Von überheblicher Selbstsucht, Gruppenterror und dem Tod – Wasted on the Young
Von überheblicher Selbstsucht, Gruppenterror und dem Tod
Wasted on the Young
Doch Darren rangiert dort eigentlich am unteren Rand der Beliebtheitsskala.
So zieht sich Darren lieber in seinem Zimmer zurück und verbringt seine Zeit entsprechend vor dem Computer. Zack indessen ist genau das Gegenteil von Darren. Er ist die Nummer Eins in der Privatschule und zudem noch der Star im Team der Schwimmer. Neben den mehr oder weniger rabiaten Kumpels bewegen sich auch die heißesten Mädchen der Schule in seinem Dunstkreis, stets bereit für ihn und einer Nase voll Koks alles zu geben.
Das ändert sich etwas, als die süße Xandrie plötzlich ein Auge auf den eher schüchternen Darren wirft, während sie sich gerade im Fadenkreuz von Zack befindet. Ein Umstand, der einfach nicht in das überhebliche Weltbild seines Stiefbruders Zack passend. Ist er es doch gewohnt, einfach alles zu bekommen was er will.
Auf einer der rauschenden Partys von Zack hat sich Xandrie dann auch gleich mit Darren verabredet, laufen jedoch in der Masse der Schülerinnen irgendwie aneinander vorbei, ohne sich in der weiträumigen Villa zu treffen. Ganz im Gegensatz zu den Mädchen im Umfeld von Zack und seinen Jungs, die sich gespielt freundschaftlich an Xandrie und ihre Freundin heran machen, um ihnen ein Getränk zu überreichen. Man lernt hier auf die harte Tour, das man nie Getränke von Unbekannten annehmen sollte, denn darin befinden sich harte Drogen.
Während Darren die Suche unter den Partygästen langsam aufgibt und sich wieder in sein zimmer zurück zieht, sind es Zack und seine Jungs, die Xandrie und ihre Freundin mit in einen Raum der Villa nehmen, wo man vom Rest der Party ziemlich ungestört ist. Hier beginnen die Drogen zu wirken und bald macht sich der Erste von Zacks Kumpels über Xandrie her, um sie zu vergewaltigen. Er bleibt wohl nicht der Einzige in dieser Nacht, der sich an dem hilflosen Mädchen vergeht. Als man mit ihr fertig ist, verschleppt man das Mädchen an den Strand, wo man sie achtlos liegen lässt.
„Nichts was du tust, wird irgendetwas ändern.“
(Filmzitat)
Als auch in den nächsten Tagen Xandrie nicht in der Schule auftaucht, macht sich Darren einige Sorgen. Er versucht sie auf dem Handy zu erreichen, doch dieses befindet sich nach wie vor in der Villa zwischen jeder Menge Unrat und Flaschen, welches sich nach der Party angesammelt hat. Aber auch sonst geht einiges vor, was Darren stutzig macht, denn plötzlich beginnen Schüler via Internet und Handy-Nachrichten über Xandrie her zu ziehen und sie in ein denkbar übles Licht zu rücken.
Zwar versucht Xandrie, als sie wieder auftaucht, die Vorkommnisse der besagten Nacht zu verschleiern, doch Darren ist sich bereits sicher – hier ist etwas sehr schlimmes vorgefallen. So stellt Darren Nachforschungen an, um dem grausamen Spiel, dessen sich sein Stiefbruder und seine Gang schuldig gemacht haben, auf die Schliche zu kommen. Das entgeht jedoch auch Zack und seinen Kumpels nicht, was eine Spirale von hinterlistigen Intrigen und hemmungsloser Gewalt in Gang setzt. Als Xandrie sich in der Schule selbst vor aller Augen das Leben nimmt, sinnt Darren auf blutige Vergeltung.
„Wenn du über den Menschen stehst, musst du keine Rechenschaft mehr ablegen.“
(Filmzitat)
Was zuerst einmal auffällt, ist die Thematik und die Tatsache, dass es sich hier um Jugendliche der reichen Oberschicht handelt. Selbiges ist durchaus schon bekannt und wurde bereits in dem Film EISKALTE ENGEL mit Sarah Michelle Gellar, Reese Witherspoon und Ryan Phillippe sehr ansprechend behandelt. Intrigen, Mobbing und Gewalt bestimmten auch hier in einigen Sequenzen die recht spannend und mitunter witzig umgesetzte Handlung. Dagegen kommt jedoch WASTED ON THE YOUNG nicht nur mächtig moderner daher, sondern wirkt auch visuell erschreckender und in seiner ungeschönten Umsetzung noch beeindruckender.Die ganze Atmosphäre des Films wirkt frostiger, was die Intensität des gezeigten merklich erhöht. Zack und seine Gefolgschaft wirken geradezu, als genießen sie jede Form der uneingeschränkten Freiheit, ohne sich auch nur eine Sekunde um Gesetze und Regel scheren zu müssen, denn sie haben alles und jeden im Griff. Sie nutzen jede Form der modernen Technik, um ihre Ziele zu erreichen und andere in ein denkbar schlechtes Licht zu rücken. Genau diese technischen Möglichkeiten sind es aber auch, die ihnen das Genick brechen könnten.
