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Kurze Bemerkungen über ... Draculas Wurzeln

Draculas WurzelnKurze Bemerkungen über...
...Draculas Wurzeln

Die Vorstellung über Vampire, bzw. dem Vampirismus wurde besonders durch Bram Stokers Dracula geprägt, dem unter anderem Schauspieler wie Bela Lugosi oder Christopher Lee ein unvergessliches Gesicht gegeben hatten. Der historische Ursprung liegt jedoch in der Figur des Vlad Tepes, geboren im Zeitraum 1430 oder 1431. Dessen Vater, ebenfalls mit Namen Vlad hatte der ungarische König aufgrund der Türkenschlacht mit dem Drachenorden ausgezeichnet.

 

Vlad TepesSo erhielt der Vater den Beinamen Vlad Dracul wärend man seinen Sohn späterhin als "den kleinen Drachen" (Dracula) bezeichnete. Hervorstechender dürfte aber seine Bezeichnung als "der Pfähler" sein, da er seine Gegner auf langen Pfählen aufzuspießen pflegte.

Mit dieser Grausamkeit gelang es ihm die türkischen Truppen vom Balkan zu vertreiben und die Ausdehnung des osmanischen Reiches auf Europa zu verhindern. Auch danach bediente er sich des Pfählens um Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Mögen seine Taten zu Recht als Grausam zu bezeichnen sein, so hatten sie jedoch nichts mit dem Vampirismus im Allgemeinen zu tun.

Bram StokerAls Vorbild könnte Stoker also eine andere Figur gedient haben. So etwa die Figur der Lilith, der ersten Frau Adams im Paradies nach jüdischer Überlieferung. Sie wird als Rebellin gegen die bestehende Ordnung und daraus verbindend mit exzessiver Sexualität und Blut gleichgesetzt.

Zur Strafe für ihre Sünden wurden Liliths Kinder ermordet (laut dem jüdischen Talmud). In der biblischen Geschichte kehrt Lilith später wieder als unsterblich, rachsüchtig und untot, um die Kinder Evas zu töten.

Ein weiteres und wohl wahrscheinlicheres Vorbild dürfte aber eine andere Frauengestalt in der Geschichte für Stoker besessen haben. Nämlich die der "Blutgräfin" Elisabeth Bathory! Sie war eine Serienmörderin. Aber: Vieles von dem was ihr nachgesagt wird, basiert auf Spekulation, Erfindung und dem Muster, dass von Hobbyanglern gefangene Fische im Laufe der Jahre immer größer werden. Es ist manchmal nicht leicht, im Falle der Bathory zu entscheiden was Dichtung und was Wahrheit ist... Daher findet das Wort „soll“ in diesem Artikel die angemessene Verwendung. Es wird eine Aufgabe zukünftiger Artikel sein, einmal zu versuchen Mythos und Wahrheit zu trennen.

Neben diesem Spitznamen trug sie noch zwei weitere, wohl weniger bekannte Beinamen, nämlich die als "slowakische Hure" oder "Die Tigerin von Cachtice". Elisabeth Bathory entstammte einem der mächtigsten ungarischen Adelsfamilien. Geboren wurde sie 1560 und verstarb 1614. Des Weiteren war sie die Witwe des Grafen Ferenc Nadasdy, einem einflußreichen Helden der Türkenkriege. Wegen der Finanzierung der Türkenkriege hatte das Haus Habsburg sich von Nadasdy eine enorme Geldsumme geliehen. Nach dessen Tod eben würde Elisabeth Bathory die Gläubigerin sein.

Elisabeth oder ersebeth BathoryDie Eltern von Elisabeth Bathory waren Anna und Georg (der dritte Ehemann von Anna) Bathory. Kardinal Stephan Bathory war Fürst von Siebenbürgen und später König von Polen. Elisabeths Bruder war ein vom Schwachsinn geprägter Satanist, Cousine Anna bezeichnete sich selbst als Hexe und verübte an Kindern Ritualmorde. Auch Elisabeths Tante Klara war nicht ohne, sie galt als lesbische Sexbesessene mit dem Hang zur Zuhälterei. Elisabeth Bathory selbst galt als äußerst intelligent, soll aber auch Epileptikerin gewesen sein.

Mit dem neunten Lebensjahr erlebte Elisabeth einen Bauernaufstand, in dessen Verlauf die Bauern bis in das Schloss Ecsed vordrangen, in dem Elisabeth und ihre älteren Schwestern Sandra und Anischka lebten. Durch die Hilfe der Kinderfrauen soll es den Mädchen gelungen sein, durch einen geheimen Tunnel das Schloss zu verlassen. Elisabeth versteckte man auf einem Baum wo sie still und reglos blieb. Die Kinderfrauen sollen von den Bauern mit Äxten erschlagen und ihre Schwestern vergewaltigt und am selbigen Baum erhängt worden sein, auf dem Elisabeth sich reglos versteckte. Der Überlieferung zufolge soll Elisabeth später freudig erregt den Folterungen und Hinrichtungen der gefangenen Bauern beigewohnt haben. Zumindest aber dürften diese Ereignisse ihre Spuren in dem Kind, das Elisabeth Bathory war, hinterlassen haben.

