Mörder ahoi! – Die Miss Marple-Filme zum Vierten
Mörder ahoi!
Die Miss Marple-Filme zum Vierten
THEY DO IT WITH MIRRORS war übrigens der 43. Kriminalroman von Agatha Christie und erschien zuerst 1952 in den USA unter dem Titel MURDER WITH MIRRORS. Etwas später, im November des gleichen Jahres erschien er dann unter seinem eigentlichen Titel auch in Großbritannien. In Deutschland dauerte die Veröffentlichung allerdings noch bis zum Jahre 1958, wo er dann im Scherz Verlag das erste mal den Leserinnen und Lesern präsentiert wurde. Aber wie gesagt hatte THEY DO IT WITH MIRRORS nur marginal etwas mit dem Film MURDER AHOY zu tun. So wurde für den Film das Internat für schwer erziehbare Jugendliche in Stonygates kurzerhand zu einem Schulschiff für schwererziehbare Jugendliche mit dem Namen „H.M.S. Battledore“. Und während Miss Marple im Roman von ihrer Jugendfreundin Ruth Van Rydock gebeten wird, einmal im Internat nach dem Rechten zu sehen, weil dort wohl etwas nicht mit rechten Dingen zugehe, benötigt es im Film nur eines plötzlich zu Tode kommenden Kuratoriumsmitgliedes, um Miss Marple gleich in Hochform auflaufen zu lassen.
Wie gesagt sind die Ähnlichkeiten ziemlich weit gefasst, wie man schon anhand der Hauptorte erkennen kann. Ist es im Film ein Schulschiff, so ist es im Roman ein Internat in einem Viktorianischen Landhausstil. Dafür zollt der Film jedoch einen inhaltlichen Tribut an das Theaterstück DIE MAUSEFALLE von Agatha Christie. Auffallen dürfte im Film auch, dass der Darsteller des Sergeant Bacon, gespielt von Gordon Harris, nach seinen Auftritten in den ersten zwei Filmen dieser vierteiligen Miss Marple-Reihe hier nun durch den wesentlich jüngeren Terence Edmund ersetzt wurde. Aber auch der für die Handlung wesentliche Kriminalroman THE DOOM BOX hat so seine Tücken. Wer nämlich versucht haben sollte, diesen Roman dann auch an Land ziehen zu wollen, der wurde wohl bitterlich enttäuscht. Denn sowohl der Roman THE DOOM BOX (Die Todesbüchse) als auch dessen Autor J. Plantaganet Corby hatte es nie gegeben und waren nur reine Erfindungen für den Film selbst. Bleibt jetzt hier nur noch anzumerken, dass MÖRDER AHOI! Im deutschen Fernsehen zum ersten mal am 21. März 1970 im ZDF um 20:15 Uhr ausgestrahlt wurde, wobei man schon hier auch die Originalstimme von Margaret Rutherford zu hören bekam, wenn sie an Deck bei einer Gesangsaufführung ihre etwas eigenwillige Gesangseinlage zu „Rule, Britannia!“ beitrug. Ansonsten vernimmt man natürlich die Synchronstimme von Ursula Krieg.Doch kommen wir jetzt wieder zum eigentlichen Hauptthema des Artikels und damit zum Spielfilm MÖRDER AHOI! (deutscher Titel) von 1964 mit der unvergleichlichen Margaret Rutherford.
Miss Marples Onkel ist verstorben und somit erbt sie auch dessen Mitgliedschaft und Mandat in der „Stiftung zur Besserung der Jugend“ in Milchester, die ehemals von ihrem Großvater gegründet wurde. Natürlich will man Miss Marple auf der jährlichen Sitzung des Kuratoriums einen herzlichen Empfang bereiten, dem jedoch das Kuratoriumsmitglied Ffolly-Hardwicke nun wirklich nichts abgewinnen kann. Er wirkt sichtlich nervös und möchte am liebsten direkt etwas los werden, was für die Stiftung wohl ein wahrer Sprengsatz wäre. Und gerade als man dem drängelnden Herrn endlich das Wort erteilt, nimmt dieser noch eine Brise Schnupftabak, von dem Miss Marple aus versehen im Vorfeld etwas verschüttete und bricht umgehend tot zusammen. Der Arzt attestiert zwar Herzversagen, jedoch will Miss Marple nicht so recht an diese einfache Feststellung glauben.