Verwirrend für den Zuschauer dürften im Film jedoch die einzelnen Traumsequenzen von Xandrie und Darren sein, in denen sie sich zwar vorstellen, was sie gerade aus Rache gerne machen würden, dieses aber nicht im Stande sind umzusetzen. Man sollte sich aber in diesem Punkt nicht zu sehr verwirren lassen, sondern sich vielmehr in ihre Gedankenwelt hinein versetzen, dann dürften auch diese wenigen Traumsequenzen eine erfrischende Bereicherung sein. Bieten sie doch eine beeindruckende Möglichkeit, in ihr Gefühlsleben per Momentaufnahme kurz aber tief eintauchen zu können.
Doch nicht nur das bildlich werdende Wunschdenken von Darren und Xandrie trägt durch seine Härte zur Spannung bei. Viel mehr noch sind es die Kaltblütigkeit und die Exzesse der Gewalt, die den Zuschauer an vielen Stellen fassungslos werden lassen. Zeigt sich doch hier eindringlichst, wie das Element der Macht Menschen jeder sozialen Komponente berauben kann. Mitunter hat man den Eindruck, das Zack und seine Gang andere Menschen mit weniger Geld, Einfluss und Macht nicht nur in einem niederen Klassenstand verhaftet betrachten, sondern diese schon ein Stück weit wie eine Unterart ihrer Spezies ansehen.
Zwar fällt es dem Zuschauer nicht gleich auf, jedoch auch ein anderer Kunstgriff seitens Ben C. Lucas soll eindringlich die Machtmechanismen und die surreal wirkende Ellenbogengesellschaft innerhalb der Jugendlichen verdeutlichen. So tritt in dem gesamten Film nicht eine einzige erwachsene Person, egal ob Lehrer, Eltern oder eventuell ein rein Unbeteiligter auf. Ein Stil also, der den Fokus direkt und ohne Störungen auf die Selbstsucht, die protzige Lebenshaltung, den Gruppenzwang aber auch die achtlose Grausamkeit lenkt, in denen sich junge Menschen verrennen können, wenn ihnen Grenzen durch Sozialisierung nicht aufgezeigt werden.Eine manchmal ungewöhnliche Schnittfolge und interessante Videoeffekte sorgen weiterhin für eine atemlose Betrachtung des Thrillers, der den Zuschauer nicht gerade selten ziemlich verschreckt aufgrund der intensiven Handlung und verstörenden Gewaltbereitschaft einiger Weniger. Selbiges lässt den Zuschauer manches mal kaum zu Atem kommen.
Man kann also bei dem Erstlingswerk WASTED ON THE YOUNG von Ben C. Lucas durchweg von einem Thriller der schon gehobenen Klasse sprechen, dem es gelingt, schon in den ersten Szenen dem Zuschauer unmerklich unter die Haut zu gehen. Gerade dieser Zustand macht dem Zuschauer aber dann auch wohl etwas zu schaffen. Da der Spannungsbogen schon zu Beginn merklich anzieht, hat man unwillkürlich das stetige Gefühl, man könnte im weiteren Ablauf etwas verpassen. Daher mein gut gemeinter Rat: Wenn sich eine Pinkelpause nicht vermeiden lässt, sollte man vorsorglich gleich die Pausentaste drücken, ehe man sich genötigt sieht, späterhin einige Szenen zurück schalten zu müssen.
Fazit: Ein ungewöhnlicher Film mit einer gehörigen Portion Härte, leicht durchsetzt mit Szenen des Wunschdenkens von Jugendlichen, die dem erlebten eher hilflos gegenüber stehen und einem intensiven Schauspiel aller Beteiligten, machen WASTED ON THE YOUNG absolut sehenswert. Eigentlich gibt es kaum etwas wirklich zu kritisieren, bedenkt man dabei den Bonus für ein Erstlingswerk, den man den Machern stets fairer Weise zugesteht. WASTED ON THE YOUNG bietet Spannung pur und eine eindringliche Warnung - wenn auch vielleicht hier und da mit einer gewollt überspitzten Sichtweise - auf ein durchaus aktuelles Thema einer Ellenbogengesellschaft, die ihre sozialen Komponenten mehr und mehr zu verlieren droht und dessen Grundstein eben bereits in der Jugend gelegt wird.
Daten zum Film: