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Ein Faustschlag in die Magengrube - Bryan Smith: Todesgeil

TodesgeilEin Faustschlag in die Magengrube
Bryan Smith: Todesgeil

Den Roman gibt es ja schon länger beim FESTA Verlag und genauso lange liegt er schon hier auf dem Stapel ungelesener Bücher bei mir. Der Drang, mir dieses Buch vorzunehmen war in dieser Zeit recht groß, trotzdem hatte ich ihn mir bis jetzt aufgespart. Würden mich andere Bücher wohl nach unten ziehen, gibt es da dann schließlich noch dieses Buch, auf das ich mich vorbehaltlos freuen konnte. Eine Enttäuschung waren die bisherigen Romane von Bryan Smith für mich jedenfalls nicht gewesen.


TodesgeilUnd nun war es soweit, meine Neugierde auf den Thriller TODESGEIL wurde immer größer. Schließlich hatte ich ja bereits die Leseprobe des Romans damals auf dem PC gelesen und entgegen anderen Romanen gerieten die Ereignisse die in dieser Leseprobe beschrieben wurden, nicht in Vergessenheit. Zudem befinden sich zwei weitere, neue Romane von Bryan Smith  gerade auf dem Weg zu mir. Der kürzere aus der FESTA-Reihe EXTREM wird diesem Artikel wohl folgen. Den anderen hebe ich mir auf, bis das ich den neuen Richard Laymon Roman gelesen habe (auf den freue ich mich nämlich nach der Leseprobe auch).

Vorweg kann ich schon sagen, dass Bryan Smith sich bei mir bisher stets zu steigern wusste. So gelang es ihm, mit der Story von SEELENFRESSER noch einen auf den Roman VERKOMMEN drauf zu setzen. Auch kann ich sagen, das Smith mit seiner Schreibweise für mich Richard Laymon am nächsten kommt. TODESGEIL unterscheidet sich jedoch etwas von den zwei anderen Romanen, die ich bisher von Smith lesen konnte. Sowohl im SEELENFRESSER als auch bei VERKOMMEN bricht das Übernatürliche in die reale Welt ein. Bei TODESGEIL trifft dieser Zustand nicht zu, so das dieser Roman schlicht als Thriller bezeichnet wurde. Fakt ist jedoch, TODESGEIL ist Horror trotz der Tatsache, das es nichts übernatürliches gibt, das in eine scheinbar normale Welt einfallen könnte. Wer TODESGEIL liest, der wird mir dies bestätigen können.

Doch nehmen wir hier einfach einige Einblicke auf die verschiedenen Hauptpersonen des Romans, ohne hier viel zu viel von der Handlung oder dem Ende des Roman zu verraten. Aber soviel kann ich auch hierzu schon sagen: Einige werden das Ende wohl hassen, andere werden es lieben. Ich, für meinen Teil liebe es, denn ich liebe ungewöhnliche Abschlüsse, weil sie wohl der Realität am nächsten kommen. Wirkliche Happy Ends gehören für mich eigentlich eher in Märchenbücher, Liebesromane und Heldenserien. Was aber genau passiert, werde ich hier nicht verraten. Doch kommen wir nun erst einmal zu Rob Scott, seines Zeichens gerade 23 Jahre. Für ihn beginnt das Abenteuer - oder sollte ich sagen - der Horror seines Lebens, an einer Tankstelle. Doch so übel empfindet er das ganze eigentlich am Anfang noch nicht, denn das Gothic-Girl das lächelnd auf ihn zukommt, ist wirklich eine umwerfende Schönheit und verdammt jung noch dazu.

Dann warf er das Messer weg und packte mit beiden Händen in die Ränder der Wunde, zerrte an dem klaffenden Spalt und riss ihn so weit auf, wie er konnte. Blut und Darmschlingen quollen aus der Öffnung hervor. Der Mann war noch nicht tot.

(Bryan Smith: Todesgeil / Seite 36)

Robs Freude schlägt aber in genau dem Moment um, wo das Gothic-Girl ihm eine Pistole unter die Nase hält.

Nun, die hübsche Gothic-Braut nennt sich Roxie und sie ist wütend auf ein paar Jugendliche, die sie in einem Einkaufszentrum angemacht und beleidigt hatten. Sowas lässt sie nicht auf sich sitzen und Rob soll sich mit seinem Wagen an den ihren hängen und sie verfolgen. Roxie macht kein Geheimnis daraus das sie Rache will und das diese Rache blutig ausgehen wird. So sehr sich Rob auch anfänglich sträubt und so sehr er auch Roxie für verrückt hält, wirkliche Gegenwehr kann er dieser 20jährigen nicht entgegen setzen. Irgendwo beginnt er langsam immer abhängiger von ihr zu werden, egal was sie auch anstellt oder wie oft sie ihm weh tut.

TodesgeilDie jungen Leute, mit denen Roxie unliebsame Bekanntschaft gemacht hatte, sind Chuck, Zoe, Sean und Annalisa, sowie Joe und Emily. Dieser wilde Haufen ist gerade nicht gut aufeinander zu sprechen, denn die Mädels fanden es nicht gerade prickelnd, wie Chuck und die anderen die Gothic-Braut angegangen haben. Aber auch sonst kriselt es unter der Oberfläsche mächtig, während sie sich mit dem Wagen in Richtung Myrtle Beach aufmachen. Zoe würde lieber Heute als Morgen mit Chuck schluss machen, mit dem sie seit der High School schon zusammen ist.

Emily ist Zoes beste Freundin,  aber eben auf Chuck nicht wirklich gut zu sprechen, während ihr Freund  Joe dem Alkohol mehr zuspricht als es gut für ihn wäre. Annalisa mag Chucks überhebliche Art ebenfalls nicht, sieht aber auch in Emily nicht gerade eine wirkliche Freundin, denn Emily ist nicht nur hübsch, sondern auch nicht wählerisch in ihren Bett-Geschichten. So wird zuerst Chuck auf der Tour noch in einer Bar lernen müssen, was passieren kann, wenn man sein Mundwerk nicht im Zaum halten kann. Das der Tod ihnen allen beständig folgt, davon ahnen sie freilich noch nichts, oder sollte einer oder eine von ihnen genau diesen Umstand kaltblütig mit einberechnen?

Rob nickte. „Ja. Ich glaube, genau das ist es. Mein verdammtes Problem, wie du es ausdrückst, hat eine ganze Menge damit zu tun, dass du dem Jungen das Gesicht weggeschnitten hast. Wie krank bist du Miststück eigentlich?“

(Bryan Smith: Todesgeil / Seite 120)

TodesgeilRoxie ist jedenfalls nicht die einzige Killerin, die sich hinter den jungen Leuten in Richtung Myrtle Beach dank Rob bewegt. Zwei weitere tödliche Personen sind aus der Irrenanstalt ausgebrochen und ziehen eine blutige Spur hinter sich her. Der eine ist Clyde Weatherbottom, der auch irgendwie nichts mit Kleidern anfangen kann. Sein hühnenhafter Kumpel Zebulon Elias Geddy ist jedoch noch einen Zacken gefährlicher als er. Beiden gleich ist jedoch ihre Abneigung gegenüber Wasser und Seife. Dafür hört Geddy, kurz auch Zeb genannt in seinem Kopf Stimmen die ihm sagen wann er wen töten soll. Diese Stimme, die weiblicher Natur scheint, nennt Zeb einfach Lulu. Als die beiden eine ganze Familie in ihrem Haus auslöschen und sich an den Leichen vergehen, taucht plötzlich Julie Cosgrove auf. Julie, selbst erst 17 Jahre jung, zierlich und hübsch, war bei der Familie Babysitter für ihre kleine Tochter Nancy. Und wenn alles klappt, dann würde sie sich heute von dem Vater, John, vielleicht flach legen lassen. Zumindest wenn Karen, seine Frau nicht im Hause ist. Als Julie, die selbst eine morbide Fantasie aufweist, aber auf den notgeilen Clyde trifft, scheint ihr noch junges Leben bereits am Ende angelangt zu sein. Doch alles wendet sich dank Zebs imaginärer Führerin Lulu plötzlich rapide. Doch nicht einmal die Stimme in seinem Kopf hätte ihn davor warnen können, was ihm mit Julie noch bevorsteht. Clyde wird als erstes merken, was es heisst, nicht vorsichtig zu sein bei einer Beute, die einfach zu ungefährlich wirkt. Und auch Zeb wird von der Stimme in seinem Kopf ausgebremst in seiner Mordlust, denn plötzlich kann er Lulu sogar sehen. Doch auch jemand anderes wird bald ihren Weg kreuzen und diese Person ist gefährlicher als Clyde und Zeb zusammen. Für Julie indessen wird der Weg in den Abgrund geöffnet und sie ist nur zu gerne bereit, diesen Weg zu beschreiten.

