Irgendwo zwischen Realität und Fiction - Sodom Satanas
Irgendwo zwischen Realität und Fiction
Sodom Satanas
Die Handlung dieses recht seltsamen Romans lässt sich nur sehr bedingt anhand eines roten Faden schildern, so das ich hier eigentlich nur auf das Wesentliche der Handlung eingehen möchte.
Der Bankier Gilles Hugo hat Angst. Verdammt große Angst, denn es könnte recht schnell um sein eigenes Leben gehen, wenn jemand mitbekommt, was er dem Journalist Kevin Winter so alles offenbart. Und ein wesentlicher Schlüssel, um die Handlungsweise dieser Geheimgesellschaft zu verstehen, liegt in den Schriften des Marquis de Sade.
Dabei ist Winter dieser mitunter eher weinerliche Bankier ziemlich zuwider. Denn Gilles Hugo ist ein Kinderschänder und Mörder. Seine krankhafte Neigung zu sexuellen Handlungen mit Kindern bringen ihn schon wegen seiner gesellschaftlich hohen Stellung bald mit Elementen in Verbindung, die ein riesiges geheimes Netzwerk in Europa gesponnen haben. Ein Netzwerk in dessen Zentrum scheinbar eine Spinne sitzt, die sich innerhalb dieser Handlung Jules Le Fevre nennt und scheinbar auch der Großmeister einer satanistischen Geheimgesellschaft ist, die sich SODOM SATANAS nennt.
Doch Jules Le Fevre ist mehr. Er ist ein hoher Politiker im Europaparlament. Und die Organisation hat in ihren Reihen eine weitverzweigte Gemeinschaft von Mitgliedern aus Politikern, Banker, einflussreichen Künstlern und Wirtschaftsbossen. Die Mitglieder von SODOM SATANAS (innerhalb der Handlung kürzen diese Satanisten und Kinderschänder den Namen ihrer Geheimorganisation auch als "SS" ab) lehnen die Bibel ab und hassen die darin geschilderten Taten des Nazareners namens Jesus. Und hinter dieser Geheimgesellschaft, die mit fast allen Machtmitteln ausgestattet im Hintergrund die Fäden zieht, stehen die verschiedensten kriminellen Netzwerke, die ihnen Kinder als Opfer zuführen. Opfer nicht nur für unvorstellbare Ausschweifungen, in denen diese hilflosen Kinder psychisch, physisch und sexuell missbraucht, sondern auch gefoltert, ermordet und sogar in Teilen verspeist werden.
"Diese literarische Anklage gegen die Politik der Perversion konnte nur als Roman geschrieben werden. Aber sie ist auch wahr. Und deshalb ist Sodom Satanas die Hölle!"
(Zitat: Guido Grandt (Hrsg.)/Backcover)
Nur recht langsam nähert sich Kevin Winter (klar, bei seinem Alkoholkonsum im Roman) den Fakten von diesem elitären und faschistischen Geheimzirkel an. Doch je mehr er auf die Spur der Hintermänner in den besten Positionen der Wirtschaft und Politik kommt, um so mehr gefährdet er nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner von ihm getrennten Ehefrau und seinen Töchtern.Ein literarisches Zwischending:
Mit dem oben aufgeführten Teil haben wir eigentlich auch schon in groben Umrissen die eigentliche Handlung zusammengefasst. Doch der Inhalt wartet mit jeder Menge realer Fakten und Zitaten auf. So werden hier in ziemlich hoher Zahl Zitate seitens des Marquis de Sade heran gezogen, aber auch z.B. seitens Aleister Crowley, um das Weltbild dieser gefährlichen Sekte zu untermauern.
Doch damit will man eigentlich auch nur zu einem gewissen Teil die Beweggründe der Personen hinter dieser Geheimgesellschaft mit Namen SODOM SATANAS erklären, die wohl wirklich fiktiv sein dürften, um das eigentliche Anliegen dieses Buches dann anhand dieses fiktiven Gerüst als Roman verfassen zu können.
Hinzu kommen dann noch jede Menge Fakten in Sachen Kinderschänder und Mörder wie z.B. zu Personen wie Daniel Cohn-Bendit (Europaabgeordneter der Partei Die Grünen), dem sexuelle Handlungen an schutzbefohlenen Kindern vorgeworfen wurden, oder dem Franklin-Cover-Up-Skandal über einen Prostitutionsring männlicher Minderjähriger in Washington DC, bei dem dann auch in Verbindung dieser Machenschaften die Namen der ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und George H. W. Bush in der Washington Times gefallen sein sollen. Das Ganze spannt sich dann weiter über den 2011 verstorbenen BBC-Moderator Jimmy S., der zu Lebzeiten Verbindungen zu Kinderpornoringen und der Pädophilenszene gehabt hatte. Der wurde 1990 seitens der Queen zum Ritter geschlagen, war ein Vertrauter von Prinz Charles und seiner damaligen Frau Diana und war auch befreundet mit Margaret Thatcher (1979 - 1990 Konservative-Premierministerin des Vereinigten Königreich).
