war allerdings kein Pfarrer, sondern nur Pfarrhofpächter auf Näs - wie sein Vater vor ihm und sein Sohn nach ihm.
Und in  dem roten Haus wurden noch zwei weitere Kinder geboren. Wir waren also vier Geschwister: Gunnar, Astrid, Stina und Ingegerd. Wir lebten ein glückliches Bullerbü-Leben auf Näs - im Grunde genau wie die Kinder in den Bullerbü-Büchern.
Wir gingen in Vimmerby zur Schule, die nur eine Viertelstunde entfernt war. Aber wie auch die Bullerbü-Kinder wurden wir irgendwann einmal erwachsen, und es wurde Zeit, in die Welt hinauszuziehen.“ (2)

Astrid Lindgren1914 wurde Astrid eingeschult und fiel dort durch ihre guten Aufsätze auf. Nach ihrem Schulabschluss im Jahre 1923 begann sie ein Jahr später ihr Volontariat bei "Wimmerby Tidingen", einer Zeitung in Vimmberby in Schweden. Dort lernte sie auch den Eigentümer und Chefredakteur der Zeitung kennen von dem sie schwanger wurde.

Astrid  lehnte es jedoch ab, den Vater ihres Kindes zu heiraten und war fest entschlossen für das Kind allein zu sorgen, was allerdings zu Problemen führte. Unterstützung fand sie bei der Anwältin Eva Andén, die sich für die Rechte junger Frauen einsetzte.

1926 begann Astrid eine Ausbildung als Sekretärin in Stockholm. Am 4. Dezember kam  ihr Sohn Lars (genannt Lasse) zur Welt. 1927 trat sie  in der schwedischen Buchhandelszentrale in Stockholm ihre erste Stellung an. 1928 wurde sie Sekretärin im „Königlichen Automobil-Club“, wo sie den Bürovorsteher Sture Lindgren kennenlernte. 1931 heirateten Astrid und Sture. Am 21. Mai 1934 wurde ihre gemeinsame Tochter Karin geboren

„Ich ging nach Stockholm und machte eine Ausbildung als Sekretärin. Ich bekam dort eine Anstellung, heiratete und bekam zwei Kinder - Lars und Karin. Die beiden wollten immer, dass ich ihnen Geschichten erzähle.“ (3)

Etwa ab Anfang der 1940er Jahre begann Astrid Lindgrin die ersten Zeilen zu „PIPPI LANGSTRUMPF“, ihrem ersten Buch, aufzuschreiben, das sie 1944 schließlich beendete, weil sie das fertige Werk ihrer Tochter zum zehnten Geburtstag (21. Mai 1944) schenken wollte.

„1941 lag meine 7-jährige Tochter Karin mit einer Lungenentzündung im Bett. Jeden Abend, wenn ich an ihrem Bett saß, quengelte sie auf typisch kindliche Art: "Erzähl' mir was!" Und als ich sie eines Abends ziemlich erschöpft fragte: "Was soll ich dir denn erzählen?", da antwortete sie: "Erzähl' mir was von Pippi Langstrumpf!" Sie hatte den Namen gerade in dem Augenblick erfunden. Ich fragte sie nicht, wer Pippi Langstrumpf war, sondern fing einfach an zu erzählen. Und da dies ein so komischer Name war, bekam auch das Mädchen eigenartige Züge. Karin und später auch ihre Spielkameraden zeigten von Anfang an eine bemerkenswerte Zuneigung für Pippi. Ich musste immer und immer wieder von Ihr erzählen. Und das ging mehrere Jahre so weiter.
Eines Tages im März 1944 schneite es in Stockholm. Als ich am Abend am Vasapark entlang ging, lag auf dem Bürgersteig Neuschnee, darunter jedoch eine glatte Eisschicht. Ich rutschte aus und verstauchte mir den Fuß so stark, dass ich eine Zeit lang das Bett hüten musste. Um mir die Zeit zu vertreiben, fing ich an, die Pippi-Geschichten in Steno aufzuscheiben. Seit meiner Bürozeit bin ich gut im Stenografieren, und noch heute schreibe ich meine Bücher zunächst als Stenogramm.
Im Mai 1944 wurde Karin 10 Jahre alt. Da kam mir die Idee, die Pippi-Erzählung ins Reine zu schreiben und ihr das Manuskript zum Geburtstag zu schenken. Und dann beschloss ich, eine Kopie an einen Verlag zu schicken.“ 
(4)

Das Buch „PIPPI LANGSTRUMPF“ bot sie diversen Verlagen an, die es jedoch alle ablehnten.

