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Eine mehr als ungesunde Liebesbeziehung - »Speck«

Speck Eine mehr als ungesunde Liebesbeziehung
»Speck«

Samuel Speckmeister hatte schon in ganz frühen Jahren einen Traumberuf. Er wollte Journalist einer angesehenen Zeitung werden. Gut, dieser Wunschtraum ist bei ihm in Erfüllung gegangen. Nur leider gelingt es ihm nicht mehr wie früher, diesen Job weiter durch eine jugendliche rosarote Brille zu sehen. Und so wurde aus dem damaligen Wunschtraum viele Jahre später für ihn eher ein beruflicher Albtraum, dem er längst schon nichts positives mehr abgewinnen kann.

SpeckAuch der Kontakt zu seinen Kolleginnen und Kollegen scheint bei seiner sehr ernüchternden Einstellung zum Job eine maßgebliche Rolle zu spielen. Was als Beispiel Frauen angeht, so scheint Samuel Speckmeister ebenfalls kein wirklich gutes Händchen zu haben.

Im Grunde genommen ... Sam dürfte schließlich nun so um die 30 Jahre sein ... hatte er noch nie eine wirkliche Beziehung zu dem anderen Geschlecht. Jedenfalls in Sachen Liebe und Zuwendung hapert es bei ihm doch beträchtlich. Zwar hatte er mal mit einer Sekretärin bei einer Betriebsfeier rumgeknutscht, nur wollte auch die später, nachdem sie wieder nüchtern war, absolut nichts mehr davon wissen.

"Gut. Sag mir, was würdest du sagen, wenn ich dir sagen würde, dass ich fast 150 Jahre alt bin?"
Er lachte auf. Sie starrte ihn aufmerksam an, ihre Augen brachen den Blick nicht ab. Meine Güte, sollte er darauf etwa antworten?

(Crowley Barns: SPECK/Seite 10)

Doch plötzlich hat Samuel ... oder eben auch Sam genannt, Kontakt zu einer bildschönen Traumfrau, die er zwar noch nicht persönlich getroffen hat, die ihm allerdings von sich ein aktuelles Foto auf sein Smartphone geschickt hatte und auch ein überaus reges wie seltsames Interesse an seiner Person zeigt. Dieses Interesse geht sogar so weit, das diese Traumfrau mit dem Vornamen Cassie ihn für den kommenden Freitag zu sich eingeladen hat und ihn sogar neckisch dazu auffordert, sie doch dann auch mal zu interviewen.

Doch leider bleibt auch dies nicht so ganz unbeobachtet, denn sein Kollege Ollie, den Sam aus ganz bestimmten Gründen nicht leiden kann, bemerkt nicht nur eine gewisse Veränderung in seinem Verhalten, sondern erhascht auch einen Blick auf das Foto von Sams Telefon. Das Sam Ollie nicht mag, liegt nicht nur daran, dass dieser ihn immer aufgrund seines Nachnamens und zu jeder unpassenden Zeit als "Speck-Stulle" bezeichnet, sondern auch, weil Ollie sich generell immer wie ein überhebliches wie sexistisches Arschloch verhält. Und so sind auch seine Äußerungen hinsichtlich des Fotos von Cassie gegenüber Sam sexistisch wie auch verletzend.

"Um es klarzustellen, Sie meinen, er hat sie verwandelt..."
"...verwandelt?"
"In einen, äh, Vampir."
Sie stieß ein langes, kicherndes Lachen aus.
"Einen Vampir? Ist es das, wofür sie mich halten? Knoblauch, Kreuze und keine Spiegelbilder und das alles? So etwas gibt es nicht..."

(Crowley Barns: SPECK/Seite 21)

Am Tag des Treffens ist Sam allerdings mehr als überrascht. Cassie ist auch in der Realität wirklich eine absolute Traumfrau und legt auch recht viel Wert auf Sauberkeit in ihrer Wohnung. Dabei scheint sie auch bald ein reges Interesse zu zeigen, eventuell bereits die erste Nacht mit ihm verbringen zu wollen. Doch vorher möchte sie, rein aus Spaß, bei einem Glas Wein noch das Interview-Spiel mit ihm durchspielen. Zwar ist Sam weit mehr von der Ausstrahlung von Cassie als an ihrer Lebensgeschichte interessiert, jedoch gerät eben genau dieses Interview bald irgendwie außer Kontrolle. Schließlich behauptet Cassie allen ernstes fasst 150 Jahre alt zu sein und ewig leben zu können.

Zuerst hält Sam dies für einen Scherz von Cassie, doch die legt ihm sogar noch Beweise vor. Ja, sie würde sogar liebend gerne Sam ebenfalls zu ewigem Leben und immerwährender Jugend verhelfen, wenn er sie nur aufrichtig lieben würde. Und Sam wiederum verfällt Cassie immer mehr, wobei es ihm eigentlich sogar bald egal ist, ob sie ihn auf den Arm nimmt, oder ob ihre Aussagen unglaublicher Weise wirklich der Wahrheit entsprechen. Das ihm allerdings Ollie bereits heimlich gefolgt ist und Cassie ebenfalls (wenn es nötig ist auch gewaltsam) an die Wäsche will, ahnt Sam jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Denn eben nicht nur das Interview gerät gefährlich außer Kontrolle.

Er sprang so hoch wie möglich in die Luft und landete hart auf Ollies Knie. Der blöde Arsch hatte es nicht kommen sehen, war nicht auf den Aufprall vorbereitet und es gab ein ekelhaftes knallendes Geräusch, als Sam darauf landete.

(Crowley Barns: SPECK/Seite 53)

SpeckEine kurze Novelle als Bonus:
Nun muss ich hier durchaus gestehen, dass SPECK wirklich ein recht kurzes Vergnügen ist, welches man mit knapp 76 Seiten Gesamtumfang auch recht flott in einem Rutsch gelesen haben dürfte. Denn diese Geschichte war von dem Autor Crowley Barns eigentlich nur als "Bonus" geschrieben worden für die Leser seines Horrorromans KINK (siehe Cover), die sich eben danach auch in seiner Mailingliste eingetragen hatten. Allerdings wurde schnell wohl der Ruf an den Autor laut, er möge diese Geschichte doch auch allen Leserinnen und Lesern (z.B. wie hiermit als Printausgabe) zugänglich machen.

Ich persönlich hatte SPECK gleich gemeinsam mit seinem Taschenbuch KINK als Printversion geordert (ihr wisst ja, ich lese aus Prinzip keine eBooks). Dies lag daran, dass mich die Inhaltsangabe und die entsprechende Leseproben durchaus positiv angesprochen hatten und ich mit dem recht dünnen Taschenbuch SPECK so auch gleich eine Art schnell konsumierbaren Einstieg erhielt, um zu sehen, ob der Autor wirklich auch das halten kann, was er verspricht. Schließlich kann auch der unten auf dem Cover angegebene Hinweis auf einen "Extrem-Horror" mehr Schein als Sein darstellen. Da ich andererseits allerdings der Sparte "Extrem-Horror" sehr viel abgewinnen kann, egal ob in Form eines Buches oder im Film, war mein Interesse zumindest schon zu Beginn etwas mehr als nur geweckt worden.

Nun muss ich allerdings auch gestehen, das mich SPECK in Sachen "Extrem-Horror" nicht unbedingt wirklich überzeugt hat. Denn da dürften selbst eher zartbesaitete Leser des Genre durchaus mit mir einig sein, dass es in diesem Bereich durchaus wesentlich härtere Kost gibt, als es gerade SPECK hier darstellt. Da ist also was den Roman KINK von Crowley Barns für mich betrifft, noch einiges an Luft nach oben vorhanden. Allerdings schlägt SPECK auch wirklich nicht in die Kerbe eines typischen Vampir-Romans. Oder besser gesagt, einen Vampir - egal ob weiblich oder eventuell doch männlicher Art - wird der geneigte Leser in SPECK wirklich nicht vorfinden.

Dabei scheint der Autor allerdings durchaus den betreffenden Leser von Beginn an erst einmal genau auf diese Fährte einschwören zu wollen. Mehr noch, denn wir erfahren zuerst recht viel von einem nicht vorhandenen Liebesleben des Hauptprotagonisten Samuel Speckmeister und auch von seinem sonst eher bescheiden zu nennenden Lebens. Und dann taucht plötzlich in seinem Leben diese wahnsinnig hübsche junge Frau auf, die selbst mit ihrem Sauberkeitsfimmel noch recht gehimnisvoll wirkt und sein Interesse auch recht schnell auf ihre Unsterblichkeit und das Geheimnis ihrer ewigen Jugend lenkt, was inhaltlich dann irgendwie schon nach einer Geschichte um einen möglichen weiblichen Vampir geradezu schreit.

Das ganze bekommt nach einer Weile sogar irgendwie den Hauch einer nur zu bekannten wie typischen Vampir-Liebesschnulze, denn es dauert durchaus etwas, bis das die Handlung durch das auftauchen von Sams  recht unsympathischem Arbeitskollegen Ollie an der Tür der geheimnisvollen Cassie wirklich mal Fahrt aufnimmt. Und was hinter Cassies Unsterblichkeit steckt, bleibt auch irgendwie noch bedeckt. Doch davon sollte sich der neugierige Leser nun hier nicht abschrecken lassen. Auch sollte sie oder er nicht vorschnell diese an Seitenzahl recht überschaubare Geschichte bereits im Vorfeld abbrechen, weil es an blutigen oder zumindest etwas deftigen wie gruseligen Momenten erst einmal eher mangelt und alles schon doch irgendwie so vorhersehbar erscheint. Denn Crowley Barns lässt sich hier scheinbar nicht den Spaß nehmen, erst einmal ausgiebig seine Leser etwas an der Nase herum zu führen, bevor die Geschichte dann irgendwie im letzten Drittel eine bitterböse Wendung nimmt, die es durchaus in sich hat. Denn Cassie ist wirklich unsterblich und ewig jung, sofern sie das bekommt, was diesen speziellen Zustand befeuert. Und Sam ist so verliebt in Cassie, die auch ihm versprochen hat, ihn unterblich zu machen und ewig zu lieben, das er jeden Bezug zur Realität verliert und eigentlich panisch aufschreien müsste, wäre er am Ende noch Herr seiner Sinne. Doch mehr sei hier nun nicht verraten, denn weshalb Cassie nun unsterblich ist und ob Sam doch noch zur Vernunft kommt und am Ende die Kurve kriegt, muss der Leser schon selbst herausfinden.

Wie gesagt, man sollte sich von dem Autor hier durchaus gerne etwas an der Nase herumführen lassen, weil man spätestens ab dem letzten Drittel dafür mit einer wirklich recht bösenartigen Wendung belohnt wird. Und wie gesagt, diese ehemalige Bonus-Geschichte ist innerhalb kürzester Zeit von der Hand weg gelesen und macht ... wenn man die letzte Seite beendet hat ... durchaus neugierig auf mehr von diesem Autor, der wohl auch noch so einiges mehr bieten könnte, wenn es um Extrem-Horror geht. Gesamt betrachtet und die kürze dieser kleinen Novelle mit einbezogen, komme ich hier daher durchaus noch auf eine Bewertung von lockeren vier von insgesamt fünf gebrochenen Knochen in meiner Gesamtbewertung. Das ich dabei nun auf den eigentlichen Roman KINK ebenfalls recht neugigerig wurde, versteht sich also irgendwie auch von selbst.

Laut Information aus dem Internet oder dieser an Seiten recht schmalen Novelle (oder dem Taschenbuch KINK), lässt sich über den Autor selbst nicht wirklich viel erhellendes zur Person entnehmen. So ist er wohl gebürtiger Brite, der sich allerdings wohl eher als Weltbürger, oder nach eigenen Worten als Einwohner von Nirgendwo betrachtet. Den wenigen Angaben nach hat er bisher in seinem Leben daher nicht nur in seiner Heimat Großbritannien, sondern auch in den Vereinigten Staaten und Australien als Schausteller, Hausmeister und Barkeeper gearbeitet, sowie auch mehr als ein zwölf Jahre in Asien verbracht. Zur Zeit jedenfalls soll er in Seoul (Hauptstadt von Südkorea) seinen festen Wohnsitz haben. Auch in Sachen Foto zum Autor hält sich Crowley Barns bisher leider sehr bedeckt, so das ich hier auch leider mit keinem entsprechenden Bild dienen kann. Denn dort, wo man eigentlich z.B. im Internet ein Foto des Autors erwarten dürfte, bekommt man eben nur (siehe oben) ein schwarzes Quadrat mit einer roten (wohl blutigen) Hand geliefert. Allerdings bin ich persönlich auch nicht so ganz abgeneigt zu glauben, dass auch der Name Crowley Barns einem Pseudonym entsprechen könnte.

Speck
(Ham)
von Crowley Barns (The Barns Brothers)
Originalausgabe: Broken Barn Publishing/2017 (eBook)
Deut. Ausgabe: 2. Auflage/2020
Genre: Mystery/Horror
Übersetzung: Unbekannt
Seitenanzahl: 76 Seiten/Printausgabe
Länge der Novelle ca. 62 Seiten
ISBN: 978-3-7502-7519-5
Preis: 6,99 Euro/Print & 1,99 Euro Kindle-eBook
Druck: Customized Business Service GmbH
Im Auftrag/Verlag: KNV Zeitfracht GmbH

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