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»Neo« ist 75 - Ein paar Bemerkungen

Zauberwort - Der Leit(d)artikel»Neo« ist 75
Ein paar Bemerkungen

Vor ziemlich genau drei Jahren war es, als ein Teil der »Perry-Rhodan-Hardcore-Fans« zumindest den Untergang des christlichen Abendlandes wenn nicht gar des sogenannten ›Perryversums‹ witterten.

Was sollte geschehen, dass man das Ende der Welt wie wir sie kennen erwartet wurde? Supergau? Atomkrieg? Meteoreinschlag?


1Nein. Es sollte lediglich eine Taschenheftserie gestartet werden …

»Perry Rhodan NEO« sollte an den Start gebracht werden. Darin sollte (und wird inzwischen) die Saga um den Astronauten Rhodan und der abenteuerlichen Seite der Menschheit im Weltall neu erzählt (werden). Das ganze im aktuellen Gewand, fernab des Zeitgeistes der sechziger Jahre, der »Perry Rhodan« einst so groß gemacht und quasi zum Synonym für erfolgreiche deutsche SF machte. Doch 2011 war dieser Zeitgeist aus der Adenauer/Ehrhard-Ära komplett obsolet.

Nun hier im Zauberspiegel hatten damals zwei Stimmen. Wolfgang Trubshaw (Die spinnen, die Rastätter ... - Über Perry Rhodan NEO) war der Vertreter derer, die in ›Neo‹ eine Art Verrat an der 1961 gestarteten Originalserien witterten, während ich, Horst Hermann von Allwörden (Reboot! - Perry Rhodan startet nochmal zum Mond), selbst denjenigen eine Stimme gab, die in ›Neo‹ eine Chance sahen und eine Möglichkeit mit dem Reboot auch eine neue Lesergeneration an das Thema »Perry Rhodan« heranzuführen.

Nun, im Laufe der Zeit ist die ganz große Luft aus diesem Disput gewichen. Es zeigte sich nämlich, dass »Perry Rhodan« sowohl als ›Erstauflage‹ und auch als ›Neo‹ friedlich nebeneinander existieren können. Jede Serie im eigenen Universum.

Dabei geht die Erstauflage ihren Weg, während in ›Neo‹ auf dem Fundament der Ideen von Scheer, Darlton, der anderen Autoren und den wechselnden Redaktionen eine moderne Form der Geschichte entwickelt, die beileibe nicht perfekt ist. Aber welche Geschichte ist das schon. Michel Wuethrich, der von ›Neo‹ ja durchaus angetan ist, findet bei seinem Resümee des abgelaufenen Zyklus ein paar Haare in der Suppe.

Einst gab es einen Senator im ›alten Rom‹, der jede seiner Reden vor diesem ehrwürdigen Gremium mit folgenden Satz beendete.

Ceterum censeo Carthaginem esse delendam

Marcus Porcius Cato Censorius (Cato der Ältere) (234 v. Chr.; † 149 v. Chr.)

Und es gibt sie, die ›modernen Catos‹, unter den ›Perry Rhodan Fans‹, die in Foren und auf Facebook dann (fast) jeden ihrer Beiträge, Posts und Kommentare mit der Bemerkung beschließen, dass sie im Übrigen der Meinung seien, dass Perry Rhodan Neo eingestellt werden müsse.

75Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. »Perry Rhodan Neo« hat sich mit der nun erscheinenden Nummer 75 etabliert, ist Teil der deutschen Science Fiction geworden. Sicherlich – und das kann man einräumen, ohne den Erfolg des Reboot zu schmälern – ist ›Neo‹ nicht so erfolgreich wie die Erstauflage einst in den Sechzigern und Siebzigern. Doch das ist kein Wunder. Keine Serie ist noch so erfolgreich. Das ist meines Erachtens auch so nicht zu wiederholen.

Die ›modernen Catos‹ jammern auch gern, dass eine sechste Auflage doch wesentlich Erfolg versprechender wäre als eben dieses ›Neo‹. Das stimmt einfach nicht. In den sechziger Jahren wurde der Zeitgeist perfekt getroffen. Diese eingedeutschte Form der Space Opera traf so perfekt den Wunsch einer großen Anzahl Leser, aber schon knapp 20 Jahre später (als ich dann meine ersten Leseerfahrungen in Sachen, konnte ich mir so manch breites Grinsen nicht verkneifen wenn die Ausserirdischen (die man da schon Aliens nannte) ob der Tatkraft der Terraner vor Ehrfurcht erstarrten. Das wirkt heute auf Jüngere noch ein bisschen lächerlicher. Das hat eine unfreiwillige Komik. Von der Technik und anderen Dingen mal ganz zu schweigen. Für Nostalgiker sind die Hefte ja als eBook verfügbar, aber um eine breite, neue Leserschicht zu erschließen wäre eine sechste Auflage an den Kiosken eher kontraproduktiv und ›Neo‹ in Gestaltung und Format deutlich besser geeignet.

Hinzu kommt, dass eine Reihe von Autoren, die nur bedingt dem, Rhodan’schen Kosmos zugerechnet werden können, der Serie mit ihrem eigenem Stil und ihren differenzierten Werdegang  nicht aus dem (und das nicht einmal so despiktierlich gemeint wie es klingt) Ghetto des Rhodan’schen-Fandoms stammen. Das hilft die Geschichte länger frisch zu halten. Diese Autoren sind ja nicht ohne Kontakt zu Rhodan und seinem Kosmos aufgewachsen und ich glaube nicht, dass man in Deutschland als Interessierten am Phantastischen im Allgemeinen und der SF im Besonderen aufwachsen kann, ohne zumindest kurzfristig Kontakt zu »Perry Rhodan« gehabt zu haben.

