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Meinungsfreiheit, Toleranz und KeinGeldfürRechts

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneMeinungsfreiheit, Toleranz und KeinGeldfürRechts

Was passiert eigentlich in unserem Land gerade? Manchmal sitze ich vorm Rechner, schaue mir die Welt und Webseiten an, lese Facebook-Postings - auch mal von Leuten, deren Meinung ich nicht teile, gerade die - und frage mich: Wo steuern wir als Gesellschaft eigentlich hin? Gerade hat Angela Merke verkündet die Vollverschleierung verbieten zu lassen. Gut, Wahlkampf für 2017 damit offiziell eröffnet. Dennoch. Die AfD würde am liebsten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollen und Frau Kador ist immer noch unter Beschuss.


Und jetzt wird eine Werbeagentur angegangen, weil einer der Mitarbeiter eine Initiative gegen Werbungsschaltung auf der rechten Webseite Breitbart-News - wir erinnern uns: Trumps kommender Kommunikationschef betreibt die! - gestartet hat. #KeinGeldfuerRechts heißt die.

Als ich heute morgen aufwachte war ich immer noch der Meinung, dass in unserem Land Meinungsfreiheit gilt. Und sicherlich kann diese Meinungsfreiheit auch in ihre Schranken gewiesen werden: Verleumdungen etwa oder üble Nachrede werden auch bei uns geahndet. Meinungsfreiheit ist aber ein Wort, dass die Rechten gerne in ihrem Mund führen - mit dem Nachsatz, das oder dies lasse sich doch wohl noch sagen, man würde sich doch nicht den Mund verbieten lassen wollen, nein, hier herrscht Meinungsfreiheit! Und deswegen kann Herr Broder von der sogenannten "Achse des Guten" schreiben, was er möchte. Ob das gemein, niederträchtig, manipulativ oder gar schon am Rande der Meinungsfreiheit ist, das steht mir nicht an zu sagen. Das müssten die Gesetze notfalls klären, denn die Meinungsfreiheit ist durch Beleidigungen oder den Paragraph, in dem die Volksverhetzung geregelt ist, doch in einen Rahmen eingestellt. Und ja, wenn Herr Broder meint, die Aktion #KeinGeldfuerRechts sei nicht gelungen, dann darf er das auch sagen.

Wobei ich mir da auch noch kein rechtes Meinungsbild drüber gebildet habe: Darf man Firmen, die vermutlich unwissend bei der Seite Breibart-News geworben haben auf diese Art und Weise darauf aufmerksam machen? Oder überschreitet man da eine Grenze? Gute Frage. Das Verfahren mit der Werbung im Internet ist komplex. Da spielen Werbenetzwerke eine Rolle, die Werbung auf verschiedenen Webseiten schalten und diese Netzwerke schauen sich nicht jede einzelne Webseite an. Oder die Blackliste der Unternehmen für die Anzeigen ist nicht gut sortiert. So kommt es, dass Lieferheld, Vapiano und andere Anzeigen bei Breitbart-News geschaltet haben. Was Gerald Hens, Mitarbeiter bei der Medienagentur Scholz und Friends, Ende November erstmal zu einem generellen Blogbeitrag bewog mit dem Aufruf, die Firmen darauf aufmerksam zu machen. Plus eine Liste, mit der man zur Aktion schreiten konnte. Seltsamerweise hat sich lange Zeit nach diesem Aufruf nur der übliche Beißreflex in den Kommentaren abgespielt. Man kennt das ja: Sobald die Rechten meinen, Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen zu wollen vergessen diese, dass Meinungsfreiheit nicht allein nur für sie gilt. Sondern auch für alle anderen, denen sie dann das Recht auf die Meinungsfreiheit konsequent absprechen wollen.

Genau das ist dann passiert als das sogenannte Blog "Die Achse des Guten" darüber berichtete - wobei Herr Broder nun offenbar nicht so ganz genau verstanden hat, dass es kein Angriff per se gegen das Blog ist. Die Art und Weise, wie Broder über diese Tatsache berichtet - darüber muss man selbst urteilen. Allerdings gibt es durchaus einen Zug, der unfein ist. Denn Broder stellt indirekt gegen Ende des Artikels einen Zusammenhang her zwischen der Firma Scholz und Friends - die er allerdings auch gleich zu Anfang breitseitet - und der Aktion des Mitarbeiters. Natürlich schreibt er nicht, dass er denkt Scholz und Friends würden hinter der Aktion es Mitarbeiters stehen oder dass es da Zusammenhänge gäbe. - Moment... Nein, natürlich nicht: „Scholz & Friends“ ist eine renommierte Agentur. Sie arbeitet unter anderem für die Bundesregierung und die EU-Kommission. Gerald Hensel arbeitet für „Scholz & Friends“. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun." Wenn man das aber sehr genau liest und den Tonfall des Artikels in Betracht zieht, dann ist das sehr wohl eine unterstellte Meinung, die darauf abzielt den Mitarbeiter via Druck über den Arbeitgeber sozusagen den Mund zu verbieten. Abgesehen davon, dass Broder das Wort "Läuse" verwendet und insgesamt eine sehr interessante Sprachwahl hat. Nun, es bleibt ihm unbenommen eine Meinung oder eine Aktion nicht toll zu finden. Ich finde Herrn Broder nun auch nicht toll, aber man sollte dabei doch wenigstens auf seine Sprache achten. Wer schreit, hat schon verloren.

