»Der Working-Class-Cockney« - Michael Caine
»Der Working-Class-Cockney«
Michael Caine
Danach hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
1952 ging Michael Caine zur britischen Armee, wo er zunächst in Iserlohn stationiert war. Später nahm er aktiv am Korea Krieg teil, aus dem er 1954 zurückkehrte. Danach arbeitete er in einer Fabrik, ließ aber sein Ziel nicht aus den Augen, Schauspieler zu werden.
Bedingt durch eine Zeitschriftenannonce begann Caine schließlich als Mädchen für alles in einem Repertoiretheater zu arbeiten.
"Nachdem ich als Soldat aus Korea zurückgekommen war, arbeitete ich in einer Fabrik, wo ich einem älteren Mann meinen Traum anvertraute. Er riet mir, eine Zeitschrift mit Annoncen für Theaterjobs zu kaufen.
So fing ich als Mädchen für alles im Repertoiretheater an und spielte auf Provinztourneen vor schwerhörigen Omis." (1)
1954 gab Michael Caine in dem Stück "WUTHERING HEIGHTS" sein Bühnendebüt. Es folgten Rollen an verschiedenen Bühnen. So u.a. als Bryan Avery in "THE FEMININE TOUCH", als Philip Ryder in "THE 10.5 NEVER STOPS", als Peter in "MISS MABEL", als Valentine Christie in "THIS WAS A WOMAN", als Richard Baine in "MERELEY MURDER", als Ronnie in "THE MANIAC" und als Eddie Regan in "JOHN MARLOW'S PROFESSION".
Am 3. April 1955 heiratete er Patricia Haines, mit der er einen Sohn zusammen hat. Das Paar ließ sich aber 1958 wieder scheiden.
Mitte der 1950er Jahre änderte Maurice Micklewhite seinen Künstlernamen von Michael White in Michael Caine um, und gab 1956 in "THE LARK", einer Folge der TV-Serie "BBC SUNDAY-NIGHT THEATRE", sein Fernsehdebüt.
"Michael White war ein Anagramm meines Nachnamens. Meine Agentin teilte mir mit, dass ich einen Job im Fernsehen bekomme und in die britische Equity, die Schauspielergewerkschaft, gehen müsse.
Und dass ich mich nicht mehr Michael White nennen könne, da es in der Gewerkschaft bereits einen Michael White gebe. Sie meinte: „Nenn mir einen anderen Namen, sofort, denn ich muss die Produzenten zurückrufen.“
Ich konnte von der Telefonzelle aus das Odeon-Leicester-Square-Kino sehen - und da stand groß: „Humphrey Bogart in ,The Caine Mutiny’“. Ich dachte mir: Das ist es! Und sagte: „Caine.“ So wurde ich Michael Caine. Das sind meine bescheidenen Verbindungen zu meinem großen Idol Bogart." (2)
Nach "THE LARK" (1956) folgten Gastauftritte in TV-Serien wie "THE ADVENTURES OF SIR LANCELOT" (1956), "ESCAPE" (1958), "THE VISE" (1959), "WILLIAM TELL" (1959), "DEADLINE MIDNIGHT" (1960), "THE YOUNGER GENERATION" (1961), "EDGAR WALLACE" (1962) und "FIRST NIGHT" (1963).
1956 gab Michale Caine in "SAILOR BEWARE" auch sein Film-Debüt. Danach sah man ihn in Filmen wie "AN VORDERSTER FRONT" (1956), "STAHLBAJONETT" (1957), "DER BLINDE RÄCHER" (1958), "DER SPION MIT DEM 2 GESICHTERN" (1958), "VERRAT IM CAMP 127" (1959), "DIE RAKETE ZUR FLOTTEN PUPPE" (1960) und "DER TAG, AN DEM DIE ERDE FEUER FING" (1961).
1962 erhielt er in "BRILLANTEN DES TODES: SOLO FÜR INSPEKTOR SPARROW" seine erste größere Rolle.
Zwei Jahre später gelang Michael Caine mit der Rolle des britischen Offiziers in dem Film "ZULU" der Durchbruch als Schauspieler.
"Die Rolle, die mich wirklich ins Filmgeschäft brachte, war 1964 jene in „Zulu“. Darin spielte ich einen sehr feinen englischen Offizier.
Das ist eigentlich ein gutes Beispiel für das Klassensystem in England: Am Theater sprach jeder diesen hochgestochenen Posh-Akzent - ich aber im Cockney-Akzent der Arbeiterklasse. So würde ich nie Schauspieler, hieß es.
Ich kam also zum Vorsprechen, um mich als Cockney-Working-Class-Korporal vorzustellen, als einfacher Soldat. Ich hatte damals kein Telefon, und so konnten sie mich vorher nicht anrufen, um mir abzusagen. Denn als ich dort ankam, war meine Rolle schon gecastet.
Daraufhin sagte der Regisseur zu mir: „Können Sie jemanden mit feinem Posh-Akzent spielen, einen Offizier?“ Ich antwortete: „Ich spiele Ihnen jeden Akzent, den Sie wollen.“
So gab er mir die Rolle des Offiziers. Allerdings war der Regisseur Cy Endfield ein Amerikaner. Und ich glaube nicht, dass ein britischer Regisseur mir diese Rolle gegeben hätte. Das war der Beginn meiner Filmkarriere." (3)
Danach gelang Michael Caine mit der Rolle des HARRY PALMER in dem Thriller "ICPRESS - STRENG GEHEIM" (1965) ein weiterer Hit an den Kinokassen.
Zudem machte Caine mit der Rolle des Brille tragenden britischen Geheimagenten die Hornbrille wieder salonfähig.
"Ich wusste lange nicht, dass ich kurzsichtig bin. In dem Milieu, aus dem ich herkomme, wird nicht allzu viel Wert auf medizinische Untersuchungen gelegt.
Erst mit 18 Jahren, bei meiner Musterung für den Militärdienst, habe ich erfahren, dass ich eine Brille brauchte. Mein erstes Paar bekam ich von der Armee, ein billiges Metallteil.
Die Hornbrille habe ich mir dann später selbst ausgesucht. Und sie wurde berühmt, weil ich einen Film damit drehte, der in England ein großer Erfolg war. Ein Spionagethriller, „The Ipcress File“. Ich war die erste männliche Hauptrolle seit dem amerikanischen Komiker Harold Lloyd, der Brille trug." (4)
Aufgrund des Erfolges von "ICPRESS - STRENG GEHEIM" folgten mit "FINALE IN BERLIN" (1966) und "DAS MILLIARDEN DOLLAR GEHIRN" (1967) zwei Fortsetzungen, indem Caine erneut als Harry Palmer zu sehen war.
In den 1990er Jahren kehrte Michael Caine in den beiden Fernsehfilmen "PEKING ESPRESS" (1995) und "THE PALMER FILES: HERREN DER APOKALYPSE" als Harry Palmer auf den Fernsehbildschirm zurück.
Ein weiterer Film, der Michael Caines Karriere weiter beflügelte und ihn international bekannt machte, war der Kinohit "DER VERFÜHRER LÄSST SCHÖN GRÜSSEN".
Für die Rolle des ALFIE wurde Caine 1967 für den Oscar in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller" nominiert.
"Mehrere Schauspieler hatten sie vorher abgelehnt. Ich verbrachte etliche Stunden damit, Terence Stamp zu überzeugen anzunehmen. Er hatte aber „Alfie“ am Broadway gespielt und wollte es nicht noch mal machen.
Ich sagte ihm, dass es ein wunderbarer Part sei, weil ich die Rolle auch einmal geprobt hatte, fürs Theater. Am Ende waren die Produzenten so verzweifelt, dass sie mich für den Film besetzen mussten. Für „Alfie“ erhielt ich meine erste Oscar-Nominierung. Der Film war ein Riesenerfolg." (5)
Danach konnte Michael Caine seine Karriere als Schauspieler mit Filmen wie "MORGEN IST EIN NEUER TAG" (1967), "TODESFALLE" (1968), "CHARLIE STAUBT MILLIONEN AB" (1969), "GET CARTER" (1971), "MALTA SEHEN UND STERBEN" (1972) sowie mit seiner Rolle in dem Thriller "MORD MIT KLEINEN FEHLERN" (1972) weiter ausbauen, für die er 1973 mit dem Oscar in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller" nominiert wurde.
Anfang der 1970er Jahre bot ihn der Regisseur Alfred Hitchcock die Rolle des Frauenmörders Robert Rusk in dem Thriller "FRENZY" an. Doch Michael Caine lehnte ab, ihm diese Rolle überhaupt nicht zusagte. Danach sprach Alfred Hitchcock kein Wort mehr mit ihm.
"Hitchcock wollte, dass ich einen sadistischen Frauenmörder spiele. Aber ich verabscheute die Rolle dieses Frauenkillers.
Er brachte seine Opfer ja nicht nur um, sondern vergewaltigte sie. Nein, das konnte ich nicht spielen. Ich habe nicht viele Filme in meinem Leben abgelehnt, aber dieser Part war so schrecklich.
Hitchcock war stocksauer. Er war schrecklich gekränkt, dass es jemand ablehnte, mit ihm zu arbeiten. Ich war mit ihm befreundet. Aber danach sprach er nie wieder mit mir." (6)
Am 8. Januar 1973 heirate Michael Cain die damalige "Miss Guyana" Shakira Baksh, mit der er bis heute zusammenlebt. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter.
"Ich war ein ungestümer, wilder Typ, immer auf Achse. Ich habe unglaublich viel geraucht und auch ganz ordentlich getrunken.
