Karin Dor - Ein Nachruf
1953 gab Karin Dor in "DER LETZTE WALZER"ihr Film-Debüt. Bei den Dreharbeiten fiel dem Regisseur Arthur Maria Rabenalt die junge Komparsin auf. Rabenalt wusste, dass sein Freund Harald Reinl junge Schauspieler suchte, und empfahl Reinl seine Entdeckung.
Der Regisseur Reinl war begeistert von der jungen Frau und Karin Dor erhielt eine kleine Rollen in den Film "ROSEN-RESLI" (1954), indem sie einen einzigen Satz zu sprechen hatte: "Himmlisch, Frau Chefin, einfach himmlisch!"
Aber auch der Produzentin Maria von der Osten-Sacken war die junge Schauspielerin, die noch unter dem Namen Rose Derr filmte, aufgefallen, und wollte sie unter Vertrag nehmen.
Da Karin Dor durch ihre ersten beiden kleinen Filmrollen Blut geleckt hatte, ging sie ohne das Wissen ihres Vaters vom Gymnasium ab, und unterschrieb einen Vertrag über sechs Filme, der nach dem Film "DER SCHWEIGENDE ENGEL" (1954) aber wieder aufgelöst wurde, weil die Constantin sie aus diesem Vertrag auslöste und die junge Schauspielerin bei sich unter Vertrag nahm.
Und so drehte die junge Schulabgängerin 1954 mit "IHRE GROSSE PRÜFUNG" ihren ersten Constantin-Film, indem die geborene Kätherose Derr nicht nur in einer größeren Rolle zu sehen war, sondern auch zum ersten Mal unter ihrem neuen Künstlernamen Karin Dor vor der Kamera stand.
Im Oktober 1954 verlobte sich die damals 16 Jahre alte Karin Dor mit dem Regisseur Harald Reinl, die im Dezember des gleiches Jahres heirateten. Am 21. November 1955 kam ihr gemeinsamer Sohn Andreas-Harald zur Welt.
Nach den beiden Filmrollen in "SOLANGE DU LEBST" (1955) und "SANTA LUCA" (1956), erhielt Karin Dor 1957 in der Komödie "KLEINER MANN - GANZ GROSS" unter der Regie von Hans Grimm ihre erste Hauptrolle, in der sie auch zum ersten Mal zusammen mit Joachim Fuchsberger vor der Kamera stand.
Bis Ende der 1950er folgten weitere Komödien und Heimatfilme wie "DIE ZWILLINGE VOM ZILLERTAL" (1957), "ALMENRAUSCH UND EDELWEISS" (1957), "SKANDAL UMD DOD" (1958), "SO ANGELT MAN KEINEN MANN" (1959) oder "DAS BLAUE MEER UND DU" (1959), bis Karin Dor mit dem Edgar-Wallace-Film "DIE BANDE DES SCHRECKENS" ihr Krimi-Debüt gab.
Nach zwei weiteren Wallace-Auftritten und ihrer Rolle in dem Mabuse-Film "DIE UNSICHTBAREN KRALLEN DES DR. MABUSE" (1962), konzentrierte sich Dors Filmkarriere danach bis 1965 vorwiegend auf Kriminalverfilmungen.
So sah man die Schauspielerin unter anderem in den Weinert Wilton- und Bryan Wallace-Verfilmungen "DER TEPPICH DES GRAUENS" (1962), "DIE WEISSE SPINNE" (1963), "DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMORE" (1963) und "DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN WITWE" sowie in dem Kriminalfilm "HOTEL DER TOTEN GÄSTE" (1965), wodurch sie nicht nur den Beinamen "Miss Krimi" erhielt, sondern in den 1960er auch zu einer der meist beschäftigten deutschen Schauspielerinnen avancierte
"Einmal habe ich sogar zwei Filme parallel gemacht. Ich kam um fünf Uhr vom Nachtdreh ins Hotel und um sieben holte mich der Chauffeur für den nächsten Film ab. Das war richtig hart." (1)
Zudem leitetet Karin Dor zusammen 1962 mit Lex Barker, Pierre Brice und Götz George mit dem Film "DER SCHATZ IM SILBERSEE" die Karl-May-Film-Welle ein, die bis 1968 andauerte.
Nach "ZIMMER 13" (1964), drehte Karin Dor unter der Regie ihres Mannes Harald Reinl 1965 mit "DER UNHEIMLICHE MÖNCH" ihren letzten Edgar-Wallace-Film.
Danach war die Schauspielerin in unterschiedlichen Filmrollen und Filmgenres zu sehen. Darunter in "DER LETZTE MOHIKANER" und "ICH, DR. FU MAN CHU" (1965) mit Joachim Fuchsberger, "DER MANN MIT DEN 1000 MASKEN" (1966), "DAS GEHEIMNIS DER GELBEN MÖNCHE" (1966) sowie in "DIE NIBELUNGEN, TEIL 1: SIEGFRIED" (1966) und "DIE NIBELUNGEN, Teil 2: KRIEMHILDS RACHE" (1966).
International bekannt wurde Karin Dor 1967 durch ihre Rolle als Spectre-Killerin HELGA BRAND in dem Bond-Film "MAN LEBT NUR ZWEIMAL" mit Sean Connery.
"Ich wollte in Urlaub fahren. Aber meine Agentin buchte mir einen Flug nach London. Auf dem Flughafen kaufte sie mir hockhackige Schuhe, in denen ich kaum laufen konnte, weil sie eine 1,75 Meter große Blondine suchten.
Als mich dann der Produzent Albert Broccoli fragte, welchen Bond-Film ich gesehen hätte, sagte ich: "Gar keinen!" Ich kannte Sean Connery überhaupt nicht. Aber meine Agentin schwärmte mir ständig vor, was für ein toller Mann das sei." (2)
Nach dem Horrorfilm "DIE SCHLAGENGRUBE UND DAS PENDEL" (1967) und "WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN" (1968), rief sie der Regisseur Alfred Hitchock für seinen Film "TOPAZ" nach Hollywood.
"Er hatte ja vor mir schon 90 Schauspielerinnen eingeflogen. Ich packte kaum etwas ein für den Flug. Und als ich dann die Zusage bekam, sagte ich völlig entgeistert: "Aber Mr.Hitchcock, ich hab' ja gar nichts mit!" Er aber meinte nur: "Gehen Sie einkaufen und bringen Sie mir die Rechnung." So schnell bin ich noch nie losgesaust." (3)
Doch eine Hollywood-Karriere blieb aus. Und auch in Deutschland begann ihre Karriere als Schauspielerin durch den Zusammenbruch der deutschen Filmindustrie zu stagnieren.
"Das große Hollywood-Ding war ja damals schon zu Ende. Es ist ja eigentlich schon zu spät gewesen, denn es wurden ja keine großen Filme mehr gemacht. Alles wurde an original Schauplätzen gedreht.
Ich habe dann später Fernsehen gemacht, in den Hallen wo TOPAZ gedreht wurde, bei Universal. Es war so was von traurig, diese riesigen Hallen die nicht mehr benutzt wurden, nur noch kleine Dekorationen fürs Fernsehen." (4)
So drehte Karin Dor nur noch sehr sporadisch Filme. Darunter 1971 "HAIE AN BORD" (1971) und 1974 "DIE ANTWORT KENNT NUR DER WIND". Dafür sah man sie in Folgen der US-amerikanischen Serien "IHR AUFTRAG, AL MUNDY" (1969), "DER CHEF" (1970) und "FBI" (1970).
Zudem warfen private Rückschläge, ihre Scheidung von dem Regisseur Harald und eine Krebserkrankung Karin Dor beruflich zurück.
1972 heiratete sie Günther Schmucker, von dem sie sich aber 1974 wieder scheiden ließ. 1988 folgte ihre dritte Ehe mit George Robothom, mit dem sie bis zu dessen Tod im Jahr 2007 zusammenlebte.
In den 1980er Jahre meldete sich Karin Dor mit Theatertourneen in Deutschland zurück. Unter anderem 1986 mit dem Stück "DER NEUROSEN-KAVALIER" an der Seite von Claus Biederstaedt, in dem sie weit über 500 mal zu sehen war.
Ab dem Jahr 2001 sah man die Schauspielerin unter anderem in dem Stück "DIE KATZE/ MAN LIEBT NUR DREIMAL", das extra für sie geschrieben wurde, sowie in "DER NEUROSEN-KAVALIER" (2006-2007), "TRAU KEINEM ÜBER 60! (2008-2009), "MAN LIEBT NUR DREIMAL" (2008-2010) oder in "DER DRESSIERTE MANN". Mit diesen Stücken ging Karin Dor auch deutschlandweit auf Tournee.
2006 kehrte Karin Dor mit dem Film "ICH BIN DIE ANDERE" als Katja Riemanns alkoholkranke Mutter auf die Kinoleinwand zurück.
In den 2000er Jahren sah man die Schauspielerin auch wieder vermehrt im Fernsehen. So unter anderem in den beiden Pilcher-Verfilmungen "RUF DER VERGANGENHEIT" (2000) und "HERZENSFRAGEN" (2011), in der Lindström-Verfilmung "SEHNSUCHT NACH MARIELUND" (2004) sowie in den zwei TRAUMSCHIFF-Folgen "PANAMA" (2010) und "INDIAN SUMMER" (2010).
Zudem absolvierte sie 2010 Auftritte in den beiden Sendungen "MY SWINGING SIXTIES-GOTTSCHALKS ZEITREISE" sowie "KÖLNER TREFF".
2015 war Karin Dor als ROSA in "DIE ABHANDENE WELT" in ihrer letzten Film- und Fernsehrolle zu sehen.
Im Juli 2016 wurde die Schauspielerin in Südtirol auf der Straße von einer Mutter mit Kinderwagen umgefahren. Sie stürzte mit dem Hinterkopf auf den Bordstein, war 15 Minuten bewusstlos. Im Krankenhaus wurden ihre schwere Kopfverletzung jedoch nicht erkannt.
Karin Dor kehrte daraufhin nach München zurück, da es ihr wieder gut ging, und trat auch wieder in einem Stück in der Komödie im Bayerischen Hof auf. Doch im März 2017 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand rapide.
Karin Dor verstarb am 6. November 2017 an den Folgen einer Gehirnblutung in einem Münchener Pflegeheim.
Filmographie
TV-Serien
(1) Karin Dor
(2) Karin Dor
(3) Karin Dor
(4) Karin Dor
© by Ingo Löchel