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Der Kindle oder WLAN bitte aus!

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDer Kindle ...
... oder WLAN bitte aus!

Lange Zeit hab ich mich ja vom Kindle ferngehalten. Weil - nun - also: Muss ich mir von Amazon über die Schulter schauen lassen beim Lesen? Hat der Gigant nicht schon genug Daten von mir, wobei der Empfehlungsalgorithmus ja schon eine gute Sache ist, zugegeben. Und überhaupt ist Amazon ja sowieso der Urfeind des angesehenen deutschen Buchhandels, der Erzbösewicht, der Mephisto gegenüber den Erzengeln - außerdem hat Amazon sein eigenes Format für die eBooks...


Oh, stimmt, Apple auch. Und die Verlage schützen ihre Bücher ja immer noch mit diesem Adobe-Format. Also - ähm - aber nun ja: Ein Kindle? Ich? Nie im Leben.

Na gut, es gab den klassischen Kindle dann kostenfrei bei einer Bestellung dazu - ich sag nicht zu welcher, es war allerdings eine sehr merkwürdige Kombination - und nun ja, Gaul, Maul und Geschenke und so.

Seitdem ich den Kindle hab muss ich allerdings immer das WLAN für das Gerät ausschalten. Ich vermute, es geht nicht nur mir so, weil - nun - folgendes: Man liegt im Bett, hat gerade die letzte Seite von Piers Anthonys erstem Xanth-Roman gelesen. Nein, nicht auf deutsch, die Dinger gibts nicht als eBooks auf deutsch. Was schon ein erster Haken im Fleisch des Lesers ist: Wer englische Ebooks mag und liest, der fährt mit Amazon halt einfach am Besten. (Wer jetzt das böse Wort Libreka sagt, wird zu einer Lesung von Faust I und II und der kompletten Farbenlehre Goethes verdonnert - und die gibts kostenlos. Also zumindest Faust. Bei Amazon. Hah!) Man hat also gerade die letzte Seite gelesen, schaut auf die Uhr, hat noch so eine halbe Stunde Zeit bis zur Bettschwere und was macht man? Also ich zumindest?

Man klickt einfach mal auf den Namen des Autors und guckt, was es noch für weiter Romane von ihm gibt. Das ist bei Piers Anthony nicht weiter problematisch, Xanth-Roman 39 steht bald vor der Tür. Aber da: Die Inkarnationen der Unsterblichkeit! Reiter auf dem Schwarzen Pferd! Oh mein Gott, das steht als Taschenbuch in ferner Reichweite aber einer meiner Lielbingsromane. Als Ebook. Und für sagenhafte irgendwas Fuffzig! KLICK...

Man kann über Amazon ja sagen und halten was man will, aber verdammt: Die machen es einem echt einfach sein Geld loszuwerden. Was ja eigentlich immer ein Motto sein sollte, wenn man gut verkaufen will: Man mache es den Leuten leicht und angenehm zum Ziel zu kommen. Manchmal frage ich mich warum der Print-Journalismus offenbar das nicht so ganz verstanden hat, aber über das Thema können wir gerne mal nächste Woche reden. Ja, ich muss mich bei Amazon registrieren und meine Daten hinterlegen. Ja, klar wertet Amazon die dann auch aus - ja, ich weiß das, ich werde ja auch nicht gezwungen zu Amazon zu gehen sondern könnte zu einem anderen Anbieter ausweichen. Sagen wir: Appple.

Schlechtes Beispiel weil der Konzern auch alles sammelt, was ihm in den Kram kommt. Dann könnte ich zu Google... Oh. Stimmt. Noch schlechteres Beispiel. Letztendlich wenns um reine Print-Bücher geht ist natürlich der Buchhandel um die Ecke noch die beste Alternative, meiner liefert sogar portofrei per Post. Aber - und das ist es halt: Der hat keine eBooks. Und selbst die Portale von Thalia und Co, die Ebooks im Angebot haben sind im Gegensatz zu dem was wir mittlerweile gewohnt sind - da haben uns die bösen Monopolisten ja gut erzogen - eher umständlich zu bedienen. Dass ich als jemand, der meine Lektüre sofort auf dem Reader haben möchte nicht unbedingt an den Rechner gehe, ein Kabel herauskrame und dann den Reader mit dem Rechner aktualisiere - was ich mit meinem älteren Gerät noch machen muss, dafür schluckt der auch PDFs und sogar Folien - ist verständlich. Weil ich es nicht anders gewohnt bin als dass, das ich einen Knopf drücke, der Betrag vom Konto abgebucht wird und dann meine Inhalte habe.

