Gottfried John - Ein Nachruf
Gottfried John
(1942-2014)
"Das waren die Lebensumstände, egal, ob das im Heim oder in einer fremden Stadt wie Paris war, in der ich lebte, aber die Sprache nicht konnte. Ich habe da gelernt, wie man überlebt, wie man weiterkommt. In Paris habe ich als Pflastermaler gearbeitet. Es war eine Möglichkeit, um mich über Wasser zu halten. Ich war ja nur als Tourist in Paris. Alle drei Monate musste ich über die Grenze und wieder einreisen. Die Pflastermalerei ist damals erst erfunden worden. Junge Maler von der Akademie haben das erfunden, um etwas Geld zu verdienen. Einer hat mir gezeigt, wie man grundiert, wie man das richtige Pflaster findet. Das war echte Arbeit." (1)
1962 kehrten Mutter und Sohn nach Berlin zurück, wo Gottfried John entschied, eine Ausbildung als Schauspieler zu beginnen.
"Das ist nicht unbedingt mein Wunsch gewesen. Aber ich wollte einen anständigen Beruf lernen, und da fiel mir nichts anderes ein. Ich wollte nicht ewig in Paris bleiben. Ich musste so lange aus Deutschland wegbleiben, weil ich erst mit 21 volljährig wurde. Sonst wäre ich im Heim gelandet." (2)
Der Versuch am Max Reinhardt-Seminar eine Ausbildung als Schauspieler zu beginnen scheiterte aber, da er die Aufnahmeprüfung nicht schaffte. Daraufhin nahm John Unterricht bei Marlies Ludwig, die ihm auch half, sein Stottern zu überwinden, was zu einem Wendepunkt in seinem Leben führte.
Während der Ausbildung bei Ludwig gab Gottfried John 1963 sein Bühnen-Debüt am Berliner Schiller-Theater. Nach seiner Abschlussprüfung ging er 1963 an die Landesbühne Hannover.
Zwei Jahre später ging er nach Krefeld, wo er den Regisseur Hans Neuenfels kennenlernte. Unter dessen Regie feierte John mit dem Stück PUBLIKUMSBESCHIMPFUNG seinen ersten großen Bühnenerfolg. Kurze Zeit später folgte er Neuenfels nach Heidelberg, wo der Regisseur John in einer Reihe klassischer Rollen wie RICHARD III., MACBETH oder Robespierre besetzte.
Schon Anfang der 1960er Jahre kam Gottfried John mit dem Medium Kino in Berührung. 1962 gab er in DAS MÄDCHEN UND DER STAATSANWALT sein Film-Debüt. Danach folgten eine Rolle in CAFE ORIENTAL (1962).
Doch erst nach seinen Erfolgen an diversen deutschen Bühnen, konnte John Anfang der 1970er Jahre auch im Film und Fernsehen Fuß fassen. In der Kantine der Bavaria-Film machte er die Bekanntschaft von Volker Vogeler, der ihm die Titelrolle in JAIDER, DER EINSAME JÄGER (1971) gab.
Die Rolle des Heimkehrers aus dem deutsch-französischen Krieg, der aus Not wildert und sich einen Privatkrieg mit dem gräflichen Jäger liefert, brachte John erste Anerkennungen ein. Danach folgt die Rolle im Fernsehfilm CARLOS (1971), die eigentlich für Klaus Kinski vorgesehen war.
1972 kam es zu einem weiteren Wendepunkt in seinem Leben. Durch den TV-Fünfteiler ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG kam es zu ersten Zusammenarbeit mit dem Regisseur Rainer Werner Fassbinder. Es folgen Rollen in weiteren Fassbinder-Filmen wie WELT AM DRAHT (1973), MUTTER KÜSTERS' FAHRT ZUM HIMMEL (1975), DESPAIR (1978), DIE EHE DER MARIA BRAUN (1978), IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN (1978) oder in dem Fassbinder Mehrteiler BERLIN ALEXANDERPLATZ (1980), so dass John mit der Zeit als Fassbinder-Star abgestempelt wurde und ihm nur wenige andere Rollen angeboten wurden.
"Ich habe so viele Etiketten, vom "deutschen Belmondo" über "Neuenfels-Schauspieler" zu "Fassbinder-Akteur" - für die vielen Schubladen braucht man inzwischen schon einen großen Schrank. Ich glaube, daß ich schon ein bißchen differenzierter bin. In einem Actionfilm zu spielen ist eine völlig neue Erfahrung für mich." (3)
Das Jahr 1981 markierte mit dem Film LILI MARLEEN das Ende der Zusammenarbeit mit Werner Fassbinder, der ein Jahr später verstarb.
Danach musste sich John umorientieren. Nach seiner Rolle des spanischen Missionar, Menschenrechtler und Kolonialkritiker Bartolomé de Las Casas in BARTOLOME ODER DIE RÜCKKEHR DER WEISSEN GÖTTER (1985) war er ab Mitte der 1980er Jahre vermehrt im Ausland tätig. So u. a. in Filmen wie MATA HARI (1985), OFF PURE BLOOD (1986), NIGHT OF THE FOX (1990) oder in Serien wie GAME, SET AND MATCH (1988), ALLEIN GEGEN DIE MAFIA (1990) und SPACE RANGERS (1993).
Ab Mitte der 1990er Jahre sah man Gottfried John dann wieder vermehrt im deutschen Fernsehen. So u. a. auch als KOMMISSAR BECKMANN in dem Fernsehfilm TÖDLICHES NETZ. In dieser Rolle war der Schauspieler 1996 und 1999 auch in den beiden TV-Filmen BECKMANN UND MARKOWSKI - IM ZWIESPALT DER GEFÜHLE sowie BECKMANN UND MARKOWSKI - GEHETZT zu sehen.
International bekannt wurde Gottfried John 1995 durch die Rolle des Generals Arkady Grigorovich Ourumov in den James Bond-Film GOLDENEYE.
"Normalerweise vermeide ich es, Bösewichte zu spielen. Ich habe versucht, mit diesem General Ourumov den Aufstieg und Fall der Sowjetunion in einer Person darzustellen. In Bond-Filmen sind die Figuren relativ einfach - da muß ich mir dann schon eine Dimension hinzudenken. Ich spiele so eine Rolle nicht einfach mit links." (4)
Nach seinen Rollen in Filmen wie DER UNHOLD (1996), ASTERIX & OBELIX GEGEN CAESAR (1999), BALZAC (1999), LEBENSZEICHEN (2000), JULIE-AGENTIN DES KÖNIGS (2004) oder STÖRTEBEKER (2006) folgte u. a. der TV-Film DIE LÖWIN (2012).
Für die Rolle des Julius Caesar in ASTERIX & OBELIX GEGEN CAESAR wurde John 2000 mit dem Bayerischen Filmpreis als BESTER NEBENDARSTELLER ausgezeichnet.
Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler in Film und Fernsehen ist Gottfried John auch als Sprecher im Hörbuchbereich tätig. Zudem schrieb er mit BEKENNTNISSE EINES UNERZOGENEN (2000) sowie DAS FÜNFTE WORT (2005) zwei Romane, wobei BEKENNTNISSE EINES UNERZOGENEN starke autobiographische Züge aufweist.
2013 war der Schauspieler als DR. WHITE in RUBINROT in seiner letzten Filmrolle zu sehen.
Gottfried John verstarb am 1. September 2014 in seinem Haus am Ammersee in der Nähe von München an den Folgen seiner Krebserkrankung.
(1) Gottfried John
(2) Gottfried John
(3) Gottfried John
(4) Gottfried John
© by Ingo Löchel