Ein Fluch hält bösartige Ernte - Richard Laymons DER WALD

Richard Laymons DER WALD

Ein weiterer Grund dürfte für Scott darin liegen, endlich mal wieder mit seinem alten Kumpel und Kriegskameraden aus der Vietnam-Zeit, Arnold, auch kurz Flash genannt, und dessen Frau Alice Gordon etwas gemeinsam zu unternehmen. Es könnte jedoch ein Problem sein, dass Alice mit Scotts erster Frau sehr gut ausgekommen ist, und wie sie nun auf Karen reagiert, steht etwas in den Sternen. Und dann sind ja noch deren Kinder bei diesem Familienabenteuer dabei. Eigentlich passen Benny und die Zwillinge Heather und Rose Gordon schon altersmäßig zusammen, nur ob sie sich auch verstehen, ist eine andere Frage. Und Nick Gordon würde mit seinen 17 Jahren perfekt zu Julie passen, die gerade selber etwas Liebeskummer zu verkraften hatte. Ob Julie dies aber genauso sieht?
Genau neben der Laterne blieb er stehen und starrte uns mit diesen leeren Augen an. Dann öffnete er den Mund. Er wollte etwas sagen, und ungefähr ein halber Eimer Wasser sprudelte aus seinem Mund, als würde er sich erbrechen. Nachdem kein Wasser mehr kam, sagte er mit erstickter, gurgelnder Stimme: "Mein Arm, ich will meinen Arm."Zumindest Arnold "Flash" Gordon könnte sich Julie als neue Freundin für seinen Sohn Nick gut vorstellen und er glaubt nicht wirklich, dass Scott etwas Gewichtiges dagegen haben könnte. Und damit hat Richard Laymon auch schon die wichtigsten Personen seiner Handlung lesegerecht aufgestellt, denn sie werden einen beachtlichen Raum in diesem Buch einnehmen - sie, und ihre kleinen und großen Probleme miteinander. Der Leser erhält im Laufe des Romans einige tiefere Einblicke in die Protagonisten von Laymon, was den Roman nun nicht zu einer bluttriefenden Horror-Story, aber durch Richard Laymons einfache wie geniale Schreibweise durchaus interessant macht. DER WALD ist nicht das blutigste Buch von Laymon und bestimmt nicht sein härtestes Werk. Dafür führt es den Leser durch eine Menge ruhiges Fahrwasser zwischenmenschlicher Verknüpfungen. Aber halt, am Anfang war doch noch was und das roch geradezu nach Blut, Qual, Mord - und damit nach einer Menge Ärger!
(Richard Laymon: Der Wald / Seite 192)
Denn in dem Wald, oder sagen wir, im Umfeld des Mesquites Lake, befinden sich noch Ettie und ihr Sohn Merle. Für beide ist der Wald um den See herum eine Zuflucht, die Ettie nur zu gerne wieder verlassen würde. Doch Merle war schon damals in der Stadt eine tickende Zeitbombe, weshalb sie jetzt an diesem Ort verweilen müssen. Hier in der Einsamkeit und unter dem Schutz einiger Zaubersprüche fühlt man sich sicher vor dem langen Arm des Gesetzes. Doch wehe, es verlaufen sich junge hübsche Frauen in diesen Teil des Waldes, dann muss Ettie ein besonders wachsames Auge auf ihren Sohn Merle haben, denn es käme ihr nicht sehr gelegen, wenn die Ranger hier nach vermissten Frauen suchen würden und dabei unweigerlich auch auf sie beide stoßen könnten.
Es gelingt Ettie nicht wirklich, Merle stets von seinen blutigen Taten abzuhalten. Zwar gelingt es ihr noch gerade bei drei jungen Frauen, die sie dann auch aus dem Gebiet um den Mesquites Lake verjagen kann. Doch schon nähern sich die nächsten potenziellen Opfer in Gestalt der Familien O'Toole samt Karen und den Gordons.
Der Mann grinste sie über Nicks Kopf hinweg an. Er stand hinter dem Sofa, beugte sich über die Lehne und drückte mit einem dicken Arm Nicks Kehle zu. Nicks Gesicht war dunkelrot angelaufen. Er trat um sich und versuchte, sich zu befreien. "Nein!", schrie Julie.
(Richard Laymon: Der Wald / Seite 353)

