Blutiges - Unheimliches - Splatter (29. Mai 2010)

Blutiges - Unheimliches - SplatterBlutiges - Unheimliches - Splatter
29. Mai 2010

Jede Woche sehe ich mir DVDs für den Zauberspiegel an. Das ist oft eine Freude, manchmal eine Qual. Jede Woche ist Gutes, Durchschnittliches und Schlechtes dabei. Aber ich halte eisern durch, um das Material dann zu rezensieren. Jede  Woche nun sammele ich meine Besprechungen und Beobachtungen in dieser Rezensionskolumne. Ich wünsche viel Vergnügen und hoffe den einen oder anderen nützlichen Hinweis zu geben.

 

 Slasher
(Slasher)
mit Christiane Imdahl, Christian Stock, Pia de Buhr, Sebastian Badenberg, Michael Eisenburger, Heiko Lange, Majy Makowski, Peter Herff, Hannah Kobitzsch, Andreas Jahn, Vivien Walter, Katrin Huß, Thomas Kercmar, Vanessa Radenberg, Patrick Dewayne
Regie: Frank W. Montag
Drehbuch: Jörn Döring / Frank W. Montag
Kamera: Andreas Jahn
Musik: Frank W. Montag / Timo Rose
Ungeprüft
Deutschland / 2007

Eine sechsköpfige Gruppe deutscher Studenten nutzt die Semesterferien an der Ruhruni zu Bochum für einen gemeinsamen Ausflug ins Grüne zum Baden, Quatsch machen und Marshmallow-Rösten. Was kaum einer von ihnen ahnt: Rund um den stillgelegten Campingplatz am See treibt ein maskierter Schlitzer sein Unwesen. Nacheinander zieht der irre Axtmörder einen Urlauber nach dem anderen aus dem Verkehr, bis schließlich die letzte Überlebende sein schlimmes Geheimnis enttarnt.

 

Mit einigen Erwartungen bin ich an diese deutsche Amateur-Produktion herangegangen, die sich nach der Sichtung des Films leider nur teilweise erfüllt haben. Was man dem Werk von Frank W. Montag als äusserst positiv anrechnen muss ist die Tatsache, das er hier wirklich versucht hat, einen typischen Slasher nach den amerikanischen Vorbildern zu kreieren, weshalb man sich vielleicht auch noch besser diverse Anlehnungen an Genre-Größen erklären kann. Dies offenbart sich insbesondere in der Figur des Killers, der zwar ebenso wenig authentisch erscheint, wie eine Kuh auf dem Mond und so auch alles andere als glaubwürdig daherkommt. Und dennoch weckt er doch leise Erinnerungen an die von Tobe Hooper geschaffenen Kultfigur "Leatherface", wenn er mit laufender Kettensäge durch den Wald rennt und seine Opfer verfolgt. Und auch die restlichen Darsteller kann man durchaus wie Kopien aus US-Vorbildern ansehen, denn handelt es sich doch auch hier um Teenies, die teilweise recht gutaussehend sind und anscheinend nichts anderes als die körperlichen Gelüste im Kopf haben, denen sie auch oft genug nachgehen, bevor sie dem Killer begnen und ihr junges Leben aushauchen.

So bekommt es der Zuschauer als im Prinzip mit einer handelsüblichen und auch erwarteten Slasher-Story zu tun, deren Umsetzung allerdings doch größtenteils als unbefriedigend zu bezeichnen ist, denn bis auf recht anständige SFX, die sich für eine Amateur-Produktion durchaus sehen lassen können, versagt der Film ansonsten doch so ziemlich auf der ganzen Linie. Zu keiner Zeit kommt eine wirklich gute Atmosphäre auf, die diese Film-Art doch so besonders auszeichnet, es entwickelt sich keinerlei Dichte, geschweige denn, das man bedrohliche oder unheimliche Ansätze erkennen würde. Ebenso verhält es sich auch mit dem Spannungsbogen, der im Prinzip gar nicht vorhanden ist, so das die Geschichte im Endeffekt eher so vor sich hin plätschert und man lediglich auf das nächste Opfer wartet

Sicher darf man nicht vergessen, das dieser Film nur ein Budget von geschätzten 10.000 $ hatte, so das man das Ergebnis etwas wohlwollender begutachten sollte, doch fällt das nicht besonders leicht, da schlechtes Schauspiel, mangelnde Grundstimmung und fehlende Spannung eigentlich weniger unter das Kriterium des Geldes fallen dürfte, wie es schon oft genug in anderen Vertretern dieser Sparte eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde. Viel eher kann hier der Eindruck entstehen, das deutsche Regisseure bis auf ganz wenige Ausnahmen einfach nicht dazu in der Lage sind, anständige Horror-Filme in Szene zu setzen, was auch die Einöde der deutschen Horror-Landschaft erklären würde und das, obwohl Deutschlang gerade in der Anfangszeit der Horror-Filme eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat, was Filme wie "Der Golem" oder Nosferatu" eindrucksvoll gezeigt haben.

Letztendlich reiht sich "Slasher" so in die breite Masse der Filme ein, die man sich durchaus einmal anschauen kann, die aber keinerlei nachhaltigen Eindruck beim Zuschauer hinterlassen. Vielmehr wirkt das Werk wie "gewollt und nicht gekonnt", was nicht gerade ein Gütesiegel ist. Logiklöcher ohne Ende und vollkommen unlogische Verhaltensweisen der Protagonisten verleihen dem Ganzen zusätzlich noch eine unfreiwillig komische Note, so das die angedachte Ernsthaftigkeit der Geschichte zu keiner Zeit in den Vordergrund rücken kann.

Fazit: "Slasher" ist einer der Filme, der durchaus Hoffnungen und Begehrlichkeiten beim Betrachter wecken kann, diese aber im Endeffekt maximal ansatzweise auch erfüllt. Ganz sicher gibt es etliche deutsche Amateur-Produktionen, die noch viel schlechter geraten sind, aber zu den Highlights ist dieser Film ganz definitiv nicht zu zählen, da es schon an den grundlegendsten Dingen wie Spannung und Atmosphäre erheblich mangelt.

 

 Wenn die Gondeln Trauer tragen
(Don't Look Now)
mit Donald Sutherland, Julie Christie, Hilary Mason, Clelia Matania, Massimo Serato, Renato Scarpa, Giorgio Trestino, Leopoldo Trieste, David Tree, Ann Rye, Nicholas Salter, Sharon Williams, Bruno Cattaneo, Adelina Poerio
Regie: Nicolas Roeg
Drehbuch: Daphne Du Maurier / Allan Scott
Kamera: Anthony B. Richmond
Musik: Pino Donaggio
FSK 16
Großbritannien / Italien / 1973

Nachdem die geliebte Tochter in einem Teich ihres englischen Landsitzes ertrank, kommen John und Laura Baxter (Donald Sutherland & Julie Christie) nach Venedig. Hier passieren mysteriöse Dinge. Der Geist des toten Kindes scheint auf die Erde zurückgekehrt, um die Eltern vor den tödlichen Gefahren der Lagunenstadt zu warnen. Laura gerät ganz in den Bann dieser unheimlichen Visionen. Was geschieht aber, wenn John die warnenden Signale aus dem Reich der Toten ignoriert? Kann das Paar sich noch länger den drohenden Folgen entziehen, in welche es durch die Voraussagen der geheimnisvollen, blinden Hellseherin verstrickt wurde?

 

Wenn man von Mystery / Thrillern mit leichtem Horror-Einschlg spricht, dann kann man an diesem subtilen Meisterwerk von Nicolas Roeg kaum vorbei, denn kann man diesen Film wohl ohne Übertreibung zu den besten Vertretern seiner Sparte zählen. Hier liegt einmal wieder ein Paradebeispiel dafür vor, das man selbst mit einem äusserst geringen Budget (geschätzte 1.500.000 $) eine maximale Wirkung erzielen kann. Aus heutiger Sicht mag dieses Werk auf viele eventuell einen etwas angestaubten Eindruck hinterlassen und auch die eher sehr ruhige Erzählweise der Geschichte mag nicht mit jedem Geschmack konform gehen, doch ist es doch insbesondere der gewählte Erzähl-Stil, der dem Geschehen ein so hohes Maß an Intensität verleiht und den Zuschauer förmlich in seinen Bann zieht. Der dabei entstehende Horror ist vollkommen unblutig und von der subtilen Art, so das trotz der Tatsache, das im Prinzip gar nicht so viel geschieht, ein äusserst angespanntes Seh-Verhalten beim Betrachter entsteht.