„Dann habe ich es zuerst beim Bonnier-Verlag eingereicht. Es macht wirklich Spaß, zu schreiben. Und Rabén und Sjögren hatten diese Schreibwettbewerbe. Da habe ich mit Britt-Mari den zweiten Preis gewonnen. Und bevor sie den Brief aufmachten, hatten sie keine Ahnung, wer das geschrieben hatte. Schließlich bekam ich das Manuskript vom Bonnier-Verlag zurück, sie wollten es nicht. Dann habe ich es bei Rabén und Sjögren versucht.“ (5)

1944 gewann Lindgren mit „BRITT-MARI ERLEICHTERT IHR HERZ“ in einem Schreibwettbewerb des Stockholmer Verlags Rabén & Sjögren den zweiten Platz in der Kategorie „Märchenbücher“ und gab mit der Veröffentlichung des Buches 1944 ihr Debüt als Kinderbuchautorin.

„Genau wie ich es mir gedacht hatte, bekam ich das Manuskript zurück. Doch während ich darauf wartete, schrieb ich ein weiteres Buch. Denn jetzt hatte ich festgestellt, wie viel Spaß das Schreiben macht. Es war ein Mädchenbuch mit dem Titel "Britt-Mari lättar sitt hjärta" ("Britt-Mari erleichtert ihr Herz").
Dieses Buch schickte ich an den Verlag Rabén & Sjögren, der 1944 einen Mädchenbuchwettbewerb ausgeschrieben hatte. Und dann geschah etwas Denkwürdiges. Ich erhielt den zweiten Preis in dem Wettbewerb. Nie war ich wohl glücklicher als an diesem späten Herbstabend 1944, als ich die freudige Nachricht erhielt.
Im folgenden Jahr, 1945, veranstaltete derselbe Verlag einen Wettbewerb zum Thema Kinderbücher. Ich schickte das Pippi-Manuskript in etwas umgearbeiteter Form ein ... und gewann den ersten Preis!“ 
(6)

Pippi LangstrumpfEin Jahr später reichte Lindgren ihr Erstlingswerk „PIPPI LANGSTRUMPF“ für einen weiteren Schreibwettbewerb des Verlages „Rabén & Sjögren“ ein und gewann den ersten Preis in der Kategorie „Kinderbücher“, so dass das Buch 1945 aufgrund des Erfolges nun doch in einem Verlag veröffentlicht wurde.

„Da war der Stein ins Rollen gekommen. Pippi wurde ein Erfolg, obwohl es natürlich auch Leute gab, die das Buch schockierend fanden und glaubten, dass sich in Zukunft alle Kinder so aufführen würden wie Pippi.“ (7)

Pippi ist ein starkes, fröhliches und unabhängiges Mädchen, das statt mit Mutter und Vater mit dem Pferd "Kleiner Onkel" und dem Äffchen "Herr Nilsson" in der Villa Kunterbunt lebt.
Und seit Pippi Langstrumpf im Nachbarhaus wohnt, gibt es für Thomas und Annika keine Langeweile mehr. Pippi ist das stärkste Mädchen der Welt, sie hat ein Pferd und einen Affen und den Kopf voller verrückter Ideen!

Nachdem Lindgren den Hamburger Verleger Friedrich Oetinger in Stockholm kennengelernt hatte, erschien 1949 die deutsche Erstausgabe von „Pippi Langstrumpf“ im Oetinger Verlag.

1946 erschien mit „PIPI LANGSTRUMPF GEHT AN BORD“ das zweite Pippi-Buch, das 1950 zum ersten Mal in Deutschland, und das ebenfalls , wie alle weiteren Werke von Lindgren,  im Oetinger Verlag erschien.

Seit Thomas und Annika Pippi kennen, ist für sie jeder Tag voller Überraschungen. Wenn Pippi in die Schule oder auf den Jahrmarkt geht, dann stellt sie alles auf den Kopf.
Und niemand erzählt so tolle Geschichten wie sie - vor allem von früher, als Pippi mit ihrem Vater, dem Kapitän Efraim Langstrumpf, über die Weltmeere segelte …

Die Serie mit PIPPI LANGSTRUMPF wurde mit den Büchern „KENNST DU PIPPI LANGSTRUMPF“ (1947), „PIPPI IN TAKA-TUKA-LAND“ (1948), „PIPPI ZIEHT AUS“ (1969), „PIPPI AUSSER RAND UND BAND“ (1971) oder „PIPPI PLÜNDERT DEN WEICHNACHTSBAUM“ fortgesetzt.

