Nachruf: Jürgen Roland
Nachruf: Jürgen Roland
1945 begann Roland seine journalistische Karriere beim damaligen „RADIO HAMBURG“ aus dem später der „NORDWESTDEUTSCHE RUNDFUNK“ und danach der „NORDEUTSCHE RUNDFUNK“ hervorging. Sein besonderes Einsatzgebiet für aktuelle Reportagen war St. Pauli.
Nachdem Jürgen Roland 1948 zum Film wechselte arbeitete er bis 1951 als Regieassistent für Fritz Kirchhoff, Hans Müller, Eugen York und Paul Martin.
1950 gab er mit dem Film „ZWISCHEN EBBE UND FLUT“ sein Debüt als Regisseur.
Nach einer Schulung beim BBC in London wurde Roland 1951 einer der ersten Redakteure beim damals gerade gegründeten NWDR – Fernsehens.
Am 4. April 1952 begann er dort mit der Sendereihe „WAS IST LOS IN HAMBURG“.
„Jürgen Roland gehörte zur Riege junger Radioreporter, die nach dem Krieg zum legendären Ruf des damaligen NWDR beitrugen.“ (1)
1954 wurde Roland mit seiner ersten TV – Serie „DER POLIZEIBERICHT MELDET“ bekannt. Akribisch recherchierte er dafür echte Kriminalfälle nach und stellte sie für das Fernsehen authentisch nach.
„Jürgen war einer aus der Gründerzeit, als es das Fernsehen noch gar nicht gab. Er war ein absoluter Könner. Es war eine Pracht, mit ihm zusammenzuarbeiten.“ (2)
Am 14. März 1958 flimmerte mit „MORDFALL OBERHAUSEN“ die erste Folge von „STAHLNETZ“ über die deutschen Bildschirme.
Im Gasthaus "Tiefe Brunnen", am Stadtrand von Oberhausen, wird ein Mann erschossen. Kommissar Mattern, leitender Ermittlungsbeamter, stößt bei der Zeugenvernahme auf eisiges Schweigen. Keiner der Gäste will etwas gesehen oder gehört haben. Der Erschossene war ein Unbekannter, einen Tatgrund hat keiner bemerkt.
Familie Kruse, zur Tatzeit Gast im "Tiefe Brunnen", verstrickt sich im Laufe der Zeugenverhöre wiederholt in Widersprüche und wird schließlich wegen Verdunkelungsgefahr verhaftet.
Die Ermittlungen des Kommissars Mattern ergeben, dass am besagten Abend nicht nur Herr und Frau Krause mit ihrer Tochter, sondern auch ihr Sohn Ludwig und dessen Freund Erwin Haller in der Gaststätte waren. Beide sind seither wie vom Erdboden verschluckt.
Eine schwierige Fahndungsarbeit beginnt, dadurch erschwert, dass von den Verdächtigen keine Fotos existieren. Doch dann bringt der aufmerksame Inhaber des Fotogeschäfts Seeberg aus Oberhausen die Ermittlungen entscheidend voran.
Die TV – Krimireihe erreichte schnell Rekordeinschaltsquoten und avancierte in den 1960er Jahren zum TV – Straßenfeger. Zudem war „STAHLNETZ“ richtungweisend für alle später folgenden Krimi-Serien in Deutschland.
„Es gab bei ihm ein kein Larifari. Er hat immer hart an der Realität gearbeitet“. (3)
Am 14. März 1968 wurde mit „EIN TOTER ZUVIEL“ die 22. und letzte Folge von „STAHLNETZ“ gesendet, in der Jürgen Roland, wie in allen vorigen Filmen der Reihe, die Regie führte.
Ab 1960 inszenierte Jürgen Roland auch einige Kinofilme. So drehte er u. a. die Edgar Wallace – Filme „DER ROTE KREIS“ (1960) und „DER GRÜNE BOGENSCHÜTZE“ (1961) oder die Krimis „POLIZEIREVIER DAVIDSWACHE“ (1964)
Adresse: Polizeirevier 15, Ecke Spielbudenplatz/ Reeperbahn im Hamburger Vergnügungsviertel St. Pauli. Dort verrichten Hauptwachtmeister Glantz (Wolfgang Kieling) und Hauptwachtmeister Schriever (Günther Neutze) ihren anstrengenden Dienst.
In den nächsten 48 Stunden wird viel passieren: Glantz' Tochter Lilo kommt aus dem Internat, und der Schwerverbrecher Bruno Kapp (Günther Ungeheuer) wird aus der Haft entlassen. Auf ihn wartet Margot (Hannelore Schroth), die allein seinetwegen in die Hansestadt gezogen ist.
Sie weiß, dass Kapp sich an Glantz rächen will, dem er die Schuld für seine Verhaftung gibt. Margot warnt den Polizisten, doch der winkt ab. Währenddessen besorgt sich Kapp eine Pistole und Geld von der Prostituierten Chérie, die er anschließend kaltblütig ermordet…
„Im Stil einer Reportage lässt Jürgen Roland seinen Milieukrimi ablaufen. Das Umfeld der Polizeiarbeit ist ihm bestens bekannt, da er selbst einige Jahre als Polizeireporter arbeitete, was auch seiner legendären TV-Serie «Stahlnetz», dem gemütlichen «Großstadtrevier» und mehreren NDR-Tatorten zugute kam.
Frei von den üblichen unrealistischen und romantisierenden Krimi-Zutaten beschreibt er die harte Arbeit der Beamten in der Welt der Prostitution, Zuhälterei und Gewaltkriminalität.
Daneben überzeugt der mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnete Film durch erstklassige schauspielerische Leistungen und authentische Milieuzeichnung. Das Drehbuch schrieb Wolfgang Menge.“ (4)
oder „VIER SCHLÜSSEL“ (1965).
Auch enormer Beliebtheit erfreute sich von 1967 bis 1973 die Krimi – Quiz – Sendung „DEM TÄTER AUF DER SPUR“.
In dieser Serie mussten prominente Gäste versuchen, durch Kombination oder Raten den Täter in einem Kriminalfall zu ermitteln.
Dabei bekamen die Zuschauer und das Rateteam genau die selben Informationen wie die ermittelnden Beamten, dargestellt von Günther Neutze und Karl Lieffen
„Jürgen Roland hatte ein Gespür für das, was beim Publikum ankommt, und ein Gespür für gute Schauspieler.“ (5)
Ab 1976 inszenierte er 12 Folgen für den Stahlnetz – Nachfolger „TATORT.
Jürgen Rolands TV – Dauerbrenner war und ist jedoch die TV – Serie „GROßSTADTREVIER“, deren 21. Staffel zur Zeit in der ARD läuft.
Am 16. Dezember 1986 ging mit „MENSCH, DER BULLE IS’NE FRAU“ die erste Folge der Kultserie in der ARD auf Sendung.
Nach 2 1/2 Jahren Polizeiausbildung kommt für Ellen Wegener der Tag des ersten Einsatzes. Sie muss Prominente auf dem Polizeisportfest betreuen.
Danach lernt Ellen ihre künftigen Kollegen auf dem Hamburger Revier 14 kennen. Die einen empfangen sie mit Wohlwollen, andere mit Skepsis.
Ihr direkter Mitarbeiter ist der erfahrene, raubeinige Polizeihauptwachtmeister Richard Block. Mit ihm wird Ellen gleich am ersten Tag in einen Fall von Fischvergiftung verwickelt.
Außerdem müssen sie sich mit einem Kneipenwirt beschäftigen, den sein "Tick" schon mehrmals nach Santa Fu gebracht hat - Beckmann liebt es nämlich, sich mit Uniformierten zu prügeln.
„In unserer Branche ist es schwer hochzukommen und obenzubleiben. Wer über Jahrzehnte solch ein Renomee genießt wie Jürgen Roland und ‚Straßenfeger’ produziert, der hat wirklich etwas drauf.“ (6)
Neben seiner Arbeit fürs Fernsehen inszenierte er auch einige Stücke am Theater, so u. a. Agatha Christies "Die Mausefalle" an den Hamburger Kammerspielen.
1990 ging Jürgen Roland mit 65 in den Ruhestand, arbeitete aber weiter maßgeblich mit am „Großstadtrevier“ und an anderen Projekten.
1991 erhielt er auf der „CRIMINALE“ den EHRENGLAUSER“ für sein Gesamtwerk.
Im Alter von 71 Jahren musste Roland jedoch nach insgesamt 5 Bypass – Operationen endgültig mit seiner Arbeit aufhören.
Jürgen Roland verstarb am 21. September 2007 in Hamburg.
„Wir haben eine außerordentlich wichtige und herausragende Persönlichkeit verloren.“ (7)
„Jetzt ist wieder einer von den großen Alten weg. Es wird immer dünner.“ (8)
(1) NDR – Intendant Professor Jobst Plog
(2) Joachim Fuchsberger
(3) Joachim Fuchsberger
(4) Cinema Online
(5) Joachim Fuchsberger
(6) Dieter Wedel
(7) Joachim Fuchsberger
(8) Joachim Fuchsberger
© 2007 by Ingo Löchel
FILMOGRAPHIE
1. Spätlese (1948)
2. Verführte Hände (1949)
3. Zwischen Ebbe und Flut (1950)
4. Nur eine Nacht (1950)
5. Sechs unter Verdacht (1958)
6. Unser Wunderland bei Nacht (1959)
7. Der Rote Kreis (1960)
8. Der Grüne Bogenschütze (1961)
9. Der Transport (1961)
10. Die Seltsame Gräfin (1961)
11. Heißer Hafen Hong Kong (1962)
12. Der Schwarze Panther von Ratana (1963)
13. Polizeirevier Davidswache (1964)
14. Die Flußpiraten vom Mississippi (1964)
15. Vier Schlüssel (1966)
16. Lotosblüten für Miss Quon (1967)
17. Die Engel von St. Pauli (1969)
18. St. Pauli Report (1971)
19. Das Mädchen von Hongkong
20. Zinksärge für die Goldjungen (1973)
21. Ein Toter Taucher nimmt kein Gold (1974)
Fernsehen
1. Die Katze im Sack (1965)
2. Einer fehlt beim Kurkonzert (1968)
3. Stahlnetz" (22 Folgen, 1958-1968)
4. Dem Täter auf der Spur (18 Folgen, 1967-1973)
5. Tatort (12 Folgen, 1976-1997)
6. Besuch, Der (1984) (TV)
7. Großstadtrevier (27 Folgen, seit 1986)
8. Peter Strohm" (1 Folge – Die Gräfin, 1995)
Auszeichnungen
1961 Goldmedaille der Polizei
1965 Silbernes Filmband für "Polizeirevier Davidswache"
1966 Drehbuchprämie der Bundesregierung für "4 Schlüssel"
1986 Bundesverdienstkreuz