In der Hauptsache wird man fast ganzzeitig mit den beiden Hauptcharakteren John und Laura konfrontiert, die durch einen tragischen Unfall ihre kleine Tochter verloren haben. Die beiden anderen, für die Geschichte besonders wichtigen Figuren sind 2 skurrile Schwestern, von denen die eine blind ist und anscheinend über "Das zweite Gesicht" verfügt. Vor allem Laura ist den Prophezeiungen dieser Frau besonders zugänglich, die ihr und ihrem Mann dringend rät, Venedig so schnell wie möglich zu verlassen, um einer Katastrophe zu entgehen, die insbesondere John betrifft. Mehr kann und darf man über den Inhalt einfach nicht verraten, um die Spannung nicht schon vor der Sichtung des Filmes zu nehmen.

Doch prinzipiell ist es eigentlich vollkommen egal, wieviel man über den Inhalt weiss, denn selbst nach mehrmaligem Anschauen verliert dieses Meisterwerk des Mystery / Thrillers rein gar nichts von seiner Faszination, die auch nach mittlerweile 37 Jahren immer noch vorhanden ist, da es sich hier wirklich um einen zeitlosen Klassiker handelt. Dazu tragen schon allein die erstklassigen darstellerischen Leistungen bei, die sich einem hier offenbaren, wobei insbesondere D. Sutherland und J. Christie herausragen, die der Geschichte durch ihr authentisches und überzeugendes Schauspiel ganz unweigerlich ihren Stempel aufdrücken. Doch ist es längst nicht nur das Schauspiel, das diesen Klassiker so absolut sehenswert macht, auch die sich entfaltende Atmosphäre ist als absolutes Highlight anzusehen. Mit der Zeit verdichtet sich die Grundstimmung immer mehr, die aufkommende Bedrohlichkeit der Geschehnisse tritt immer mehr in den Vordergrund und das Szenario nimmt immer mehr unheimliche und mysteriöse Elemente an, denen man sich als Zuschauer nicht erwehren kann. Immer mehr versinkt man selbst in den geheimnisumwobenen Geschehnissen, die sich einem präsentieren und kann auch eine phasenweise auftretende Gänsehaut nicht unterdrücken.

Und dann sollte man es auch nicht unerwähnt lassen, das dieser Film wohl eine der ästhetischsten und ausdrucksstärksten Sex-Szenen der Filmgeschichte beinhaltet, denn auch, wenn solche Passagen in vielen Filmen eher unnötig und überflüssig erscheinen, so passt es hier perfekt in das exzellente Gesamtbild. Selten hat eine solche Szene so viele Gefühle beinhaltet, denn über Leidenschaft, Schmerz, Trauer und Liebe ist doch die gesamte Gefühls-Palette vorhanden und wird dabei brillant zum Ausdruck gebracht, so das einen das Gefühl überkommt, das die beiden Personen in ihrem Schmerz richtiggehend miteinander verschmelzen wollen.

So kann man letztendlich zu der Erkenntnis gelangen, das mit den minimalsten Mitteln eine maximale Wirkung erzielt wurde, die auch noch lange nach dem Ende des Films nachwirkt und einen nicht so schnell wieder freigibt. Ständig lässt man das Szenario immer wieder vor seinem geistigen Auge vorüberziehen und sucht nach weiteren Anhaltspunkten und Kleinigkeiten, die man vielleicht übersehen hat und die einem noch eine andere Sichtweise auf die Ereignisse bieten, um diese auch anders interpretieren zu können. So beschäftigt einen die Geschichte auch noch sehr nachhaltig, was meiner Meinung nach immer das größte Kompliment ist, das man einem Film machen kann, ist es doch praktisch die Garantie dafür, das man ihn nicht das letzte Mal gesehen hat.

Fazit: "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ist ein absolut brillanter Mystery / Thriller, dem subtile Horror-Elemente und dramatische Züge beigefügt wurden, so das insgesamt eine nahezu perfekte Kombination entstanden ist, die ihre beabsichtigte Wirkung auf den Zuschauer nicht verfehlt. Trotz seines Alters von nun fast schon 40 Jahren ist der Film dabei immer wieder sehenswert und garantiert ein intensives und auch unheimliches Film-Erlebnis, das man nicht so schnell vergessen wird.

 

 Grotesque
(Gurotesuku)
mit Tsugumi Nagasawa, Hiroaki Kawatsure, Shigeo Osako
Regie: Koji Shiraishi
Drehbuch: Koji Shiraishi
Kamera: Yohei Fukuda
Musik: Kazuo Sato
Ungeprüft
Japan / 2009

Als Gefangene eines psychisch gestörten Fremden erwacht ein junges Liebespaar gefesselt in einem ihnen unbekannten Raum. Schnell wird ihnen von ihrem Entführer deutlich gemacht, dass er die Zeit, die auf die wartet, voll von Schmerzen sein wird. Es gibt nur ein Entrinnen, ein Funken Hoffnung: sie sollen den Fremden erregen... durch ihren Überlebenswillen.



Nachdem ich schon so viele verschiedene Meinungen über diesen mittlerweile schon berüchtigten Film gelesen hatte, war es nun an der Zeit, sich einmal selbst ein Bild über das Folter-Szenario zu machen, das sich hier dem Zuschauer offenbart. Und was soll ich sagen, wer der Meinung ist, das Filme wie beispielsweise "Saw" oder "Hostel" schon heftig daherkommen, der sollte sich diesen Film wirklich ersparen, da es sich letztendlich um nichts Anderes als eine Ansammlung brutalster Härte handelt, die wohl selbst manch hartgesottenem fan äusserst schwer im Magen liegen dürfte. Da sich das ganze Geschen fast ausschließlich in einem Raum abspielt und lediglich 3 Darsteller mitwirken, entfaltet sich recht schnell eine kammerspielartige Grundstimmung, die durch die gegebene Situation ein starkes Gefühl der Beklemmung und Machtlosigkeit beim Betrachter auslöst, da man zum untätigen Zuschauen verdammt ist und nicht hilfreich in das Geschehen eingreifen kann.

Wenn Regisseur Koji Shiraishi mit seinem Werk schockieren wollte, dann ist ihm das vortrefflich gelungen, denn insbesondere die vorhandenen SFX sind von der derben Sorte und zudem auch noch reichlich vorhanden. Doch am schlimmsten habe ich persönlich die Eiseskälte des Täters empfunden, der sich an der Qual seiner Opfer aufgeilt und sichtliche Freude an seinem perversen Treiben empfindet. Seine Beweggründe für die von ihm begangenen Taten gestatten dabei einen recht intensiven Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele und lösen beim Zuschauer echte Fassungslosigkeit und totales Unverständnis aus, phasenweise fühlt man sich einer Ohnmacht nahe, da man es einfach nicht fassen kann, das ein menschliches Wesen zu solchen Abartigkeiten fähig ist, wie sie hier dargestellt werden.

Nun stellt sich einem fast zwangsläufig die Frage, ob Filme dieser Art unbedingt notwendig sind, in denen extreme Härte und Brutalität so explizit dargestellt werden, nur um durch einen immer stärker anwachsenden Härtegrad den sogenannten Gorehounds Befriedigung zu verschaffen. Ich finde, das dies nicht notwendig ist, denn wenn es sich so wie in vorliegendem Fall ausschließlich um eine Aneinanderreihung blutiger und perverser Passagen handelt, das Gesamtwerk aber ansonsten nichts zu bieten hat, ist ein solcher Film schon durchaus als grenzwertig anzusehen. Es wäre ja schon fast vermessen, den sogenannten Inhalt der Geschichte als Rahmenhandlung zu bezeichnen, die eigentlich gar nicht vorhanden ist. Vielmehr wirkt "Grotesque" schon teilweise verstörend und man fragt sich ganz unweigerlich, ob der Regisseur hier seine eigenen Neigungen zum Ausdruck bringt, da das Szenario, das sich hier offenbart, eigentlich nur einem kranken Hirn entsprungen sein kann.

Sicher, eingefleischte Gorehounds werden voll auf ihre Kosten kommen, werden aber auch ihre Schwierigkeiten bekommen, wenn es darum geht, diesem Werk eine Art Sinn oder Berechtigung zuzusprechen. Ich selbst bin nun wirklich kein Kostverächter und schaue mir auch sehr gern harte Filme an, aber was sich hier präsentiert, ist einfach nur krank und abartig. Mit Film an sich hat das Geschehen eigentlich herzlich wenig zu tun, so das es auch extrem schwer ist, eine richtige Bewertung abzugeben. Meiner Meinung nach handelt es sich lediglich um eine vollkommen sinnbefreite Gewalt-Orgie, die lediglich bei völlig abgestumpften Fans, die einfach nie genug Härte sehen können auf eine große Zustimmung treffen dürfte, wer allerdings einen Film und nicht nur aneinandergereihte Brutalitäten sehen möchte, der wird hier nicht auf seine Kosten kommen und eventuell schon lange vor dem Abspann die DVD aus dem Player nehmen, um nicht noch mehr Zeit sinnlos zu vergeuden.

