Zwischen Vergangenheit und Gegenwart - Das Haus Zamis Band 59 »Das Phantom von Notre Dame«
Am Ende der Illusionen
Das Haus Zamis Band 59 »Das Phantom von Notre Dame«
Dafür treffen wir hier aber auf Cocos dämonischen Bruder Georg Zamis und Juna, ihrer Halbschwester, die jedoch nunmehr in der Gestalt einer lebenden Puppe existiert und menschliches Blut als Nahrung benötigt, um bei Kräften bleiben zu können. Doch Georg hat es wohl ungewollt in die Vergangenheit verschlagen. Oder genauer gesagt ins Jahr 1888 in das Pariser Künstlerviertel Montmartre. Wie er da allerdings hingekommen ist, weiß er selbst nicht, denn sein Gedächtnis weist hier leider so einige Lücken auf.
Und so stolpert Georg qasi auch mit Hilfe eines Vampir bald direkt in ein Lokal, welches nur von dämonischen Kreaturen aufgesucht wird. Doch statt nun Informationen über Juna zu erhalten, trifft er hier auf die fasst überirdisch schöne Dämonin Francoise, bei der er nicht nur gleich einen Stein im Brett hat, sondern die auch gleich beginnt, seinen Geist zu manipulieren um ihn für sich völlig zu versklaven. Denn Francoise ist bei genauer Betrachtung wahrlich eine gefährliche, aber sicherlich auf den zweiten Blick keine wirklich sinnliche Schönheit. Aber auch der zwergenhafte Dämon Fiezko ist in der Vergangenheit angekommen und landet dabei ausgerechnet in der Kathedrale Notre Dame. Doch dieses scheinbare Haus Gottes scheint völlig vom bösen Odem durchdrungen zu sein, woran der eher schwache Dämon Arator nicht ganz unschuldig scheint, dessen Energie auf eine ganz eigene Art mit der "Orgel des Bösen" verbunden ist. Auch Fiezko macht sich hier aus den Schatten heraus bald schnell einen Namen als mörderisches Phantom von Notre Dame. Doch auch eine noch viel finstere Seele benutzt die Kathedrale als Zentrum der unheiligen Manipulation. Es ist der teuflische Monsignore Tatkammer der für seine Zwecke auch die Puppe Juna bereits in seine Gewalt gebracht hat.
"Du willst doch nicht etwa eine Dummheit begehen, oder? Es wäre nämlich die letzte Dummheit deines gesamten Lebens."
Georg bieb stehen wie ein gescholtener Hund. "Du hast ihn gefressen", zischte er, voller Ekel und voller Angst. "Diesen Lackaffen von gestern Nacht und ... und was weiß ich, wie viele vor ihm. Du hast sie alle gefressen!"
(Das Phantom von Notre Dame: Das Haus Zamis - Band 59/Seite 34)
Vorweg sei hier schon einmal verraten, dass sowohl das Expose von diesem als auch dem noch folgenden Roman mit dem Titel DÄMONENSPIEL von Uwe Voehl stammt, der damit recht eindrucksvoll die Stoßrichtung der Serie angibt. An Dämonen mangelt es in DAS PHANTOM VON NOTRE DAME jedenfalls nicht, nur wirkt Georg Zamis hier eher wie ein etwas schwaches Glied innerhalb der Schwarzen Familie. Beinahe fasst wie ein ganz normaler Mensch. Doch dies lässt sich irgendwie recht gut verschmerzen, denn die Geschichte ist vom Autor Simon Borner trotzdem atmosphärisch sehr dicht und auch sehr düster gehalten worden. Das liegt nicht nur an der zuerst sehr schönen wie sinnlichen Dämonin Francoise, von der Georg sich wohl erst einmal mit aller gebotenen Härte befreien muss, sondern auch an dem ebenfalls recht finsteren Monsignore Tatkammer, der hier in der Kathedrale direkt von der Kanzel herab die gläubigen Schafe direkt in Richtung höllische Schlachtbank predigt. Und das diese eigentlich als Haus Gottes erbaute Kathedrale vom puren Bösen durchdrungen ist, macht den Roman gleich nochmals recht spannend. Was allerdings den Trip in die Vergangenheit betrifft, so scheint der zwergenhafte Fiezko und ein seltsamer Schrank auch eine wesentliche Rolle gespielt zu haben (siehe hierzu z.B. DAS HAUS ZAMIS Bd. 58).
Coco Zamis, die ja innerhalb der laufenden Handlung wieder mehr in Richtung böse Hexe tendiert, landet in dieser Geschichte in einem Luxushotel am Gardasee, wo sie sich in einem außerhalb befindlichen Labyrinth auch gleich mal gegen zwei aufdringliche Satyre erwehren muss. Doch dies sind wahrlich nicht die einzigen Dämonen, die sich in diesem Hotel versammeln, welches den Dämonen Wolkow und dessen Sohn (und Werwolf) Alessandro gehört. Dabei war Coco hier durchaus nicht erwartet worden, sondern Wolkow hatte eher ihren Vater, Michael Zamis eingeladen gehabt. Aber auch die Neiddämonin Invidia taucht hier auf und sieht Coco nicht nur zum verwechseln ähnlich, sondern gibt sich auch noch als ihre Zwillingsschwester Cici aus. Coco, die sich übrigens recht schnell in Alessandro verliebt, der wiederum seinen Vater zutiefst hasst, fragt sich indessen, welche Pläne Wolkow und besonders die durchtreibene Invidia verfolgen. Denn Coco wird ihnen nur etwas entgegensetzen können, wenn sie wieder auf die gute Seite wechselt. Indessen hat in Wien Michael Zamis gänzlich andere Sorgen, denn er will unter allen Umständen den Dämon zur Rechenschaft ziehen, mit dem ihn seine Frau Thelka betrügt. Aber auch die Eifersucht ist nicht gerade ein ungefährliches Laster.
Er griff in die freigelegte Bauchhöhle und riss die Eingeweide heraus. Er brach die Rippen, langte in den Brustkorb und nahm sich das Herz. Als Letztes schnitt er ihr die Kehle auf, sodass Thanner ein wirklich hübscher Anblick erwartete.
(Dämonenspiel: Das Haus Zamis - Band 59/Seite 169)
Nun ja, wirklich "wieder" Böse kommt mir Coco hier irgendwie nicht vor. Eher lässt hier Logan Dee ein Paradebeispiel einer zwar leicht gefühllosen, aber eher zickigen Göre auf seine Leserschaft los, die vor Selbstüberschätzung geradezu strotzt, aber dann über eine lange Strecke hinweg dann keinen Fuß als Hexe auf den Boden bekommt. Dafür verliebt sie sich hier aber in einen jungen hübschen Dämon, der nicht nur ein Werwolf ist und ihr die Satyre endgültig vom Hals geschafft hatte, sondern auch den frühen Tod seiner Mutter nicht verwinden kann. Letzteres kann man irgendwie dann schon verstehen, wenn der eigene Vater hier auch gleichzeitig der Mörder war. Doch diese Liebe zu Alessandro sorgt auch dafür, dass unsere Coco sich langsam wieder von der bösen Hexe in Richtung "weißes Schaf" der Schwarzen Familie verändert und so auch wieder Gefühle allgemein wie auch Mitgefühl für die Menschen in diesem bedrohlichen Umfeld entwickelt. Und je mehr sie sich wieder der guten Seite hinwendet, um so geringer wird dann am Ende auch der dunkle Einfluss der Neiddämonin Invidia, die eigentlich darauf hinarbeitete, Cocos Platz vollständig einzunehmen.
Und hier fühlt sich dann der Ortswechsel nach Wien zum eifersüchtigen Michael Zamis und seinem blutigen Rachefeldzug schon irgendwie wie eine eigene Geschichte in einer Geschichte an. Und seien wir mal ehrlich, in Sachen verschiedene Dämonen greift hier Logan Dee zwar mal so richtig tief in den Fundus der finsteren Abgründe. Nur steigert dies den Spannungsbogen nicht wirklich, der eigentlich trotzdem eher vor sich hindümpelt. Da ist dann eben gerade das Zwischenspiel mit Michael Zamis in Wien schon spannender aufgebaut. Das liegt aber auch leider daran, dass die Hexe Coco in der eigentlichen Hauptgeschichte so geschildert wird, als läge zwischen dem eigenen Anspruch und den tatsächlichen Unzulänglichkeiten ganze Welten, wobei man sich auch zu Beginn wundert, wie Coco es überhaupt schafft, auch nur fünf Sekunden zu überleben. Denn Bodenhaftung sieht erstens anders aus und auch abgrundtief böse Menschen (oder Dämonen) besitzen diese in der Regel. Nur eben Coco scheint eine gesunde Bodenhaftung hier völlig abhanden gekommen zu sein.
