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Der »Dull Effect« - Über die Selbstständigkeit von Autoren dem Expose gegenüber und die Aufpeppung geplanter Inhalte

1Der »Dull Effect«
Über die Selbstständigkeit von Autoren dem Expose gegenüber und die Aufpeppung geplanter  Inhalte

Was ist denn der „Dull-Effekt“? Das wird sich der geneigte Leser fragen. Denn erstens heißt dull im Englischen so etwas wie trüb, langweilig,matt, flach , flau oder stumpfsinnig.

Aber genau das Gegenteil ist gemeint. Der erfahrene Perryleser kennt das Dull als Erfindung von H.G. Ewers (Horst Gehrmann).


Sie entstammt dem MDI-Zyklus in Zusammenhang mit dem Psi-Roboter Lucky Log, dem Zeitauge des Luna-Klubs und dem Erbgott Lullog von Patulli Lokoshan, dem Kamashiten, der auch Pasha Basalok heißt, beides sind übrigens Abkürzungen. Der ganze Name findet sich sicher in der Perrypedia. Aber holen wir mal etwas aus.

Stellen Sie sich jetzt einmal vor, sie sind ein überdurchschnittlich begabter Perryautor (hüstel...),der gern phantasievoll schreiben möchte, der aber ein eher langweiliges Expose bekommt, was kann er daran ändern? Er fügt eben einige unvorhergesehene Kleinigkeiten ein, die phantasievoll sind, eben „Phantasie-Gadgets“ wie wir das Dull-Phänomen auch nennen. Glücklicherweise sind es gerade diese Effekte, die einen meist durchschnittlichen Roman dann wieder lesenswert machen.

Das Expose steht natürlich, der Autor entwickelt es in seinen Roman. Sicher, er kann Einiges daraus machen, den Plot beschreiben, die Orte und Zeiten der Handlung, die Charaktere entwickeln, die Haupthandlung läuft, der Roman entwickelt sich und den Zyklus – und doch fehlt irgendwie das Tüpfelchen auf dem I, der ganz große, krönende Abschluss. In diesem Falle wird es „gehrmannesk“! Man muss jetzt irgendeinen für die Handlung unwichtigen, aber phantasievollen Nebeneffekt einbauen, möglichst rätselhaft, geheimnisvoll und doch spannend. Zunächst muss das Thema unaufgelöst bleiben. Einige Bände später (wenn man wieder dran ist mit Perryromanschreiben und kein anderer Autor das Thema aufgegriffen hat) folgt eine weitere „Dull-Szene“, dann mit dem dritten Roman wird die kleine Nebenhandlung endgültig aufgelöst. (Aber Achtung: tausend Bände später kann man das dann wieder aufgreifen). Nur der Exposeautor bekommt graue Haare (so er denn überhaupt noch welche hat).

Denn er mag diese Verdullungen meist gar nicht. Doch sind diese Szenen es, die erst den Reiz mit ausmachen und die Krönung für den Autor ist es, wenn eine Dull-Szene in den Kanon übernommen wird bzw. sogar evtl. später in einen Zyklus per Expose mit eingebaut wird.Glücklicherweise sind auch andere Autoren dieser abseitigen Methode gewachsen. Clark Darlton (Walter Ernsting) konnte das auch. Die erste „Dullung“, an die ich mich erinnere, war die Tür hinter Harno, als Sarge Harnahan ihn fand, den Televisor. (Irgendwo in den ersten fünfzig bis hundert Bänden) Sie wurde erwähnt, aber nicht geöffnet!!! Da schien also etwas Geheimnisvolles drinzustecken.! Der Leser wurde also hier selbst „nicht-dull“ hinterlassen.

Wer genau in der Serie sucht, wird viele Verdullungen feststellen, nicht nur bei HGE oder CD. Auch spätere Autoren, die ihre Phantasie mit in die Romane einbrachten, neigten glücklicherweise zu solchen Effekten. Dazu gehören Leute wie Wim Vandemaan,LeoLukas, Michael Marcus Thurner. 

Um es zusätzlich zu erwähnen, Dull-Effekte benötigen nicht nur Phantasie, auch ein gehöriger Schuss Humor oder eine Prise Ironie können nicht schaden. Außerdem muss in der Handlung des Romans klar erkennbar geschrieben sein, dass es sich um einen zwar phantasievollen, den Sense Of Wonder befördernden Nebeneffekt handelt, der die Haupthandlung aber nicht befördert, damit der Leser zunächst nicht mehr erwartet. Denn es liegt ganz im Ermessen des Autors, diesen Dull-Effekt fortzusetzen.Auch heute noch sind wir Leser diesen Methoden ausgesetzt und viele, so wie ich, finden es spannend. Die notorischen Nörgler, die einzig allein puristisch auf die Haupthandlung Wert legen, seien dabei einmal ausgenommen. Auch sie existieren. Ich selbst möchte den Dull-Effekt jedoch nicht missen, denn es bleibt reizvoll, eine geheimnisvolle, zunächst unaufgelöste Szene zu lesen, darüber zu rätseln...und man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke der Phantasie des Autors zum Vorschein kommt. Von diesen Kleinigkeiten lebt die Serie auch.

Vorsicht also, lieber Leser, beim um die Ecke biegen, Vorsicht beim Umblättern des Heftes: Sie könnten mit einem Dull kollidieren....holen Sie sich eine Phantasie - Beule!

(C) 2015 by H. Döring und Aarn Munro

 

Kommentare  

#1 Adolf Faber 2015-07-28 16:02
Finde ich als besonders gut gelungen es mit dem "Dull-Effekt" zu benamsen. Das Salz in der Suppe (= die Geschichten aus dem Perry Rhodan Universum) sind solche Nebenhandlungen die die Vielfalt und die Größe der Schöpfung so nebenbei dem Leser bewusst machen können.
Natürlich gehe ich da weiter und werde nach und nach all diese Dull-Effekte in die Beschreibung der PR-Kosmologie ("Die himmlische Pracht des Multiversums") einfügen.
SF-Autoren wie eben Ewers oder Ernsting waren gewohnt solchen "Sense Of Wonder" in ihre Geschichten zu verpacken. Auch wenn sie nun Geschichten aus dem Perry Rhodan Universum schrieben vergassen sie nicht auf solche "Zutaten"!!

Überall im Kosmos der Handlungsträger gibt es eben phantastisches Leben, dass mit den aufgeworfenen Problemen nix zu tun haben, aber doch vorhanden ist und nicht "übersehen" werden sollte! ;-)

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