Fazit: "Grotesque" im eigentlichen Sinne als Film zu bezeichnen, fällt schon sichtlich schwer, denn die hier in Szene gesetzte Schlachteplatte ist lediglich für Gorehounds geeignet, denen es ausschließlich auf den Härtegrad ankommt. Storymäßig bekommt man im Prinzip rein gar nichts geboten und wird zudem noch mit einem völlig unpassenden Ende konfrontiert, das jeder Beschreibung spottet. Selbst für eingefleischte Horror-Fans, zu denen ich mich definitiv zähle, dürfte dieses Sammelsurium an Abartigkeiten nicht ausreichend sein, um ein positives Urteil abzugeben, denn ein etwas höherer Anspruch an einen Film sollte eigentlich in jedem Zuschauer vorhanden sein.

 

 Orphan - Das Waisenkind
(Orphan)
mit Vera Farmiga, Peter Sarsgaard, Isabelle Fuhrman, CCH Pounder, Jimmy Bennett, Margo Martindale, Karel Roden, Aryana Engineer, Rosemary Dunsmore, Jamie Young, Lorry Ayers, Brendan Wall, Genelle Williams, Mustafa Abdelkarim, Landon Norris
Regie: Jaume Collet-Serra
Drehbuch: David Johnson / Alex Mace
Kamera: Jeff Cutter
Musik: John Ottman
FSK 16
Deutschland / Kanada / Frankreich / USA / 2009

Hätte Rosemaries Baby eine ältere Schwester, dann wäre es Esther! Hinter der Fassade des hübschen, intelligenten Waisenkinds verbirgt sich das Böse - kompromisslos, berechnend und kaltblütig. Nach einer Fehlgeburt entschließen sich Kate und John ihre Familie durch die Adoption des Mädchens zu komplettieren. Doch die frühreife Esther hat ihre ganz eigene Vorstellung vom perfekten Familienleben und wer sich ihr entgegenstellt, muss um sein Leben fürchten

 

An sich ist das neue Werk von Regisseur Jaume Collet-Serra (House of Wax) nicht gerade ein Feuerwerk an Innovation, denn bekommt man es doch anscheinend mit einem Film zu tun, der Erinnerungen an Klassiker wie "Das Omen" oder Rosemary''s Baby", in denen sich die Thematik auch um Kinder geht, die das Böse verkörpern. Und auch Genre-Vertreter wie "Whisper" oder der brandneue "Fall 39" gehen in diese Richtung, die doch schon von Haus aus ein hohes Maß an Spannung verspricht. Und dennoch hebt sich "Orphan" doch noch ein Stück von den aufgezählten Filmen ab, was insbesondere in der Aufklärung der Geschehnisse begründet ist, die sich einem gut 20 Minuten vor dem Ende offenbart und die für einen wirklichen "Aha-Effekt" beim Zuschauer sorgen. Nun mag es ganz sicher wieder etliche Menschen geben, die darüber diskutieren werden, ob die Auflösung logisch und der Realität entsprechend ist, oder vielmehr an den Haaren herbeigezogen wird, was aber meiner Meinung nach noch nicht einmal so wichtig ist, da des Rätsels Lösung ganz einfach schlichtweg brillant und vollkommen überraschend ist. Ganz egal, in welche Richtung die Gedanken des Zuschauers während des Films gehen, ich kann mir nicht vorstellen, das auch nur einer die präsentierte Lösung vorhergesehen hat, denn Anhaltspunkte dafür kann man beim besten Willen nicht finden.