Zwei Dinge bestärken Miss Marple in ihren Zweifeln, denn plötzlich, als sie alleine in den Raum zurückkehrt, ist das Fenster geöffnet, dass direkt zu einer Feuertreppe führt und die edle Schnupftabaksdose des Toten ist leer bis auf den Rest, der auf einem Stück Papier von ihr verschüttet wurde. Miss Marple kombiniert und ist der festen Überzeugung, dass das eilige Anliegen des Toten und sein schnelles Ableben im Zusammenhang stehen müssen. Nachdem sie die Reste des Schnupftabak und ein vom Toten bekritzelten Umschlags sicher gestellt hat, tritt sie über die Feuertreppe den Weg an, den der vermeintliche Täter ebenfalls genommen haben muss. Dabei läuft sie jedoch Inspektor Craddock in die Arme, der wie gehabt mal wieder nichts von einem Verbrechen wissen will (man fragt sich hier unwillkürlich was mit seiner Beförderung zum Oberinspektor im letzten Film geworden ist).Doch die Meinung von Craddock interessiert Miss Marple nicht wirklich, zumal er sich wieder ihr gegenüber recht Flegelhaft benimmt und so stellt sie ihre eigenen Untersuchungen an, bei der ihr Mr. Stringer natürlich wieder helfend zur Hand geht. Mit ihrem kleinen chemischen Labor (für die Hausfrau) stellt Miss Marple schnell fest, dass die Reste des Schnupftabak, die der Täter in der Eile übersah, mit dem Gift Strychnin durchsetzt sind.
Als Kennerin der umfangreichen Kriminalliteratur erkennt sie zudem, dass der Täter sich bei dem Mord peinlichst genau an ein Schema hält, dass in dem Kriminalroman THE DOOM BOX beschrieben ist. Und weil das verstorbene Kuratoriumsmitglied vorher eine Inspektion auf dem Schulschiff „H.M.S. Battledore“ absolviert hatte, entschließt sich Miss Marple es ihm gleich zu tun und ihrerseits einige Tage auf dem Schulschiff zu verbringen. Denn dort scheint es nach ihrem kriminalistischen Spürsinn nicht wirklich mit rechten Dingen zuzugehen. Als Rückendeckung und verlängerter Arm dient ihr hierbei natürlich Mr. Stringer, der seinerseits in einem im Hafen befindlichen Hotel absteigt.
An Bord der „Battledore“, die eigentlich nie den Hafen an sich verlässt, ist Miss Marple jedoch nicht wirklich gerne gesehen. Cpt. Sidney de Curcy Rhumstone hält nicht viel von Frauen an Bord, obwohl zur Besatzung auch zwei ausgebildete Krankenschwestern (Hausmutter erster und zweiter Klasse) gehören. Was Rhumstone jedoch noch mehr missfällt ist die typische Unruhe, die die Besuche der Kuratoriumsmitglieder laufend auf der „Battledore“ mit sich bringen. Denn alle Angestellten des Schiffes haben so ihre kleinen Eigenarten und Geheimnisse, die sie nicht gerne preis geben möchten. Doch Miss Marple lässt sich davon nicht beirren, denn einer von ihnen dürfte der Mörder sein. Den Unmut von Rhumstone erkennend, wendet Miss Marple den einen oder anderen Kniff an und ehe dieser sich versieht, bittet er sogar Miss Marple, noch einige Zeit länger auf dem Schiff zu verbringen. Da hilft es auch nichts, wenn er kurz darauf selbst feststellt, dass er von der rüstigen Detektivin vorbildlich ausgetrickst wurde.Schnell kommt Miss Marple auch dahinter, dass es unter den Jugendlichen eine perfekt eingespielte Diebesbande gibt, die des Nachts an Land fröhlich die Häuser ausräumt. Im Verlauf dessen kommt es zu weiteren Todesfällen auf der „Battledore“, teils durch Gift, injiziert durch eine versteckte Mausefalle, dem die junge Krankenschwester zum Opfer fällt und teils recht auffällig, indem man am frühen Morgen Lt. Compton an einem Mast des Segelschiffes aufgehängt vorfindet. Selbst Mr. Stringer, der die Diebesbande heimlich beschattete und deren Beiboot entwendet, gerät dabei plötzlich unter Mordverdacht. Doch Miss Marple weiß ihm beizustehen und weiht Inspektor Craddock später in ihre bisherigen Ermittlungen ein.
In der Schiffsbibliothek findet sie zudem das Buch THE DOOM BOX, welches als Anleitung zum ersten Mord genutzt wurde. Aber auch die vom ersten Mordopfer auf einem Umschlag vermerkten Zahlen scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. Zwar ist Craddock nun längst mit im detektivischem Boot von Miss Marple und die Zahl der möglichen Verdächtigen hat sich durch die Todesfälle bereits reduziert, doch tappt er von sich aus immer noch gewaltig im Dunkeln. Erst als Miss Marple das eigentliche Motiv der Morde anhand der Zahlen, und der sich an Bord befindlichen Jugendlichen vergleicht, kommt sichtlich Bewegung in den Fall. Denn jemand hatte dem Kuratorium immer zu viele Jugendliche an Bord der „Battledore“ in Rechnung gestellt und so die erfolgten, sehr hohen Finanzierungen persönlich für die eigene Tasche abgezweigt.
