Code 46

Code 46Code 46
mit Tim Robbins, Samantha Morton, Om Puri, Jeanne Balibar, Togo Igawa, Essie Davis, Nina Fog, Bruno Lastra, Emil Marwa, Taro Sherabayani, Christopher Simpson, Benedict Wong, Nina Sosanya, David Fahm, Shelley King, Nabil Massad.
Regie: Michael Winterbottom
Buch: Frank Cottrell Boyce
Kamera: Alwin H. Kuchler, Marcel Zyskind
Musik: Joshua Hyams, Steve Hilton und David Holmes, Mark Revel
Produzent: Andrew Eaton

Großbritannien / 2003

Science-Fiction-Drama. Ich hatte nur die Inhaltsangabe für den Film gelesen und ihn dann auf die Leihliste meines Online-DVD-Verleihs gesetzt.

Als der Film vor ein paar Tagen eintraf, waren meine Erwartungen nicht besonders hoch ... und wurden millionenfach übertroffen!!!


Nicht in ferner Zukunft, nein, in einer bedenklich nahen Zukunft spielt die Handlung. Anfängliche Details tragen zur ersten Faszination bei: in den Städten herrscht inzwischen ein Mischmasch von Kulturen und Sprachen, so dass trotz des Haupthandlungsortes Shanghai laufend spanische, französische, italienische und chinesische Floskeln fallen.

Doch die zu Megacitys ausgebauten Städte beherbergen nicht die gesamte Menschheit. Die Gesellschaft hat sich im Film zu einem Zwei-Klassen-System entwickelt. Gut hat's der, der "drinnen" ist, also in der streng bewachten Stadt wohnen darf. Richtig dreckig geht's denen, die "draußen" sein müssen. "Draußen", also um die Megacitys herum, gibt es - durch eine Klimakatastrophe ausgelöst - nur trostlose Wüste. Dort vegetieren alle unterhalb der Armutsgrenze vor sich hin. Es gibt kaum eine Chance, in die sichere Zone einer Stadt zu kommen. Außer auf illegalem Weg ...
Ohne ein gültiges "Papel" kommt man in keine Stadt oder darf eine Stadt verlassen. Hinzu kommt, dass man nach Auslaufen eines "Papel" nicht mehr versichert ist. D.h. alles ist abgesichert durch irgendeine Form von Versicherung diverser Mega-Konzerne, in denen man Arbeit findet (der Globalisierung sei Dank!). Gerade dieses Detail gibt eine zusätzliche Gänsehaut, da eine solch extrem durch Riesenkonzerne "abgesicherte" Zukunft durchaus im Bereich des Möglichen liegt(!)