Kalle Blomquist1946 gewann Astrid Lindgren den ersten Preis im Wettbewerb des Verlages Raben & Sjögren für ihr Buch „MEISTERDETEKTIV BLOMQUIST" in der Kategorie Jugendkrimis, das 1946 zum ersten Mal in Buchform erschien.

Warum hat Kalle Blomquist, der Meisterdetektiv, nur nicht das Glück gehabt, in London oder Chicago zur Welt zu kommen, wo Verbrechen an der Tagesordnung sind? Stattdessen lebt der Junge  in dem langweiligen Ort Kleinköping in Schweden, wo nichts zu passieren scheint. Doch dann findet Kalle Blomquist in einer alten Schlossruine eine auffällig schimmernde Perle und kurz darauf hört er von einem großen Juwelendiebstahl …

Weitere Abenteuer mit dem junge Detektiv KALLE BLOMQUIST folgten mit den Büchern „KALLE BLOMQUIST LEBT GEFÄHRLICH“ (1951) sowie „KALLE BLOMQUIST, EVE-LOTTA UND RASMUS“ (1953).

„1946 veranstaltete Rabén & Sjögren einen neuen Wettbewerb. Diesmal ging es um Detektivgeschichten für Jugendliche. Da schrieb ich "Kalle Blomkvist" und bekam dafür einen geteilten ersten Preis. Das war das letzte Mal, dass ich an einem Wettbewerb teilnahm. Doch geschrieben habe ich weiter.“ (8)

Wir Kinder von BullerbüEin Jahr später folgte mit „WIR KINDER VON BULLERBܓ, das erste Buch aus Lindgrens BULLERBÜ-Serie, das zum ersten Mal 1954 in Deutschland veröffentlicht wurde. Die Buch-Serie wurden mit „IMMER LUSTIG IN BULLERBܓ (1952), „WEIHNACHTEN IN BULLERBܓ (1962), „LUSTIGES BULLERBܓ (1965) sowie „KINDERTAG IN BULLERBܓ fortgesetzt. 

Nirgendwo ist es so schön wie in Bullerbü! Es gibt in dem kleinen Dorf nur drei Höfe, und Lisa, Bosse, Lasse, Inga, Britta und Ole spielen von früh bis spät.
Am allerschönsten findet Lisa aber ihren Geburtstag und Weihnachten - und weil sie im Sommer Geburtstag hat und Weihnachten im Winter gefeiert wird, ist immer etwas los in Bullerbü!

„Haargenau weiß ich selbst nur, wie es ist - oder besser gesagt, wie es war - ein Bauernkind in Småland und ein Kind in einer Kleinstadt zu sein. Daher spielen die meisten meiner Bücher in diesen Umgebungen. Die Kinder von Bullerbü, Michel von Lönneberga, Rasmus und die Sunnanäng-Kinder wohnen auf dem Lande.“ (9)

1950 folgte mit dem Buch „KATI IN AMERIKA“ eine neue Heldin von Astrid Lindgren, in der sich die Kinderbuchautorin mit den Rassenproblemen in den USA beschäftigt.

Eigentlich war Katis Freund Jan an allem schuld. Wenn der sich nicht als großer Amerikakenner aufgespielt hätte, nur weil er gerade mal vierzehn Tage in den Staaten war, wäre Kati wohl kaum auf die Idee gekommen, selbst hinzufahren und sich die Sache anzusehen.

Bei der Protagonistin Kati handelt es sich für die damalige Zeit um eine ziemlich eigenständige Persönlichkeit, die sich über Konventionen und Vorschriften einfach hinwegsetzt, was vermutlich auch den Erfolg des Buches ausmachte, denn KATI erlebte in „KATI IN ITALIEN“ (1952) sowie „KATI IN PARIS“ (1954) weitere Abenteuer rund um die Welt.

1952 starb Lindgrens Mann Sture. Zwei Jahre später erschien ihr Fantasy-Roman „MIO, MEIN MIO“.