Doch es ist längst nicht nur diese brillante Wendung, die das Geschehen am Ende nimmt, denn die hier erzählte Geschichte kann in allen Belangen absolut überzeugen, von der ersten Minute an baut sich eine herrlich unterkühlte und immer bedrohlicher werdende Atmosphäre auf, die einem richtiggehend unter die Haut geht und bis zum bitteren Ende auch nicht mehr loslässt. Dafür sorgen allein schon die exzellent ausgewählten Schauplätze des Geschehens, wie beispielsweise das etwas abgelegene Familien-Domizil, das mitten in einer verschneiten Winterlandschaft liegt und die winterliche Atmosphäre, die durch später einsetzenden Dauer-Schneefall die kühle und beklemmende Grundstimmung der Geschichte noch einmal zusätzlich unterstreicht. So bleibt es dann auch nicht aus, das man sich selbst in den meisten Passagen nicht ganz wohl in der eigenen Haut fühlt, da man das aufkommende Unheil fast greifen kann. Und obwohl gewisse Abläufe und Ereignisse absolut vorhersehbar erscheinen, zuckt man bei den perfekt eingefügten Schock-Momenten doch merklich zusammen und kann sich der dabei aufkommenden Gänsehaut nicht erwehren.

Die Faszination, die dieser Film ausstrahlt, ist wirklich absolut gewaltig und in erster Linie im brillanten schauspiel der Darsteller zu suchen, die durch die Bank hervorragende Arbeit abliefern. Nun lebt ein Film dieser Art selbstverständlich insbesondere von der Darstellung der Kinder-Darsteller, die in die Rolle des bösen Kindes schlüpfen und in dieser Beziehung liegt die Messlatte durch Filme wie "Das Omen" doch ziemlich hoch. Aber was Isabelle Fuhrman hier in der Rolle der Esther abliefert, das kann man ohne Übertreibung als fantastisch bezeichnen. Erscheint sie einem doch zu Beginn des Films noch wie ein kleiner Engel, der für sein Alter (9 Jahre) sehr aufgeweckt, intelligent und kultiviert daherkommt, so entpuppt sie sich doch schon nach ziemlich kurzer Zeit als ein vollkommen gefühlskaltes Monster, dessen Eiseskälte einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Das dabei gezeigte Schauspiel ist äusserst beeindruckend und wirkt jederzeit vollkommen authentisch und glaubhaft. In keiner Phase überkommt einen dabei das Gefühl, das Fuhrman hier lediglich eine Rolle spielt, sie lebt förmlich die Rolle der Esther und verleiht ihr einen so grausamen Ausdruck, das es einem phasenweise richtig frösteln lässt. Nur äusserst selten hat man eine Kind-Darstellerin gesehen, die das absolut Böse so perfekt verkörpert, wie es in diesem grandiosen Film der Fall ist, fast möchte ich sogar behaupten, das hier in dieser Beziehung eine neue Dimension erreicht wurde, die nicht so leicht zu toppen sein wird.

Letztendlich hat es Jaume Collet-Serra nahezu perfekt verstanden, hier die Elemente des Dramas mit denen des Thrillers und des Gruselfilms zu kombinieren. Das daraus entstandene Endprodukt erzeugt dabei eine ungeheure Faszination, die sich in jeder Phase des Films auch auf den Betrachter überträgt, der sich gern und bereitwillig von der fantastischen Atmosphäre der Geschehnisse einnehmen lässt. Trotz einiger dialoglastiger Passagen und einer eher ruhigen und bedächtigen Erzählweise erscheint die Geschichte auch nicht nur eine Sekunde langatmig oder gar uninteressant, alles erscheint perfekt aufeinander abgestimmt und sorgt so für ein Seh-Vergnügen, das man nicht so schnell vergisst und dessen Wirkung auch sehr nachhaltig ist. Ein effektvoller Schocker, der auch trotz einer 16er Freigabe mit einigen harten Passagen aufwarten kann und in seiner Gesamtheit als ein qualitativ hochwertiges Film-Erlebnis angesehen werden kann und bei Freunden des Genres auf allgemeine Begeisterung stoßen sollte.

Fazit: Selten hat mich ein Film mit der hier vorhandenen Thematik so sehr gefesselt und begeistert wie "Orphan - Das Waisenkind". Obwohl bis auf die Auflösung der Geschehnisse eigentlich keine große Innovation vorhanden ist, ist es doch gerade diese Wendung der Geschichte, die dem Film etwas Aussergewöhnliches und Geniales verleiht. Doch auch ansonsten bekommt man hier extrem spannende und atmosphärische Film-Kost präsentiert, die durch die brillante Darstellung von Isabelle Fuhrman noch einmal zusätzlich aufgewertet wird und sich so auch nicht hinter den Größen dieser Film-Gattung zu verstecken braucht. Liebhaber dieser Filme werden hier voll auf ihre Kosten kommen und dürften ihre helle Freude an diesem Genre-Mix haben, den man nur absolut weiterempfehlen kann.

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