DER WALD ist wahrlich nicht so hart wie manch anderer Roman von Richard Laymon, den ich hier bereits im ZAUBERSPIEGEL vorgestellt habe, doch lassen Sie sich davon nicht täuschen. Auch dieser Roman hat es manchmal in sich, und es gelingt dem Autor vorzüglich, eben die selbst belanglosen Momente innerhalb der Familien so zu schildern, dass nie wirklich Langeweile aufkommt. Wer bei Laymon davon ausgeht, dass zumindest auf jeder zehnten Seite sich z. B. ein Messer in den Eingeweiden eines Opfers herumdrehen muss, der dürfte durchaus enttäuscht werden. Auf der anderen Seite wäre es aber auch gelogen, wenn man sagen würde, Laymon verzichte hier auf Elemente des Horrors oder der Gewaltdarstellungen. Denn Ettie ist eine Hexe und mit dem Bösen im Bunde, und wenn die scheinbaren Opfer auch den Wald verlassen können, in dem sie fast von Merle geschändet und ermordet worden wären, so ist dies nicht das Ende der Geschichte. Denn egal, wo sich die O'Tooles oder Gordons auch aufhalten mögen, Etties Fluch trifft sie kalt, bösartig und unvorbereitet. Und als es zu Unfällen, brutalen Übergriffen und letztendlich auch zu Todesfällen kommt, bleibt einigen der Familie keine andere Wahl, als an den Mesquites Lake zurückzukehren, um ihrerseits Ettie zu jagen. Es bleibt dabei nur die Frage, wer gerade der Jäger ist und wer das Opfer.

Gib acht auf deiner Reise.
Setz deine Schritte mit Bedacht.
Und hüt' dich vor der Hexe,
die in der dunklen Höhle wacht.
(Richard Laymon: Der Wald / Seite 6)