Vor diesem Hintergrund kommt der verheiratete Versicherungs-Ermittler William (Tim Robbins) nach Shanghai, um in einem Konzern namens "Sphinx" einem illegalen Handel mit Papels nachzugehen. Durch einen eingeimpften Virus ist er in der Lage, die Gedanken von Menschen zu lesen. Dazu müssen die Befragten etwas scheinbar Belangloses aus ihrem Leben erzählen, wodurch er die geheimen Gedanken seines Gegenübers wie in einem offenen Buch lesen kann. So kommt er der Fälscherin Maria (Samantha Morton) auf die Spur. Alles könnte jetzt so einfach sein, wenn sich William nicht in die faszinierende Frau verliebt hätte. Er lässt sie laufen und einen anderen anklagen.
Damit beginnt das geordnete Leben von William langsam aber sicher aus den Fugen zu geraten. Maria und er verlieben sich. Um sich nicht der Gefahr auszusetzen, auf einem ungültigen Papel sitzen zu bleiben, muss William den von seinem Arbeitgeber gebuchten Rückflug nach Seattle nehmen. Wenig später wird er gebeten, nach Shanghai zurückzukehren, da wieder falsche Papels im Umlauf sind. Und zwar genau dort, wo William ermittelt hatte. Er versucht sich zu weigern, doch er muss gehorchen.
In Shanghai angekommen stellt er fest, dass Maria weder am Arbeitsplatz in der zu ermittelnden Firma "Sphinx" noch in ihrer Wohnung aufzufinden ist. Stattdessen befindet sie sich in einer Klinik außerhalb der Stadt wegen "körperlicher" Probleme - so die offizielle Aussage.
William findet heraus, dass Maria schwanger geworden ist und dadurch gegen den "Code 46" verstoßen habe. Laut diesem Gesetz ist die Fortpflanzung zwischen Menschen mit mindestens 25%iger genetischer Übereinstimmung nicht gestattet, eine Sicherheitsmaßnahme angesichts der Tatsache, dass das Klonen sowie In-Vitro-Fertilisation in dieser Zukunft an der Tagesordnung sind.
Im Fall Marias wird also die Schwangerschaft von höchster Instanz aus abgebrochen und ihr Gedächtnis an die Schwangerschaft sowie an den Erzeuger einfach ausgelöscht. Aus diesem Grund erkennt sie William nicht, als er sie aus der Klinik holt. Es gelingt ihm, ihr durch eine private Videoaufzeichnung glaubhaft zu machen, dass sie sich bereits kennen und ihr Gedächtnis manipuliert wurde. Es schneidet ihr etwas vom Haar ab und lässt es in einer Apotheke mit seinem Ergbut vergleichen. Dabei stellt sich heraus, dass die Gene Marias zu 100% mit denen der Mutter Williams übereinstimmen! Er selbst ist durch eine In-Vitro-Fertilisation gezeugt worden. Der Zufall will es also, dass William "quasi" mit seiner Mutter geschlafen hat ... Maria verliebt sich wieder in William - trotz eines Virus, den man ihr in der Klinik geimpft hat und der verhindern soll, sich nochmals dem Erzeuger ihres ungeborenen Kindes zu nähern. Die beiden fliehen mit einem gefälschten Papel in eine andere Stadt. Doch der Konzern, für den William arbeitet, bleibt ihnen auf den Fersen ...

Die Handlung verquickt auf spannende Weise verschiedene Ebenen miteinander. Im Mittelpunkt steht die fesselnde Geschichte zweier Liebender. Den Hintergrund bildet eine Gesellschaft mit übersteigertem genetischem Sicherheitswahn, die vor den Toren ihrer Städte die Menschheit "zweiter Klasse" gnadenlos der gefährlich hohen UV-Belastung aussetzt und verkommen lässt.
Hinzu kommt die geniale Anspielung auf das Ödipus-Thema. Nicht nur, dass William im Grunde mit seiner "Mutter" schläft und der alles verschlingende Mega-Konzern in dem Maria arbeitet "Sphinx" heißt. Am Ende des Films wird William neben seinen Erinnerungen an Maria auch der "Empathie-Virus" entzogen. wodurch er seine Hellsichtigkeit verliert, also sozusagen "blind" wird ... ähnlich wie Ödipus, der schlussendlich sein Augenlicht verliert.

Zusätzlich wirkt in dem Film alles unglaublich "echt": keine utopisch anmutenden Wolkenkratzer, keine kunterbunten Raumanzüge oder seltsamen Modeerscheinungen. Alles wirkt fast so wie in der Gegenwart. Aber eben nur fast. So auch die Menschen. Vor allem Samantha Morton in ihrer Rolle als Maria kommt sehr realistisch rüber und schafft es nicht nur zu überzeugen, sondern auch zu faszinieren …

Diese Produktion braucht den Vergleich mit Filmen wie "Gattaca" nicht zu scheuen - im Gegenteil: ich finde, er übertrifft diesen sogar! Gattaca wirkt unterkühlt, durchgestylter und fern unserer Realität. "Code 46" dagegen vermag es nicht nur, den Zuschauer emotional "hineinzuziehen", sondern er ist angesichts des gegenwärtigen Wissensstands wesentlich besser nachvollziehbar - was ihn umso beunruhigender macht. Ich finde es daher traurig, dass der Zukunftsvision von Michael Winterbottom bisher so wenig Beachtung geschenkt wurde.

Der Film ist kein Action-Reißer, dafür unheimlicher und subtiler als es jede Action in solch einem Fall sein könnte. Glaubt mir: dieser Science Fiction geht unter die Haut!

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