Miss Marple beschließt so dem eigentlichen Täter eine Falle zu stellen, während sich die Besatzung zu Feierlichkeiten zum Gedenktag an Admiral Nelson an Land befindet. Eine sonderlich große Hilfe ist Inspektor Craddock und sein Mitarbeiter jedoch nicht. Jedoch weiß Miss Marple Dank ihrer Fechtkunst, sich den Mörder, der sich als Breeze-Connington herausstellt, vom Leibe zu halten, bis in einem unachtsamen Moment des Mörders sich Mr. Stringer von hinten als Lebensretter betätigt.Kurzinfo und Fazit:
Mein Erfolg kam spät, aber – wenn ich so sagen darf – in recht sensationeller Art.
(Margaret Rutherford / Internetseite zu Margaret Rutherford von Klaus F. Rödder)
Mit dem Schauspieler Stringer Davis war Margaret Rutherford seit 1945 verheiratet. Die Figur des Bibliothekars Jim Stringer gab es in den jeweiligen Romanvorlagen allerdings nicht, denn seine Rolle in den vier Miss Marple-Filmen wurde auf Wunsch von Margaret Rutherford selbst hinzugefügt. Auch in dem Film HOTEL INTERNATIONAL spielten sie bereits zusammen, wobei Stringer Davis hier die Rolle des Portier einnahm.
Anfang der 60er Jahre adoptierten sie den Schriftsteller Gordon Langley Hall, der durch die weltweit erste operative Geschlechtsumwandlung zur Frau, Ende der 60er Jahre unter dem Namen Dawn Langley Simmons zahlreiche Bücher schrieb, wozu auch die Biographie über Margret Rutherford zählt. Ein weiterer berühmter Verwandter von Margaret Rutherford war übrigens der englische Politiker Tony Benn, ein Cousin von M. Rutherford.
Im Alter plagte Margaret Rutherford eine Alzheimer Erkrankung, bis sie 1972 und damit elf Tage nach ihrem 80. Geburtstag verstarb. Als Grund stellten sich Komplikationen nach einem zahnärztlichen Eingriff heraus. Beerdigt wurde Margaret Rutherford in der Gruft der St. James Church, Gerrards Cross in Buckinghamshire. 1973 verstarb dann ihr Ehemann Stringer Davis, der neben ihr beigesetzt wurde.Die Kritiken zum vierten Film MÖRDER AHOI! gingen etwas auseinander, was dem letzten Teil der Reihe jedoch keinen Abbruch tut, denn er ist routiniert und gekonnt in Szene gesetzt worden. Zudem sprüht dieser Teil wieder über seitens des typischen englischen Witz, der die Filme an sich schon zu einem Genuss machte. Daran nicht ganz unbeteiligt ist hierbei in diesem Film auch der Schauspieler Lionel Jeffries, der den leicht verdatterten und genervten Kapitän des Schulschiffes zum Besten gab. Ein Mann also, der mit Fremden und gerade Frauen an Bord eines Segelschiffes nicht so recht etwas anfangen konnte und der doch, wie sich am Ende herausstellte, eine langjährige Affäre mit der Hausmutter erster Klasse, Alice Fanbraid geführt hatte, die nun aber endlich mal unter die eheliche Haube wollte. Schon diese Szenen am Ende des Films sind einfach sehenswert.
Kritiken hin oder her, MÖRDER AHOI! war für mich einer der liebsten der insgesamt vier Miss Marple-Filme mit Margaret Rutherford. Und wie das so ist, wenn uns das Fernsehen mal wieder an den weihnachtlichen Feiertagen zu langweilen versteht, werde ich diese Agatha Christie-Collection wieder hervor holen und mir die Festtage gemütlich und mit jeder Menge Spaß versüßen. Schließlich ist Lachen ja auch zu Weihnachten gesund. In diesem Sinne wünsche ich den Leserinnen und Lesern schon mal von dieser Stelle aus ein paar ruhige und entspannte Festtage, was nun aber nicht heißt, dass ihr nun auch im Rest des Jahres hier nichts mehr von mir geboten bekommt. Da kommt noch einiges vor Neujahr, wir wollen ja keine Langeweile aufkommen lassen.Mörder ahoi!
Kommentare
Jeffries ist zweifellos der Höhepunkt des Films. Er ist einfach nur großartig und hat auch die besten Sprüche. "Ich würde ihn an der höchsten Rah aufhängen lassen" - "So wie ihn?" - "Genau. Was??"
Jeffries hingegen haute hier einige Kalauer aus dem Ärmel, die wirklich goldig sind.
Generell muss man aber sagen, dass die vier Filme alle einem Muster folgen. Von daher ist es auch gut, dass man die Reihe nicht weiter verfolgt hatte, sonst hätte sich das Schema schnell tot gelaufen.