Mein komplettes Resümee:
Da es sich hier um insgesamt zwei Romane nach jeweils einem Expose von Uwe Voehl handelt, kann ich persönlich hier von gleich zwei Erfahrungen sprechen, die man mit dem Band 59 der Reihe DAS HAUS ZAMINS aus dem Zaubermond Verlag präsentiert bekommt.
Simon Borner konnte mich mit der Vergangenheitsgeschichte DAS PHANTOM VON NOTRE DAME in Sachen Horror und bedrohlich-düsterer Atmosphäre richtig packen, auch wenn es hier als Hauptfigur eigentlich nur Georg Zamis gab, der zuerst aber auch durch eine recht bösartige wie gruselige Dämonin an die kurze Leine genommen wurde. Aber hier passte einfach alles, auch was die Spannung neben der bedrohlichen Atmosphäre im Handlungsaufbau betraf. Jedenfalls stelle ich mir so wirklich gruselige Geschichten um die Schwarze Familie aus Wien vor.
Logan Dee präsentierte mir in DÄMONENSPIEL dann leider eher erst einmal eine überhebliche und bisweilen sogar nervige Coco Zamis, die nicht unbedingt wirklich böse, dafür aber in völliger Selbstüberschätzung die Bühne betrat, doch dann über den Großteil der Handlung eigentlich nicht wirklich etwas auf die Reihe bekam. Entsprechend lief die Spannung dann auch mit wachsender Freude vor eine Wand und konnte sich nur dann etwas entfalten, als der Handlungsort kurzzeitig nach Wien zu Michael Zamis wechselte. Gesamt betrachtet verlief so das Niveau in Sachen Spannung und gruseliger Atmosphäre bei DÄMONENSPIEL leider eher gefährlich nahe an der unteren Grenze. Müsste ich die beiden Roman jetzt durch ein Punktesystem bewerten, wo fünf Punkte für einen Roman der "Spitzenklasse" steht und ein Punkt für eine offensichtliche "Papierverschwendung", dann kommt der Roman DAS PHANTOM VON NOTRE DAME ganz locker auf satte vier Punkte, während der Roman DÄMONENSPIEL sich gerade eben mit letzter Kraft auf den zweiten Punkt hochziehen kann (und das eben nur wegen Michael Zamis in Wien). Hoffen wir also mal, dass hier der Autor Logan Dee nur einen kurzzeitigen schriftstellerischen Schwächeanfall gehabt hatte und es von hier eigentlich nur wieder aufwärts gehen kann.
Das Phantom von Notre Dame
Kommentare
Ich überlege gerade, ob es Sinn macht, in die Heftserie einzusteigen...
Das hinter Logan Dee auch Uwe Voehl steckt (gut zu wissen), war mir nämlich gerade weil er ja im Taschenbuch auch als Autor der Expose mit richtigem Namen aufgeführt wurde, nicht gekommen. Und um die Rezension noch pünktlich rausschicken zu können, kam ich hierzu auch nicht darauf, vorher noch im Internet mal nachzuforschen.
Es mag aber auch daran liegen, das Uwe Voehl auch mit richtigem Namen als Autor genannt wird (wie z.B. im Spin-off HEXENHAMMER seitens des Zaubermond Verlag). Und mal ehrlich gesagt, hatten mir seine Romane bisher wesentlich besser gefallen als eben hier gerade der Roman DÄMONENSPIEL unter Pseudonym.
Wenn ich da den Roman DÄMONENSPIEL mal hinzuziehen darf, dann sieht das mit der Hexe Coco hier eher etwas anders aus. Denn damit unser Hexlein wieder böse wurde, hatte man ja gerade die Neiddämonin Invidia überhaupt erschaffen (laut Aussage in der Handlung). Die aber will über ihre Zweckmäßigkeit hier nun eher hinaus und lieber gleich Coco für immer ausschalten um ihren Platz als böse Coco gleich völlig einzunehmen. Kurz kommt in der Handlung auch ihre "frühere" Beziehung zu Dorian Hunter zur Sprache, welche sie als böse Hexe allerdings eher als sinnlose Zeitverschwendung betrachtet hat, welche ihr nur vieles ihrer Kräfte geraubt hatte.
