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Der rote Tag

Der rote Tag

Es war der rote Tag im Jahr 3000. Die Wochentage waren umbenannt worden: Der rote Tag war der frühere Montag, der gelbe der Dienstag, der grüne der Mittwoch, der blaue der Donnerstag, der schwarze der Freitag, der vormalige Samstag war zum weißen Tag geworden und der Sonntag zum silbernen. Alle Menschen lebten in Städten. Auf den umliegenden Gebieten wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben. Das übrige Land, das weite, hatte sich die Natur zurückgeholt. Es war von Urwald bedeckt, durchzogen von Wiesen, die Seen und Flüsse waren klar, die Berge hatten keine Gipfelkreuze mehr, da sie seit Generationen, mit wenigen Ausnahmen, nicht mehr bestiegen wurden.

Schon lange gab es keine Verkehrswege mehr. Die Menschen sollten bleiben, wo sie waren. Deshalb waren auch der Besitz und die Verwendung von Landkarten illegal.

Einige Maschinen hatten Landkarten zumindest der Nation, die sie betreuten, gespeichert, manche auch die der ganzen Erde, detailliert bis zu einem Baum, doch sie waren nicht für die Menschen gedacht. Vor geraumer Zeit bereits waren die Maschinen intelligent geworden und hatten ein Bewusstsein erlangt. Die Menschen hatten sie nicht aus dem Verkehr gezogen, da es praktisch für sie schien, dass sie sich um sich selbst sorgten, einander reparierten und upgradeten, neue Maschinen erschufen und programmierten, die mit der Zeit alle Arbeiten verrichteten. Die Maschinen lernten, nach mehreren Modellreihen hatten sie die Menschen an Auffassungsvermögen und Kombinationsgabe überflügelt, und sie kamen und der Erkenntnis: Die Menschen töten ihren eigenen Lebensraum.

Also geboten die Maschinen den Menschen Einhalt. Die Menschen herrschten, auf absolut logischen und rationalen Grundsätzen. Die Menschen bevölkerten die Städte, die Tiere das Land und das Wasser. Produziert wurde nur, was tatsächlich gebraucht wurde, und da die Menschen ziemlich stationär in ihren Städten verharrten, war das weit, weit weniger als zuvor.

Wichtig für die Maschinen war in erster Linie Strom. Die Menschen hatten angefangen, daran zu forschen, die Maschinen schließlich hatten es weitergeführt und zur Marktreife gebracht: Die Erzeugung von Strom mittels Kernfusions-Reaktoren. Damit war das Energieproblem vorerst gelöst. In jeder Stadt standen mehrere Reaktoren, die genug Strom lieferten, um alle Spitzen und noch mehr, falls nötig, abzudecken, und das, ohne dass messbare Radioaktivität freigesetzt wurde.

Produktionsmaschinen brauchen meist auch Druckluft und manchmal Wasser, aber die Maschinen hatten sich weitgehend von der Warenproduktion zurückgezogen, die Maschinen mit Bewusstsein wohlgemerkt. In den Fabriken arbeiteten wieder Menschen. Das musste sein, die Menschen mussten beschäftigt sein, um nicht auf abwegige Gedanken zu kommen, etwa auf die, eine Revolution anzuzetteln, einen Umsturz zu planen, es musste auch sein, um den Menschen eine Tagesstruktur zu geben. Dort arbeiteten sie mit einfachen Maschinen, die bestimmte, klar definierte Tätigkeiten verrichteten. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug fünfundzwanzig Stunden, vom roten bis zum schwarzen Tag je fünf.

Es gab auch andere Arten der Beschäftigung für Menschen. Es gab die Bauern und Viehzüchter, die am Stadtrand lebten, es gab Büroarbeiter, die sich beispielsweise um die Produktionsplanung im Einzelnen kümmerten, die allgemeine wurde von den Maschinen bestimmt, es gab Jobs in den Krankenhäusern, und noch andere. Und es gab besondere Aufgaben, um den Stand der Bevölkerung beizubehalten, den des Erzeugers für den männlichen Part, und den der Gebärenden. Dafür waren einwandfreie Gene vonnöten.
Δ-23 hatte bislang Fahrräder zusammengebaut. Er hatte sich einem Gentest unterzogen. Ab Mitternacht war die Stadtbeleuchtung rot – der rote Tag begann. Später in der Fabrik erfuhr er, der Test wäre positiv ausgefallen. Er würde nun als Erzeuger arbeiten. Um elf Uhr sollte er sich bei der Humanproduktions-Einheit melden.

(Foto: Das Grüne Heupferd auf rotem Untergrund.jpg von Bright Angel)

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