Die Faszination zu töten - Jack Ketchum's AMOKJAGD

Jack Ketchum's AMOKJAGD

»Sie erkannte, dass das Leben in Wirklichkeit nur eine überschaubare Menge an Zeit bedeutete. Man selbst bestimmte diese Menge. Als wären die Menschen nur ein Haufen Uhren, die alle auf eine andere Zeit eingestellt waren und unaufhaltsam ihrem Ende entgegentickten. Mit einem mal fühlte sie sich sehr traurig und einsam.«Der Zufall befindet sich in der Person Wayne Lock ganz in der Nähe (oder sollte man sagen, hoch über dem Tatort?) auf einem Hügel, wo er gerade Sex mit seiner Freundin Susan hat. Doch es ist kein Sex aus Liebe. Wayne will ihr weh tun, hofft darauf, dass sie sich bei dem wilden Liebesspiel verletzt. Doch erst als die Hände von Wayne immer fester um Susans Hals zudrücken, bemerkt sie, das er nicht im Rausch der Lust handelt, sondern eine Eiseskälte in seinen Augen flackert, die ihr Furcht einflößt. Fast hätte er sie erwürgt und als Susan sich von ihm abwendet, ihn beschimpft, muss sie wieder feststellen, dass dieses Handeln von ihm mit einer Gleichgültigkeit bedacht wird, die sie frösteln lässt. Susan verlässt fluchtartig den Hügel, ohne das Wayne auch nur den Versuch macht, sie um Verzeihung zu bitten oder ihr aus irgendeinem anderen Grund zu folgen. Alleine wird Wayne jedoch bald auf ein Paar in seiner Nähe aufmerksam, zu dem ein Dritter stößt. Ein Kampf beginnt und dann stirbt der Dritte. Fasziniert verfolgt Wayne Lock den Mord. Eines weiß er dabei genau: die Polizei würde er nicht verständigen. Dieses würde seinem nun gefassten Plan auch völlig zuwider laufen, denn in ihm bohrt der Wusch, selbst zu töten und dieses Paar dort unten ist für ihn der Schlüssel, die letzte Grenze zu überschreiten.
(Jack Ketchum AMOKJAGD / Seite 22)
»Die Toten waren überall. Sie schlitzten Kehlen mit alten, rostigen Messern auf und stapelten Leichen wie Brennholz zu großen Haufen. Er sah, wie ein schreiender Säugling in den Armen seiner verstorbenen Mutter bei lebendigem Leib von einem ausgehungerten, skelettartigen Hund gefressen wurde.
Dann wachte er auf.Sein Bettlaken war grau und klamm. Die Sonne stand schon hoch am Himmel. Er hatte den Traum noch deutlich vor Augen.«
(Jack Ketchum AMOKJAGD / Seite 94f)

Eine andere Ebene im Buch nimmt der Polizist Rule ein, der durchaus seine eigenen Sorgen und Probleme hat. Denn Rule kann die Trennung von seiner Frau Ann und seiner kleinen Tochter Chrissie nicht verwinden, weshalb er auch sein Problem mit der Hilfe des Psychologen Marty in den Griff zu bekommen versucht. Auch Rule kennt Carole Gardner, die ihn irgendwie an Ann erinnert. Und er kennt Howard Gardner, den er schon mal verhaften musste, als er volltrunken seine Ex-Frau terrorisierte. Nun jedoch trifft Rule Howard wieder, nur dass dieser unsypathische Kerl nun eine Leiche ist. Rule weiß, wie Carole unter ihrem Ehemann zu leiden hatte und irgendwie wäre es ihm ganz recht, wenn dieser Kerl wirklich durch einen Unfall ums Leben gekommen wäre. Doch die obligatorischen Fragen muss man stellen, und als er erneut zum Haus von Carole fährt, sind zwar die Fahrzeuge von Carole und Lee dort, das Paar ist jedoch nicht anwesend. Rule ahnt in diesem Moment noch nicht, dass sowohl Carole als auch Lee bereits in der Gewalt von Wayne Lock sind, und dieser zieht nun von einem Ort zum anderen eine Spur von Blut und Tod!
»Der Schuss riss ihr den größten Teil ihres linken Zeigefingers ab, bevor sich die Kugel rechts von ihrer Wirbelsäule in ihren Rücken bohrte. Ihre Nieren verteilten sich vor ihr auf dem Asphalt. Es sah aus, als wäre in ihrem Inneren eine Dose Hundefutter explodiert.«
(Jack Ketchum AMOKJAGD / Seite 125)

Der Roman weist zwischenzeitlich durchaus ruhige Momente auf. Insbesondere dann, wenn die Szene zu Rule und seinen Problemen umschwenkt. Das bedeutet aber nicht, dass der Spannungsbogen nun geradezu abstürzt. Viel eher sind dies Momente, in denen die Leser mal wieder Luft holen können, bevor der Schrecken auf's neue Fahrt aufnimmt. Bei aller Härte, die der Roman aufweist, stellt sich immer wieder die Frage, ist das, was in der Handlung passiert, überhaupt in der Realität möglich? Am Ende dieser Frage steht dabei immer ein großes Ja mit Ausrufezeichnen.

Mein Fazit daher: Wer einen Roman lesen will, der wie eine Achterbahn den Leser in schwindelerregende Höhen und wieder in schockierende Abgründe mitreißt, der ist mit dem Roman AMOKJAGD bestens bedient. Wer aber auf wohlgefällige Umschreibungen steht und auch sonst auf seinen Blutdruck achten muß, der sollte die Finger von diesem Roman lassen. Zu Risiken und Nebenwirkungen beim Lesen eines Romans von Jack Ketchum dürfte in jedem Fall der Hausarzt glatt überfragt sein.
Daten zum Roman: