KOMMISSAR X - Die Heftromanserie, Ein Interview mit FRITJOF HAFT

und Jerry Cotton-Autor
Fritjof Haft
Ich habe in München Jura studiert, war einige Jahre bei der Münchener Rück tätig und bin dann an die Uni berufen worden. Ich hatte in Tübingen einen Lehrstuhl für Strafrecht und Rechtsinformatik und werde Anfang 2011 einen entsprechende Professur an der neu gegründeten privaten EBS Law School der EBS Universität in Wiesbaden übernehmen.
Vor zehn Jahren habe ich ein Software-Unternehmen gegründet, die Normfall GmbH, das Unterstützung für alle bietet, die Komplexität bewältigen müssen, in erster Linie natürlich Juristen (www.normfall.de). Damit kann man auch Bücher schreiben und Informationen aller Art vieldimensional verwalten.
Ich hatte viel gelesen und musste mir mein Studium selbst verdienen. Das Schreiben von Krimis bot mir eine Möglichkeit, dies zu tun und dabei meine Zeit frei einzuteilen.
Ja, viele. Ich habe sehr früh Karl May gelesen, dann die Abenteurerromane, die es damals gab, z.B. Friedrich Gerstäcker, und dann sehr viele Bücher, von denen ich mir wünschte, ich könnte sie noch einmal zum ersten mal lesen, z.B. Lion Feuchtwanger, Hans Fallada und natürlich auch Thomas Mann, Tolstoi und viele andere. Von Krimis habe ich Patricia Highsmith gelesen, Chandler und viele andere. Ich vermisse bei unseren heutigen Studenten das Lesen.
Das waren Leihbücher im Balowa Verlag in Balve/ Westfalen. Damals gab es noch Leibüchereien. Ungefähr zehn Stück mit Titeln wie Schatten über der Seine, Die gefährliche Erbschaft u.ä.
Erst als Autor, wahrscheinlich über die Leihbücher Details weiß ich nicht mehr. Parallel zu Kommissar X habe ich für Jerry Cotton geschrieben. Das war die Konkurrenz.
Deutlich über hundert, die Jerry Cottons natürlich eingeschlossen. Ungefähr ein Meter im Regal.
Es gab natürlich Vorgaben, aber die waren bei KX längst nicht so strikt wie bei Jerry Cotton. Wenn ich es salopp ausdrücken soll Jo Walker war humoristisch angelegt, mit einem Augenzwinkern, während Jerry Cotton eher eine spießige Figur war, bierernst, bei der z.B. Sex völlig tabu war (was damals ohnehin nur in Andeutungen vorkam).
Ich habe kürzlich gelesen, daß Jerry Cotton als Serie immer noch existiert und habe den Bastei Verlag angerufen. Ich hatte die Idee, einen Roman zu schreiben, in dem Jerry Cotton inzwischen das biblische Alter von neunzig oder mehr Jahren erreicht hat, das er rein rechnerisch haben muß, und gewissermaßen im Rollstuhl noch ermittelt. Aber die Bastei Leute nehmen diese Sache unverändert bierernst. Anscheinend macht sich dort kein Leser über die Biologie Gedanken nun ja.
Ich hatte freie Hand. Es mußte halt New York sein. Anfangs hatte ich einen Stadtplan von New York benutzt, dann war mir das aber zu lästig und ich ließ Jo Walker in seinem Mercedes 190 SL (Jerry Cotton fuhr einen Jaguar E-Type) einfach durch erfundene Straßen fahren. Damals reiste noch kein Mensch nach New York, so daß das nicht weiter auffiel. Aber eines Tages beschwerten sich Matrosen eines deutschen Handelsschiffes. Sie hatten versucht, Manhattan auf den Spuren von Kommissar X zu durchstreifen.
Robert F. Atkinson ein sehr sympathischer und witziger Engländer. An die Leute im Pabel-Verlag erinnere ich mich nicht näher.
Ja, ungefähr zehn, teils Jerry Cotton, teils Kommissar X.
Bei KX Der Erbe des Teufels und Tod durch zarte Hände (als Autor gab der Verlag dazu Fred Henry an). Bei Jerry Cotton Zum Geburtstag einen Toten und Ein Toter taucht auf. Die habe ich sogar noch. Auch gab es damals einen Film nach einem Roman von mir (ob bei KX oder Jerry Cotton weiß ich nicht mehr), und als ich den im Matthäser Kino in München gesehen hatte, erkannte ich nichts wieder und schrieb daraufhin einen neuen Krimi nach dem Film.
Ich hatte mein Assessorexamen absolviert und war zur Münchener Rück gegangen. Ich wollte ein ernsthafter Jurist werden. Krimis wollte ich nicht mehr schreiben die Bezahlung war ja indiskutabel schlecht, und literarisch bewegte ich mich damit sagen wir eher im mittleren Bereich.
Um jegliche Rückfallgefahr auszuschließen, veröffentlichte ich in der Wochenschrift Zeit einen ganzseitigen Artikel über die sieben Jerry-Cotton-Regeln für die Literatur. Der wurde dann viele Jahre in Schulbüchern nachgedruckt und ich bekam jährlich von der VG Wort eine Tantieme in der Größenordnung von zehn DM. Der Bastei-Verleger, der damals gerade das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte, war empört und gab hausintern Order, mit dem Verfasser dieses Artikels nie mehr zusammenzuarbeiten.
Die Zeit-Redaktion hatte freilich meinen Namen falsch geschrieben, nämlich Fritjof Jaft. So meldete sich ein Bastei-Redakteur bei mir und sagte mir, mit Fritjof Haft zusammenzuarbeiten sei ihm nicht untersagt. So schrieb ich noch einige Krimis, aber dann war Schluß.
Weder noch. Ich habe ihn nicht ernst genommen, und die Leser, glaube ich, auch nicht. Bei Jerry Cotton war das anders. Da gaukelt der Verlag den Lesern heute noch vor, sie gewännen Einblicke in das Innerste des FBI.
Ein paar Jahre habe ich in der Süddeutschen Zeitung unter dem Pseudonym Klaus Millau Satiren auf der letzten Seite am Wochenende geschrieben, u.a. Millaus Polit-Lexikon.
Für andere Serien habe ich nicht geschrieben. Ich habe viele juristische Bücher geschrieben, über Strafrecht, Computer im Recht u. dgl. mehr, darunter zwei, die auch für Nichtjuristen interessant sind, nämlich Aus der Waagschale der Justitia eine Reise durch 4000 Jahre Rechtsgeschichte (bei Beck im dtv erschienen) und die Juristische Schreibschule, in der ich die Geheimnisse des juristischen Schreibens verrate. Die letztere ist in meiner eigenen Normfall GmbH erschienen, die auch als Verlag tätig ist. Sie wird via Internet verkauft, meistens auf Anforderung von Buchhandlungen.
Ich danke für Ihr Interesse und wünsche dem Zauberspiegel alles Gute
Kommentare
Natürlich: Die Jerry Cotton Regeln für die Literatur, eine wunderbar augenzwinkernde "Anleitung" für Cotton-Verfasser. Sie waren für unsere Achte Klasse des Schuljahres 1980/81 eine der Grundlagen für eine recht faire Auseinandersetzung mit Cotton; der Deutschlehrer hatte selbst eine Cotton-Lesevergangenheit.