Dunkelheit und Apokalypse aus dem Weltraum - Blackout
Dunkelheit und Apokalypse aus dem Weltraum
Blackout
Und darüber hinaus ist der Roman BLACKOUT eben auch ein Horrorroman. Eigentlich passt er also überall in den angegebenen Genres bzw. Subgenres hinein. Tim Curran packt nämlich von allem etwas in den Ideen-Mixer, drückt einige male kräftig den Startknopf, bis eben alles gut vermischt ist. Und was soll ich sagen, was uns Tim Curran hier auf geschlagene 140 Seiten präsentiert, hat es wirklich in sich, und das in jeder Weise.Über die Kürze und den Aufbau:
140 Seiten sind natürlich schnell weg gelesen und da darf man dann im Inhalt natürlich nicht schludern, sondern muss rein klotzen was das Zeug hält.
BLACKOUT ist daher kein Roman, der sich viel Zeit und ebenso viele Seiten nehmen kann, um die einzelnen Charaktere rundherum und bis in den letzten Winkel zu beleuchten. Also nix mit 15 Seiten und die erste Figur ist bis zur Erschöpfung ausgeleuchtet, wie es ein Stephen King vielleicht hier gerne tun würde, wäre es sein Roman.
Der Heftromanleser weiß da wohl schon was ich meine, denn auch dort müssen die Figuren recht knapp skizziert werden, gleichsam aber auch so, dass der Leser sich schnell mit einem guten Schuss eigener Phantasie ein lebendiges Bild machen kann. In diesem Punkt hat Tim Curran wirklich keine Schwierigkeiten, bei seinen Charakteren schnell auf den Punkt zu kommen, was ein recht flüssiges Lesen wirklich nur unterstützen kann. Die erste Hürde ist also vom Autor wirklich gut genommen worden.
Aber auch was die Umgebung angeht, in der die Story angesiedelt ist, weiß Tim Curran voll zu überzeugen. Auf fasst sechs Seiten führt uns der Autor nämlich in die Idylle von Piccamore Way ein und stellt uns den eigentlichen Hauptcharakter Jon vor. Und Jon wiederum erzählt uns diese, seine Geschichte faktisch aus der Position des letzten Überlebenden heraus. Seine Beschreibungen lassen schnell Bilder im Kopf entstehen, die an amerikanische Vororte erinnern, in denen die Welt noch scheinbar tadellos in Ordnung zu sein scheint. Grüne Bäume und Vorgärten. Der Zeitungsjunge am Morgen auf seinem Rad, der im hohen Bogen die Zeitung versucht vor die Haustüren zu werfen, darf dabei natürlich ebenso wenig fehlen, wie der eine oder andere Hinweis auf die kleinen Eigenarten der an sich liebenswerten Nachbarn. Und manchmal bleiben diese Nachbarn nur liebenswert, solange eben keine extremen Ausnahmesituationen bei Einzelnen einige schlimme Eigenschaften hervor kehren lassen.
Diese Treffen allerdings schneller ein als man denkt und dann geht es auch schon bald um das nackte überleben.
An jenem Tag war kurz vor Sonnenuntergang ein merkwürdiges Wetterleuchten am Horizont zu sehen gewesen. Die Straße war von oben bis unten voller Menschen, die von ihren Gärten und Veranden aus das Schauspiel beobachtet hatten, das ein anständiges Sommergewitter prophezeite.
(Tim Curran: BLACKOUT / Seite 11)
Einzelne Handlungsbereiche und das beständige drehen an der Spannungsschraube:
Man kann grob die Story in vier Bereiche unterteilen, um einmal eine gewisse Übersicht aufzuzeigen.
ist hierbei eher die Einführung, in der die Hauptcharaktere und einige Nebencharaktere, die in der Handlung noch mehr oder weniger eine Rolle spielen werden, ebenso skizziert werden wie auch ihr gesamtes näheres Umfeld. Doch machen wir uns nichts vor, wir als Leser erwarten das Ungewöhnliche bereits mit Spannung und mit dem nahenden Unwetter werden wir da mit prophetischen Hinweisen auch nicht lange an der Nase herum geführt. Viel eher wird das eigentlich Normale schnell zu etwas, was uns als Leser eine Bedrohung signalisiert, das wie ein leichtes Kribbeln unter unserer Haut wirkt. Curran spielt das Spiel mit der Angst, die wir alle als Kinder vor der Dunkelheit oder einem nahen Gewitter hatten, mit geradezu sadistischer Freude.
lässt dieses Kribbeln nur noch um so intensiver werden. Mehr und mehr stellt sich das scheinbar Normale als etwas völlig Unwirkliches heraus. Unsicherheit und Verlustangst schleicht sich beständig in die Handlung und treibt die Spannung nun erst recht nach oben. Der Kampfgeist unserer Hauptfigur ist geweckt und treibt ihn trotz allen Entsetzens voran.
Im ist die Spannung eigentlich bereits auf der Spitze. Die Invasion aus den weiten des Weltraumes hat längst eine beachtliche Menge an Opfer gefordert und lässt die Protagonisten nicht nur ratlos, sondern auch in gewisser Weise nun hilflos erscheinen. Die Spannung steigt aber weiter, denn der Kampf um das Überleben beginnt für unsere Hauptfigur und einigen Nebenfiguren jetzt erst recht, denn mögliche Rückzugsmöglichkeiten stellen recht schnell keine Sicherheit mehr für sie dar.
ist faktisch dann der Schlussakt. Die Hauptfigur gibt scheinbar auf. Doch auch hier dreht Tim Curran nochmals ordentlich an der Spannungsschraube. Denn mit dem Raumschiff der Invasoren aus dem All scheint etwas nicht zu stimmen, während unsere Hauptfigur mit schrecken darin erkennen muss, welchem Zweck diese Invasion diente. Die Frage für den Leser stellt sich hier dann recht schnell danach, ob unsere Hauptfigur wirklich überleben wird (was von Beginn an eigentlich als gesichert angesehen werden kann, weil sie uns in der Ich-Form faktisch von dem gesamten Hergang berichtet) und welchen Preis er hierfür zahlen muss.
Ich kann ihnen hier durchaus schon sagen, dass es kein Happy End geben wird, dass nachträglich den Leser wieder in eine Art heile Welt zurück versetzt.
Ich schätze, es hypnotisierte uns auf die gleiche Weise, auf die Scheinwerfer ein Reh bei Nacht hypnotisieren. Wir waren alle gelähmt vor Angst. Wir starrten nach oben. Niemand sprach. Niemand tat irgendetwas anderes, als zum Himmel hinaufzublicken.
(Tim Curran: BLACKOUT / Seite 61)
Einblick in die Story - „Blackout“:
Es ist ein heißer Sommertag in der ruhigen Wohngegend Piccamore Way und die Nachbarn haben sich in dieser Idylle zum grillen bei Jon und Kathy eingefunden. Der Grund ist so simpel wie ausgefallen, denn Jon ist es gelungen, die ersten Monate ohne eine Zigarette auszukommen. Als die Gäste gegangen sind und Kathy sich bereits zum schlafen hingelegt hat, schläft Jon, der noch etwas aufgeblieben ist, ebenfalls auf der Couch ein.
Doch als er plötzlich aufwacht herrscht vor dem Haus ein starker Wind und es regnet in Strömen. Eigentlich dürfte dieses Gewitter die lang ersehnte Abkühlung nach einigen heißen Sommertagen sein, doch recht bald fällt Jon auf, dass die Blitze des Gewitters recht seltsam sind – fasst schon einer unheimlichen Regelmäßigkeit zu folgen scheinen, die sich jeglicher Normalität entziehen. Und dann kommt der komplette Stromausfall, der die Welt in eine schier absolute Dunkelheit taucht. Eine Dunkelheit, die Jon niemals zuvor so intensiv erlebt hatte wie in dieser Nacht. Angst beschleicht ihn und er beschließt im Schlafzimmer nach Kathy zu sehen, doch seine Frau ist nicht mehr in ihrem Bett. Mehr noch, sie scheint nicht einmal mehr im Haus zu sein und auch draußen, in der ungewöhnlichen Finsternis, findet Jon nicht die keinste Spur mehr von ihr.
Jon empfindet die gesamte Situation als immer bedrohlicher und begibt sich so auf die Suche nach Kathy oder irgendeiner anderen Menschenseele in dieser Nacht. Und was sind das plötzlich für schwarze Schläuche, die aus der Finsternis geradewegs vom Himmel zu hängen scheinen?
Bald trifft Jon auf einen Menschen, der jedoch völlig panisch reagiert und Jon warnt, seinen Weg weiter in Richtung Innenstadt fortzusetzen. Dann verschwindet die Person wieder in der absoluten Finsternis. Das letzte Lebenszeichen das er von ihm vernimmt, sind seine verzweifelten Schreie, die von Todesangst zeugen.