Der Waisenjunge Bo Vilhelm Olsson, der bei Pflegeeltern in liebloser Umgebung aufwächst und sich nach Verständnis und Geborgenheit sehnt, findet auf geheimnisvolle Weise das „Land der Ferne“, in dem sein Vater, den er noch nie gesehen hat, König ist und er selbst als Prinz Mio ein vom Kampf gegen das Böse erfülltes Leben führt.

Karlsson vom Dach1955 wurde mit „KARLSSON VOM DACH“, der erste KARLSSON-Roman veröffentlicht.

Keiner ist so wie Karlsson: Er wohnt auf dem Dach und hat einen kleinen Motor auf dem Rücken, mit dem er durch die Luft fliegen kann. Er ist wild auf Bonbons und Fleischklößchen und unglaublich eingebildet.
Und er ist der beste Freund von Lillebror. Seit Karlsson regelmäßig an das Kinderzimmerfenster klopft und ihn besucht, gibt es für Lillebror keine Langeweile mehr!

Die KARLSSON-Abenteuer wurden in den 1960er Jahren mit beiden Bücher „KARLSSON FLIEGT WIEDER“ (1962) sowie „DER BESTE KARLSSON DER WELT“ (1968) fortgesetzt.

1956 folgte mit „RASMUS UND DER LANDSTREICHER“ das erste Abenteuer mit dem Waisenjunge RASMUS, das ein Jahr später mit „RASMUS, PONTUS UND DER SCHWERTSCHLUCKER“ (1956) fortgesetzt wurde

Wenn man ein Waisenkind ist und dazu noch ein Junge mit glattem Haar, den keiner haben will, kann man ebenso gut tot sein, denkt Rasmus. Aber dann hat er eine Idee: Er könnte aus dem Waisenhaus fortlaufen. Es ist doch nicht ausgeschlossen, dass es irgendwo auf der Welt jemanden gibt, der einen Jungen mit glattem Haar haben will. Und eines Nachts setzt Rasmus seine Idee in die Tat um ...

Für „„RASMUS UND DER LANDSTREICHER“ erhält Astrid Lindgren 1958 die „HANS-CHRISTIAN-ANDERSEN-MEDAILLE“.

Ebenfalls im Jahre  1956 erscheinen die Abenteuer von NILS KARLSSON-DÄUMLING im gleichnamigen Buch.

Nils Karlsson-Däumling ist nur so groß wie ein Daumen und wohnt in einem Mauseloch unter Bertils Bett. Eines Tages besucht er Bertil und damit beginnt ein aufregendes Abenteuer! Nils Karlsson verrät ihm das Zauberwort, mit dem er genauso klein werden kann wie er.
Jetzt kann Bertil ihn in seiner Wohnung besuchen, und teilt sich ihm einen Brotkrumen, der so groß wie die allergrößte Brotscheibe wirkt. Und eines Tages versteckt Bertil den kleinen Nils sogar unter seinem Pullover, als er mit seinen Eltern am Mittagstisch sitzt. Wie schön, wenn man so einen guten Freund hat!

MaditaNach „POLLYS ABENTEUER“ (1957) sowie „POLLY HILFT DER GROSSMUTTER“ (1958) erschien 1960 Lindgrens Buch „MADITA“

Madita heißt eigentlich Margareta, aber als sie noch klein war, nannte sie sich selbst Madita. Jetzt ist sie fast sieben und heißt immer noch so. Nur wenn sie etwas angestellt hat, wird sie Margareta genannt.
Und sie wird ziemlich oft so genannt, denn auf Birkenlund kann man jeden Tag neue Abenteuer erleben und dabei eine ganze Menge anstellen …

Jahre später führte Astrid Lindgren die MADITA-Abenteuer in den Büchern „MADITA UND PIMS“ (1976), „GUCK MAL, MADITA, ES SCHNEIT“ (1983), „ALS LISABET SICH EINE ERBSE IN DIE NASE STECKTE“ (1991) sowie „WIE GUT, DASS ES WEIHNACHTEN GIBT, SAG MADITA“ (1993) fort.

(1) Astrid Lindgren
(2) Astrid Lindgren
(3) Astrid Lindgren
(4) Astrid Lindgren
(5) Astrid Lindgren
(6) Astrid Lindgren
(7) Astrid Lindgren
(8) Astrid Lindgren
(9) Astrid Lindgren

© by Ingo Löchel

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