Das spielte alles keine große Rolle mehr, als Shakira in mein Leben trat. Wobei ich mein Überleben vermutlich jemand anderem zu verdanken habe, nämlich meinem Kollegen Tony Curtis.
Damals rauchte ich Kette, sicherlich 40 Stück am Tag, und immer wieder zündete ich mir mit der noch brennenden Zigarette schon die nächste an.
Plötzlich merkte ich, wie von hinten jemand an mich herantrat, in meine Sakkotasche griff und meine Zigaretten ins Kaminfeuer warf. Das war Tony.
„Wenn Du damit weitermachst, bringt dich das um“, sagte er. Und vermutlich hatte er Recht. Zumindest glaube ich nicht, dass ich ohne ihn heute noch hier wäre." (7)
Auch in den 1970er und 1980er Jahren war Michael Caine in den unterschiedlichsten Rollen und Filmgenres zu sehen.
So u. a. in den Thrillern "DIE SCHWARZE WINDMÜHLE" (1974), "DIE WILBY-VERSCHWÖRUNG" (1975), "DRESSED TO KILL" (1980), "AGENTEN STERBEN ZWEIMAL" (1983) und "DAS VIERTE PROTOKOLL" (1987), in Abenteuerfilmen wie "DER MANN, DER KÖNIG SEIN WOLLTE (1975), "ASHANTI" (1979) und "JAGD AUF DIE POSEIDON", in Horrorfilmen wie DER TÖDLICHE SCHWARM" (1978) "FREIBEUTER DES TODES" (1980) und "DIE HAND" (1981) oder in Komödien wie "UND MORGEN WIRD EIN DING GEDREHT" (1976) "RITA WILL ES ENDLICH WISSEN" (1983) und "WASSER - DER FILM" (1985).
Für seine Rolle in "RITA WILL ES ENDLICH WISSEN" wurde Michael Caine 1984 zum dritten Mal für einen Oscar in der Kategorie" Bester Hauptdarsteller" nominiert. Er ging aber bei der Verleihung der Preise erneut leer aus.
"Von den Filmen, die ich besonders mag, ist das mein liebster. Es ging darum, einen Universitätsprofessor darzustellen.
Und ich war ja immer noch der Working-Class-Cockney aus dem ärmlichen Londoner Süden. Die Rolle lag mir also so fern, wie es überhaupt nur geht - und trotzdem war ich überzeugend darin. " (8)
Drei Jahre später war es dann aber endlich für den britischen Schauspieler so weit. 1987 erhielt Michael Caine den verdienten Oscar für seine Rolle in "HANNAH UND IHRE SCHWESTER" in der Kategorie "Bester Nebendarsteller".
Nach Rollen in Filmen wie "GENIE UND SCHNAUZE" (1988), "MORD IM SYSTEM" (1990), "BLUE ICE" (1992), "DIE MUPPETS WEIHNACHTSGESCHICHTE" (1992), "AUF BRENNENDEM EIS" (1994), "BLOOD & WINE- EIN TÖDLICHER COCKTAIL" (1996), "MANDELA UND DE KLERK" (1997) und "UNTERMIETER AUS DEM JENSEITS" (1998), erhielt Michael Caine im Jahr 2000 für seine Rolle in "GOTTES WERK & TEUFELS BEITRAG" (1999) seinen zweiten Oscar in der Kategorie "Bester Nebendarsteller".
Drei Jahre später wurde er für seine Rolle in "DER STILLE AMERIKANER" für einen Oscar in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" nominiert.
Auch in den 2000er Jahren war Michael Caine im Filmgeschäft sehr aktiv. So sah man ihn u.a. als ALFRED in den drei BATMAN-Filmen "BATMAN BEGINS" (2005), "THE DARK KNIGHT" (2008) und "THE DARK KNIGHT RISES" (2012), als ARTHUR TESSLER in "DIE UNFASSBAREN" (2013) und "DIE UNFASSBAREN 2" (2016) sowie u. a. in den Filmen "MR. MORGAN'S LAST LOVE" (2013), "INTERSTELLAR" (2014),"KINGSMAN: THE SECRET SERVICE" (2014) "THE LAST WITCHHUNTER" und "EWIGE JUGEND" (2015).
Nachdem Michael Caine die beiden Filme "ABGANG MIT STIL" und "COUP D'ETAT" abgedreht hat, steht der Schauspieler derzeit für "FOUR KID AND IT" vor der Kamera.
2010 erschien mit "THE ELEPHANT TO HOLLYWOOD" der zweite Teil von Michael Caines Autobiographie.
Filmographie
(1) Michael Caine
(2) Michael Caine
(3) Michael Caine
(4) Michael Caine
(5) Michael Caine
(6) Michael Caine
(7) Michael Caine
(8) Michael Caine
© by Ingo Löchel
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