Hinweise auf eine alternative Zeitlinie (oder auch Zeitstrahl) konnte ich innerhalb der Handlung hingegen leider nicht ausmachen. Ich kenne aber auch die Handlung um "Das Henkerschwert" seitens des DK nicht und in welcher Verbindung es möglicherweise zur vorliegenden Handlung in DAS HAUS ZAMIS Band 59 (und eben vorher) steht.
Die beiden Serien DAS HAUS ZAMIS und DORIAN HUNTER verlaufen zeitlich aber nicht auf gleicher Ebene, so das du auch durchaus recht haben könntest, Heiko. Aber wie schon mal gesagt, stecke ich nicht wirklich so tief in den beiden Serien drin, um hier wirklich was gersichert bestätigen zu können, was weit über die jeweilige Romanhandlung hinausreicht.
Ansonsten hätte man entweder einen Zeitsprung in eine fiktive Zeit nach der DK Serie machen müssen (Scherz...) oder weiterhin nur Abenteuer aus der Jugendzeit bringen können, die irgendwann erschöpft gewesen wäre...
Am Ende der Nummer 32 bekommt Coco von Asmidi den Auftrag, Dorian zu töten. Chronologisch gehts dann im Henkersschwert weiter.
Ich konnte die Entscheidung zur alternativen Zeitlinie gut verstehen, für mich war dann aber Schluss.
Ja, dann bin ich auch ein Neuling, obwohl ich die Kernserie schon zweimal gelesen habe (länger her).
Bei der Zamisserie stelle ich mir ähnliche Fragen. Manch einer mag die Serie als Spin-Off oder Vorgeschichte lesen (so habe ich das gemacht). Wird die alternative Zeitlinie (quasie ein Dorian Hunter Neo) einfach so weitergeführt?
Bei Rhodan mag das wegen der langen Laufzeit funktionieren, bei der Zamisserie kann ich mir das schlecht vorstellen.
Da hast du natürlich auch wieder recht, @Cartwing.
Das mit der Jugendzeit hat schon Vlcek in seinen Coco-Tbs völlig - und aus nachvollziehbaren Gründen - ignoriert. Erstens war die Zeitspanne zu klein, und zweitens wären das die Jahre von 68 bis 72 gewesen. Das wäre doch recht schwierig geworden.
Eine vernünftige zeitgenössische Horrorgeschichte funktioniert nur selten im luftleeren Raum. Wenn man auf nichts Bezug nehmen kann, vor allen Dingen nicht auf die Welt des Lesers, bleibt zu vieles an der Oberfläche. Und es reicht nicht, den Figuren irgendwann einmal ein Smartphone in die Hand zu drücken. (Und dann die Konsequenzen bewusst auszublenden, die so etwas nun leider mit sich bringt, weil es die Arbeit schwerer macht.)
Auch wenn ich die Coco-Romane schon lange vor dem Schnitt in 33 nicht mehr gelesen habe, war das sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn es am Ende anscheinend nicht besonders überzeugend rüberkam.
Da einerseits der berüchtigte "Amoklauf DK 7) wieder erschienen ist, andererseits "Der schwarze Hengst" (DK II 34, damals neu, um den Takt zu den Jubel-Heften 50 und100 wieder hinzukriegen) ebenfalls nachgedruckt worden ist, wird "Des Teufels Samurai" nun wohl erst als DH 103 erscheinen. Damit ist der Marketing-Gag der Doppelnull-Nummern natürlich dahin. Das 100. Heft lieferte damals immerhin eine erste Abkehr von den klassischen Spukgeschalten europäischen Zuschnitts, aus Folklore und Kino sattsam bekannt, und bediente sich eher bei Lafcadio Hearn, konnte also (auch durch den ersten Bericht aus Hunters fünftem Leben) gut als "EInstiegslektüre" herhalten. Das sehe ich bei DK 97 nicht so richtig ...