Als Jon zurück zu seinem Haus kommt, sind bereits weitere Menschen wach, denn nichts scheint an dieser Nacht noch normal zu sein. Und dann passiert auch das, was bereits in der Innenstadt passiert ist. Plötzlich fallen auch hier seltsame schwarze Schläuche vom Himmel, deren Material Jon völlig unbekannt ist. Wie drohende Tentakel hängen sie von dem undurchdringlichen dunklen Himmel herab, und jeder der sie berührt, wird unweigerlich nach oben in die Finsternis gezogen.
Es bedarf bald kaum noch der Phantasie der letzten Überlebenden, dass es sich hier um das Werk außerirdischer Invasoren handelt, die mit einer völlig unbekannten Technik jeden lebenden Menschen zu bedrohen scheinen. Düstere Vorahnungen beschleichen Jon und die anderen, die noch nicht in die perfiden Fallen der Wesen aus dem Weltraum gegangen sind. Doch bald wird Jon die schreckliche Wahrheit ergründen und mit Schrecken erkennen, was diese Wesen mit der menschlichen Spezies vorhaben.
Vorhandene Parallelen und doch eigenständig:
Ich will hier nicht verschweigen, dass mich das eine oder andere ein klein wenig an DER KRIEG DER WELTEN von H.G. Wells erinnert. Jedoch ist dies nur vordergründig wirklich der Fall.
Tim Curran spielt hier nämlich mehrere Karten aus. Zum einen die bekannten Urängste vor dem Unbekannten und der Dunkelheit. Er verbindet die Genre geschickt und schafft so eine Atmosphäre der wachsenden Beklemmung beim Leser. Hier wird auf wirklich blutige Einzelheiten dann auch allgemein verzichtet um den Bogen nicht zu überspannen. Doch man muss am Ende gestehen, dass es solcher blutigen Einzelheiten auch nicht bedurft hätte um den Leser gebannt an die Seiten zu fesseln. Letzteres gelingt dem Autor nämlich perfekt, indem er den Leser schlicht auch mit Ängsten konfrontiert, die er bereits aus seiner Kindheit her kennt.
Das ein Zusammentreffen von Menschen mit höher entwickelten Wesen aus den weiten des Weltraums für die ersteren wohl alles andere als gut verlaufen wird, davon ist schlicht auch Tim Curran hier überzeugt. Und damit steht er wohl auch nicht alleine da:
„Falls uns jemals Außerirdische besuchen, wird das meiner Meinung nach ähnliche Folgen haben wie die Landung von Christopher Columbus in Amerika, was für die Ureinwohner nicht besonders gut ausging.“
(Stephen Hawking)
Die erste Frage dürfte nämlich schon darin bestehen, was diese Wesen in einem solchen Fall überhaupt in uns Menschen sehen werden. Sehen sie uns als intelligente Wesen an, oder schlicht als Ameisen? Diese Frage greift Curran hier recht drastisch auf und hier beginnt dann der direkte Übergang vom Genre Science Fiction zum Horrorgenre. Dabei arbeitet Curran hier nicht mit einer Abfolge von verschiedenen, zum Teil erschreckenden Elementen, sondern konfrontiert den Leser in seiner Phantasie mit möglichen, eigenen Vorahnungen und steigert die Spannung stetig bis zum Finale. Wer sich also gedanklich nur schwer von etwas gelesenem trennen kann, sollte diesen kurzen Roman nicht unbedingt als Bettlektüre nutzen.
Dies gilt natürlich auch für den Fall, wenn man ein spannendes Buch nur noch äußerst ungern aus der Hand legt. Und wer das gerade gelesene gerne in seine Träume mit einbaut, der sollte vor dem Schlafen doch eher lieber zwanzig Seiten eines Heimatromans lesen, bevor die Augen zufallen.
Als Fazit kann ich nur sagen, dass BLACKOUT nicht nur wegen seiner geringen Seitenzahl eigentlich schnell gelesen sein dürfte. Denn Tim Curran weiß die Spannung zu steigern und die Sucht beim Leser zu entfachen, auch noch das nächste Kapitel (und mehr) lesen zu wollen. Von mir daher volle fünf Punkte für eine ebenso kurzweilige, wie auch erschreckend spannende SF/Horror-Story. Gleichsam positiv zu bewerten ist das wirklich düstere Cover der deutschen Ausgabe aus dem Luzifer Verlag, das von Michael Schubert gestaltet wurde. Ebenfalls trägt die Story laut der Luzifer Verlagsseite den deutschen Gesamttitel BLACKOUT – IM HERZEN DER FINSTERNIS, der so aber nicht im Taschenbuch zu finden ist.
Blackout