SYDNEY POLLACK - Ein Nachruf
SYDNEY POLLACK
(1934 2008)
1961 gab Pollack in KING OF THE MOUNTAIN, einer Folge der Serie CAINS HUNDRED sein Regie Debüt. Es folgten Regie-Arbeiten für TV Serien wie THE TALL MAN (1962), THE DEFENDERS (1963), THE ALFRED HITCHCOCK HOUR (Alfred Hitchcock zeigt, 1963), THE FUGITIVE (Auf der Flucht, 1964) oder BOB HOPE PRESENTS THE CHRYSLER THEATRE (1965).
1962 folgte in WAR HUNT sein Kino-Debüt als Schauspieler.
1965 drehte Sydney Pollack mit THE SLENDER THREAD (Stimme am Telefon) seinen ersten Kinofilm.
1966 erhielt er einen EMMY für seine Regie in der Folge THE GAME, der Serie BOB HOPE PRESENTS THE CHRYSLER THEATRE.
Im selben Jahr folgte mit THIS PROPERTY IS CONDEMNED (Dieses Mädchen ist für alle, 1966) sein nächster Filme sowie 1968 der Western THE SCALPHUNTERS (Mit eisernen Fäusten, 1968) mit Burt Lancaster.
Pelztierjäger Joe Bass hat Pech. Als er durch das Gebiet der Kiowas reitet, nehmen sie ihm alle Felle ab und überlassen ihm dafür den entlaufenen Sklaven Joseph Winfield Lee, der ihnen in die Hände gefallen ist.
Obwohl Joseph im Gegensatz zu Joe lesen und schreiben kann, hält der Trapper ihn für einen Schwachkopf, nimmt ihn aber notgedrungen mit. Joe ist entschlossen, den Indianern die Felle wieder abzujagen.
Leider kommen ihm dabei die Skalpjäger des Banditen Jim Howie zuvor, der mit seinen Galgenvögeln und der abgetakelten Saloon-Schönen Kate durch die Lande zieht. Nach den Fellen kassiert Howie auch Joseph ein, um ihn auf dem Sklavenmarkt zu verkaufen. Joe Bass gibt seine Felle auch jetzt nicht verloren. Er folgt der Bande und liefert ihr einen erbitterten Kleinkrieg...
Sydney Pollack lieferte mit dem ebenso spannenden wie witzigen Western eine amüsante, gut gespielte Lektion zum Thema Rassendiskriminierung. Besonders Lancaster als muskelbepackter und nicht gerade intelligente Hinterwäldler Joe Bass und Ossie Davis als gebildeter farbiger Sklave wissen hier zu überzeugen. (1)
Für Lancaster und Pollack blieb es nicht die einzige Zusammenarbeit, denn die beiden drehten auch die DAS SCHLOSS IN DEN ARDENNEN (1969) sowie "DER SCHWIMMER (1968) zusammen, wobei Sydney Pollack bei letzterem Film als Regisseur ungenannt blieb.
1969 drehte Pollack THE SHOOT HORSES, DONT THEY? (Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss (1969)
1932 - die Depression in den USA hat ihren Tiefpunkt erreicht. In einem billigen Tanzschuppen veranstaltet der Manager Rocky einen Tanzmarathon. Je länger das menschenverachtende Unternehmen dauert, desto häufiger kommen bei den Teilnehmern latente Gewalt und verzweifelte Existenznot zum Ausbruch. Zu ihnen gehören auch Gloria und Robert. Rocky versucht als Publicitygag, die beiden zu einer Trauung auf dem Parkett zu überreden. Man könne sich ja nach dem Marathon wieder scheiden lassen.
Immer weiter vom öligen Rocky und dem sensationsgeilen Publikum angetrieben, das sich an ihrem menschlichen Elend ergötzt, tanzen immer weniger Paare immer entkräfteter ihre Runden. Wer zusammenbricht, wird von Schiedsrichtern auf Rollschuhen ausgezählt. Neun, zehn - aus der Traum vom Geld.
Als die meisten Paare schon wegen Erschöpfung ausgeschieden sind, findet Gloria heraus, dass Rocky von der Siegesprämie angeblich aufgelaufene Spesen abzieht, so dass kaum noch etwas übrig bleibt. Physisch und psychisch am Ende verlässt Gloria den Saal und kommt mit einer Pistole zurück...
