DER ZWEITEILER AUGUSTINUS

oder
DAS VERDREHEN
HISTORISCHER FAKTEN
Bestes Beispiel dafür war zu Ostern der Zweiteiler AUGUSTINUS, der zwar mit einer guten Besetzung aufwarten konnte und teils recht interessant war. Bereits der erste, aber besonders der zweite Teil des Fernsehfilms flachte in die übliche propagandistische Art und Weise ab, wie auf der einen Seite die guten Christen (die damaligen Trinitarier, die die Lehre vom Vater, Sohn und Heiligen Geist vertreten) und auf der anderen Seite die bösen Heiden, Römer und andersgläubige Christen dargestellt wurden.
Wer annimmt, dass die damalige christliche Kirche ein einheitliches Gebilde, wie heute ist, der irrt gewaltig.
Die christliche Kirche war damals kein einheitliche Gebilde, wie es der Fernsehfilm zu propagieren versucht. Genau das Gegenteil war der Fall. Verschiedene Glaubensrichtungen in der christlichen Kirche versuchten in der Spätantike mit allen Mitteln die Vorherrschaft zu erringen und die anderen christlichen Glaubensrichtungen zu verdrängen, der Häresie anzuklagen und sie für immer auszulöschen.
Die zwei größten Gruppen waren dabei die Arianer (der Vater allein ist Gott), die besonders am Kaiserhof dominant waren und die dortigen Posten innehatten und die Trinitarier (Vater, Sohn und Heiliger Geist), also die Anhänger der Dreifaltigkeitslehre.
Erst durch den oströmischen Kaiser Theodosius I. (und späteren Kaiser des gesamten römischen Reiches) wurden die Trinitarier durch das Konzil von Konstantinopel erst im östlichen Teil des römischen Reiches bevorzugt behandelt.
So erließ Theodosius I. im Juli 381 ein Gesetz, dass alles Eigentum der christlichen Kirchen denen übergeben werden sollte, die an Vater, Sohn und Heiligem Geist glaubten. Der Arianismus wurde in den nachfolgenden Jahrzehnten auch im weströmischen Teil des Reiches als Häresie betrachtet, was schließlich zur blutigen Verfolgung und Ermordung deren Anhänger im 5. Jahrhundert führte.
Bischof Ambrosius favorisierte die trinitarische Kirche und setzte alle theologischen und politischen Mittel ein, um den Trinitariern die Vorherrschaft in der Westkirche zu verschaffen, was ihm durch die Mobilisierung seiner Anhängerschaft in der Mailänder Bevölkerung und den Einfluss auf die Kaiser Gratian(us) und Theodosius I. auch gelang, so das schließlich allein die Trinitarier, die Anhänger der Dreifaltigkeitslehre, die einzig anerkannte christliche Glaubensrichtung im West- und Oströmischen Reich wurde aus der sich dann in den nächsten Jahrhunderten die so genannte römisch-katholische Kirche entwickelte.
Die Begriffe Katholik, Katholiken oder katholisch die in dem Zweiteiler ständig für die Christen benutzt werden, sind daher vollständig sinnentfremdet und faktisch falsch, zumal die damalige christliche Kirche nicht aus Katholiken bestand und die Bezeichnung Katholiken faktisch erst zur Zeit der Reformation benutzt wurde.
Auch die Bezeichnung Papst hat es im 4. oder 5. Jahrhundert nicht gegeben. Denn ein Oberhaupt der christlichen Kirche gab es in der Spätantike noch gar nicht. Weder der Titel noch der Rang war für den Bischof von Romvdamals existent.
Als oberster römischer (und heidnischer) Priester trug bis Kaiser Gratian(us) der römische Kaiser im weströmischen Reich den Namen bzw. Titel Pontifex Maximus. Der Kaiser Gratian(us) legte jedoch auf Anraten von Bischof Ambrosius diesen Titel 379 ab, so dass auch die Staatszuwendungen der heidnischen Tempel und Kulte im weströmischen Reich eingestellt wurden. Zudem ließ Gratian(us) den Altar der Siegesgöttin Victoria aus dem Senatsgebäude, der Kurie von Rom, entfernen, was von den nicht christlichen, also den so genannten heidnischen Senatoren und der heidnischen Bevölkerung als ein schwerwiegender Angriff auf den traditionellen Glauben im damals weströmischen Reich angesehen wurde.
Seit Leo I. (440 bis 461) führt der Bischof von Rom die Bezeichnung Pontifex Maximus als oberster Priester (der trinitarierischen Kirche) weiter.
Auch das Leben des Augustinus ist im Fernsehzweiteiler nur bruchstückhaft und teils falsch dargestellt. So trennte sich u. a. nicht seine Konkubine, sondern Augustinus trennte sich von ihr und behielt das gemeinsame Kind.
Von Augustinus als Bischof erfährt der Fernsehzuschauer so gut wie gar nicht, was auch seinen Grund hat, denn Augustinius war als Bischof der trinitarischen christlichen Lehre nicht gerade zimperlich, was Andersdenkende betraf. Zudem scheute sich Augustinus als Bischof nicht, staatliche Machtmittel im Kampf gegen Glaubensgenossen einzusetzen, die aus seiner Perspektive nicht der christlich-trinitarischen Lehre folgten. So scheute er sich als Bischof nicht, staatliche Machtmittel im Kampf gegen Glaubensgenossen einzusetzen, die aus seiner Perspektive nicht der christlich-trinitarischen Lehre folgten.
Ein weiterer Fauxpas wird am Ende des Zweiteilers geschildert, wo Augustinus quicklebendig die Eroberung der Stadt Hippo miterlebt.
