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Rednecks, ein Serienkiller und der Satanismus - »Helltown«

HelltownRednecks, ein Serienkiller und der Satanismus
»Helltown«

Der Einstieg in den vorliegenden Horrorthriller des Autor Jeremy Bates beginnt durchaus recht vielversprechend auf zwei verschiedenen zeitlichen Ebenen. Da wäre zum einen die junge, bereits schwangere Darla Evans, die gerade das kürzlich erworbenem Heim betritt. Doch dann bricht für sie eine Welt zusammen, als sie ihren eigentlich geliebten Ehemann mit einer ganz anderen Frau im gemeinsamen Ehebett erwischt.

HelltownKurz entschlossen verlässt Darla das gemeinsame Heim für immer.

In der zweiten Ebene befindet sich eine junge Frau als Opfer auf dem Altar und ist hilflos einer Gruppe von Satanisten ausgeliefert, die mit ihr eine schwarze Messe zelebrieren, die in einem blutigen Finale gipfeln wird. Das es sich hierbei ebenso um Darla Evans handelt, die hier recht blutig ihr Leben verlieren wird, bekommt man vom Autor Jeremy Bates allerdings eher schleichend und so auch bewusst auf erschreckende Weise serviert. Denn der Plot mit den Satanisten ist hier bereits Gegenwart, während die Situation, in der Darla ihr Heim wegen der Untreue ihres Mannes verlässt, schon die nahe Vergangenheit beschreibt.

Sie fingen tatsächlich ein Kaninchen in einer Falle, banden eine Stange Dynamit darum, zündeten die Lunte an und ließen es frei. Neun von zehn Malen war es direkt unter die Erde gelaufen.

(HELLTOWN von Jeremy Bates/Seite 63)

Dann wechselt die Handlung, die in den späten 1980er Jahren in einer kleinen Region im Summit County, Ohio angesiedelt ist. Um einmal ein völlig anderes Halloween zu genießen, statt auf einer der üblichen Partys abzuhängen, hat sich eine kleine Gruppe junger Leute, darunter auch Mandy, Steve, Cherry, Jenny und Noah (ohne hier nun die ganze Clique zu nennen) eben genau in dieses besagte Gebiet aufgemacht. Denn hier in dieser abgelegenen Gegend um einen kleinen Ort, den man im Volksmund nur Helltown nennt, soll es zu so einigen berüchtigten wie beängstigenden Vorkommnissen gekommen sein.

So gibt es hier eine Brücke, bei der man in der Nacht immer noch die völlig verängstigten Schreie von kleinen Babys hören können soll, oder man findet immer noch im Waldgebiet einen alten  eher ausgeschlachteten Schulbus, der angeblich früher von einem Serienkiller entführt wurde, der dann alle darin befindlichen Kinder grausam ermordet haben soll. Doch am bekanntesten dürfte in dieser Gegend eben die weiße Mother-of-Sorrows-Kirche sein, an der verstörender Weise mehrere umgekehrte Kreuze prangen, als sei sie eher ein Relikt von Teufelsanbetern.

Beetle setzte sich vorsichtig aufs Bett, lehnte den Rücken gegen das Kopfteil, entsicherte die Waffe, drückte den Lauf gegen das weiche Fleisch unter seinem Kiefer und zählte bis zehn.

(HELLTOWN von Jeremy Bates/ Seite 173)

Nicht alle aus der Gruppe scheinen sich aber über diese spezielle Halloween-Tour wirklich zu freuen. Und vielleicht hätte man nicht einmal den Versuch antreten sollen, diesen urbanen Legenden von und um Helltown nachzuspüren. Denn plötzlich werden die jungen Leute in dieser einsamen wie gespenstischen Region durch einen mysteriösen Leichenwagen geradewegs in einen schweren Unfall gedrängt. Dabei werden zwei der jungen Leute sogar mehr als gefährlich verletzt, während der Leichenwagen wieder verschwindet.

Als Spencer anfing, dort zu arbeiten, führten Ärzte aus Jux und Dollerei Lobotomien und Elektroschockbehandlungen durch und versetzten die widerspenstigen Patienten mit großen Dosen Insulin und Metaformin ins Koma. Heute kam so etwas natürlich nicht mehr vor.