Und da sich Scholz und Friends jetzt konsequent hinter ihren Mitarbeiter gestellt haben, ist das Ganze noch eine Stufe höher in der Wahrnehmung. Die Kommentare bei Scholz und Friends - abgesehen mal die bei der sogenannten "Achse des Guten", wobei mir immer noch nicht klar ist, wo da die Guten sein sollen - lassen erahnen, wie tief der moralische Abgrund bei einigen Vertretern der Meinungsfreiheit in Deutschland mittlerweile geworden ist. Und sie lassen dann im Nachhinein die Frage, ob eine Aktion wie #KeinGeldfuerRechts nun billig ist oder nicht geradezu unwirklich scheinen. Denn wenn eine einfache Frage an eine Firma, ob sie sich bewußt ist, dass sie im rechten Kontext wirbt derartigen Kommentarkumult, ja, Kollerkommunikationen auslöst - dann hat die Frage vielleicht doch ihre Berechtigung.

Aber selbst wenn man dies nicht meint - und auch dafür gibt es gute Gründe: Der Versuch der Einflussnahme über das Internet auf den Arbeitgeber, der Versuch eventuelle neue Kunden der Agentur zu vergraulen, der schlecht geschriebene Artikel, der hart an der Grenze dessen schrammt, was man mit Sprache zivil nennen mag - das ist und kann keine Methode sein. Nein, dagegen ist und bleibt einfach nur zu sagen: Dies ist so nicht hinnehmbar, kann nicht akzeptiert werden und sollte in keinem Fall die Regel werden. Wo kommen wir denn da hin, wenn missliebige Meinungen auf diese Art und Weise unterdrückt werden sollen? Zwei Regime in unserer Geschichte haben gezeigt, wo wir da hinkommen, wenn sogenannte Besorgte Bürger anfangen, Firmen für die öffentliche Meinung ihrer Mitarbeiter unter Druck zu setzen. Dies ist in einem demokatischem Land nicht hinnehmbar. Und auch, wenn ich befürchte, dass wir 2017 einen Anstieg der AfD zu verzeichnen haben werden - Meinungsfreiheit heißt nicht, dass ich allein recht habe und den Anderen den Mund verbieten darf. Meinungsfreiheit heißt, dass die Anderen ebenfalls ihre Meinung äußern dürfen. Und wenn mir das nicht gefällt, kann ich das sagen. Aber Meinungen verbieten zu wollen, weil sie missliebig sind ist ja genau das, was die Rechten wollen. Und das dürfen wir auf keinen Fall gestatten.

Kommentare  

#16 Harantor 2016-12-09 16:25
So, nun sind wir wieder mal allzuweit abgewichen. Wenn wir mal ein Grundsatzaufsatz zur Demokratie bringen und dazu einen Aluhutträger als Gegenrede brauchen, darf Des gern seine Thesen weiterverbreiten und Unsinn von sich geben.

Ansonsten bitte wieder thematisch nur noch direkt zur Kolumnenfolge posten. Ich baue mir sonst auch einen Aluhut, was auch meint, dass ich ab hier jetzt moderiere.
#17 Frank Klein 2016-12-10 09:28
zitiere Harantor:
So, nun sind wir wieder mal allzuweit abgewichen. Wenn wir mal ein Grundsatzaufsatz zur Demokratie bringen und dazu einen Aluhutträger als Gegenrede brauchen, darf Des gern seine Thesen weiterverbreiten und Unsinn von sich geben.

Ansonsten bitte wieder thematisch nur noch direkt zur Kolumnenfolge posten. Ich baue mir sonst auch einen Aluhut, was auch meint, dass ich ab hier jetzt moderiere.


Die Tatsache, dass jeder Beitrag, der vor dem Erstarken der Rechten auch in unserem Land warnt,in dieser Weise kommentiert wird, belegt nur, wie wichtig es ist, die Stimme zu erheben und diese rechten Rattenfänger anzuprangern und dabei gibt es und auch dies belegt der Kommentar, keine falschen Foren, das Betrifft alle Bereiche unserer Gesellschaft.
#18 Harantor 2016-12-10 10:59
Das Forum zu widersprechen ist überall. Erst recht wenn da Aluhut und rechte Ansinnen zusammenpassen, aber das Thema der Kolumne ist hoch interessant und auch wichtig. Und gerade über Kommentare dazu wäre ich froh und daher will ich den Fokus darauf richten und ich hoffe, konkret dazu kommt noch was.
#19 Peter 2016-12-10 17:50
Interessant ist auch, was hier in diesem Kommentar nicht geschrieben wird: Dass die Seite von Herrn Hens www.davaidavai.com heisst.

Davai kommt aus dem Russischen. Mit dem Ruf „Davai, davai!” haben die Wachmannschaften die Gefangenen in den Gulags zur Arbeit getrieben.

Man stelle sich vor, die Seite würde ArbeitMachtFrei.de oder JedenDasSeine.de heißen. Dann wäre - völlig zu Recht - die Empörung groß. Aber wenn Linke ihre Lager verherrlichen, ist das völlig in Ordnung.

Wieder mal ein gutes Beispiel dafür, dass es ein großer Unterschied ist, wenn Linke oder Rechte das Gleiche machen.
#20 Harantor 2016-12-10 18:57
Peter: So einfach ist das nicht "davai, davai" ist in der russischen Sprache ein allgemein gebräuchlicher Begriff, der aller Orten verwendet wird. Das ist kein Begriff, der explizit an die Gefangenenlager (Gulags) gebunden ist.
#21 Laurin 2016-12-10 22:10
Peter: Nu blödelst du aber rum ... oder? :-*
Das musst du mal deinem Arbeitgeber sagen, wenn er dich darum bittet, deine Arbeit mal "schnell, schnell" zu erledigen. Haust du ihm dann auch den Gulag um die Ohren? :P

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