Sie zog die Klinge wieder heraus und löste den bisher größten Schwall Blut aus. Sie spürte es warm gegen ihre Brust klatschen und lachte. Sie beugte sich über ihn, so dicht wie möglich über sein Gesicht und verhöhnte ihn in einer Sing-Sang-Stimme: „Du wirst ste-her-ben und du kannst nichts dagegen tun.“

(Bryan Smith: Todesgeil / Seite 196)

Nicht alles ist wirklich so wie es zuerst erscheint, manches wird viel schlimmer sein bzw. schlimmer werden. Nicht jeder überlebt und der Tod schlägt genauso unberechenbar zu, wie auch die Mörder unberechenbar sind. Am Ende werden sogar die Figuren des Romans schlimmer bestraft, als die, die mit beiden Händen im warmen Blut anderer eintauchten, als sei es Wasser zum waschen. Und manche, die wohl am gefährlichsten empfunden werden, werden schneller vor ihren Schöpfer treten, als es ihnen wohl selber lieb ist. Dazwischen, quasi als eine Art Auflockerung, immer mal wieder einige Blogeinträge im Internet-Tagebuch von „Durchgeknalltesgirl“ und die Reaktionen anderer Internet-Uhser, mit denen sie hier den Kontakt hält. Als Leser bleibt es einem nicht lange verborgen, wer hinter den Blogeinträgen wirklich steckt. Dem Leser hier möchte ich aber auch das nicht vorweg auf die Nase binden.

TodesgeilMan kann ohne Umschweife sagen das Bryan Smith in TODESGEIL den Leser mit auf eine Achterbahnfahrt des Schreckens nimmt. Gegenüber manchen Dämonen und Monstern, die mir in anderen Romanen als die Ausgeburt des Bösen vorgesetzt werden, sind einige dieser Menschen wahre Albträume, bei denen jedes Monster die Flucht ergreifen würde. Und trotzdem gelingt es diesen Figuren in Smiths Roman TODESGEIL, Sympathien dem Leser abzuringen, ganz einfach weil sie völlig durchgeknallt sind und ansonsten vielleicht die netten Menschen von Nebenan abgeben würden. Wäre - wie gesagt - etwas in ihrem Leben nicht irgendwo völlig quer gelaufen und hat sie so zu Bestien gemacht, denen man die Fratze des abgrundtief Bösen nicht einmal ansieht. Auch in diesem Punkt bietet uns der Autor Bryan Smith nachvollziehbare Fakten, auch wenn er diese nur kurz anreißt, um uns verstohlen etwas hinter den Vorhang des Grauens blicken zu lassen.

Fazit: TODESGEIL ist sowas von abgefahren, blutig und verrückt, das es einem schwer fällt, diesen Roman wieder aus der Hand zu legen. Die Spannungsschraube wird von Smith unaufhörlich immer weiter nach oben gedreht und endet in einem Finale, das wirklich nicht leicht zu verdauen ist. Ja, Bryan Smith gelingt es bei TODESGEIL vorzüglich, eine weitere Schaufel voll Spannung und Nervenkitzel aufzulegen und damit seine eigenen Romane VERKOMMEN und SEELENFRESSER selbst etwas in den Schatten zu stellen. Smith zeigt aber auch recht eindringlich, das Horror keinen Einbruch des Übernatürlichen benötigt um Wellen von Gänsehaut auszulösen. TODESGEIL ist wie ein Schlag in die Magengrube und man würde schreien, wären seine Fantasien Realität. In diesem Sinne kann ich TODESGEIL von Bryan Smith jedem Interessierten nur wärmstens nahe legen. Einen vergleichbaren Thriller habe ich jedenfalls schon sehr lange nicht mehr gelesen.
Todesgeil
Daten zum Roman:
Todesgeil
(The Killing Kind)
von Bryan Smith
Erstveröffentlichung: 2010/Dorchester Publishing (USA)
Deutsche Erstveröffentlichung: Mai 2012
Seitenanzahl: 352 Seiten/Taschenbuch in Lederoptik
Genre: Psychothriller
Übersetzung: Alexander Amberg
ISBN: 978-3-86552-134-7
Preis: 13,95 Euro
FESTA Verlag





Kommentare  

#1 Dr.Killjoy 2013-03-28 13:21
Ich habe neben diesem Buch auch die Titel "Verkommen" und "Seelenfresser" von Bryan Smith gelesen und muss leider sagen, dass ich den Werken nicht viel abgewinnen kann, was merkwürdig ist, da sie eigentlich alles enthalten, was ich in dem Genre schätze.
Trotzdem erreicht Bryan bei mir einfach nie das Mitfühlen mit Figuren (wie bei Ketchum), die schiere Freude am Wahnsinn (wie bei Laymon) oder die übelkeiterregende Abscheulichkeit (wie bei Lee).
Vielleicht habe ich aus dem Bereich aber auch einfach schon zuviel gelesen;D

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