(HELLTOWN von Jeremy Bates/Seite 203)

Das einige der Clique, die nun verzweifelt nach Hilfe in der Umgebung suchen und dabei nur auf eher seltsame wie reichlich aggressive Rednecks treffen, aber auch die, die bei den Verletzten zurückgeblieben sind, sich auch weiterhin in einer gefährlichen Situation befinden, merken sie dabei erst viel zu spät. Denn die Rednecks dieser eher einsamen Gegend suchen nur weibliche Opfer für ihre satanischen Messen. Da aber hierbei so ziemlich alles schief gegangen ist, was schief gehen konnte, setzen diese nun alles daran, um alle jungen Leute weder einzufangen, bzw. gleich als potentielle Zeugen zu beseitigen. Dabei entsteht eine immer breitere Spur aus Blut und Tod. Und diese unkontrollierbare Situation dürfte dem Anführer dieser eigentlich nicht gerade mit intelligenz überschütteten "Satanisten" sicherlich nicht gefallen, welcher als Serienkiller sich bereits seit vielen Jahren daran ergötzt, den weiblichen Opfern beim sterben in die Augen zu sehen. Doch kann es zumindest einigen der jungen Leute trotzdem gelingen, dieser Hölle noch lebend zu entkommen?

HelltownWer jetzt hier wirklich glaubt ...
... bei diesem von mir hier gegebenen Einblick in die Handlung des Horrorthriller HELLTOWN bereits einen größeren Überblick zu haben, der dürfte sich eher etwas täuschen. Denn in der Handlung spielt auch noch ein sich von den US-Truppen abgesetzter Militarist mit dem Spitznamen "Beele" eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Und auch ein Serienkiller, der sogar mit einigen der Rednecks verwandt ist, passt eigentlich nicht so ganz in dieses recht bildungsferne Völkchen vom Lande, scheint dafür aber seit vielen Jahrzehnten einer äußerst bizarren wie mörderische Leidenschaft zu fröhnen, ohne bisher jemals vor den Gesetzeshütern wirklich aufgefallen zu sein. Dabei sind die satanistischen Messen sogar eher nur Mittel zum Zweck, um dem blutigen Treiben eine ansprechende Form zu verleihen, wenn man es eher mal dezent auszudrücken möchte.

Die Schnell- oder mitunter sogar seitenweise Querleser sollten sich daher klar darüber sein, dass sie bei der Handlung des Roman HELLTOWN durchaus Gefahr laufen werden, irgendwo plötzlich den Faden zu verlieren. Und auch das man den Roman vielleicht mal über einen Tag hinweg nicht weiterlesen kann, kann sich rächen. Denn als Leser bzw. Leserin wird man nicht nur mit so einigen recht heftigen wie blutigen Szenen konfrontiert, sondern auch mit einer größeren Menge an Figuren. Seien es nun die jungen Leute oder die Gruppe von Rednecks, die hier eine wesentliche Rolle spielen. Und damit wäre die Spitze des Eisberg noch nicht erreicht. Denn da wäre ja noch Beetle der auf eine Frau mit Namen Greta im Hotel trifft und die im finalen Bereich dann gemeinsam auch mit in den Strudel der Ereignisse von Helltown gerissen werden. Und dann ist da eben auch der Arzt Spencer, der selbst vor seiner Ehefrau sein wahres Gesicht über viele Jahre verheimlichen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass er sogar einige der gefährlichsten Rednecks der Gegend als seine leiblichen Brüder bezeichnen kann. Und dann wären da noch zwei riesige Expemplare von Anakondas die sich einer der Rednecks hält, die ebenfalls in der Handlung irgendwann einen recht verstörenden Auftritt hinlegen. Ganz davon abgesehen, das eine davon dann auch noch einmal am Ende auftaucht und  dann auch hier nochmals die Leserschaft etwas zu schocken weiß.

Da kann man also schon bei den ganzen Namen innerhalb der Handlung durchaus schnell den Faden verlieren und es ist dann durchaus wirklich ärgerlich, wenn man nicht mehr so genau weiß, wo man diese oder jene Figur noch mal genau einsortieren muss. Da ist die arme Darla Evens zu Beginn eher schon eine Figur, bei der sich die Leserschaft erst mal eher "warmlaufen" darf, bevor der Autor in der weiteren Handlung dann mit einer hohen Anzahl von Figuren gleich in die Vollen geht.

HelltownSo ganz der eigenen Phantasie ...
... entspringen die gruseligen Handlungsorte und urbanen Legenden dem Autor Jeremy Bates allerdings nicht. Denn Bates ist durchaus bekannt dafür, hier eine eher halbdokumentarische Horror-Romane-Reihe mit jeweils abgeschlossenen Handlungen vorzulegen, die der Luzifer Verlag auch recht erfolgreich in sein Verlagsprogramm aufgenommen hat.

So liegt hierzu auch bereits ein Roman von Jeremy Bates Reihe "Die beängstigendsten Orte der Welt" zum Aokigahara Jukai, dem berühmten urwüchsigen japanischen Wald der Selbstmörder mit dem Titel SUICIDE FOREST vor. Und unter dem Titel DIE KATAKOMBEN nimmt sich Bates im zweiten Band dann den düsteren Katakoben unter Paris an, in denen man eben Unmengen von menschlichen Schädeln, Knochen und ganzen Skeletten vorfinden kann. Und mit HELLTOWN liegt somit nun auch der dritte Band dieser Reihe vor, so das man durchaus davon ausgehen darf, dass z.B. die Brücke der schreienden Kinder oder eben die seltsame Kirche mit den umgedrehten Kreuzen im US-Bundesstaat Ohio nicht einfach nur der blühenden Phantasie des Autors entsprungen sein dürfte.

Und Bates gelingt es durchaus auch hier wieder, um solche realen Orte und urbanen Legenden eine Geschichte zu spinnen, die einem mitunter beim lesen durchaus einen eiskalten Hauch in den Nacken blasen kann. Und auch was so manche derben Szenen betrifft, macht  Jeremy Bates in HELLTOWN (die anderen Romane hatte ich ja bisher noch nicht von ihm gelesen) keine wirklichen Gefangenen, sondern steigt hier gleich mit Schwung in so manche blutige Szene hinein. Das sollten LeserInnen durchaus berücksichtigen, die mit solchen doch recht intensiven Schilderungen nur sehr bedingt umgehen können. Denn bei manchen wird ja schon eine gewisse Grenze überschritten, wenn ein weibliches Opfer eben dabei auch noch schwanger ist, oder etwa Tiere nicht gerade gekuschelt werden. Wer da allerdings gut zwischen Fiction und Realität differenzieren kann, darf hier ruhig und mit voller Spannung zugreifen, denn der Roman HELLTOWN hat es durchaus in sich, kennt eigentlich keine inhaltlichen Durchhänger im Spannungsbereich und legt auf knapp unter 300 Seiten ein beträchtliches Tempo hin.

Nur sollte man hier bei der Bezeichnung "Horrorthriller" nicht wirklich auch noch auf übernatürliche Elemente hoffen, auch wenn eher zu Beginn pötzlich ein paar kleine Baby-Schuhe im Sand unter der besagten gruseligen Brücke auftauchen, etwas später aber wieder spurlos verschwunden zu sein scheinen. Das eigentliche Böse bleibt nämlich durchau realistisch und somit eben rein menschlicher Natur. Und das kann schließlich auch durchaus schockierender - weil eben realistischer - sein, als wenn man hierzu irgendwelche Geister oder Monster bemühen würde.

HelltownMein Fazit:
Nun hört sich meine bisherige Beschreibung des Horrorthriller HELLTOWN von Jeremy Bates ja durchaus doch recht begeistert an. Und was die härteren Formen und Beschreibungen von recht blutigen Aktivitäten bis ekeligen Szenen betrifft, so habe ich auch hierbei eigentlich für mich persönlich keine wirklichen roten Linien mehr, die ich nicht beherzt jederzeit überschreiten würde. Es muss sich aber eben in die Handlung glaubhaft einfügen, sollte nicht aufgesetzt oder übergestülpt wirken und so einfach nur als Selbstzweck dienen, weil der Autor es ansonsten nicht fertig bringt, z.B. eine wirklich spannungsgeladene düstere Atmosphäre in seiner Romanhandlung aufzubauen.

Letzteres gelingt hier Jeremy Bates natürlich ohne Probleme und er weiß durchaus auch die Handlungsorte wie auch die finstere Atmosphäre glaubhaft und spannend einzubringen und in den Köpfen seiner Leserschaft entstehen zu lassen.

Trotzdem gäbe es von mir für HELLTOWN keine volle Punkzahl, da der Roman eben an einigen anderen Punkten kränkelt. So ist die sehr hohe Zahl an agierenden Figuren mitunter eher verwirrend und wirkt beizeiten auch durchaus etwas unübersichtlich. Wenn dann noch eine Figur wie Beele eingeführt wird, der jedem Rambo-Klischee alle Ehre macht und der dann noch auf eine junge Frau mit Namen Greta trifft, die hier dann auch nicht so nebenher mal kurz nur als Betthase auftritt, dann fragte ich mich als Leser dann spätestens hier doch langsam etwas verärgert, ob noch weitere Figuren innerhalb der Handlung wirklich noch nötig gewesen wäre.