Weiter geht es dann (als letztes Beispiel für diesen Artikel) mit dem Fall Dutroux in Belgien. Marc Dutroux war nicht nur ein Kindesentführer, sondern auch ein Kinderschänder und Mörder mit Kontakten zu entsprechenden kriminellen Netzwerken. Dutroux soll bekanntlich schon über ein Jahr durch die Polizei beschattet worden sein, ohne das man scheinbar Hinweise auf seine Machenschaften finden konnte. Damals tauchte dann auch die Frage auf, warum die Polizei nach seiner Flucht über eine Stunde untätig blieb, bis das sie die Verfolgung aufnahmen. Solche tatsächlich existierenden Zeitungsberichte und Vorkommnisse lassen natürlich nach oben jede Menge Raum für Spekulationen und diese nutzt man hier in dem Roman SODOM SATANAS daher natürlich reichlich, um daraus eine gewaltige Geheimorganisation aus dem Hut zu zaubern, die ihre Mitglieder in den höchsten Rängen von Politik und Wirtschaft z.B. in Europa sitzen hat.Das Vermischen von Fakten macht noch keine Realitäten:
Damit wir uns hier gleich richtig verstehen: Sexueller Missbrauch und Gewalt an hilflosen Kindern ist absolut schändlich und durch nichts zu entschuldigen. Solche Personen gehören hinter Gittern und danach in eine Sicherheitsverwahrung. Und das unabhängig davon, ob es sich um gesellschaftlich kleine Lichter oder aber hochgestellte Persönlichkeiten handelt, oder mit wem sie auch immer befreundet waren oder ein vertrautes Verhältnis unterhalten.
Liest man die wenigen Kommentare z.B. auf Amazon, so hat man allerdings schon irgendwie das Gefühl, als nehmen manche Leser diese fiktive Geheimorganisation SODOM SATANAS und die im Roman geschilderte, krude "Religion" bereits in Teilen für bare Münze. Hier sollte man allerdings Vorsicht walten lassen, denn es handelt sich eben immer noch um einen fiktiven Roman und eben nicht um eine beweisbare Realität.
Das Ganze erschien bisher in zwei eBook-Ausgaben, die auch noch zeitlich eine erhebliche Lücke in der Veröffentlichung aufweisen. Und diese zwei eBooks wurden 2017 zusammengefasst als Printausgabe herausgebracht. Das Anliegen von Guido Grandt als Herausgeber und Dario Zamis sowie Svenja Larsson liegt nach eigener Aussage darin, hier die Menschen aufrütteln zu wollen und sie gegenüber der Gewalt und dem Missbrauch von Kindern zu sensibilisieren. Da laut ihrer Ansicht das ganze Thema zu grausam ist, könne man es nach ihrer Meinung nach nur als "Roman" aufbereiten.
An genau dieser Stelle bekomme ich allerdings so meine Bauchschmerzen bei eben diesem Roman SODOM SATANAS. Er gibt nämlich gewollt oder ungewollt vor, es gäbe (wohl auch in der Realität) eine gewisse Geheimgesellschaft in den höchsten Kreisen der Politik und der Wirtschaft, die sich eine recht krude Religion irgendwo zwischen Satanismus, der Philosophie des Marquis de Sade und dem Gedankengut des Faschismus/Nationalsozialismus zurechtgelegt habe.
Natürlich lassen sich hier Verbindungen herstellen, auch wenn diese sich bei nüchterner Betrachtung manchmal als recht weit hergeholt darstellen. Wäre dies nun ein wirklich fiktiver Roman, so wäre an sich hier auch nichts dagegen zu sagen. Doch dieser Roman wird durchzogen mit journalistischen Informationen und Nachrichten sowie Vorkommnissen aus der Realität. Und genau da fangen meine Bauchschmerzen dann richtig an, denn der Pfad zu einer Verschwörungstheorie ist ab diesem Punkt mehr als recht schmal. Nicht wenige Leserinnen und Leser werden mit der ansteigenden Seitenzahl ihre Schwierigkeiten haben, hier noch den schmalen Grat zwischen Realität und Phantasie auseinanderhalten zu können.
Ab diesem Moment taucht dann auch die Frage bei mir auf, was die Macher bzw. der Herausgeber mit diesem "Roman" eigentlich wirklich bezwecken? Ehrlich gesagt, kann ich diese Frage nicht umfassend hier beantworten, was als Rezensent der Printausgabe auch nicht meine Aufgabe ist. Allerdings halte ich dieses Vorgehen nicht für ganz ungefährlich. Der "Roman" selbst dürfte nach meiner Einschätzung trotz seiner reißerischen Aufmachung auch nicht unbedingt einer größeren Leserschaft wirklich bekannt sein. Da könnte man also sagen ... Schwamm drüber und verschweigen wir dieses seltsame Werk einfach. Doch so einfach ist dies auch nicht, denn gelesen wird es schließlich schon und daher sollte man die Möglichkeit auch nutzen, hier das Ganze mit einer gebotenen kritischen Sichtweise zu versehen. Denn einfach die Augen zu verschließen, wenn hier Fakten mit Fiction ziemlich wahllos vermengt wird, ist hierbei auch nicht die beste aller Lösungen.
Damit wir uns hier wieder nicht falsch verstehen, ich will den Machern von SODOM SATANAS nun nicht absprechen, hiermit auf etwas aufmerksam zu machen, was in unserer Gesellschaft nicht verschwiegen werden sollte und wo die Wachsamkeit aller gefordert ist, um den Kindern eine sichere und behütete Zukunft ohne Gewalt und Missbrauch zu ermöglichen. Nur wäre dann ein gut recherchiertes Sachbuch zu diesem brisanten Thema in meinen Augen wirklich die bessere Lösung gewesen.
Leider werden hier aber nur jede Menge realer Fakten aneinandergereiht und mit jeder Menge Fußnoten ordentlich im Text versehen, um dann das Ganze in eine reißerische und recht phantastische (aber eben völlig fiktive) Geschichte hinein zu pressen. Das ganze entwickelt dann ein gewisses Niveau, als wenn man Plastik mit Erdbeeren in einen Mixer steckt um es dann gut durchgemischt in einer Apotheke als Rheumamittel zu verkaufen. Oder anders gesagt, hier klafft ein (für meine Begriffe mitunter sogar gefährliches) Loch zwischen einem berechtigten Anspruch und einem möglicherweise ungewollt erzieltem Resultat.
Aus diesem Grund heraus verzichte ich hier auch bewußt darauf, hier etwas aus der allgemeinen Handlung von SODOM SATANAS zu zitieren. Denn weder dem angegebenen Anspruch noch dem reinen Unterhaltungswert dürften solche Zitierungen aus diesem "Mischprojekt" aus Fakten und Phantasie wirklich nahe kommen. Womit wir hier also auch bei dem letzten Punkt dieses Taschenbuches angekommen wären, nämlich dem Unterhaltungswert als "Roman".Mit der Spannung bis fasst auf den Nullpunkt:
Ja, SODOM SATANAS beginnt mit einer reißerischen wie auch fiktiven Szene in einer Art Folterkeller. Ähnliche Szenen werden dann auch in schöner Regelmäßigkeit immer wieder eingestreut.
Diese Szenen unterscheiden sich nicht wirklich von ähnlichen Szenen aus etwas härteren Thrillern oder Horrorromanen. Der Hinweis auf dem Cover, dass man dieses Buch nicht lesen sollte, weil es die Hölle sei, werte ich daher persönlich einmal als eine recht nette, aber überzogene Werbestrategie.
Die eigentliche Hauptfigur Kevin Winter hebt das Niveau dieses "Roman" auch nicht wirklich, denn er wirkt kaum sympathisch, logisch in seinem Verhalten und vermittelt im Grunde nur das Bild eines haltlosen Alkoholikers, der sich zumeist durch eine Menge an Zeitungsberichten und Informationen wühlt (oder besser gesagt trinkt) oder mit einem Kinderschänder auseinandersetzt und so mit seinen Ermittlungen langsam eine dubiose Geheimgesellschaft, ähnlich einer Sekte, aufschreckt. Das er damit auf sich aufmerksam macht, dürfte schon von der ersten Seite her klar sein. Dies ist natürlich gefährlich, kann mich als Leser aber nicht wirklich vor einer gewissen Langeweile retten, wenn ich hier einmal von einer völlig fiktiven Geschichte ausgehe. Denn zwischen den Zigaretten und dem Übermaß an Alkohol verfällt die Geschichte immer wieder in eine nicht gerade zielgerichtete Recherche von Winter, die in einer ziellosen Aneinanderreihung von gleichgelagerten, unterschiedlichen (realen) Fällen besteht.
Komplex gesehen hatte dieser "Roman" es bei mir daher recht schwer gemacht, mich nach rund 100 Seiten noch wirklich auf die eigentliche, fiktive Geschichte zu konzentrieren. Dieses Mischkonzept leidet nämlich stark daran, dass der fiktiven Handlung ziemlich oft die Luft ausgeht, während die wahllose Aneinanderreihung der realen Fakten zum Thema als Bindeglied nicht wirklich taugen.
Leider schafft SODOM SATANAS in meinen Augen es weder als fiktiver Roman noch als Buch mit einem konkreten sachlichen Anspruch den Spagat, beides sinnvoll zu vereinen, so das er sich eigentlich meiner gerne genutzten Punktebewertung für Romane und/oder Filme entzieht. Wer also schon aus reiner Neugierde heraus wissen möchte, was denn nun in diesem Roman alles an Fakten und Fiction vermengt wird, der mag sich gerne einmal diesem so bezeichneten "Faction-Thriller" annehmen. Eine Leseempfehlung mit wirklich gutem Gewissen kann ich allerdings hier aus den genannten Gründen nicht abgeben.
Wie gesagt, ich will den Machern von SODOM SATANAS nicht absprechen, dass sie mit diesem "Roman" die Leser sensibilisieren wollen für ein wirklich wichtiges Thema innerhalb unserer Gesellschaft. Ich bezweifele aber, dass sie mit dieser Darreichungsform wirklich diesem gesellschaftlich sensiblen Thema einen Gefallen getan haben.
Sodom Satanas (oder die Politik der Perversion)
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