Von Liebe, finsteren Nächten und dem Tod - Richard Laymon's "FINSTER"

Richard Laymon's "FINSTER"
»Auf dem Bürgersteig, vielleicht zehn Meter vor mir, schlenderte das geheimnisvolle Mädchen vorbei. Den Blick nach vorn gerichtet, eine Hand in der hinteren Tasche ihrer Jeans, die andere Hand locker an der Seite schwingend, mit wiegenden Hüften und auf und ab wippendem Pferdeschwanz. Sie sah aus, als gehörte die Nacht ihr allein.«(Zitat: Richard Laymon - FINSTER / Seite 116)

Hört sich also schon mal alles nach einer schön verwirrenden Liebesgeschichte an, die so manche Wendungen und bizarre Momente bereithält. Und Sex, den dürfen wir, wollen wir realistisch sein, nicht vergessen.

Zu letzterem zählen auch die "Trolle" unter den Brücken, mit denen Ed und Eileen beim Sex äußerst unliebsame Bekanntschaft machen. Und man sollte ihnen wirklich nicht zu nahe kommen, wenn man nicht als Futter enden möchte!
"Fahr zur Hölle", sagte ich. Das brachte Eileen einen Pfeil ein. Er blieb in ihrer rechten Seite knapp unter der Achsel stecken. Sie schrie auf und zuckte. "Nein", rief ich.
(Zitat: Richard Laymon - FINSTER / Seite 519)

Anhand simpler Anfänge um eine verlorene Liebe gelingt es Richard Laymon einmal mehr, einen konstanten Spannungskreislauf zu entwickeln, der sich scheinbar unmerklich steigert bis zu einem Finale, bei dem dem Leser buchstäblich die Haare zu Berge stehen werden und ihn geradezu zwingen, den Roman nun nicht mehr aus der Hand zu legen. Man könnte die Handlung vergleichen mit einem ruhigen Fluss, der an manchen Stellen einige Untiefen aufweist, dann aber plötzlich zu einem reißenden Strom wird, der alles verschlingen könnte. Dabei nutzt Richard Laymon das Prinzip der Angst bei seinem Hauptcharakter. Angst und die Tatsache, dass Ed Logan eben nicht der strahlende Held ist und ebenso nicht mit einem Fingerschnippen mal eben dem Guten zum Recht verhilft. Gut, Richard Laymon bedient sich bekanntlich einfacher Charakterzeichnungen, was jedoch nicht mit Oberflächlichkeit zu verwechseln ist. Nur zu gut findet sich der Leser in die Charaktere des Roman ein, weil ihr Handeln nachvollziehbar ist und doch in ein Szenario mündet, was bizarrer nicht sein könnte. Hierbei steigert sich der Schrecken von Gewalt über Brutalität hin zu Sadismus und Kannibalismus, ohne an Glaubwürdigkeit einzubüßen.

Fazit: Für Leser, die mit Sex in einem Roman nur schwer leben können, dürfte dieser Roman (wie auch viele andere von Richard Laymon) wohl eine Zumutung sein, denn in dem Punkt gibt es einige solcher Szenen, die, wie ich finde, ihren berechtigten Platz haben. Wer jedoch erleben möchte, wie scheinbar ganz normale junge Leute in unsägliche und gefährliche Abgründe geraten können, ohne sie selbst wesentlich herauf zu beschwören, der dürfte von FINSTER gefesselt werden. Bei Richard Laymon tritt auch hier nicht der strahlende Held in der Handlung in Erscheinung, sondern eher ganz normale Figuren, die in diesen Nächten nur leider im falschen Moment am falschen Ort sind und nun den Teufelskreis nicht einfach mehr durchbrechen können. Sei es darum, weil sie keinen Einfluss mehr auf den weiteren Verlauf nehmen können, oder schlicht aus Angst um den jeweils anderen. Das ganze mündet in einem Finale, das einem schon kalt über den Rücken laufen könnte, denn auch hier zeichnet sich Laymon darin aus, nicht den einfachen, den normalen Weg zu beschreiten. Belohnt wird man daher mit einer Handlung, deren Spannung sich immer weiter anzieht, mit kleinen erschreckenden Höhepunkten, bis hin zu einem bizarren Finale, das alles bietet, was einen Alptraum ausmacht!
»Seit langem hatte ich beim Lesen nicht mehr so viel Angst. Das furchteinflößende und kompromisslose Werk eines einzigartigen Schriftstellers.«
(Zitat: Bentley Little / Klappentext des Romans FINSTER)
»Und Dämonen wie aus bösem Traum, durchschleichen die verlass'ne Nacht«
(Zitat: Richard Laymon - FINSTER / Seite 236)

Daten zum Roman: