Die deutschen TV-Straßenfeger: TIM FRAZER
Tim Frazer
Dort ist vor kurzem ein sowjetischer Frachter in einen schweren Sturm geraten und an der Küste gestrandet. Ein Teil der Besatzung konnte gerettet werden.
Doch in dem Gasthof "The Three Bells" stirbt ein russischer Matrose namens Anstrow, der kurz vor seinem Tod den Namen "Anya" ruft. Dr. Killick (Paul Klinger), der Arzt des Ortes, konnte dem Schwerverletzten nicht mehr helfen.
In der Hinterlassenschaft des Toten entdeckt Frazer zu seinem Erstaunen eine Spur, die zu Denston führt: einen Schein einer Londoner Garage. Der sowjetische Kapitän Nikiyan (Friedrich Joloff) versichert aber, das Anstrow nie in London gewesen ist.
Zurück in seiner Heimatstadt muss Frazer feststellen, dass er nicht der einzige ist, der Harry Denston sucht. Auch ein gewisser Charles Ross (Konrad Georg) und sein Kollege Arthur Crombie (Kurt Waitzmann), dem Frazer bereits in "The Three Bells" begegnet ist, suchen seinen ehemaligen Teilhaber. Ross bittet Frazer Denston zu suchen. Nach einigem hin und her stimmt Frazer schließlich zu. Die erste Spur führt ihn in die Marble Arch Garage. Dort entdeckt Tim Harrys Wagen. Im Handschuhfach findet er ein Brillenetui, das einer gewissen Mrs. Edwards (Ursula Herking) gehört.
Frazer sucht das Cottage der Familie Edwards auf und findet heraus, dass die Mr. und Mrs. Edwards eine Ziehtochter namens Anya haben. Denselben Namen rief der russische Matrose Anstrow bevor er verstarb. Donald Edwards (Ernst Fritz Fürbringer) ist ein begeisterter Bastler von Schiffsmodellen. Eines seiner Prachtstücke ist die "North Star".
Zurück in seiner Wohnung meldet sich ein Autohändler namens Edgar Tupper (Josef Dahmen), der sich auf eine Verkaufsanzeige in der Tageszeitung bezieht, die Frazer jedoch nie aufgegeben hat. Darin wird Harry Denstons Wagen zum Verkauf angeboten, für den sich Tupper sehr zu interessieren scheint. Nachdem sich Frazer mit Tupper in dessen Tankstelle auf einen Verkaufspreis geeinigt hat und den Wagen am nächsten Morgen vorbeibringen will, informiert er Arthur Crombie und vereinbart mit dem Mann ein Treffen in seiner Wohnung.
Als Tim Frazer (Max Eckard) seine Wohnung erreicht, entdeckt er den verletzten Arthur Crombie mit einem Messer im Rücken. Auf dem Kaminsims steht ein Schiffsmodel der "North Star", das, genauso wie die Leiche von Crombie verschwunden ist, nachdem Frazer Charles mit Charles Ross zusammen in seine Wohnung zurückkehrt ...
Nach dem überragenden Erfolg des Durbridge-Sechsteilers DAS HALSTUCH, drehte die ARD 1962 mit TIM FRAZER den nächsten Francis Durbridge-Mehrteiler fürs Fernsehen, der vom 14. Januar 1963 bis zum 25.Januar 1963 ausgestrahlt wurde.
Ähnlich wie bei DAS HALSTUCH stieg auch bei TIM FRAZER die Sehbeteiligung von Folge zu Folge. Von anfänglichen 80%, erreichte der sechste Teil schließlich eine Sehbeteiligung von 93%, so dass TIM FRAZER den Namen Straßenfeger nicht ohne Grund verdient.
Ein Boxkampf zwischen dem beliebten deutschen Schwergewichtsboxer Karl Mildenberger und dem US-Amerikaner Archie McBride wurde von den Veranstaltern vorsorglich vom 25. Januar, dem Sendetermin der letzten Folge, auf den Folgetag verschoben, da man annehmen musste, dass aufgrund der hohen Sehbeteiligung und des großen Interesses der Fernsehzuschauer an dem Durbridge-Mehrteiler, der Kampf im Berliner Sportpalast ohne Publikum hätte stattfinden müssen.
Um zu verhindern, dass der Täter schon frühzeitig 'verraten' werden würde, wie bei DAS HALSTUCH, mussten alle Beteiligten von TIM FRAZER vor Beginn der Dreharbeiten eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben, in der eine Strafe bei Nichtbeachtung von mindestens 1.000 DM angedroht wurde. Doch wer nichts mit der Schlüsselszene im Durbridge-Mehrteiler zu tun hatte, bekam die letzten Skriptseiten ohnehin nicht zu sehen bzw. ausgehändigt.
Für die Rolle des TIM FRAZER war zuerst HANSJÖRG FELMY vorgesehen. Doch der Schauspieler lehnte die Rolle ab, weil sie ihm nicht zusagte.
"Als ich bei "Tim Frazer" abwinkte, haben mich alle für verrückt gehalten! Mensch, haben die Kollegen gesagt, einen Durbridge, einen solchen Straßenfeger kann man doch nicht ausschlagen. Aber die Rolle war einfach unattraktiv. Der Frazer steht doch bloß rum. Da kann man spielen, was man will, es ändert nichts". (1)
Dafür übernahm der Schauspieler MAX ECKARD die Rolle, der als bodenständigen Tim Frazer eine durchweg überzeugende Darstellung abliefert. Aber auch die übrigen Rollen, allen voran MARIANNE KOCH als undurchsichtige Helen Baker sowie PAUL KLINGER als Dr. Killick und KONRAD GEORG als Charles Ross, sind ausgezeichnet besetzt.
Die Spannung des Mehrteilers wird zum Teil dadurch erzeugt, dass die einzelnen Teile immer dann enden, wenn Frazer etwas wichtiges bei seinen Ermittlungen erfährt oder etwas entscheidendes passiert. Wie z. B. der Mord an Crombie oder der Name Anya, die die Ziehtochter der Familie Edwards trägt. Hinzu kommen u. a. die undurchsichtige Helen Baker, die Tim Frazer immer irgendwelche Lügen auftischt. Erst im Verlauf der Handlung des Sechsteilers erfährt der Zuschauer den Grund für die Lügenmärchen.
Der Durbridge-Sechsteiler TIM FRAZER basiert auf dem Francis Durbridge- Drehbuch zur 18teligien Serie THE WORLD OF TIM FRAZER, die von der BBC von 1960 bis 1961 ausgestrahlt wurde. Die britische Serie beinhaltete drei Abenteuer von Tim Fazer, die jeweils aus sechs Teilen bestanden. Nach dem Serien-Drehbuch verfasste Francis Durbridge drei Frazer-Romane, von dem der erste unter dem Titel THE WORLD OF TIM FRAZER 1962 veröffentlicht wurde.
Vergleicht man den Roman TIM FRAZER mit dem gleichnamigen TV-Mehrteiler, so beginnt die Handlung des Buches im Sechsteiler etwa zur Mitte des zweiten Kapitels des Romans. Vorher bekommt der Leser im Roman von Francis Durbridge noch einige Hintergrundinformationen zu Tim Frazer sowie Harry Denston und deren gemeinsamer Firma geboten. Ansonsten ist der Roman eine gute Umsetzung des Mehrteilers. Zudem bietet der Roman TIM FRAZER eine gute Ergänzung zum TV-Straßenfeger, da er neben zusätzlichen Informationen auch noch erweiterte Dialoge etc. enthält, die in der ARD-Fernsehverfilmung nicht vorkommen.
TIM FRAZER
(1) Hansjörg Felmy
© by Ingo Löchel