Sydney Pollacks "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" ist eine gnadenlose Abrechnung mit dem amerikanischen Mythos 'The Winner Takes It All' nach dem Depressions-Roman "Ums nackte Leben" ("They Shoot Horses, Don't They?") von Horace McCoy aus dem Jahr 1936. (2)
Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" wurde für neun Oscars (Jane Fonda als beste Hauptdarstellerin, Susannah York als beste Nebendarstellerin, Gib Young als bester Nebendarsteller, Sydney Pollack für die beste Regie, dazu noch adaptiertes Drehbuch, Ausstattung, Kostüme, Schnitt und Musik) nominiert und mit zahlreichen Kritikerpreisen ausgezeichnet.
Den Oscar konnte allerdings nur Gib Young für seine Rolle als schmieriger Veranstalter Rocky entgegennehmen.
Danach folgten JEREMIAH JOHNSON (1972), THE WAY WE WERE (CHERIE BITTER, 1973) sowie der brillanter Thriller THE YAKUZA (Yakuza, 1974)
Als japanische Gangster die Tochter eines betrügerischen US-lndustrie-Magnaten entführen, reist Kilmer (Robert Mitchum) in dessen Auftrag nach Tokio, um das Mädchen aus seiner Geisel-Haft zu befreien.
Er gerät in eine komplizierte und blutige Auseinandersetzung mit einem mächtigen Yakuza-Clan. Kilmer, der als Soldat im Krieg einer Japanerin und deren Tochter zu überleben half, erfährt zwanzig Jahre später, dass der vermeintliche Bruder seiner Geliebten von damals in Wahrheit ihr Ehemann war und ist.
Dennoch kämpfen beide gemeinsam - der eine mit einer doppelläufigen Flinte, der andere mit einem Langschwert - gegen die Gangster...
Ein bildgewaltiger, packend inszenierter Action-Thriller um Ehre und Verpflichtung. (3)
Nach THREE DAYS OF THE CONDOR (Die drei Tage des Condor (1975), BOBBY DEERIELD (1977), THE ELECTRIC HORSEMAN (Der elektrische Reiter, 1979)
Im Auftrag eines Nahrungsmittel-Konzerns muss ein ehemaliger Rodeo-Weltmeister eine dümmliche Werbekampagne bestreiten. Als er bemerkt, dass seine Chefs ein berühmtes Rennpferd mit Drogen vollpumpen, stiehlt er das wertvolle Tier und macht sich von dannen. Eine findige TV-Reporterin heftet sich an seine Fersen...
"Regisseur Sydney Pollack gelang ein derber, spaßiger und gesellschaftskritischer Post-Western mit einem hervorragend agierenden Darstellergespann. (4)
und ABSENCE OF MALICE (Die Sensationsreporterin, 1981)
Megan Carter ist eine ehrgeizige, junge Journalistin, die unbedingt nach oben will. Als ein bekannter Gewerkschaftsboss spurlos verschwindet, beginnt sie sogleich mit den Nachforschungen. Dabei stösst sie auf den Geschäftsmann Michael Gallagher, der in die Affäre verwickelt zu sein scheint. Was Megan Carter nicht ahnt: Sie ist nur ein Spielball, denn das FBI hat ihr Informationen zugespielt und sie auf eine falsche Fährte gesetzt....
Der gesellschaftskritische Film von Oscar-Preisträger Sydney Pollack zählt - verglichen mit solchen Hits wie "Tootsie" oder "Jenseits von Afrika" - zu seinen weniger bekannten Filmen. Die Kritik warf ihm zuweilen überspitzte Darstellung zu, zu einseitig sei der arme Gallagher als "der letzte anständige Mensch in ganz Amerika" skizziert (Chicago Reader). Doch selbst die Gegner des Films müssen die hochprofessionelle Machart und die guten Darsteller loben. (5)
folgte die Komödie TOOTSIE, für den er eine weitere OSCAR Nominierung für die Beste Regie erhielt.
Michael Dorsey ist ein exzellenter Schauspieler, muss sich aber in New York als Kellner durchschlagen, weil er einfach keine Rollen bekommt. Erst als er in Frauenkleider schlüpft, kann er dem Regisseur Ron Carlysle, einem ausgesprochenen Macho, nachdrücklich beweisen, dass er die richtige Besetzung für die energische Verwaltungschefin des Krankenhauses "Southwest General" ist. Fortan macht Dorothy Michaels alias Michael Dorsey als "Emily Kimberly" auf dem Bildschirn Furore. Nur mit der Liebe ist es schlecht bestellt...
Die vielfach preisgekrönte Komödie war ein Riesenerfolg bei Publikum und Kritik ("Film des Jahres"). (6)
1985 drehte Pollack OUT OF AFRICA (Jenseits von Afrika), der sein größter Erfolg wurde.
Der Film erzählt ein Phase aus dem Leben der Schriftstellerin Karen (Tania) Blixen während ihrer Zeit im britisch kolonialisierten Afrika. Hierhin kommt die dänische Großbürgertochter kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit dem Ziel, gemeinsam mit ihrem schwedischen Verlobten Baron Bror Blixen-Finecke Rinderzucht zu betreiben. Doch als sie mit dem Zug von Mombasa in Nairobi ankommt, hat der sprunghafte Bror die Pläne bereits geändert und statt der Viehzucht mit dem Kaffeeanbau begonnen. Da er Karen schlecht behandelt, wendet sie sich von ihm ab und flüchtet sich in eine Affäre mit dem Großwildjäger Hutton...
Mit wunderbarer Fotografie vor erlesenen Naturkulissen entstand ein Melodram der seichten Art. Das Werk wurde seinerzeit in Afrika wegen rassistischer und kolonialistischer Anklänge heftig kritisiert. Bei den Dreharbeiten gab es Ärger, weil weiße Statisten doppelt so viel Lohn erhielten wie Schwarze. Afrikanische Zeitungen warfen dem Film außerdem vor, dass er die wenigen schwarzen Figuren als tumbe Wilde darstellt - im Gegensatz zur Romanvorlage.
Trotzdem wurde der Film mit zahlreichen Oscars ausgezeichnet: Bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch, beste Ausstattung, beste Originalmusik, bester Ton und beste Kamera. (7)
1986 erhielt Sydney Pollack für JENSEITS VON AFRIKA die Oscars für den BESTEN FILM und die BESTE REGIE.
Nach HAVANA (Havanna, 1990), THE FIRM (Die Firma, 1993), SABRINA (1995) und RANDOM HEARTS (Begegnung des Schicksals, 1999), drehte Pollack mit THE INTERPRETER (Die Dolmetscherin seinen letzten Kinofilm.
Dolmetscherin Silvia Broome belauscht durch Zufall im New Yorker UN-Gebäude ein Gespräch, in dem es darum geht, dass ein afrikanischer Diktator bei seinem Auftritt vor den UN-Vertreten liquidiert werden soll. Fortan sieht sie sich von finsteren Gestalten verfolgt. Während der hinzugerufene Sicherheitsagent Keller ihr zunächst keinen Glauben schenkt, ändert sich dies, als ein Fremder in Silvias Wohnung eindringt. Keller lässt fortan die Dolmetscherin überwachen. Da gibt es
im Umfeld der unglaublichen Geschichte bereits die ersten Mordopfer...
Regisseur Sydney Pollack begab sich mit diesem Polit-Thriller auf die Spuren seines Klassikers "Die drei Tage des Condor" und inszenierte ein über weite Strecken spannendes Werk, das sich zudem mit einem brisanten Thema beschäftigt (auch wenn der hier genannte afrikanische Staat ein fiktiver ist). Starke Figuren und der sich allmählich steigernde Spannungsaufbau, sowie das nicht überzogen schmalzige Ende lasssen über einige Längen hinwegsehen. Was einst Alfred Hitchcock bei seinem Werk "Der unsichtbare Dritte" verwehrt blieb, konnte Pollack diesmal in Anspruch nehmen: Er durfte tatsächlich im UN-Gebäude drehen! (8)
Im selben Jahr folgte mit dem Dokumentarfilm Sketches of Frank Gehry seine letzte Regie Arbeit.
2007 mimte er in STAGE 5, einer Folge der Serie THE SOPRANOS (Die Sopranos) seine letzte TV Rolle.
Ein Jahr später war Pollack in MADE OF HONOR (Verliebt in die Braut) in seiner letzten Film-Rolle zu sehen.
Sydney Pollack verstarb am 26. Mai 2008 in Los Angeles an den Folgen einer Krebserkrankung.
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© 2008 by Ingo Löchel
Bilder: Archiv des Autors
FILMOGRPAHIE
ALS REGISSEUR
1. The Slender Thread/ Stimme am Telefon (1965)
2. This Property Is Condemned/ Dieses Mädchen ist für alle (1966)
3. The Scalphunters/ Mit eisernen Fäusten (1968)
4. The Swimmer/ Der Schwimmer (1968)
5. Castle Keep/ Das Schloss in den Ardennen (1969)
6. They Shoot Horses, Don't They?/ Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss (1969)
7. Jeremiah Johnson/ Jeremiah Johnson (1972)
8. The Way We Were/ Cherie Bitter (1973)
9. The Yakuza/ Yakuza (1974)
10. Three Days of the Condor/ Die drei Tage des Condor (1975)
11. Bobby Deerfield (1977)
12. The Electric Horseman/Der elektrische Reiter (1979)
13. Absence of Malice/ Die Sensationsreporterin (1981)
14. Tootsie/ Tootsie (1982)
15. Out of Africa/ Jenseits von Afrika (1985)
16. Havana/ Havanna (1990)
17. The Firm/ Die Firma (1993)
18. Sabrina/Sabrina (1995)
19. Random Hearts/ Begegnung des Schicksals (1999)
20. The Interpreter/ Die Dolmetscherin (2005)
21. Sketches of Frank Gehry (2005)
FERNSEHEN
1. Cain's Hundred (1 Folge, 1961)
2. Target: The Corruptors (1 Folge, 1962)
3. The Tall Man (2 Folgen, 1962)
4. The Defenders (1 Folge, 1963)
5. The Alfred Hitchcock Hour/ Alfred Hitchcock zeigt (2 Folgen, 1962/1963)
6. Ben Casey (10 Folgen, 1962-1963)
7. Breaking Point (1 Folge, 1963)
8. The Fugitive/ Auf der Flucht (1 Folge, 1964)
9. Slattery's People (1 Folge, 1964)
10. Kraft Suspense Theatre (2 Folgen, 1964-1965)
11. Bob Hope Presents the Chrysler Theatre (5 Folgen, 1963-1965)
ALS DARSTELLER
1. War Hunt (1962)
2. The Electric Horseman (1979)
3. Tootsie (1982)
4. The Player (1992)
5. Death Becomes Her/ Der Tod steht ihr gut (1992)
6. Husbands and Wives/ Ehemänner und Ehefrauen (1992)
7. A Civil Action/ Zivilprozeß (1998)
8. Eyes Wide Shut (1999)
9. Random Hearts/ Begegnung des Schicksals (1999)
10. Changing Lanes/ Spurwechsel (2002)
11. The Interpreter/ Die Dolmetscherin (2005)
12. Fauteuils d'orchestre/ Ein perfekter Platz (2006)
13. Michael Clayton (2007)
14. Made of Honor/ Verliebt in die Braut (2008)
FERNSEHEN
1. Playhouse 90 (2 Folgen, 1959)
2. Brenner (1 Folge, 1959)
3. The United States Steel Hour (1 Folge, 1959)
4. Alfred Hitchcock Presents/ Alfred Hitchcock präsentiert (1 Folge, 1960)
5. The Twilight Zone/ Unglaubliche Geschichten (1 Folge, 1960)
6. Have Gun - Will Travel (2 Folgen, 1961)
7. The Deputy (1 Folge, 1961)
8. The Asphalt Jungle (1 Folge, 1961)
9. Ben Casey (1 Folge, 1962)
10. The New Breed (2 Folgen, 1961/1962)
11. Mad About You/ Verrückt nach dir (1 Folge, 1998)
12. Fling (1 Folge, 2000)
13. Will & Grace/ Will & Grace (als George Truman, 4 Folgen, 2000-2006)
14. The Sopranos/Die Sopranos (1 Folge, 2007)