Kommentar schreiben
Probehalber öffnen wir wieder den Gästezugang für Kommentare. Wir werden sehen, wie lang es dauert. Da diese nicht automatisch publiziert werden, kann es eine Weile dauern, bis diese freigeschaltet werden
Please notice: If you are not a registered user, your comments have to de moderated. It may be last some time till it appears ...
- Bitte nehmt Rücksicht auf andere und kommentiert zum Thema und bleibt sachlich...
- Rassistische und diskriminierende Kommentare werden nicht zugelassen
- Kommentare werden begutachtet und dann - unverändert - frei geschaltet.
- Nur noch Administratoren [SuperUsern] ist es gestattet Kommentare zu editieren - bitte den Zusatz mit einem geeigneten Wort wie "Edit" kennzeichnen - oder zu löschen
- Wer Kommentare entfernt haben möchte, wende sich bitte via Kontaktformular oder Mail an den Administrator. Dann wird darüber entschieden.
Please notice: If you are not a registered user, your comments have to de moderated. It may be last some time till it appears ...
- Bitte nehmt Rücksicht auf andere und kommentiert zum Thema und bleibt sachlich...
- Rassistische und diskriminierende Kommentare werden nicht zugelassen
- Kommentare werden begutachtet und dann - unverändert - frei geschaltet.
- Nur noch Administratoren [SuperUsern] ist es gestattet Kommentare zu editieren - bitte den Zusatz mit einem geeigneten Wort wie "Edit" kennzeichnen - oder zu löschen
- Wer Kommentare entfernt haben möchte, wende sich bitte via Kontaktformular oder Mail an den Administrator. Dann wird darüber entschieden.
Kommentare
Danke für den Tipp, Konrad, diesmal schreib ich mir das mal auf - da ich nämlich den Titel deiner letzten Buchempfehlung schon wieder vergessen habe! Man(n) wird alt...
Übrigends, die anderen Buchbesprechungen sind ja alle noch nachlesbar, man muß nur suchen.
Fast könnte man blindlings zugreifen beim Endlich-eine-Übersetzung-Bringen.
Aber es bessert sich ...
Das hier unterhalb etwa war schon lange, lange überfällig. (Ist im Original auch schon von 1986. Mussten deutsche Leser ja "bloß" 25 Jahre warten ...)
www.buchhandel.de/WebApi1/TitelSuche.asp?Func=Detail&Caller=vlbPublic&SearchId=151224870&HierSrcId=&SerieSrcId=&DirectSearchId=&CurrentPage=0&DetailIndex=0&SrcId=0-3865575&uid=&ShowUrl=&CanBeSubmitted=true&debug=&stichwort=&autor=anthony%2C+piers&preis_von=&preis_bis=&schlagwort=&jahr_von=&jahr_bis=&reihentitel=&medientyp=&verlag=&isbn=&titel=&sorting=1
Und der nächste Laymon-Artikel an dem ich gerade feile ist wohl noch älter (gemeint ist der Roman) und erst jetzt übersetzt auf dem deutscheen Markt (FESTA Verlag) erhältlich. Und das es hier der Originalroman ist, haben wir eigentlich Laymon's Tochter zu verdanken, die den Originaltext wieder zusammen gefügt hat, weil dieser damals vom Verlag (in den USA) sträflichst und zum Leidwesen von Richard Laymon - sagen wir mal - verstümmelt wurde.
So auf Anhieb habe ich die Titel oder Autorennamen jetzt nicht im Kopf, wenngleich ich viele der Geschichten und einzelne Schlüsselszenen aus den Romanen noch sehr bildlich in Erinnerung habe.
Das oben verlinkte "Shade of the Tree" war nun wahrhaft überfällig, weil es von jemandem ist, von dem praktisch alles sonstige irgendwann in Deutsch erschien, bloß das eine eben nicht. Wohl weil er der einen Hälfte der Leserschaft als SF-Autor, der anderen als Xanth-Autor ein Begriff ist, und Verlage offenbar nicht wussten, wie sie ein derartiges Werk von ihm bringen hätten sollen.
Ein Autor, der immer noch sträflich vernachlässigt ist in D ist T.M.Wright.
Mein Tip bei ihm wäre "The Place" für den Anfang mal, bei Erfolg weitere.
Auch einige der J. N. Williamson Bücher sind auffallend gut. Mein Tip für den Anfang wäre "Dead to the World" (1988 ) oder "Hell Storm" (1990).
Gegenwärtig wäre Brian Lumley's "House of Doors"(1990) nicht deutsch in Druck. Weiß nicht, ob das schon mal auf Deutsch kam. Glaube aber nicht. (Die bringen ja nur seine Serien).
Etwas literarisch "anspruchsvoller" wäre Kathe Koja. Die kann wirklich gut schreiben. Auf deutsch gab es von der bloß ihre ersten beiden Romane, nämlich "Cipher" und ihr "Bad Brains" bei Heyne (unter "Schwarzer Abgrund" und "Schwarzer Traum" oder so ähnlich...). Aber sonst nichts auf Deutsch meines Wissens nach.
Besonders ihr drittes (und sehr "urbanes") Buch "Skin"(1993) wäre empfehlenswert.
Dann vom umtriebigen J. M. Strazinsky "Demon Night"(1988 ).
Oder vom völlig unterschätzten Ray Garton, der leider viel zu oft Bücher-zu-(Horror)-Filmen geschrieben hat, odr auch Buffy-Zeug, der aber auch einige "eigene" Romane hervorgebacht hat, etwa "Crucifax Autumn" (1988 ) von seinem früheren Zeug, oder "The Loveliest Dead" (2005).
Und, und, und ...
Wirklich toll fände ich ja Horror-Anthologien.
Da würde ich gerne "Auswähler" spielen.
Anthos sind leider sehr schwierig.