Ob das jetzt gut oder schlecht ist, ob ich wirklich mich in die Masse von Big Data Bergen einreihen muss, die Amazon hortet - und die natürlich gelesen und interpretiert werden können, klar - muss ich ja dann für mich selbst entscheiden. Aber es ist halt verdammt bequem abends im Bett die Möglichkeit zu haben einfach die nächste Lektüre auf den Reader zu laden - und wenn man kein Heftroman-Hardcore-Sammler ist, dann ist die Option einfach mal eben die neuen Zamorras, Perrys oder andere Kleinverleger-Erzeugnisse herunterzuladen oder sogar mit einem Klick per Twitter und Facebook zu verkünden, was man so gerade liest. Muss man nicht. Aber dass man es kann, das ist schon eine schöne Geschichte.

Kommentare  

#1 Alter Hahn 2014-09-19 00:20
Gut, das meine Romane und sonstige Texte nicht nur über Amazons Kindle zu lesen sind... sie sind z.B. auch bei Thalia, Weltbild oder noch vielen anderen Anbietern zu bekommen. Aber Amazon bringt die höchsten Verkaufszahlen...
#2 Hermes 2014-09-19 00:30
Als ich Schüler war, haben wir Orwells 1984 gelesen. Damals empfanden wir es als monströs, dass es dort z.B. eine Kameraüberwachung daheim gab.

Inzwischen haben die meisten Leute kein Problem damit per Geldkarte zu bezahlen und damit komplett offenzulegen, wann, wo und wofür sie ihr Geld ausgeben. Die meisten Leute nutzen das Internet und protokollieren damit, was sie lesen, für welche Themen sie sich interessieren und mit wem sie kommunizieren.

Vor diesem Hintergrund macht es dann auch keinen großen Unterschied mehr, wenn es eine weitere Stelle gibt, die weiss, welche Bücher ich lese.
#3 Jonas Hoffmann 2014-09-19 07:44
Das perfide an dieser Sache ist doch gar nicht der Datenkrakenkram, sondern die Abgestupftheit und Scheuklappigheit die der Autor hier klar rüber bringt, wahrscheinlich sogar ohne es zu wollen!

Er erwähnt Apple, Google und Amazon. Und danach? Naja gut Thalia, aber ansonsten keinen, weil die ja nicht bequem sind! Das ist das Schlimme an der Geschichte. Es gibt x Suchmaschinen, x Onlinehänder für Bücher und auch sonst jeden Kram, x e-Book-Reader mit WLAN und auch x Smartphonehersteller!

Aber genannt werden immer nur die "bösen" drei, die genutzt werden obwohl sie "böse" sind, aber der Mensch liebt eben noch mehr die Bequemlichkeit! Das ist das große Übel an der Geschichte, das Problem sitzt hier vor der Kiste und nicht in einem NSA-Büro in den USA wo 99% unnötiger Daten gefiltert werden auf der Suche nach der einen Bin-Laden-Mail.

Nur, Leute der Bequemlichkeit, denkt mal an euere Vorfahren und was ihr in der Schule über Monokulturen gelernt habt.

Klingelts?

Die Verlage sind gerade aufmerksam geworden.

Vielleicht wacht auch der Konsument irgendwann mal auf. Aber dann gibts vielleicht keine "unbequemen" Alternativen mehr.
#4 Andreas Decker 2014-09-19 10:34
Wlan und 3G sollte man sowieso immer abschalten beim Kindle, da hält das Akku nachweislich länger. :D

Zitat:
Aber genannt werden immer nur die "bösen" drei, die genutzt werden obwohl sie "böse" sind, aber der Mensch liebt eben noch mehr die Bequemlichkeit!
Einerseits gebe ich dir völlig recht, Jonas. Es ist diese verdammte Bequemlichkeit, die das Problem ist. Andererseits ist es aber auch die Leistung und das Angebot.

Letztens ging mein Drucker kaputt. Ich brauchte (beruflich) eine bestimmte Leistung. Also ab in den Elektronikmarkt. Aber Fehlanzeige. In der gewünschten Kategorie gab es nicht ein (!) Angebot. Also bei Amazon nachgesehen. Riesenangebot. Hab ich ein Markengerät eben da bestellt.

Mein erstes Kindle war irgendwann kaputt in der Garantiezeit. Am Sonntag. Abgestürzt und ließ sich nicht mehr neustarten. Ein Anruf bei einem wirklich hilfreichen Hotlinebediensteten, 2 Tage später hatte ich Ersatz. Ich weiß ganz genau, wie das im Elektronikmarkt abgelaufen wäre. Erst der Weg, dann eine nervige Diskussion, dann ein "wir schicken es ein, kommen Sie in 6 Wochen wieder." Natürlich ist das mit einem Buch was anderes. Sollte man vielleicht nicht vergleichen.

Andererseits sind die großen "Bösen" aber auch ein gewisser Garant für Sicherheit. Ich habe nach ein paar schlechten Erfahrungen kein Interesse daran, meine Bankdaten jedem durchs Internet zu schicken für eine vermutlich einmalige Bestellung.

Keine Frage, Amazon hat seine Kunden zur Bequemlichkeit erzogen. Aber es bietet auch eine Leistung. Und ganz ehrlich, wenn du mal antiquarische Bücher über Booklooker bezogen hast, was noch unspaßiger als Ebay sein kann, findest du so was wie Marketplace mit seiner Abwicklung und Garantie richtig gut.

Ich finde vieles übel, was der Konzern so treibt. Aber sein Service - selbst wenn man mal was bei Auslandsamazons bestellt wie DVDs - ist ein gewichtiges Argument.
#5 Kerstin 2014-09-19 11:36
Was die Bequemlichkeit angeht, ist Amazon wirklich ungeschlagen. Da kann ich sogar mit wenigen Klicks die Adressdaten ändern und das Paket kommt dann dahin, wo ich es haben will. Bei den meisten anderen Firmen braucht das Monate und viele böse Telefonate, bis sich endlich einer bequemt, die Daten auf den aktuellen Stand zu bringen.

Trotz allem schließe ich für mich aus, einen Kindle anzuschaffen. Nicht nur, weil ich echte Bücher aus Papier haben will (Meine Bibliothek ist fast fertig, die ersten Bücherregale stehen schon.), sondern weil ich mit so was Elektronischem erst mal nur aus absoluter Notwendigkeit anfange und dann auch jemanden brauche, der mich in die Bedienung einweist. Und zwar einer, der neben mir steht und die notwendige Geduld aufbringt, auch nicht aus der Haut fährt, wenn ich Fragen stelle. Gedruckte Bedienanleitungen (mit manchmal sehr merkwürdigem Deutsch, wenn überhaupt) für elektronische Geräte kapiere ich sowieso nicht und ich habe keine halbwüchsigen Kinder, die mir dabei helfen. Beim Handy, das mir die Chefin aufgezwungen hat, kann ich telefonieren und SMS schicken, nachdem meine Nichte mich in die Geheimnisse dieser Funktionen eingewiesen hat. Das Gerät, obgleich es schon absolut uralt ist, kein modernes Smartphone oder sowas, könnte noch viel mehr, aber ich kann das eben nicht. Brauche ich auch nicht, hätte auch keinerlei Nutzen davon.

Also: Was sollte ich mir so ein Gerät bestellen, wenn ich doch nicht damit zurechtkäme? Kaufte ich so ein Ding in einem Elektronikmarkt, wäre ich auch nicht viel besser dran. Die Reaktion von den Verkäufern, meist halbwüchsige Nerds, kenne ich zur Genüge: Die verdrehen die Augen, wenn sie merken, dass ich ein technischer Hinterwäldler bin, sind aber meist nicht imstande oder gewillt, mir die Bedienung von Anfang an zu erklären, weil sie sich gar nicht vorstellen können, dass ich ihre Fachsprache nicht verstehe und auch noch nie so ein Gerät, auch kein simpleres Vorgängermodell, hatte.