Ferenc NadasdyMit elf Jahren wurde Elisabeth Bathory mit dem Grafen Ferenc Nadasdy verlobt. Mit ihren fünfzehnten Lebensjahren erfolgte dann die Heirat. Nadasdy selbst galt in den Feldzügen gegen die Türken als äußerst grausam. So soll er auch Befehle gegeben haben, Frauen und Kinder zu vergewaltigen und zu verbrennen. Auch Elisabeth soll er einige Foltermethoden beigebracht haben. Im Jahre 1600 (andere Quellen nennen das Jahr 1604) soll der "Schwarze Ritter", wie man Ferenc (Franz) Nadasdy ehrfurchtvoll nannte, auf dem Schlachtfeld getötet worden sein.

Noch während Ferenc Nadasdy gegen die Türken zu Felde zog, nahm sich Elisabeth Bathory Männer als Geliebte und soll lesbische Orgien mit ihrer Tante Klara gefeiert haben. Auch soll sie sich immer mehr, nicht älter als 14 jährige Mädchen, ins Schloss geholt haben, an denen sie ihre sadistischen Neigungen auslebte. Der entscheidende Punkt der Überlieferungen könnte für Bram Stokers Vampirmythologie jedenfalls in dem Wahn Elisabeth Bathory begründet liegen, dem sie mit ihrem 25 Lebensjahr anheim viel. Dieser soll darin bestanden haben, das Elisabeth glaubte, ihre Jugend und Schönheit durch jungfräuliches Blut erhalten zu können. Zudem beschäftigte sie sich mit Okkultismus und Hexerei, was ihren Sadismus noch gesteigert haben soll.

Eine Geschichte voller „wenn und aber“

Über Jahre hinweg tötete sie laut Überlieferung geschätzte 650 junge Frauen, die sie vorher über Tage und Monate aufs grausamste mit Schlägen, Messern, Nägeln und glühenden Eisen gefoltert haben soll. Auch soll sie über die hilflosen Mädchen hergefallen und sie gebissen haben. In einigen Fällen, so sagt man, habe sie ihnen auch Fleischstücke z. B. aus einer Schulter heraus gebissen  (worauf sie den Spitznamen "Tigerin von Cachtice" erhielt). Auch soll sie ihrem Wahn folgend nicht nur Blut getrunken, sondern auch darin gebadet haben.

Dezember 1610 wurde Elisabeth Bathory und ihre nicht minder sadistischen Gehilfen von ihrem eigenen Vetter, dem Graf Gyorgy Jurai Thurzo und weiteren Mitgliedern der Familie verhaftet und verurteilt. Soldaten die in das Schloss eindrangen sollen in der Halle die blutleere Leiche eines Mädchens, sowie noch lebende Mädchen mit Folterspuren aufgefunden haben. Aufgrund des Ansehens der Bathory - Nadasdy wurde Elisabeth nicht zum Tode verurteilt, sondern im Schloss unter Hausarrest eingemauert, worauf Lebensmittel nur durch eine dafür freigelassene Öffnung gereicht werden konnten.

Der Prozess gegen Elisabeth Bathory ist im Jahre 1610/1611 natürlich nicht mit heutigen Auffassungen des Recht zu messen, da die Aussagen zumeist auch unter Folterungen erpresst wurden und Elisabeth selbst keinem Prozess beiwohnte. So gibt es auch die Möglichkeit der politischen Intrige. Da das Haus Habsburg durch die Türkenkriege hoch bei den Nadasdy verschuldet war, war es durch die Verurteilung von Elisabeth Bathory von jeglicher Rückzahlung befreit. Aber es gab auch eine religiöse Feindschaft seitens dem Haus Habsburg. Das Haus Habsburg war katholisch ausgerichtet und betrieb seit 1580 eine Gegenreformation in Österreich, während die Bathory - Nadasdy lutherisch geprägt waren.

Ob Bram Stoker nun seine Figur des Grafen Dracula (laut einigen Überlieferungen sollen die Bathorys auch mit dem realen Adelsgeschlecht des Vlad Dracul familiär verbunden sein) von der Legende um Elisabeth Bathory abgeleitet hat, ist durchaus umstritten. Sie kann aber auch nicht gänzlich als Absurdität gehandelt werden.

Kommentare  

#1 Norbert 2010-01-08 01:56
Ich finde den Artikel recht gut und informativ, wenn auch zu kurz. Bitte verstehe das Folgende nicht als Kritik, sondern als Ergänzung.
Wenn man die Protokolle der Zeugenaussagen liest, überkommt einem dabei schon das schiere Entsetzen (Ich habe eigentlich noch nie etwas Grausameres gelesen). Gefoltert wurden im Übrigen während des Prozesses nur die direkt Beteiligten aus dem Umfeld der Bathory. Über eine Motivation zu ihren Grausamkeiten ist nie wirklich etwas bekannt geworden. Der Glaube an den Erhalt der eigenen Jugend stammt von Schriftstellern der folgenden Jahrhunderte, die versuchten, das Geschehen in Romanen zu dramatisieren. So ist auch das Bad im Blute eine Erfindung. Wieviel Blut enthält ein menschlicher Körper? Hmm, man müsste eine beachtliche Zahl von Leuten ausquetschen, um eine Menge zu erhalten, in der man baden könnte. Ausserdem gerinnt Blut viel zu schnell, als dass es sich dafür eignen würde. Dass die Gräfin aber Blut getrunken und rohes Fleisch ihrer Opfer gegessen hat, ist durch diverse Aussagen belegt.
Wer wirklich etwas über die Bathory wissen möchte, dem kann ich nur empfehlen, sich das Sachbuch "Heroine des Grauens" von Michael Farin zu besorgen. Es enthält die originalen Verhörprotokolle (natürlich in Übersetzungen), beinhaltet korrekte geschichtliche Abhandlungen, sowie auch Auszüge aus späteren Romanen um die Bathory-Legende, die einem schön vor Augen führen, was man aus Halbwahrheiten alles machen kann.
#2 Laurin 2010-01-08 14:26
Nun Norbert, leider habe ich das Buch von Michael Farin (noch) nicht und den Artikel hätte ich gerne etwas länger gemacht (wäre ich bei meinen Quellen auf mehr Fakten gestoßen) bzw. hätte ihn länger machen können, doch dann hätte ich hier auch auf ziemlich plastische Schilderungen von sadistischer Gewalt zurück greifen müssen. Sinn des Artikels war es aber ja nicht, Schilderungen von Folter usw. abzuliefern sondern etwas Hintergrundwissen. Zum anderen steht hinter allem wie du ja selbst schreibst die Frage, war dies oder jenes noch Realität oder bereits die Ausgeburt an Fantasien anderer? Zudem war auch die eigendliche Frage im Artikel, wie weit trugen die Geschichten und Legenden um Elisabeth Bathory bei Bram Stoker bei,
seine Figur des Dracula umzusetzen.
Aber mir ist jede Ergänzung hier sehr recht Norbert. Vielleicht könntest du noch kurz den Verlag oder die ISBN-Nummer von dem Buch hier beitragen, das wäre toll und erleichtert das suchen! ;-)
#3 Norbert 2010-01-08 23:06
Mist, habe das Buch irgendwie verlegt. Kann mich erst am Sonntag melden, wenn ich Zeit zum Suchen habe, bis dahin ruft leider die liebe Arbeit und heute Abend habe ich keine Lust mehr (komme gerade von besagter Arbeit). :zzz Komme aber auf jeden Fall mit der Info noch.
Das Buch ist wirklich exzellent recherchiert und wie schon gesagt, es gehört zum Grausamsten, was ich je gelesen habe, da die Verhörprotokolle kommentarlos dem Leser zugänglich gemacht werden.
Natürlich habe ich Deinen Artikel schon richtig verstanden. Ich glaube, dass die Bathory-Geschichte recht grossen Einfluss auf Stoker gehabt haben könnte. Aber ich denke eben, dass er, wenn er beeinflusst war, einige der Romane gelesen hat oder zumindest Abhandlungen darüber. Die Legendenbildung fusst eher auf den Büchern als auf den wirklichen Ereignissen.
Die Tatsache, dass die Bathory Blut ihrer Opfer getrunken hat, um ihre Jugend zu erhalten (eine durchaus plausible Erklärung, auch wenn sie eben nicht verbrieft ist), hat vermutlich stark zur Bildung des Vampirmythos im Allgemeinen beigetragen, denn im Grunde tut jener ja nichts anderes.
Bis Sonntag.
#4 Norbert 2010-01-10 15:53
So, da bin ich wieder. Das Buch von Farin ist im Kirchheim-Verlag, München erschienen. Ich habe noch eine Auflage von 2003. Es gibt auch eine von 2007. Ob sie erneut erweitert ist (das Buch ist eigentlich aus den 80'ern), weiss ich nicht, gibt auch der Verlag nicht an. Anbei der Link direkt zum Buch beim Verlag: www.kirchheimverlag.de/sachbuch/farin-heroine.htm
Das Buch ist nur gebraucht unter 20 Euro zu bekommen. Die Investition lohnt sich aber.
#5 Laurin 2010-01-10 17:10
Danke Norbert,
ich kannte nicht einmal den Verlag! :sad:

Ich schätze mal das es für Interessierte sehr hilfreich und interessant sein wird, hier mal rein zu schnuppern.

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