Wie muss man sich die Arbeit und die Maltechnik an einem Titelbild für eine Heftroman-Serie wie MYTHOR vorstellen? Wie wurde gearbeitet, welche Freiheiten genoss Luthoin bei seiner Arbeit für Mythor? Das sind Fragen, die den Leser scheinbar nicht interessierten. Oder vielleicht doch? Nikolai Luthoin stand oft im Focus der Kritik seitens der Leser. Aber lassen wir doch einfach den Meister Nikolai Lutohin selbst zu Wort kommen, um diese Fragen zu beantworten. Immerhin ist er der Zeichner, der der Mythor-Serie ein markantes Gesicht gab.
Zuerst bekomme ich vom Verlag Tltelbildbeschreibungen und Exposes. Ich muss natürlich diese Exposes gründlich studieren. Ich muss monatlich vier Titelbilder für MYTHOR abliefern, das bedeutet ein Bild wöchentlich. Da ich manchmal auch andere Aufträge habe, arbeite ich immer unter großem Zeitdruck.
Um Ihnen einen besseren Einblick zu verschaffen, möchte ich meine Küchengeheimnisse" verraten. Ich arbeite mit Tempera, benutze aber auch manchmal die Spritzpistole,
Die Originalbilder von Mythor sind viel größer als das Heftformat, ungefähr 50 cm auf 30 cm. Bei Science-Fiction-Bildern benutze ich die Collagetechnik, die ich besonders gern anwende. (1)
Leider war der Künstler Nikolai Lutohin nicht ganz frei in seinen Entscheidungen, was die Wahl der Motive für die Titelbilder der Fantasy.Serie betraf, sondern hatte sich nach diversen Beschreibungen und Vorschlägen seitens der Autoren und der Redaktion zu richten.
Bei Titelbild-Sujets bin ich nicht ganz unabhängig. Sujets hängen immer von Titelbildbeschreibungen, Autorenvorschlägen und Redaktionsmeinungen ab.
Die erste Etappe ist, das ich eine Skizze (Bleistiftzeichnung) anfertige und nach Zustimmung der Redaktion mit der Ausarbeitung in Farbe beginne. (2)
Manchmal hatte man als Leser der Serie durchaus den Eindruck, dass es bei MYTHOR anscheinend an der Kommunikation zwischen den Autoren/der Redaktion und dem Zeichner haperte, da in einigen Fälle der Inhalt des Romans wenig mit Motiv des Titelbildes zu tun hatte.
In manchen Briefen bemängelten die Leser auch, dass das Titelbild-Sujet nicht immer genau mit der Romanhandlung übereinstimmt. In diesen Fällen müsste eine bessere Koordination zwischen den Autoren und mir gegeben sein.
Aber im Grunde genommen ist ein Titelbild keine Illustration, sondern eher wie ein kleines Plakat. Und ein Titelbild soll plakativ sein, manchmal symbolisch.
Ein Titelbild ist dann gut, wenn es grafisch gesehen professionell ist und die Atmosphäre des Romans wiedergibt, aber es soll keine Kolportage sein. Illustrationen können einen bestimmten Moment, eine bestimmte Situation darstellen, aber ein Titelbild kann nicht so konkret sein. (3)
Den einzigen Fehlgriff, den sich Nikolai Lutohin während seiner Schaffensphase für Mythor leistete (jedenfalls an den ich mich nach fast 20 Jahren noch erinnern kann), war das Titelbild für KÖNIG MYTHOR (Mythor-Heft # 30).
Ein etwas untypisches Bild des Meisters, das nun wirklich überhaupt nicht zum Inhalt des Romans passte und mit dem Roman auch so gut wie gar nichts zu tun hatte. Auch sonst sieht der Titelhel für Lutohins sonstige Schaffensphase eher sehr untypisch aus.
Dann gab es natürlich auch Titelbilder, die nicht von Nikolai Lutohin stammten, sondern von andere Künstlern geschaffen wurden (Franz Berthold und Alfred Kelsner), die aber nicht im geringsten an die Werke des Meisters herankamen.
Einer dieser schlechten Beispiele war z. B. das Bild von FRANZ BERTHOLD zu dem Mythor-Roman DAS NASSE GRAB (# 76), das nun wirklich nicht die geringste Atmosphäre besaß und etwas stupide wirkte.
Glücklicherweise stammte aber der größte Teil der Titelbilder für MYTHOR von Nikolai Lutohin selbst, dessen Bilder bei den Lesern zwar auf unterschiedliche Reaktionen stießen, doch bei den Mythor-Fans sehr beliebt waren, vor allem nachdem er auf vielfachen Leserwunsch davon abgekommen war, die Darstellungen seiner Bilder auf das typische Schwert und Magie-Motiv der nur leichtbekleideten Schönheit, die der Held vor einem Ungeheuer verteidigt/rettet, zu reduzieren.
Für das große Interesse sprechen auch die vielen Leserbriefe und -meinungen, die teils voll Begeisterung sind, aber auch manchmal harte Kritik üben. Beide Leserreaktionen sind gleichermaßen wichtig, denn das schlechteste Zeichen ist immer Gleichgültigkeit.
Ich habe einige Leserbriefe über die Titelbilder erhalten, in denen kritisiert wurde, dass es sich bei mehreren Titelbildern um dasselbe Sujet handelte, z. B. Mythor mit seiner Begleiterin. Manche Leser möchten aber mehr magische und phantastische Elemente auf den Titelbildern sehen. (4)
Nikolai Lutohin hauchte seinen Bildern auf seine ganz besondere eigene Art und Weise magische und phantastische Elemente ein.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Mythor-leser noch an Titelbilder zu Heften wie SCHATTENJAGD (# 42), PRINZ DER DÜSTERNIS (# 46), DER DRACHENSEE (# 49) oder DIE MAUERN VON LOGGHARD (# 50).
Wenn nicht, ist es auch nicht weiter tragisch, denn die Hefte werden in späteren Artikeln noch mit den entsprechenden Bildern genauer vorgestellt.
Fantasy ist nicht nur Unterhaltung, Flucht aus der täglichen Monotonie, Fantasy ist eine Stimulanz für menschliche Phantasie, denn ohne Phantasie gibt es keine Kunst, keine Wissenschaft, keine Forschung. Ein Mensch kann nicht ohne Phantasie leben, produzieren und kreieren. Das ist dar Grund, warum ich diese Literatur bewundere. (5)
(1) Nikolai Lutohin
(2) Nikolai Lutohin
(3) Nikolai Luthoin
(4) Nikolai Lutohin
(5) Nikolai Lutohin
© 2009 by Ingo Löchel
Bilder: Archiv des Autors
Kommentare
Dabei ist mir ein gutgemachtes Titelbild, auch wenn es nicht in gänze mit dem Romaninhalt übereinstimmt allemal lieber, als diese lieblosen
Computerbilder wie sie z.B. zur Zeit bei Bastei- Romanen (Beispiel PZ) verwand werden und in denen Figuren wie blutleere Schaufensterpuppen aussehen.
Andererseits gab es später einige Utopia-TBs, bei denen mich auch Lutohins Cover nicht vom Kauf abgeschreckt haben. Nur Mythor war halt nicht mein Ding.
Wenn ich sie mir heute so ansehe,haben sie viel von ihrer Wirkung auf mich verloren.Die Figuren wirken selten lebendig und die Posen gestellt und teilweise etwas laienhaft.Auch wirkt der Hintergrund oft wie eine stilisierte Theaterkulisse.
Aber wie dem auch sei: Luthohin hatte einen ganz eigenen Stil!