PC, Internet usw. musste ich notwendigerweise einigermaßen zu händeln lernen, aber ein Reader ist bis jetzt noch nicht notwendig. Und ich freue mich ja schon so auf meine Bibliothek, die ohne Bücher ja wohl reichlich leer und unnütz wäre. Dass ich überhaupt eine mache und kein "normales" Wohnzimmer, hat ja auch damit zu tun, dass das Wohnzimmer der Normalbürger eigentlich ein Fernsehzimmer ist.
#6 Pisanelli 2014-09-19 12:57
Also, ich habe mir nach reiflicher Überlegung den Kindle angeschafft - ja, und die Angebotsmenge an Ebooks und der Service spielten in dieser Überlegung eine nicht unwesentliche Rolle. Zeit ist Geld und wenn ich gut bedient werde, kann man von mir auch Geld dafür verlangen ;) Allerdings ist es tatsächlich so wie der Autor schreibt - auch wenn man einen Kindle besitzt, MUSS man seine Ebooks nicht bei Amazon kaufen. Ich tue das aus Prinzip nicht, sondern schaue erstmal bei einer Handvoll anderer Anbieter - vor allem wegen des Datenformats - ich mag schon DRM-freie Literatur. Amazons Ebooks kommen mir eigentlich nur ins Haus, wenn ich sie woanders einfach nicht finden kann - und da gibt es schon einige. Wie gesagt, die Sache mit dem Angebot war für meine Kaufentscheidung nicht ganz unwesentlich. WLAN mache ich beim Kindle immer aus, ich brauche es praktisch nicht und ich würde mir die Bücher nie über diesen Weg bestellen. Aber ich lass auch meine Bankdaten nicht über mein Handy laufen etc. etc. Ja, und abgesehen vom Buchmarkt, das muss man Amazon auch zugutehalten - die Lieferungen der Waren, die Bewertungen von guten und schlechten Lieferanten macht das Leben im Internet leichter. Inzwischen weiß man ziemlich gut, um wen man besser einen Bogen macht und auf welchen Händler Verlaß ist. Aber das ist eigentlich ein anderes Theme und 'ne andere Baustelle...
#7 Christian Spließ 2014-09-19 22:24
zitiere Jonas Hoffmann:
Das perfide an dieser Sache ist doch gar nicht der Datenkrakenkram, sondern die Abgestupftheit und Scheuklappigheit die der Autor hier klar rüber bringt, wahrscheinlich sogar ohne es zu wollen!


Also ich schreibe schon meine Texte mit Bedacht, so ist das nun nicht. Und klar, es gibt nicht nur die großen Drei sondern auch z.B. Beam oder andere Anbieter. Wer nur Nischenliteratur wie SF oder Fantastik braucht ist da ja gut bedient, aber nun - die Bestseller sind halt bei den großen Dreien zu finden und natürlich bei Thalia und Co. Und nachdem die sogar letztens noch so eine Kundenkarte eingeführt haben bin ich mir auch echt nicht sicher, dass Thalia, Hugendubel etc. nicht doch auch heimlich meine Daten speichern. Insofern: Vermutlich haben wir da alle nur die Wahl zwischen dem Übel und dem noch Übleren. Ansonsten gibts natürlich auch noch jede Menge freier eBooks, wenn man denn Klassiker braucht.

zitiere Pisanelli:
Also, ich habe mir nach reiflicher Überlegung den Kindle angeschafft - ja, und die Angebotsmenge an Ebooks und der Service spielten in dieser Überlegung eine nicht unwesentliche Rolle. Zeit ist Geld und wenn ich gut bedient werde, kann man von mir auch Geld dafür verlangen ;) Allerdings ist es tatsächlich so wie der Autor schreibt - auch wenn man einen Kindle besitzt, MUSS man seine Ebooks nicht bei Amazon kaufen. .


Stimmt. Muss man nicht. Allerdings gibts halt einige Dinge im Angebot, die wirklich sonst nicht zu finden sind. Und WLAN abstellen geht ja immerhin noch - ich bin mir nicht sicher wie lange, der Nachfolger für das aktuelle Kindle-Modell steht schon in den Startlöchern...
#8 Kaffee-Charly 2014-09-20 20:56
Ich besitze zwar auch einen Kindle, aber den benutze ich eigentlich nur zum Testen meiner eigenen eBooks, bevor ich diese in den Kindle-Shop hochlade.
Zum Lesen benutze ich lieber einen ePub-Reader mit TFT-Display (wegen der Farbdarstellung, da ich auf dem eReader auch eComics lese. eInk-Reader mit Farbdarstellung sind mir noch zu teuer).
Die bei Amazon gekauften eBooks (azw-Format) lasse ich mir immer auf den PC schicken (Kindle for PC), wo ich sie mit Calibre ins ePub-Format umwandle und dann auf dem Reader MEINER WAHL lese. (Geht natürlich nur ohne DRM, aber das kann man leicht mit entspr. Software entfernen. Außerdem gibt's auch 'ne Menge DRM-freie Bücher bei Amazon zu kaufen.)
So habe ich immer Sicherheitskopien, auf die ich zurückgreifen kann, wenn der eReader den Geist aufgeben sollte (kein elektronisches Gerät hält schließlich ewig).
WLAN für den Reader brauche ich also nicht.
Da ich sowieso immer einen kleinen Lese-Vorrat auf dem Reader habe, brauche ich das WLAN auch dann nicht, wenn mich erst im Bett oder auf der Couch die Leselust packt.
Außerdem hält der Akku wesentlich länger, wenn das WLAN abgeschaltet ist.

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