In Wirklichkeit verstarb Augustinus bereits während der Belagerung der Stadt im Jahre 430. Die Stadt selbst wurde zudem erst 431 (und nicht wie im Zweiteiler 430) von den Wandalen erobert, die Hippo zu ihrer Hauptstadt machten, bevor sie 439 Karthago eroberten.
So ist der Fernsehzweiteiler AUGUSTINUS faktisch nur eine rein fiktive Film-Biographie, die nur sehr wenig mit der geschichtlichen Wirklichkeit zu tun hat.
© 2010 by Ingo Löchel
Bilder: Archiv des Autors
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Kommentare
Was die historische Korrektheit des Films angeht, würde ich sie nicht verurteilen und mich dabei auf so genannte "geschichtliche Fakten" stützen, die von "Historikern" handverlesen wurden und nun im Schulunterricht und in jedem Lexikon zu finden sind. Ereignissen, die wie etwa "Augustinus" derart weit zurückliegen, sollten wir ohne Groll als unterhaltende Erzählung akzeptieren. Denn eigentlich ist es egal, wer uns die Märchen erzählt: ob Historiker oder Drehbuchautoren ...
Entschuldige ,aber als ausgebildete Historikerin muss ich hier mal die "Pauschalisierung" von Historikern als Märchenerzählern als Diffamierung zurückweisen. Das ist wirklich ein undifferenzierter Kommentar. Historiker forschen nach der Wahrheit und stellen dabei Theorien auf - gerade die modernen Wissenschaftler bemühen sich, immer wieder zu betonen, dass ihre Erkenntnisse nicht in Stein gemeißelt sind. Es ist in der Geschichtswissenschaft wie in allen anderen Wissenschaften auch: man lernt immer mehr, stellt neue Theorien auf und stellt alte in Fragen bzw. stellt fest, dass einige nicht stimmen. Paläontologen z.B.würde man diesen Vorwurf nie machen, dabei arbeiten die auch nicht anders, wenn sie ihre Theorien zur Entwicklung der Arten aufstellen.
Also bitte: ein bißchen ernster kann man Historiker schon nehmen. Ist tatsächlich nicht nur Unsinn, den sie verbreiten.
Die trinitarische Kirche von damals wird heute durch die Römisch-Katholische Kirche repäsentiert und ist damit eine christliche Einheit. Ausgenommen sind hierbei natürlich die Evangelische und die Orthodoxe Kirche, die nach wie vor als Abtrünnige im Glauben von der Römisch-Katholischen Kirche und deren Vertreter angesehen werden.
Historiker als Märchenerzähler zu bezeichnen ist ehrlich gesagt lächerlich und wie Pisanelli es gesagt betrachte ich das ebenfalls als Pauschalisierung. Es ist wohl ein großer Unterschied, ob ein Drehbuchautor ihrgend etwas erfindet, was historisch überhaupt nicht belegt werden kann (wie bei Augustinus, wo überhaupt nichtgs gestimmt hat) oder ob Fakten, Geschehnisse und Theorien durch Urkunden, Funde etc. belegt werden können.
Ein bisschen Differenzieren sollte man da schon. Ich kann daher nur jeden Sendungen wie Terra X oder die Dokumentationen der BBC empfehlen. Wer das dann immer noch als Mächenerzählung betrachtet, ist den Leuten auch nicht mehr zu helfen
Ah ja und wenn du mal krank wirst, ist es auch völlig egal ob ein ausgebildeter Arzt oder ein Wunderheiler im Fernsehen die Behandlung übernimmt.
Mir bei der Beurteilung von Historikern Pauschalisierung vorzuwerfen, ist absolut zutreffend! Aber ich wollte beileibe nicht alle über einen Kamm scheren, auch wenn es sich so angehört haben mag. Tatsache ist allerdings, dass viele Dinge, die als unstrittig gelten, schlichtweg falsch sind. Sei es die darwinsche Evolutionstheorie, um den Stein mal ins Rollen zu bringen, oder seien es Museumsexponate, die nachweislich Fälschungen sind, aber trotzdem historisch anerkannt wurden. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Archäologische Funde werden beispielsweise strengstens zensiert, teils über- und bearbeitet, um ein einheitliches geschichtliches Bild zu liefern. Der Mummenschanz um die Pyramiden als Begräbnisstätten spottet jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema, da es nachweislich eben keine Gräber waren. Höhlenmalereien sind oftmals vom Entdecker selbst angefertigt worden, sollen uns aber einen Einblick geben über jahrtausendealte Kulturen.
Ich rede von diesen Märchen, die Eingang in unseren Alltag gefunden haben und kaum mehr bezweifelt werden. Genauso weiß ich, dass Forscher, die ihre Aufgabe äußerst ernst nehmen und um Wahrheit bemüht sind, eben von jenen behindert werden, die ihren Ruf und ihren Ruhm wahren wollen.
Also, bitte nicht böse sein. Ich hatte es wirklich nicht diffamierend gemeint. Die, die sich angesprochen fühlen sollten, werden sich wohl auch nicht auf die Seite des Geisterspiegels verirren...
Als 'Märchen' der Geschichte, die Einzug in den unseren Alltag gefunden haben, könnte man u. a. auch noch den Thesenanschlag Luthers (den es nie gegegeben hat) und die Potemkinschen Dörfer (hmmm, wir das so geschrieben) anfügen. Denn diese Dörfer waren keine Fakes. Aber da gibt es noch viele andere ....
Wäre der TV-Zweiteiler in diesem Stil gedreht worden, hätte man sicherlich einen Augustinus der realistischeren Art erlebt.