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Schüler sein im Whoniversum - Class

ClassSchüler sein im Whoniversum
Class

Wenn es nach dem Whoniversum geht, gibt es kaum einen gefährlichen Platz für einen Schüler als die  Coal Hill School - gefährlich und spannend zugleich.

Von der ersten Folge an taucht diese Schule immer wieder in unterschiedlichen Geschichten mit Doctor Who auf, zuletzt als die Schule, in der Clara Oswald als Lehrerin unterrichtet. Sie ist bis zum Ende der neunten Staffel der Companion des Doctors und verlässt ihn am Staffelende.

Clara OswaldEntsprechend kann es nur eine Schule geben, in der die Klasse von Charlie, Ram, April und Tanya angesiedelt sein kann: Coal Hill Academy - die Schule wurde von einer "School" zu einer "Academy", sehr wahrscheinlich um zu erklären, warum die Schüler junge Erwachsene sind.

Die Kernidee der Geschichten basiert auf den Veränderungen, die des Doctors viele Reisen zwischen Raum und Zeit auf die Stabilität der Trennwände zwischen den Welten hat. Coal Hill ist - sehr ähnlich übrigens Cardiff (siehe Torchwood) - eine Stelle, an der es einen Raum-Zeit-Riss bgibt. Anders als Coal Hill (das Foto zeigt übrigens Coal Hill noch als "School", nicht als "Academy") hat Cardiff nicht direkt etwas mit den Aktivitäten des Doctors zu tun.

Class, das ist inzwischen sicherlich nicht mehr überraschend für  Populärkulturaffine, ist ein Spin-Off der Doctor Who Serie, der dritte nach Torchwood und den Sarah Jane Adventures. Bei uns lief Class 2016 beim Pay-TV-Sender FOX, vom 5. April 2017 an wurde öffentlich-rechtlich bei One gesendet.

Während die Abenteuer von Sarah Jane (5 Staffeln ab 2007) eher für ein (noch) jüngeres Publikum als der Doctor gedacht sind, hat Class in Deutschland eine Freigabe ab 16 Jahren. Dies ist durchaus passend, denn es geht in jeder Folge durchaus richtig zur Sache. Zunächst habe ich mich über die Freigabe gewundert, und während der ersten Minuten ist es zwar actiongeladen aber nicht wirklich brutal, dies ändert sich. Und spätestens nach Beginn der zweiten Folge habe ich keine Frage mehr, warum die Serie erst ab 16 freigegeben ist.

Der Riss in der Realität ermöglicht es der kriegerischen Rasse der Shadow Kin von ihrer Welt auf die Erde zu kommen. Mal ganz davon abgesehen, dass die Shadow Kin Eroberung und Zerstörung als Teil ihrer Existenz verstehen, haben sie noch einen ganz besonderen Grund dafür, auf der Erde ihr Unwesen zu treiben.

Coal Hill AcademyUnter den Schülern und Lehrern von Coal Hill Academy befinden sich nämlich zwei Wesen, die nicht menschlichen Ursprungs sind und hinter denen die Shadow Kin her sind: : Charlie entpuppt sich als königliche Hoheit, Erbe einer fernen Welt, die von den Shadow Kin zerstört wurde. Kommentar einer der Gruppe: "you don't know anyhting about pop culture, which either makes you alien oder amish". Charlie, der also ein Prinz ohne Volk ist, steht Miß Quill "zur Seite" (die Lehrerin). Sie ist seine ... Sklavin, seine Gefangene, Begleiterin, Beschützerin - das ändert sich immer wieder mal. Durch eine Art elektronische Fußfessel in Miß Quills Gehirn sind die beiden miteinander verbunden.

Die Serie beginnt damit, dass ein Schüler durch die Waffe eines Aliens wie Staub "zerblasen" wird, ein seltsamer Kämpfer taucht auf und zerstiebt ebenfalls. Schatten breiten sich aus und werden zu höllisch anmutenden Kämpfern aus Feuer und Lava - den Shadow Kin ...

Während die Shadow Kin beginnen die Schule unsicher zu machen, in Armeenstärke einfallen, und alles verloren scheint, erscheint der Doctor. Da dieser Miß Quill und Charlie bereits bei ihrem ersten Kampf mit den Shadow Kin gerettet hat, kennen sie ihn bereits und wissen, dass er auf ihrer Seite steht.

Zum Ende der ersten Folge wird klar, dass die Mitglieder der Gruppe darauf angewiesen sein werden, sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen, wenn die Welt gerettet werden soll.

