CHRIS HOWLAND - Ein Nachruf (Teil 1)
Chris Howland
(1928 - 2013)
Teil 1
"Ich hatte gelesen, dass die in Hamburg Auszubildende für den Rundfunk suchten. Und da habe ich mir gesagt: Oh, das liegt mir irgendwie im Blut und deswegen bin ich nach Hamburg gegangen." (1)
Howland bekam den Job und wurde nach einiger Zeit Chefsprecher und Chef der Musikabteilung beim BFN.
„Die Musikhalle in Hamburg war unser Funkhaus und meine Universität. Wir haben Funk studiert von A bis Z.“ (2)
1952 stellte er sich aufgrund einer Wette beim NWDR (dem Vorläufer des WDR und NDR) vor.
"Das war eine Wette. Als ich gerade mit jemandem im Auto dort vorbei gefahren bin, sagte er: "Ich wette, dass du da nicht hingehst". Da habe ich gesagt: "Okay, dann wette ich auch". Und dann habe ich geparkt, bin ausgestiegen, reingegangen und habe gesagt: "Auf mich haben Sie gewartet!" Wir wussten, dass Millionen von Zuhörern uns hörten, denn wir haben amerikanische und englische Musik gespielt. Und ich sagte: "Geben Sie mir eine Stunde in der Woche, und ich bringe diese Millionen zurück". Und zu meiner absoluten Überraschung haben die "Ja" gesagt!" (3)
Obwohl er kein Wort Deutsch konnte, sondern nur Englisch sprach, bekam Chris Howland den Job und moderierte als "Schallplatten-Jockey" (da die Bezeichnung Disc-Jockey den Verantwortlichen nicht geläufig war) einige Wochen später mit RHYTHMUS DER WELT seine erste deutsche Radioshow.
Für die Radioshow des NWDR schrieb er die Texte in Englisch, die in die deutsche Sprache übersetzt wurden
"Ja, ich habe auf Englisch meinen Text geschrieben, und dann hat eine deutsche Sekretärin das übersetzt. Und das habe ich dann vorgelesen - ich habe stundenlang geprobt." (4)
Am 26. März 1953 wurde mit CHRIS HOWLAND auch seine erste deutsche Fernsehsendung in der ARD ausgestrahlt. Die 15minütige Musikshow lief insgesamt dreimal. Ein Jahr später gab Howland in BALL DER NATONEN sein Kino-Debüt.
1955 rief ihn der WDR nach Köln, wo er die Radio-Sendung SPIELEREIEN MIT SCHALLPLATTEN moderierte
Während dieser Zeit beim WDR wurde auch Howlands Spitzname HEINRICH PUMPERNICKEL bzw. MISTER PUMPERNICKEL geboren.
„Beim WDR wollte ich den Tontechniker, der mir Sendung für Sendung hinter der Glasscheibe des Studios gegenübersaß, ein Mal zum Lachen bringen. Eines Tages versuchte ich ihn damit aus der Reserve zu locken, dass ich mich am Ende meiner Sendung spontan mit dem Namen „Heinrich Pumpernickel“ von den Hörern verabschiedete. Der Tontechniker hat aber auch da nicht gelacht, dafür hat der WDR aber in den Tagen danach tausende Briefe adressiert an Heinrich Pumpernickel erhalten. Ich dachte mir, den musst du adoptieren, der ist ja bekannter als ich.“ (5)
1958 konnte Chris Howland mit dem Lied FRÄULEIN seinen ersten Platten-Hit landen. Weitere Chart-Hits folgen u. a. mit den Liedern DAS HAB' ICH IN PARIS GELERNT (1959) oder mit der HÄMMERCHEN-POLKA (1961).
1959 ging Howland für zwei Jahre zurück nach England, auch mit dem Ziel dadurch nach Hollywood zu kommen. Doch der Traum verwirklichte sich nicht.
"Mein Ziel war damals aber Hollywood. Ich wollte Filmschauspieler werden. Ich bin zwei Jahre nach England gegangen – 1959/60. In diesen zwei Jahren habe ich 400 Fernsehtalkshows gemacht. Ich habe aber an den Wochenenden in Deutschland gearbeitet, habe Filme gemacht, Funk et cetera. Dass ich wieder nach Deutschland zurück bin – und geblieben bin –, hatte auch private Gründe. Meine erste Ehe stimmte nicht hundertprozentig." (6)
Anfang der 1960er Jahre kehrte Chris Howland wieder nach Deutschland zurück, wo er die halbstündige Fernsehshow VORSICHT KAMERA ab dem 18. Juli 1961 in der ARD präsentierte, die auf dem englischsprachigen Original CANDID CAMERA basiert.
In VORSICHT KAMERA zeigt Moderator Chris Howland amüsante Filme mit Lockvogel Helli Pagel. Die Streiche waren eher harmlos. Meist ging es darum, dass ein technisches Problem künstlich herbeigeführt wurde, wobei das Entscheidende die Reaktionen der Opfer und deren wachsende Ungeduld oder Verzweiflung waren. Dennoch kritisierte drei Jahre nach Sendestart der Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats und Vizekanzler Erich Mende von der FDP, die versteckte Kamera verletze die Intimsphäre der Leute. So wurde VORSICHT KAMERA schließlich nach 30 Sendungen 1966 eingestellt.
"Sie wurde nicht abgesetzt, weil sie zu frech war. Erich Mende war damals Vizekanzler. Entweder er oder seine Frau war beim Rundfunkrat in Köln. Sie hatten Angst, dass ich die Intimsphäre von Leuten verletzen könnte – könnte! Sie haben die Sendung abgesetzt. Jahre später hat Herr Mende sich persönlich in einer Rundfunk-Live-Sendung bei mir entschuldigt. Er sagte: Ich sei nur meiner Zeit voraus gewesen. Es war nett, dass er es getan hat. „Vorsicht Kamera“ hat das aber nicht geholfen. Heute besteht wesentlich größere Gefahr, dass das Fernsehen die Intimsphäre verletzt als damals bei „Vorsicht Kamera!“ Heute wird mehr gesendet als das, was man damals nur befürchtete. Ich fand es natürlich nicht gut, dass die Sendung abgesetzt wurde, aber bitte." (7)
Ab 1961 moderierte Howland aber mit MUSIK AUS STUDIO B eine weitere Show, die es vom Radio ins Fernsehen geschafft hatte, die ab dem 22. Oktober 1961 in der ARD ausgestrahlt wurde.
In dieser 45minütigen Musikshow stellte Howland neue Schlager vor, die sich vor allem an ein junges Publikum richtete.
1969 verabschiedete sich Howland aber aufgrund eines Streites mit dem damaligen NDR-Unterhaltungschef von seiner Sendung. Alle Bänder von MUSIK AUS STUDIO B mit Chris Howland (mit Ausnahme der 50. Sendung) wurden daraufhin gelöscht.
Neben seinen erfolgreichen Fernsehshows, konnte Howland ab Anfang der 1960er Jahren auch in seiner Karriere als Schauspieler durchstarten. Seinen Höhepunkt erreichte er u. a mit seinen Rollen in den KARL MAY-Filmen WINNETOU, 1. Teil (1963), DER SCHUT (1964), DURCHS WILDE KURDISTAN (1965) und IM REICH DES SILBERNEN LÖWEN (1965).
(1) Chris Howland
(2) Chris Howland
(3) Chris Howland
(4) Chris Howland
(5) Chris Howland
(6) Chris Howland
(7) Chris Howland
© by Ingo Löchel
Kommentare
Inzwischen hat sich die Wikipedia auf den 29. November korrigiert. Das scheint offiziell zu sein und ist im 2. Teil des Artikel berücksichtigt