Man hätte die Handlung auch durchaus nur unwesentlich etwas verändern müssen, und man hätte auch eben auf den selbstmordgefährdeten US-Militaristen und der zu groß gewachsenen Bekannten aus dem Hotel auch locker verzichten können. Beetles geschichtlicher Hintergrund bringt zudem die eigentliche Handlung des Romans wirklich keine Spur weiter.

Und so fragte ich mich natürlich später irgendwann (weil ich ja bekanntlich ein eher langsamer Leser bin), wer denn da alles noch mal wirklich von den Rednecks noch mit dem Arzt verwandt war und wer davon eben nicht. Und auch bei der Clique der jungen Leute kam ich mal ins Straucheln, wer da z.B. noch mal auf die eher flotte Art über die Wupper ging und wer noch etwas im Spiel blieb, weil man durch die  verschiedenen Handlungsverläufe der einzelnen Figuren dann doch mitunter etwas ins Durcheinander geriet. Besonders eben dann, wenn man am Folgeabend weiterlesen wollte. Das einem sich die diversen Namen trotz der Handlng nicht ins Hirn einbrennen wollten, lag schlicht auch daran, dass bei der Fülle der Figuren die Einzelschicksale mich als Leser kaum noch wirklich berührten und man sie geistig dann wie bei einer Strichliste eher nur noch abzuhakten begann.

Und so verschwand dann als Beispiel eine der jungen Frauen auf der Flucht irgendwann völlig von der Bildfläsche der Handlung, um dann gegen Ende der Handlung plötzlich doch noch wieder als glücklich gerettet im Krankenhaus wieder aufzutauchen. Und mal ganz ehrlich, bei der Fülle an Figuren hatte ich sie gegen Ende der Handlung eigentlich auch bereits späterhin nicht mehr wirklich auf dem Schirm gehabt. Frei also nach dem Motto: "Ach du lebst ja auch noch, nett das du es geschafft hast."

Und ja, ich muss es einfach noch einmal erwähnen, denn dieses, wenn auch nicht uferlose Rambo-Klischee hätte es im Roman tatsächlich nicht bedurft. Es scheint allerdings bei manchen US-Autoren wohl zum guten Ton zu gehören, in die Handlung mindestens einen militaristischen US-Superkiller einbauen zu müssen, der mit seinem eigenen Leben hadert, deshalb den Alkohol wie Leitungswasser konsumiert, um dann plötzlich noch zum letzten Retter kurz vor der eigentlich sicheren Katastrophe aufzutrumpfen. Das er danach wieder gefallen am Leben gefunden hat, ist dann das typische Sahnehäubchen jeglicher völlig glorifizierten US-militärischen Heldenfigur. Wenn das mal nicht ein typisches Helden-Klischee aus den Vereinigten Staaten ist, welches einem in vielen Romanen immer wieder aufs Brot geschmiert wird, dann weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mehr.

In dem Sinne pendelt sich meine Bewertung zu HELLTOWN eigentlich irgendwo eher in einer glücklichen Mitte ein. Dabei hatte die Grundidee wirklich Potential und der Autor weiß durchaus die richtigen Worte und Sätze zu formulieren, um ordentlich Spannung und eine düstere bis bedrückende Atmosphäre der Angst in den Köpfen seiner Leserschaft zu erschaffen. Aber wie sagt man so schön, manches Leid tut man sich mitunter auch leider selber an. Und das trifft meiner Meinung nach bei Jeremy Bates in Hinsicht der Menge der Figuren innerhalb einer Handlung leider voll zu. Da wäre weniger sicherlich mehr gewesen und man hätte mit den wenigen Figuren sicherlich auch intensiver mitfiebern können, während man hier eigentlich kaum wirklich berührt wurde, wenn wieder mal jemand der Figuren das zeitliche segnen musste. Wem aber eine kleine Völkerwanderung innerhalb eines Horrorthriller nichts ausmacht, der wird hier mit einer durchaus spannungsgeladenen wie düsteren Handlung von Jeremy Bates durchaus bestens belohnt.

HelltownHelltown
von Jeremy Bates
Deutsche Erstausgabe 2022
Buchreihe: Die beängstigendsten Orte der Welt
Deutsche Übersetzung: Sylvia Pranga
Genre: Horror/Thriller
Seitenanzahl: 290 Seiten
Ausführung: Paperback
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 978-3-95835-666-5
Luzifer Verlag

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