So geht es in den acht Folgen der ersten Staffel darum, wie die Welt davor bewahrt werden kann, zu einem Opfer der Shadow Kin zu werden. Dies verlangt von jedem einzelnen Mitglieder der Gruppe alles, inclusive der Bereitschaft das eigene Leben oder das der Menschen, die sie lieben, zu opfern.

The Doctors (so far)Die Serie wurde sehr unterschiedlich aufgenommen. Während die einen sie dafür lobten, kein Klon der Doctor Who-Idee zu sein und das Zeug für eine eigenständige Erfolgsserie für junge Erwachsene zu haben, wurde sie von anderen genau dafür kritisiert. Sie sei stellenweise zu temporeich, teilweise chaotisch, und ähnele darin einem naturgegeben Hormonjunkie-Jugendlichen - der Zielgruppe von Class, die es durchaus rascher und härter wollten. Anderen sei sie in der Erzählstruktur und den Inhalten klassischen Jugend-Gruselserien zu ähnlich (Buffy wird gerne für einen Vergleich zitiert, in positiver wie negativer Richtung) und böte keine wirklich neuen Ideen.

Da Horst und ich nicht (mehr) zur Zielgruppe der Serie gehören, fällt uns eine unbeeinflusste Beurteilung schwer. Wir persönlich finden die Serie gut, spannend und immer wieder überraschend. Die Geschwindigkeit der Serie ist in der Tat hoch, für acht Folgen passiert jede Menge, und die Handlung ist in sich gut verschränkt. Es gibt immer wieder eine Andeutung oder einen Twist, die auf ein weiteres Geheimnis hinweisen und Raum für die nächste Frage hinter der Frage lassen. Die Geschichte ist zum Ende der Staffel (Gottseidank) nicht abgeschlossen, auch gibt es nicht das Monster der Woche, das durch die jeweilige Folge gehetzt wird. Wir haben die Serie schon mehr als nur zur Rezension geschaut und fühlten uns angenehm unterhalten.

Die deutschsprachige Fassung ist erstaunlich gut und kann mit dem englischen Original durchaus mithalten, zwangsläufig gehen die Dialekte der Schauspieler verloren, was teilweise Grund für einige witzige Momente bietet, aber das sind nur Kleinigkeiten.

Coal Hill AcademyEs bleibt das Problem, dass die Schauspieler als Schüler selbst für eine Sixth Form (Secondary school, meistens Schüler im Alter von 16-18 Jahren) einen doch eher erwachsenen Eindruck machen. Die Schauspieler sind zwischen 20 und 24 Jahren alt, Vivian Oparah als Tanya (die in der Serie angeblich erst 14 Jahre sein soll) ist mit 20 Jahren die jüngste Schauspielerin.

Naturgegeben ist Katherin Kelly, die in ihrer Deckidentität eine Lehrerin auf Coal Hill ist, mit 37 Jahren die älteste Schauspielerin der Hauptbesetzung. Für mich ist sie kein Begriff gewesen, in England dürfte sie durch ihre Jahre als Stammschauspielerin bei Coronation Street (2006–2012) eher bekannt sein.

Die dargestellte Gewalt ist Teil der Handlung, wird nicht reißerisch und genießerisch ausgelebt. Sie blitzt immer wieder auf und verschwindet. Vor allem der arme Ram Singh erlebt da so einiges, ihm spritzt mehr oder weniger ständig Blut der ermordeten Menschen ins Gesicht. Miß Quill, die Soldatin in der Truppe, ist schön gezeichnet, und ihre Rolle gefällt mir persönlich eigentlich am Besten. Sie darf richtig böse und scharfzüngig sein, hat aber auch ihre weichen Momente, und an ihr wird besonders deutlich, dass die Macher der Serie durchaus auf eine Entwicklung der Charaktere Wert legen. Und das nicht nur, weil sie in den letzten beiden Folgen der Staffel stark im Fokus steht.

Sexualität (vor allem erste Erfahrungen junger Erwachsener) ist aufgrund der Zielgruppe naturgegeben Thema der Serie. Der anglikanisch bedeutsame Abschlussball mit den heißen Tänzen, das "erste Mal" und die Mutter, die plötzlich in der Tür steht, einer der Hauptakteure erlebt die homoerotische Liebe.

Der ZeitrissZum derzeit zentralen Problem der Serie hat sich die Frage entwickelt, ob es überhaupt eine zweite Staffel geben wird. Man hat das Gefühl, jede Woche erschien ein neuer Artikel, Tweet, Kommentar von irgend jemandem zu dem Thema. BBC, Schauspieler, Zeitschrift ... jeder weiß irgendwas.

Nachdem die Serie offenbar für die BBC zu wenig Zuschauer hatte, wurde die Entscheidung über die Fortsetzung der Serie eingefroren, und bis heute ist noch keine öffentlich bekannte Entscheidung von der BBC bekannt. Dabei wurde die erste Staffel ja bereits 2016 abgedreht und vollständig ausgestrahlt. Bei der Online-Bezahl-Quelle BBC iPlayer blieb Class unter 700.00 Zugriffen, auch die Zweitausstrahlung auf BBC1 brachte schlechte Quoten, entsprechend hieß es im Februar 2017, die Serie würde wohl vermutlich nicht fortgeführt. Im April 2017 wird Steven Moffat, ausführender Produzent, zitiert mit “We don’t know right now – we would love to get more Class made (...) Let’s just hope that Coal Hill gets another go."

Es wird gemunkelt, die BBC würde mit der Entscheidung auf den Erfolg der Serie in den USA warten wollen, wo diese am 15. April 2017 bei BBC America startete. Grund für die späte Ausstrahlung war, dass man Class an die Ausstrahlung der neuen Doctor Who-Staffel in den USA koppelte. Der Spin-Off lief direkt nach der Originalserie. Die Einschaltquoten, weiß man inzwischen, waren auch nicht berauschend. In der werberelevanten Altersklasse von 18-49 Jahren lag sie bei Serienstart bei 0,19 Millionen, sank auf 0,05 in der fünften Folge, um sich zum Ende hin auf 0,06 zu erholen. Zum Vergleich: Die Quote von Doctor Who lag am ersten Abend der 10. Staffel bei 0,32 Millionen - das heißt, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Doctor Who-Fans haben nicht, wie erhofft, weiter geschaut, sondern abgeschaltet (Quelle: http://tvseriesfinale.com).  Am 04. Juni, einen Tag nach der Ausstrahlung der letzten Folge in den USA, heißt es, die Forsetzung der Serie sei höchst fragwürdig.

Patrick Ness (Von Ruben Ortega - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=56718289)Patrick Ness, Autor von Büchern für Jugendliche/Junge Erwachsene und Schöpfer und Hautautor der Geschichte von Class hat sich inzwischen dazu entschieden auszusteigen. In Tweets zur Zukunft der Serie und seiner Mitwirkung dabei schrieb er: "I decided awhile back that, with unbelievable regret, I won’t be writing any more Class, even if a season 2 moves ahead" und "But we should be filming right now. With the new cycles of Who, we’d pretty much need to be to be on the air before even 2019. But we’re not." Er bemüht sich darum, seine Freude zu betonen, die Möglichkeit zur Serie gehabt zu haben, wie toll er diese Erfahrung fand ... bleibt dabei aber immer auch durchaus kritisch gegenüber der BBC. Er rechnet nicht damit, dass die neuen Folgen Class vor 2019 gesendet werden können, nicht unrealistisch, wenn noch keine intensiven Vorarbeiten zur Weiterentwicklung der Serie festgeklopft sind. Für eine Serie, noch dazu eine so junge und für ein junges Publikum gemacht, kann das in der Tat ein Todesurteil sein.

Die Tatsache, dass Ness aussteigen wird, muss natürlich in keiner Weise das Aus für die mögliche Fortsetzung der Serie bedeuten, dürfte jedoch einen herben Verlust bedeuten, denn Patrick Ness hat immerhin die Drehbücher für jede Folge verfasst.

Keiner der Schauspieler hat sich dazu geäußert, dass er bei einer Fortsetzung nicht dabei sein würde, das wird sicherlich auch keiner tun, denn ein erfolgreicher Spin-Off des Doctors bedeutet für einen (Jung-) Schauspieler eine große Chance auf internationale Bekanntheit.

Ich fürchte fast, Patrick Ness wird Recht behalten, und wir werden die Auflösung einiger offener Fragen von Class nicht erleben. Schade, denn ich wäre garantiert dabei geblieben.

ClassClass
(Class - Season 1)
mit Katherine Kelly, Sophie Hopkins, Greg Austin, Vivian Oparah, Fady Elsayed
Autor: Patrick Ness
Format: Dolby, PAL
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Region: Region 2
Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1
Anzahl Disks: 3
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Polyband/WVG
Erscheinungstermin: 24. Mai 2017
Produktionsjahr: 2016
Spieldauer: 360 Minuten
DVD (3-Discs Version) EUR 17,99
Blu-ray (2-Discs Version) EUR 20,49
Großbritannien 2016

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