Und damit wünsche ich dem guten, neuen »Perry Rhodan Neo« für die nächsten 75 Bände viel Erfolg und ich denke so in einem Jahr, wenn die 100 kommt, schauen wir mal wieder nach wie weit der ›neue Perry Rhodan‹ dann gekommen ist.
.


Kommentare  

#31 Andreas Decker 2014-08-04 13:31
zitiere Yugoth:
Das ist doch vom Umfang her gar nicht oder nur schwer vergleichbar weil das Neo-Taschenheft einen anderen Umfang hat. Meiner Meinung nach entsprechen 75 Neos etwa 150 normalen Heften. Oder sehe ich das falsch?


Rechnerisch mag das hinkommen, keine Ahnung, aber es geht ja darum, was im Einzelhandel über den Ladentisch geht. Da ist ein verkauftes Heft ein verkauftes Heft und der Umfang nebensächlich.

Und im Gegensatz zu damaligen Konkurrenzserien hat NEO ja wie alle neuen Heftprodukte zusätzlich das wirtschaftliche Problem, dass es mit sich selbst als Ebook konkurrieren muss.

Heftekäufe sind halt im Gegensatz zu früher eine Frage der persönlichen Befindlichkeit+Lokalität geworden. Finde ich das Produkt, ohne dafür durch die halbe Stadt rennen zu müssen (eher nicht mehr), gönne ich es mir als Abo (evtl mit Mehrkosten, Internetaufwand, Überweisungen und lästigem Kündigungsärger verbunden) oder gebe ich mich geschlagen und kaufe das Ebook, das streng genommen nur eine aufgeppte Datei für fast das gleiche Geld ist.

(Okay, das Letztere ist zugegeben unfair, da NEO verglichen mit anderen E-Heften soviel preiswerter als die Printausgabe ist, dass man sich fragt, ob der Verlag das mal gezielt austesten will.)

Oder ist es mir diesen Aufwand nicht mehr wert und ich hake es endgültig ab?

Mit der Qualität des Inhalts hat das alles natürlich gar nichts zu tun. ;-) Aber Vertriebsprobleme haben schon mehr Zeitschriften und Serien gekillt als lahme Geschichten.
#32 Ingo Kirchhof 2014-08-06 09:37
Ich muss mich vielen Stimmen hier anschließen. Es besteht durch diesen, ich sag mal Neustart, die Gefahr sich irgendwann zu verzetteln - das beste Beispiel ist der amerikanische Comic-Verlag Marvel, der mittlerweile diese Geschäftspolitik bis zum Erbrechen hanhabt - und alles bisher dagewesene in den Sand setzt.
#33 Peter Brülls 2014-08-06 15:42
Nun ja, das Problem, dass ich mit NEO habe (75 war jetzt das letzte Heft, einmal verabschiedet hatte ich mich schon), ist das es exakt so ist wie die EA es damals war.
#34 Harantor 2014-08-10 23:11
zitiere Andreas Decker:

Bei den anderen Dingen gebe ich dir recht, aber was die Technik in den zeitgenössischen Romanen angeht, würde Scheer beim Lesen Schluckbeschwerden bekommen, wie er immer so schön schrieb ;-)


Ich sollte korrigieren und Computertechnik schreiben :D bevor Kanonen Herbert aus dem Grab steigt
#35 Larandil 2014-08-11 08:34
zitiere Peter Brülls:
Nun ja, das Problem, dass ich mit NEO habe (75 war jetzt das letzte Heft, einmal verabschiedet hatte ich mich schon), ist das es exakt so ist wie die EA es damals war.

Ach was. Perry der Friedensfürst? Der die andere Wange hinhält, bis die Haut in Streifen hängt? Da haben wir wohl zwei verschiedene Erstauflagen gelesen.
#36 joe p. 2014-08-16 18:27
Ein Blick auf die denkbaren Argumente:
1) Die Taschenheftromanserie Perry Rhodan NEO (2011ff) soll die Heftromanserie Perry Rhodan (1961ff) ablösen.
Die lange Laufzeit ist eine wesentliche Eigenschaft des Produktes PR. Daran wird wohl niemand etwas ändern wollen.
2) Perry Rhodan Neo nimmt Perry Rhodan die Autoren weg.
Wenn man sich die Autorennamen bei Neo so ansieht, kann man diesen Gedanken getrost ins Reich der Fabel verweisen.
3) Die Autoren lassen im Engagement für Perry Rhodan nach.
Die werden schon wissen, welches Pferd im Stall am wichtigsten ist.
4) Ein Kulturgut wird geschändet.
Als "Never say never again" im Jahre 1983 gedreht wurde, wurde "Thunderball" (1964)nicht entwertet und nicht vernichtet. Auch der Roman von 1961 hat beide Verfilmungen überstanden.
5) "Neo ist die erste Serie, die nichts zum Perry Rhodan Kosmos beiträgt, obwohl sie Perry Rhodan im Titel hat."
Letztlich geht es immer um einzelne Geschichten. Der PR Kosmos kann nur der -willkommene- Hintergrund sein, und doch nicht in seiner Gesamtheit, sondern in Teilaspekten. Dafür ist er groß genug, und er wächst ja noch.
NEO kann in seiner (nach drei Jahren eh nur noch relativen) Überschaubarkeit nur eine Bereicherung sein.

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