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Ein umstrittener Querkopf - Kurt Brand zum 100.

Zauberwort - Der Leit(d)artikelEin umstrittener Querkopf
Kurt Brand zum 100.

Kurt Brand war ein bisschen stolz darauf, dass Leser ihn entweder liebten oder hassten. Da gab es keine Zwischentöne. Als ich in den Siebzigern mit der 4. Auflage versuchte, mir das Perry-Rhodan-Universum zu erschließen stieß ich alsbald auf Leserbriefe, die den Autor Brand in den Himmel hoben oder in die tiefsten Tiefen der Hölle verdammten. Das wiederum machte mich neugierig auf den Autor ...


Kurt BrandDann lernte ich W.K. Giesa, Rolf Michael und auch Hans Klipp kennen. Insbesondere Werner und Hans waren glühende Verehrer der Serie »Ren Dhark«, geschaffen von Kurt Brand. Mir war inzwischen in Antiquariaten so mancher Brand in die Hände gefallen. Die Serie »Arn Borul -Von Stern zu Stern« aka »Raumschiff Promet« war mein besonderer Liebling, aber auch diverse SF-Hefte und dieses oder jenes Leihbuch fand sich in meiner Sammlung.

Ich muss gestehen, ich gehöre zu den Typen, die Kurt Brand bzw. seine Schreibe mögen. Allerdings konnte ich nie wirklich etwas mit »Ren Dhark« anfangen, der mich genausowenig dauerhaft einfangen konnte wie »Perry Rhodan«. Ich fand das Konzept der Promet besser. Einzelne Abenteuer mit wiederkehrenden Motiven,  in der eher viel Abenteuer und Entdecken des Alls untergebracht war und nicht der stürmische Aufstieg der Menschheit zu einer Großmacht in Galaxis und Universum. ich war nicht so der Fan vom Raumschlachten, in denen, wie Kurt Brand es einmal formulierte, die gesamte Jahresproduktion aller terranischen Raumschiffwerften in Stunden verheizt wurde. Zudem ist Ren Dhark ein Lehrbeispiel. Es ist das Brand'sche Syndrom. Kurt kreierte soviele Rätsel und löste diese nie auf, sondern schuf statt dessen neue Mysterien (etwas, dass sein Bewunderer und Epigone WKG im Zamorra wiederholte).

Dann lernte ich Kurt Brand auf dem Buchmesse Con in den Achtzigern persönlich kennen. Ich war damals so eine Art Eintänzer in der Fischbratküche. Ich interviewte Stargäste und versteigerte Ding für einen guten Zweck. So auch Kurt Brand. Wir hatten Spaß. Kurt war gern der Showman und er liebte es ein Witz zu machen. Er sprach mit starkem kölschen Akzent. Wenn er so sprach oder gar ins Kölsche verfiel dann war alles in Ordnung und Kurt bester Laune. Verfiel Kurt Brand allerdings ins Hochdeutsche, dann hatte er Hühnchen zu rupfen und er war sauer. Zum Glück hatte ich es eigentlich nur mit kölschem Akzent  oder echtem Kölsch zu tun.

Zu dieser Zeit hatte Kurt Brand seine Zeiten als Schriftsteller schon hinter sich. Er wollte zwar, konnte aber nicht mehr schreiben. Nach einem Treppensturz hatte er eine Schwäche des Kurzzeitgedächtnisses und konnte so nicht mehr seine Fortschritte beim Schreiben merken. Im Kopf begann er immer wieder von vorn. Dabei war er einer der schillerndsten Gestalten der frühen deutschen Autoren utopischer Romane. Er fiel auf durch seine schrägen Ideen und seinen gewöhnungsbedürftigen Stil an dem sich die Geister schieden.

Seine Western sind zum Teil recht unterhaltsam, aber Hollywoods wildeste Schinken waren dagegen historisch genauer. Kurt verwendete auch gern und häufig das Wort »Hundsfott«, das so gar nicht in den Wilden Westen passen will. Im Grunde lebten seine Western von den Ideen und seinem seltsamen Stil, als von der authentischen Schilderung des Westens. Als Cherry Moss und Buster Brack hat Kurt eher keine Geschichte geschrieben. Seine Krimis hingegen waren durchaus amüsant und hatten Stil. Doch seine Spuren hinterließ er vor allem in der SF. Dazu zähle ich durchaus die von ihm konzipierte Serie Checkpart 2000, die Krimi und SF-Elemente kombinierte.

Kurt selbst mochte es, dass er entweder gemocht oder gehasst wurde. Es schmeichelte ihm ein bisshen. Zudem hing er nicht gnadenlos an seinen Zeilen. Gerade was Ren Dhark anging, wollte er, dass dieser sich nach seinem Tode moderner präsentierte. Wichtig war die ihm die Serie und er hatte gesehen, dass sich die SF verändert hatte.

Über ihn, einer der frühen Autoren deutscher Nachkriegs-SF, kommt heute ein ganzer Block und auch in den nächsten Tagen immer wieder Beiträge im Zauberspiegel. Dazu dann am Wochenende noch eine schicke Bildergalerie (für die Bilder danken wir dann Peter Fleissner und Peter Michael). Rolf Michaels über 100 Normseiten langes Requiem (also tatsächlich Heftromanlänge) bringen wir in drei Teilen. Rolf schrieb es unter dem Eindruck des Todes von Kurt fertig, der ihn hart traf.

Ich gedenke nun Kurt Brand mit einem Glas Wein vom Kalterer See. Dort hatte Kurt seinen Altersruhesitz gewählt. Dort hat man ihn begraben. Dort, in Bozen (Südtirol), entstand das schwarz/weiß Foto, das wir jedem der Beiträge hinzufügen. Er ließ es am Tage machen, als er die Diagnose erhielt, dass er Lungenkrebs hat. Für mich ist da einer zu sehen, der mit sich und seinem Leben im Reinen ist und das noch einmal der Welt zeigen will. Sein letzter Wunsch war es eigentlich noch seinen 75. Geburtstag zu feiern. Jedesmal wenn wir in seinem letzten Lebensjahr Kontakt hatten, versäumte er es nicht, mich einzuladen. Jedem der potentiellen Gäste erging es so. Seine 75. Geburtstag war sein letztes Lebensziel. Ein halbes Jahr vorher besuchte ihn Freund Hein. Schade, diese Sause mit einem noch halbwegs gesunden Kurt hätte ich gern mitgemacht.

So, jetzt habe ich genug erzählt. Ich überlasse das Feld anderen. Sollen sie über Kurt und seine Romane sprechen ... Ich wünsche viel Spaß bei den Würdigungen Kurt Brands.

Die Beiträge
Der Mann mit den seltsamen Sätzen
Die große SF-Story - zum hundertsten Geburtstag Kurt Brands
Die Ideenwelt Kurt Brands - Freud und Leid des Exposé-Autors
Der Mann mit den seltsamen Sätzen - Ein kurzer Abriss über Kurt Brand in der SF
Kurt Brand wird 100! - »Schlomos« vierundzwanzigste Kolumne 
Lucifers Bücher - Professor Zamorra 91
Ein Requiem für einen Freund zum Ersten
Ein Requiem für einen Freund zum Zweiten
Ein Requiem für einen Freund zum Dritten
Charakterköpfe - Figurenentwurf in der SF bei Kurt Brand
Kurt Brand zum 100. - Ein paar Fotos von 1981 - 1991


Kommentare  

#1 Cartwing 2017-05-10 06:42
sehr schöner Beitrag. Ich muss gestehen, dass ich mit seinen PR Romanen damals nicht so richtig warm wurde, wenn ich sie auch nicht "entsetzlich" fand, wie ein Leser auf der LKS.
Auf Ren Dhark wurde ich durch Giesa aufmerksam, der den Band 1 immer mal wieder im Bett bei ein paar Bierchen las. Das habe ich dann genauso gemacht :-) . Bin aber nie über Band 1 hinausgekommen.
#2 Toni 2017-05-10 14:56
Schade, leider habe ich ihn nicht kennen gelernt. Muss ein toller Typ gewesen sein :-)

Das Wort "Hundsfott" ist übrigens eine Zeitlang mal sehr verbreitet gewesen. Im finnischen Karelien (ca. 600 km von Helsinki und 100 km von der russischen Grenze) kennt man es, nach Aussage meiner finnischen Schwiegermutter) auch. Warum nicht der Wilde Westen.
Schöner Artikel...
#3 Heiko Langhans 2017-05-11 07:36
Harantor: PN.
#4 Harantor 2017-05-11 08:45
Und Antwort. Gute Idee
#5 Andreas Decker 2017-05-11 13:41
Nette Idee das Ganze! Finde ich gut.
#6 M.Karpinski 2017-05-14 09:14
Mein allererstes PR Heft war "Kontaktschiff Terrania" in der 4. Auflage gewesen. Ich habe seine Romane bei PR eigentlich immer gerne gelesen, denn auch wenn er sich oft nicht um die stilistische Konventionen des Romanschreibens kümmerte merkte man fast immer wieviel Spaß er am Geschichten erzählen hatte. Mit Ren Dhark konnte ich allerdings nur wenig anfangen, die Serie war für mich damals eigentlich immer nur ein blasseres Perry Rhodan gewesen, dafür habe ich seine Weltraumreporter Romane die bei Bastei erschienen sind sehr gerne gelesen.
#7 matthias 2017-05-14 10:20
Jede Grabrede beschönigt. So auch hier.
Zwischen den Zeilen erkennt man, dass der Herr Brand von seinem Verhalten her ein A... war.
Seine Texte hingegen habe ich gerne gelesen...

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